Vielfalt im Verbund Wie Migrantenorganisationen die Stadtgesellschaft mitgestalten (können)
Gliederung 1. Was sind Migrantenorganisationen (MOen) und welche Funktionen haben sie? 2. MOen gestern und heute: Woher kommen sie? Wohin gehen sie? 3. MOen für die Stadtgesellschaft 4. Vielfalt im Verbund. Der VMDO e.v. in Dortmund
1. Was sind MOen und welche Funktionen haben sie? Unter Migrantenorganisationen werden Vereine verstanden, die überwiegend von Menschen mit Migrationsgeschichte gegründet wurden und deren Mitglieder überwiegend Migrantinnen und Migranten sind. Migrantenorganisationen können äußerst heterogen sein mit Blick auf Aufgaben und Ziele die Zusammensetzung der Vereinsmitglieder und den Organisationsgrad.
1. Was sind MOen und welche Funktionen haben sie? Typen und Funktionen Begegnungszentren Religiöse Vereine Freizeit- und Sportvereine Kulturvereine Politische Vereine Familien- und Elternvereine Berufsverbände und Wirtschaftsvereine Soziale und humanitäre Vereine Vereine für einzelne Gruppen (Jugend, Ältere, Studierende etc.)
1. Was sind MOen und welche Funktionen haben sie? Ziele und Funktionen oft multidimensional Herkunftshomogene und herkunftsheterogene Vereine MOen im Wandel Transnationale Dimension => Migration und Entwicklung
1. Was sind MOen und welche Funktionen haben sie? Debatten: Brückenfunktion oder Parallelgesellschaft?,Bridging or bonding social capital? Unter welchen Bedingungen fördern MOen gutes Zusammenleben? MOen bedeutsam in diversen Zusammenhängen: Entwicklung von Selbstbewusstsein Zugang zu Sozialkapital Vermittlung von Alltagswissen Entwicklung von Pressure Groups => Beispiel: die spanischen Elternvereine
1. Was sind MOen und welche Funktionen haben sie? Beispiel: spanische und italienische Migrantenvereine Spanier: 33 % der Vereine Elternvereine => wichtigster Typ! Oberstes Ziel: Verbesserung der schulischen Situation der Kinder, bereits in 1970er Jahren Italiener: 2 % Elternvereine, aber 25 % Sportvereine, 16 % Kulturvereine, 14 % Freizeit Für 80 % der spanischen Eltern war [ ] die schulische Situation ihrer Kinder kein besonderes Thema. Innerhalb weniger Jahre verkehrte sich dieses Verhältnis ins Gegenteil. 80 % der spanischen Eltern waren Mitglied der Vereine und schickten ihre Kinder in die nachmittägliche Silentien. (Hunger 2004) => Heute: Folgegeneration der spanischen Migrant_innen exzellente Position in den Bereichen Bildung, Arbeitsmarktintegration und Einkommen; Italiener deutlich schlechter
2. MOen gestern und heute Buch-Cover aus der Migrationsforschung erschienen 1990
2 MOen gestern und heute Meilensteine der Migrationspolitik und Entwicklung MOen 1950er, 1960er: Anwerbung, temporäre Migration, keine Integration! 1973: Anwerbestopp Tendenz: Paternalistischer Umgang, Defizitperspektive => Rückkehr steht im Vordergrund Entstehung erster informeller Zusammenschlüsse, Kulturvereine etc. Überwiegend Herkunftsbezug, auch Opposition im Exil Wohlfahrtsverbände sind zuständig;,notlagenarbeit
2 MOen gestern und heute Meilensteine Migrationspolitik und Entwicklung MOen 1980er, 1990er.auf Bundesebene:,Deutschland ist kein Einwanderungsland, Rückkehrprämien,,Asylkrise,,Integration auf Zeit.in den Kommunen: pragmatischer, jedoch heterogener Umgang mit Migration in der Zivilgesellschaft: Gegenbewegung, Initiativen, Engagement von Menschen mit und ohne Migrationsgeschichte
