8. Aromaten Aromatische Moleküle besitzten mindestens ein planares Ringsystem, welches in konjugierten Doppelbindungen, freien Elektronenpaaren und/oder unbesetzten p-orbitalen 4n+2 delokalisierte p Elektronen enthält (HÜCKEL-Regel). Der Begriff Aromat stammt von den ersten isolierten Vetretern dieser Klasse, welche einen aromatischen Geruch aufwiesen. Historische Wandlung des Begriffes aromatisch : Benzen als einfachster Vertreter Maier, Chemie in unserer Zeit 1975, Nr. 5, Seite 131 OC I Lehramt - F. H. Schacher 1
Benzen Struktur und Bindung Benzen (historisch Benzol) besitzt die Summenformel C 6 H 6, es bildet eine cyclische Struktur aus 6 CH-Einheiten. Die Kohlenstoffe sind sp 2 -hybridisiert. Die insgesamt 6 verleibenden p Elektronen bilden p Bindungen. s-bindungsgerüst Valenzstrichformeln des Benzens: p -Elektronensextett Benzen kann durch zwei Grenzformeln beschrieben werden, die wahren Mesomerie Bindungsverhältnisse liegen zwischen den beitragenden Grenzformeln. Das Elektronensextett (p-elektronen) ist delokalisiert und resonanzstabilisiert! Übliche Darstellungsweise: INFO: Benzen farblose Flüssigkeit (Siedepunkt: 80 C), krebserregend Resonanz OC I Lehramt - F. H. Schacher 2 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/c/c9/stamps_of_germany_(brd)_1964%2c_minr_440.jpg
Benzen Struktur und Bindung Bindungen und Orbitale Benzen besitzt identische C-C- bzw- C-H-Bindungsabstände. Es ist planar. Die C-Atome sind sp 2 -hybridisiert. Die delokalisierten p-elektronen bilden ein ringförmige Elektronenwolke ober- und unterhalb der Molekülebene Sie entsteht aus der Überlappung von 6 p-orbitalen! (Benzen- p -Bindung, p -Elektronensextett) OC I Lehramt - F. H. Schacher 3
Aromatizität Vergleich der Hydrierungswärmen: Gleichmäßige Zunahme der Hydrierungswärme pro Doppelbindung. Geringere Hydrierungswärme als erwartert. Benzen ist durch eine RESONANZENERGIE (124 kj/mol) stabilisiert! Benzen ist chemisch deutlich stabiler als Alkene (z.b. keine Addition an Doppelbindung)! OC I Lehramt - F. H. Schacher 4
Aromatizität Besetzung der Molekülorbitale Jedes System hat 6 p-elektronen, die sich auf drei bindende MO verteilen. Im Benzen sind zwei besetzte MO von niedrigerer Energie als im 1,3,5-Hexatrien. p -System des Benzen ist stabiler! 5
Hückel-Regel Kriterien für die Aromatiziät HÜCKEL Regel HÜCKEL-Regel: Ringverbindungen, deren Gerüstatome sich durch sp 2 -Hybridisierung beschreiben lassen, ingesamt 4n+2 p -Elektronen beitragen sowie eben (planar) angeordnet sind, zeigen eine besondere thermodynamische Stabilität sie haben aromatischen Charakter. 4 Kriterien: cyclisch sp 2 -Hybridisierung Hückel-Regel (Anzahl der p Elektronen, ungerade Anzahl von p Elektronenpaaren) planar (Ringstrom) OC I Lehramt - F. H. Schacher 6
Beispiele FROST-MUSULIN-Diagramm: aromatisch aromatisch nicht-aromatisch aromatisch aromatisch aromatisch aromatisch nicht-aromatisch HÜCKEL-Regel gilt auch für Ionen: Cyclopentadienyl-Anion C 5 H 5- und Cycloheptatrienyl-Kation C 7 H 7 + sind aromatisch! OC I Lehramt - F. H. Schacher 7
Nomenklatur Nomenklatur für Benzenderivate: Auflistung der Substituenten (Reste) + Endung -benzen (-benzol). Disubstituierte Benzene relative Positionsbezeichnung (ortho = 1,2, meta = 1,3, para = 1,4): Beispiele: Mehrfach substituierte Benzene absolute Positionsbestimmung nach IUPAC mit kleinstmöglichen Positionsnummern. TRIVIALNAMEN! Aromaten als Substituten: Phenyl-, Benzyl, p-tolyl- usw. OC I Lehramt - F. H. Schacher 8