2 MOen gestern und heute Meilensteine Migrationspolitik und Entwicklung MOen 2005: Zuwanderungsgesetz => Integration wird staatliche Aufgabe! 2005 bis heute: Bund: MOen als zivilgesellschaftliche Partner stärker gewürdigt Länder: große Unterschiede Kommunen: Integrationsmanagement, strategische Steuerung,,Masterplan Integration MOen: zunehmend wichtige Partner von Kommunen, mehr herkunftsheterogene MOen, mehr Vernetzung Wandel von Bezügen
2 MOen gestern und heute MOen in der Stadtgesellschaft,Heimatverein 1.0 : geschützte Räume, starker Herkunftsbezug,Heimatverein 2.0 : Formalisierung, Engagement für die eigene Gruppe, Dialog, Kulturangebote für alle,heimatverein 3.0 : Mehr herkunftsheterogene MOen, verstärkter Einsatz für Vielfalt Heimatverein 4.0: Vernetzung, Gestaltungsanspruch,,glokal
2 MOen gestern und heute
3 MOen für die Stadtgesellschaft Wer ist die Stadtgesellschaft und was sind ihre Merkmale? Gesellschaft in Deutschland heute: Migrationsgesellschaft Wir leben im Zeitalter der Migration. (Mecheril 2014, 12) Think globally, act locally. (Nederveen Pieterse 1995, 49) Abbildung (modifiziert): Migrationsbewegung nach Dortmund (Güneşli, Dissertation, in Bearbeitung)
3 MOen für die Stadtgesellschaft Wer ist die Stadtgesellschaft und was sind ihre Merkmale? Bevölkerung in Deutschland heute: weniger, älter und bunter Eine Person hat einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt. (Statistisches Bundesamt 2017, 4) Abbildung (Statistisches Bundesamt 2017, 6)
3 MOen für die Stadtgesellschaft Wer ist die Stadtgesellschaft und was sind ihre Merkmale? Bevölkerung in Deutschland heute: weniger, älter und bunter Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund nimmt deutlich zu, je jünger die betrachteten Altersgruppen sind. (Sulzer 2013, 29) Abbildung (Statistisches Bundesamt 2017, 6)
3 MOen für die Stadtgesellschaft Wer ist die Stadtgesellschaft und was sind ihre Merkmale? Bevölkerung in NRW und Dortmund heute: Bevölkerung mit MH in NRW: Seit 2005: zwischen 22 und 26% (vgl. Sozialberichte NRW online) Bevölkerung mit MH in Dortmund: - Dortmund insgesamt: 13,7% - Außenstadt insgesamt: 13,1% - Innenstadt insgesamt: 28,1% - Innenstadt-Nord: über 50% - Eving: ca. 25% - Innenstadt-West: ca. 18% (vgl. Stabstelle Dortmunder Statistik 2017, 12) Merkmale (Auswahl): - Sozial schwache Einzugsgebiete - Räumlich ungleich - Vielfältig und hybrid - Translokal - Weniger, älter und bunt - Jung mit Migrationshintergrund (vgl. Stabstelle Dortmunder Statistik 2015)
4 Vielfalt im Verbund. Der VMDO e.v. Lokal, partizipativ, säkular herkunftsunabhängig und kulturübergreifend > 60 Mitgliedsvereine > 100 Ethnien und Nationalitäten 8.000 bis 10.000 Besucher_innen monatlich Bereiche: Arbeit & Soziales Bildungswerk Vielfalt Flüchtlingsarbeit Ein neuer Typ von Migrantenorganisation!
3 Vielfalt im Verbund. Der VMDO e.v. Feste Einrichtungen offener Kinder- und Jugendtreff,Kinder der Vielfalt (KiVi), regionale Flüchtlingsberatungsstelle Berufsberatung,Beratung der Vielfalt (BeVi),Servicestelle für ältere Migrantinnen, Migranten und deren Angehörige (SEMA) wohnortnahe Stadteilprojekte die,servicestelle Arbeit und Leben im Jobcenter.
3 Vielfalt im Verbund. Der VMDO e.v. Projekte (Auswahl) Demokratie leben! Gesundheitsförderung von Migrant_innen im Quartier House of Resources Koordinationsstelle Demenz für ältere türkische Migrant_innen und Ehrenamtliche Samo.fa Schutzkonzept für geflüchtete Frauen, Kinder und andere Schutzbedürftige Step by Step Integration von Anfang an Mehr Informationen zu den Projekten: http://vmdo.de/projekte-vmdo/
3 Vielfalt im Verbund. Der VMDO e.v. Ziele und Selbstverständnis Gleichberechtigte Teilhabe aller fördern Kultur- und generationenübergreifend Zusammenleben in Dortmund gemeinsam gestalten Stimme der Migrant_innen in Dortmund Nicht nur,brücke, sondern Schnittstelle sein Zivilgesellschaftliches und demokratisches Engagement fördern Vernetzung von Vereinen und Verbünden mit lokalem Bezug
Websites www.vmdo.de Verbund der sozialkulturellen Migrantenvereine in Dortmund e.v. (VMDO) www.bv-nemo.de Bundesverband Netzwerke von Migrantenorganisationen (NeMO) www.samofa.de,stärkung der Aktiven in Migrantenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit => bundesweites Projekt in 32 Städten und Kreisen
Literaturverzeichnis Hoesch, Kirsten (2018): Migration und Integration. Eine Einführung, Wiesbaden: Springer VS. Hunger, Uwe (2004): Wie können Migrantenselbstorganisationen den Integrationsprozess betreuen? Wissenschaftliches Gutachten im Auftrag des Sachverständigenrates für Zuwanderung und Integration des Bundesministeriums des Innern, Münster/Osnabrück. Hunger, Uwe/Stefan Metzger (2013): Interkulturelle Öffnung auf dem Prüfstand. Neue Wege der Kooperation und Partizipation, Berlin: LIT- Verlag. Mecheril, Paul (2014): Subjekt-Bildung in der Migrationsgesellschaft. Eine Einführung in das Thema, die zugleich grundlegende Anliegen des Center for Migration, Education und Cultural Studies anspricht. In: Paul Mecheril (Hg.): Subjektbildung. Interdisziplinäre Analysen der Migrationsgesellschaft. Bielefeld: transcript, S. 11 28. Nederveen Pieterse, Jan (1995): Globalization as Hybridization. http://www.uvm.edu/rsenr/rm230/nederveen%20pieterse.pdf, zuletzt geprüft am 04.07.2018. Puskeppeleit, Jürgen/Dietrich Thränhardt (1990): Vom betreuten Ausländer zum gleichberechtigten Bürger, Freiburg i.br.: Lambertus. Schulze, Günther/Dietrich Thränhardt (2013): Migrantenorganisationen. Engagement, Transnationalität und Integration, Friedrich-Ebert-Stiftung, Expertisen und Dokumentationen zur Wirtschafts- und Sozialpolitik, http://library.fes.de/pdf-files/wiso/10092.pdf. Sozialberichte NRW Online: Indikator 2.3 Menschen mit Migrationshintergrund. http://www.sozialberichte.nrw.de/sozialindikatoren_nrw/indikatoren/2_demografie/indikator2_3/index.php, zuletzt geprüft am 04.07.2018. Stabstelle Dortmunder Statistik (2017): Jahresbericht. Dortmunder Statistik. Bevölkerung. Dortmund: Lagemann. https://www.dortmund.de/media/p/statistik_3/statistik/veroeffentlichungen/jahresberichte/bevoelkerung_1/209_jahresbericht_2017_dortm under_bevoelkerung_august_2017.pdf, zuletzt geprüft am 04.07.2018. Stabstelle Dortmunder Statistik (2015). Statistikatlas. Dortmunder Statistik. Dortmunder Stadtteile. Dortmund: Lagemann. https://www.dortmund.de/media/p/statistik_3/statistik/veroeffentlichungen/jahresberichte/statistikatlas_2015.pdf, zuletzt geprüft am 04.07.2018. Sulzer, Annika (2013): Kulturelle Heterogenität in Kindertageseinrichtungen. Anforderungen an Fachkräfte. In: DJI - Deutsches Jugendinstitut e.v. (Hg.): Inklusion - Kulturelle Heterogenität in Kindertageseinrichtungen. Grundlagen für die kompetenzorientierte Weiterbildung. Ein Wegweiser der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF). Frankfurt, S. 24 112. http://www.weiterbildungsinitiative.de/uploads/media/wegweiser_5_inklusion_kulturelle_heterogenitaet.pdf, zuletzt geprüft am 04.07.2018. Thränhardt, Dietrich (2013): Migrantenorganisationen. In: Karl-Heinz Meier-Braun, Reinhold Weber (Hg.): Deutschland Einwanderungsland. Begriffe Fakten Kontroversen, Stuttgart: Verlag Kohlhammer, S. 211-214.
Literaturverzeichnis
Diskussionsfragen 1. Welche Formen von Migrantenorganisationen kennen Sie? Was bedeuten Migrantenorganisationen in der Stadtgesellschaft für Sie persönlich? 2. Wie gestalten Migrantenorganisationen Städte und Gesellschaft heute? 3. Wie können sie das Zusammenleben auch in Zukunft fördern? Wie kann das gelingen?
Zusammenfassung Diskussionsrunde Öffentlichkeitsarbeit der MOen Transparenz Zugang und Kontakt Sichtbarkeit Öffnung des VMDO Empowerment Bildungsarbeit Wer sind die Zielgruppen? Interkulturelle Öffnung, aber wie? VMDO = säkular VMDO = Schnittstelle Aufklärungsarbeit Netzwerkarbeit