Nomenklatur Weitere Beispiele: OC I Lehramt - F. H. Schacher 9
Vorkommen + Synthesen Vorkommen Aromaten entstehen bei der Verkokung von Steinkohle (Steinkohlenteer). Aromatische Verbindungen sind Bestandteil des Erdöls (Benzen, Naphthalen, Toluen). Synthesemethoden: Überführung von n-hexan bzw. n-heptan in Benzen bzw. Toulen: Dehydrierung: je nach Reaktionsbedingungen erfolgt die Dehydrierung zum Aromat bzw. die Hydrierung zum gesättigten Cycloalkan Cyclisierungen Reaktionen des Benzens Ermöglichen Zugang zu vielen Benzenderivaten! OC I Lehramt - F. H. Schacher 10
Reaktionen Bindungsverhältnisse: Elektrophile aromatische Substiution Zweitsubstition (Substituenteneinfluss) Nitrierung Sulfonierung Halogenierung FRIEDEL-CRAFTS-Alkylierung FRIEDEL-CRAFTS-Acylierung VILSMEIER-Reaktion SANDMEYER-Reaktion Delokalisierte p-elektronen (Elektronensextett) Elektronenwolke unter- und oberhalb der Molekülebene. Geringerer Doppelbindungscharakter als in Alkenen (Resonanzenergie). Hohe Elektronendichte an den Kohlenstoffatomen. Keine Addition bevorzugt, sondern Angriff von Elektrophilen! http://www.ipf.uni-stuttgart.de/lehre/online-skript/molekuel/benzol.gif Nucleophile aromatische Substition Oxidation Reduktion Chemie der Substituenten bzw. Seitenketten Palladiumkatalysierte Kreuzkupplungen 11 Reaktionen der polycylischen Aromaten
Elektrophile aromatische Substitution Austausch eines Wasserstoffatoms gegen einen Substituenten! OC I Lehramt - F. H. Schacher 12
Elektrophile aromatische Substitution OC I Lehramt - F. H. Schacher 13
Energieprofil OC I Lehramt - F. H. Schacher 14
Elektrophile Nitrierung: Aromat wird von einem Elektrophil angegriffen! Z.T. Generierung der reaktiven Spezies (des Elektrophils) notwendig! aus Nitriersäure (Salpeter- und Schwefelsäure): aus Nitronium-Salzen: Nitronium-perchlorat [NO 2 ] + [ClO 4 ] - Nitronium-tetrafluoroborat [NO 2 ] + [BF 4 ] - Sulfonierung: aus Oleum (Schwefeltrioxid SO 3 in Schwefelsäure H 2 SO 4 gelöst) OC I Lehramt - F. H. Schacher 15
Substituenteneinfluss Zweitsubstitution Einfluss auf Reaktivität und Position durch den ersten Substituenten Einflussmöglichkeiten 1) Induktiver Effekt (+I/-I) (über die s-bindungen) 2) Mesomerer Effekt (+M/-M) (über das p-elektronensystem, auch Resonanzeffekt) 3) Kooperative Effekte (in der Regel treten diese Effekte nicht getrennt voneinander auf, sondern gekoppelt) 4) Sterische Effekte bei der Substitution OC I Lehramt - F. H. Schacher 16
Substituenteneinfluss I-Effekt Der induktive Effekt ergibt sich aus der elektronenschiebenden (+I-Effekt bei Elektronendonoren) bzw. elektronenziehenden (-I-Effekt bei Elektronenakzeptoren) Natur des Substituenten Y. M-Effekt Der Substituent X hat ein freies Elektronenpaar, das zur Mesomerie ( Grenzformeln) beiträgt. Dieser +M-Effekt erhöht die Elektronendichte am Aromaten und die elektrophile Zweitsubstitution wird daher begünstigt (aktivierende Wirkung). Der Substituent Y hat eine Doppel- bzw. Dreifachbindung. Dieser -M-Effekt erniedrigt die Elektronendichte, die elektrophile Zweitsubstitution wird daher gehemmt (desaktivierende Wirkung). OC I Lehramt - F. H. Schacher 17
Substituenten 1.Ordnung Substituenten, die positive Effekte auf das aromatische System ausüben, d.h. die Elektronendichte im Ring erhöhen, dirigieren in die ortho/para-position und werden als Substituenten erster Ordnung bezeichnet! Effekte Substituentengruppe Name ortho-/para-dirigierend +M/-I -NH 2, -NHR, -NR 2 Amino- +M/-I +I -I/+M (I-Effekt stärker) -R, - Ar, -CH=CHR -F, -Cl, -Br, -I +M/-I -OH, -OR Hydroxy-, Alkoxy- Acetylamino- Acetyloxy- Alkyl-, Aryl-, Alkenyl- Halogen- aktivierend desakti- vierend OC I Lehramt - F. H. Schacher 18
Substituenten 2.Ordnung Substituenten, die negative Effekte auf das aromatische System ausüben, d.h. die Elektronendichte im Ring erniedrigen, dirigieren in die meta-position und werden als Substituenten zweiter Ordnung bezeichnet! Effekte Substituentengruppe Name meta-dirigierend -M/-I -M/-I Alkanoyl-, Formyl- Aminocarbonyl-, Alkoxycarbonyl-, Carboxy, -M/-I -M/-I -SO 3 H Sulfonsäure -M/-I -CN Cyano- Ammonium- desaktivierend -M/-I -NO 2 Nitro- OC I Lehramt - F. H. Schacher 19
Einteilung MERKE: Sind schon zwei oder mehr Substituenten vorhanden, beeinflussen alle die Geschwindigkeit und Regioselektivität der folgenden Substitution! Breitmaier/Jung, Organische Chemie, 5. Auflage, 2005 OC I Lehramt - F. H. Schacher 20
Nitrierung Einführung der Nitrogruppe in einen Aromaten Zur Nitrierung verwendet man Nitriersäure (eine Mischung aus konz. HNO 3 und konz. H 2 SO 4 ) oder rauchende Salpetersäure. Nitrierendes Agens ist das Nitryl- (bzw. Nitronium-)Kation NO 2+. Reaktivität (Konzentration) des Nitrylkations hängt von der Lage des Gleichgewichts ab. Je stärker die protonierende Säure, desto höher die Konzentration von NO 2+. OC I Lehramt - F. H. Schacher 21
Nitrierung Beispiel: Die Ausbeute und Reaktionsgeschwindigkeit der weiteren Nitrierungen nimmt stark ab, da die Nitrogruppen desaktivierend wirken! OC I Lehramt - F. H. Schacher 22
Nitrierung Resonanzformeln nach ortho-, para- und meta-angriff auf Anilin stark stabilisiertes Kation stark stabilisiertes Kation Aminogruppe (schwacher -I-, starker +M-Effekt) wirkt aktivierend und dirigiert die Nitrogruppe in die ortho- und para-postion. 23
Nitrierung Resonanzformeln nach ortho-, para- und meta-angriff auf Nitrobenzen stark destabilisiertes Kation stark destabilisiertes Kation weniger stark destabilisiertes Kation Nitrogruppe ( -I- und -M-Effekt) wirkt desaktivierend und dirigiert die Nitrogruppe in die meta-position. 24
Nitrierung Resonanzformeln nach ortho-, para- und meta-angriff auf Chlorbenzen Halogene (starker -I-, schwacher +M-Effekt) wirken desaktivierend aber dirigieren die Nitrogruppe durch den +M-Effekt in die ortho- und para-postion. 25
Sulfonierung Einführung der Sulfogruppe in einen Aromaten Als elekrophiles Agens wird das freie Schwefeltrioxid (SO 3 ) bzw. das HSO 3+ -Kation angenommen. Gebräuchliche Sulfonierungsmittel sind 70- bis 100%ige Schwefelsäure und Oleum mit verschiedenem SO 3 -Gehalt. Hydrolyse der Sulfonsäure gelingt je nach ihrer Stabilität schon mit Wasser oder mit Schwefelsäure (Katalysator); besonders bei erhöhter Temperatur. Durch starke Salpetersäure lässt sich die Sulfonsäuregruppe verdrängen Ipso-Substitution Die SO 3 H-Gruppe wird oft als Schutzgruppe verwendet. OC I Lehramt - F. H. Schacher 26
Halogenierung Ersatz eines Wasserstoffatoms durch ein Halogen Reaktivität: F >>> Cl > Br > I Direkte Fluorierung ist nicht möglich Abbau des Aromatens. Ausweg: SCHIEMANN-Reaktion (SANDMEYER-ähnliche Reaktion) In unpolaren Lösungsmitteln reagieren Chlor, Brom und Iod sehr langsam Verwendung eines stark polaren Lösungsmittels und einer LEWIS-Säure als Katalysator (AlCl 3, FeCl 3 oder metallisches Eisen). Durch die LEWIS-Säure wird das Halogen polarisiert und damit aktiviert: OC I Lehramt - F. H. Schacher 27
Halogenierung! Bei Alkylaromaten kann eine radikalische Substitution der Seitenketten als Konkurrenzreaktion auftreten! Merkhilfe: Siedehitze, Sonnenlicht Seitenkette (SSS) Kälte, Katalysator Kern (KKK) I 2 ist ein schwaches Elektrophil. Verwendung von I 2 bzw. I-Cl mit Ag-Salzen (AgI oder AgNO 3 ) zur direkten Iodierung. Ausweg: über SANDMEYER-ähnliche Reaktion. OC I Lehramt - F. H. Schacher 28
Friedel-Crafts-Alkylierung Alkylierung von Aromaten Alkylierungsmittel: Alkylhalogenide (in Gegenwart katalytischer Mengen an LEWIS- Säure), Alkylsulfonate, Alkohole sowie Olefine. Reaktivität R-X: R-F > R-Cl > R-Br, R-I Reaktivität LEWIS-Säure: AlBr 3 > AlCl 3 > FeCl 3 > SbCl 5 > BF 3 Aktivierung des Alkylierungsmittels: Wie die Sulfonierung ist auch die FRIEDEL-CRAFTS-ALKYLIERUNG eine reversible Substitution (Substitutionsregeln gelten nur unter kinetischer Kontrolle). OC I Lehramt - F. H. Schacher 29
Friedel-Crafts-Acylierung Synthese aromatischer Ketone Acylierungsmittel: Säurehalogenide und Säureanhydride (in Gegenwart stöchiometrischer Mengen an LEWIS-Säure (AlCl 3 )) Das gebildete Keton bindet ein volles Äquivalent an LEWIS-Säure. Zersetzung des Keton-LEWIS-Säure-Komplexes durch Hydrolyse (H 2 O). Aktivierung des Acylierungsmittels: OC I Lehramt - F. H. Schacher 30
Friedel-Crafts-Acylierung Komplexbildung der LEWIS-Säure mit dem gebildeten Keton und anschließende Hydrolyse: Keine Mehrfachacylierungen, da desaktivierender Substituent eingeführt wird! Spezialfall: Einführung der Formylgruppe (-CHO) Formylchlorid ist instabil, kann nur in-situ gebildet werden. Reaktion gelingt durch Umsetzung von Aromaten mit HCl und CO unter hohem Druck in Anwesenheit von AlCl 3 /CuCl. HCl + CO Synthese aromatischer Aldehyde O AlCl H 3 C 3, CuCl + H Cl Toluol Formylchlorid O H 3 C H p-tolylaldehyd Alternativen: GATTERMANN-KOCH-Synthese oder VILSMEYER-Synthese 31
Friedel-Crafts-Acylierung FRIEDEL-CRAFTS-Acylierung mit anschließender Reduktion Reaktionssequenz aus FRIEDEL-CRAFTS-Acylierung und anschließender Reduktion der Ketogruppe liefert Alkylaromaten: Besonders geeignet für lineare Alkylsubstituenten. Keine Mehrfachreaktion wie bei der FRIEDEL-CRAFTS-Alkylierung! Reduktion auch mit der CLEMMENSEN-Reduktion möglich. WOLFF-KISHNER-Reduktion CLEMMENSEN-Reduktion OC I Lehramt - F. H. Schacher 32
Sandmeyer-Reaktion Substitution einer AMINOgruppe in aromatischen Verbindungen über deren DIAZONIUMSALZ durch ein anderes Nucleophil (F -, Cl -, Br -, I -, CN -, RS -, HO -, RO -, HSO 3- ). Reaktion verläuft in zwei Schritten: 1) Diazotierung der Aminogruppe 2) Einführung des Nucleophils Einführung von Chlor, Brom und Cyanid erfolgt in Gegenwart von Cu(I)-Salzen als Katalysator (eigentliche SANDMEYER-Reaktion). SANDMEYER-ähnliche Reaktionen benötigen oft keinen Katalysator. Synthetische Bedeutung: Möglichkeit Substituenten einzuführen, die durch direkte Substitution gar nicht oder nicht an der gewünschten Stelle eingeführt werden können. Mögliche Nebenreaktionen: Bildung von Phenolen, Diarylen oder Azoverbindungen. OC I Lehramt - F. H. Schacher 33
Sandmeyer-Reaktion OC I Lehramt - F. H. Schacher 34
Sandmeyer-Reaktion Beispiele: SANDMEYER- Reaktion SANDMEYERähnliche Reaktionen OC I Lehramt - F. H. Schacher 35
Eine kurze Hommage an die Sandmeyer Reaktion Entdeckung ca. 1880 durch T. Sandmeyer Iod-Aromaten: - Bis ca. 1950 fast exklusiv durch Sandmeyer - Auch heute durchgeführt wenn lediglich ein Isomer gewünscht ist - Pd-katalysierte Kreuzkupplungen Fluor-Aromaten: - Milde Methode verglichen mit Halogenaustausch/org. Fluorierungsmitteln - Produkte werden genutzt für: - Röntgenmarkierung ( 18 F, Halbwertszeit 110 min) - Pharma-Produkte (Lipophilie, Bio-Verfügbarkeit, Halbwertszeit im Körper) - Supramolekulare Chemie Wasserstoffbrückenbindungen Zusätzlich: Exklusive Substitutionsmuster durch Sandmeyer OC I Lehramt - F. H. Schacher 36
Azo-Kupplung INFO: AZOFARBSTOFFE Aryldiazonium-Salze sind schwache Elektrophile und können mit stark aktivierten Aromaten (Phenole, sekundäre und tertiäre Amine) reagieren. Reaktion erfolgt meist selektiv in der para-position des aktivierten Aromaten. Produkte der Azokupplung werden als Farbstoffe verwendet. OC I Lehramt - F. H. Schacher 37
Reaktionsstrategien Bei der Syntheseplanung für die Herstellung mehrfach substituierter Aromaten müssen die dirigierenden Effekte und Reaktivitäten der verschiedenen Substituenten berücksichtigt werden.!alle Substituenten haben Einfluss auf die Position und Ausbeuten bei folgenden Substitutionen! RETROSYNTHETISCHE ANALYSE zum Planen einer mehrstufigen chemischen Reaktion. Retrosynthese- Beispiel: Pfeil OC I Lehramt - F. H. Schacher 38
Reaktionsstrategien Weitere Beispiele: OC I Lehramt - F. H. Schacher 39
Nukleophile aromatische Substitution Benzene, die elektronenziehende Substituenten (NO 2, CN, COOH, CRO) besitzen, können nucleophile Substitutionen (mit - OR, - OH, - NH 2,...) eingehen, wenn sich in orthooder para-stellung zu den starken Elektronenakzeptoren eine gute Abgangsgruppe (z.b. ein Halogen) befindet. Je mehr elektronenziehende Substituenten (in o- bzw. p-stellung zur Abgangsgruppe) vorhanden sind, desto einfacher die Substitution. Die nucleophile aromatische Substitution kann nach einem Additions-Eliminierungs- Mechanismus oder einem Eliminierungs-Additions-Mechanismus ablaufen. OC I Lehramt - F. H. Schacher 40
Nukleophile aromatische Substitution a) Additions-Eliminierungs-Mechanismus: MEISENHEIMER-Komplex OC I Lehramt - F. H. Schacher 41
Nukleophile aromatische Substitution b) Eliminierungs-Additions-Mechanismus: Mit sehr starken Basen (NaNH 2 oder NaOH-Lösung bei 150 C) reagieren Halogenbenzene (mit α-h-atom) auch ohne elektronenziehende Substituenten. Das angreifende Anion fungiert hier als Base (nicht als Nucleophil)! Eintritt der neuen Gruppe in ipso- und ortho-position! Dehydrobenzene (Arine) als Zwischenstufen! (Nachweis der Zwischenstufen durch Abfangen in einer DIELS-ALDER-Reaktion.) OC I Lehramt - F. H. Schacher 42
Arin-Struktur Struktur des Dehydrobenzens (Arins): OC I Lehramt - F. H. Schacher 43 Organische Chemie, 4. Auflage, K.P.C, Vollhardt, N.E. Schore
Reaktivität der Benzylgruppe Benzylische Zwischenstufen (Ph-CH 2 ) sind mesomeriestabilisiert (resonanzstabilisiert) (als Radikal, Kation und Anion). Die entsprechenden Benzylverbindungen (z.b. Benzylhalogenide, Toluen usw.) sind daher reaktiver als ihre Alkylanaloga! Mesomeriestabilisierung des Benzylradikals: OC I Lehramt - F. H. Schacher 44
Reaktivität der Benzylgruppe Wdh.: KKK vs. SSS Beispiel: Halogenierung der Seitenkette Bei hohen Temperaturen und/oder Lichteinstrahlung können Alkylaromaten radikalisch in der Seitenkette halogeniert werden (Nebenreaktion zur elektrophilen Halogenierung am Kern)! Mesomeriestabilisierung des Benzyl-Kations: OC I Lehramt - F. H. Schacher 45
Oxidation Verbrennung: Viele Aromaten sind brennbar und sind an einer rußenden Flamme zu erkennen (unvollständige Verbrennung, hoher Kohlenstoffgehalt). Ozonolyse: Unter drastischen Bedingungen (hohe Temperatur und Druck) kann eine Ringspaltung erfolgen Spaltung in 1,2-Dicarbonyle. Keine Regioselektivität bei der Spaltung substituierter Benzene: OC I Lehramt - F. H. Schacher 46
Oxidation Vollständige Oxidation der Seitenketten Starke Oxidationsmittel oxidieren Alkylseitengruppen zur Carbonsäure. Alkylgruppen mit mehr als zwei C-Atomen werden nach C1 abgespalten! Im basischen Milieu bilden sich Carboxylate (Benzoate, Terephthalate usw.), Zugabe von Säure ergibt die freien Carbonsäuren. Arylaldehyde aus Alkylaromaten sind durch vorsichtige Oxidation mit MnO 2 oder Cerammoniumnitrat zugänglich (Praxis: Formylierungen!). OC I Lehramt - F. H. Schacher 47
Reduktion Vollständige katalytische Hydrierung Rückreaktion der Dehydrierung von Cyclohexan. Als Katalysatoren dienen Ni oder Pt. Partielle Hydrierung - BIRCH-Reduktion Reduktion durch doppelte Ein-Elektronen-Übertragung (durch Natrium) und Protonierung (durch ROH). Bildung von Cyclohexa-1,4-dienen! Solvatisierte Elektronen Regioselektivität: Elektronenschiebende Substituenten verbleiben an der Doppelbindung. Elektronenziehende Substituenten befinden sich danach zw. den Doppelbindungen. Auch für polycyclische Aromaten geeignet. Halogene, Nitro- und Cyanogruppen werden im Allgemeinen mitreduziert. OC I Lehramt - F. H. Schacher 48
Reduktion Beispiele: OC I Lehramt - F. H. Schacher 49
Polycyclische Aromaten 6.4.6.1 Resonanzenergien Ring Mesomerieenergie kj/mol pro Benzeneinheit Benzen 151 151 Naphthalen 256 128 Anthracen 360 120 Phenanthren 416 138 Tetracen 545 136 Chrysen 563 141 Benzen am stabilsten! Polycyclische Aromaten: geringere Stabilisierung pro Ringeinheit. Erhöhte Reaktivität der polycyclischen Aromaten! Beispiel: Hydrierung der zentralen Ringeinheit Resonanzenergien: Anthracen Chrysen Ausgangsstoffe 360 563 Reaktionsprodukte 2*151 2*256 Differenz 58 41 OC I Lehramt - F. H. Schacher 50
Naphthalen Resonanzformeln: nach Vollhardt nach Breitmaier aromatisches Subsystem Struktur: Bindungsverhältnisse: OC I Lehramt - F. H. Schacher 51
Verwendung + Umwelt Benzen und seine Derivate sind wichtige Chemikalien, die weite Anwendung in der Industrie finden, z.b.: Benzen: Ausgangsprodukt für Derivate, (Lösungsmittel) Toluen, Xylen, Mesitylen: Lösungsmittel Phenole: Phenolharze (Bakelit), (Antiseptika), Farbstoffe Anilin: Farbstoffe Azofarbstoffe Anisol: Lösungsmittel, Synthese von Arzneimitteln und Riechstoffen (Parfüm) Styren: Polymere (Polystyren, ABS-Kunststoffe) Halogenbenzene: Lösungsmittel Trinitrotoluen: Sprengstoff Arzneimittel, Aromastoffe (Benzaldehyd, Zimtaldehyd, Vanillin, Anisaldehyd)... OC I Lehramt - F. H. Schacher 52