Gleichbehandlung außerhalb des Arbeitsverhältnisses: Zugang zu Gütern und Dienstleistungen

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REFERENT: RA PETER HENSELER DÜSSELDORF JAHRESTAGUNG AM 10. MAI 2004 IN BONN

Transkript:

Gleichbehandlung außerhalb des Arbeitsverhältnisses: Zugang zu Gütern und Dienstleistungen Elisabeth Holzleithner Universität Wien Holzleithner Güter und Dienstleistungen 1 RL 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen Umsetzungsfrist: 21.12.2007 Holzleithner Güter und Dienstleistungen 2 1

Güter und Dienstleistungen Güter im Sinne der den freien Warenverkehr betreffenden Bestimmungen des AEUV EuGH: Alles, was einen Geldwert hat und Gegenstand einer Handelstransaktion sein kann Beispiele: Lebensmittel, Elektrizität, Bücher Dienstleistungen im Sinne von Art. 57 AEUV Beispiele: Zugang zu öffentlichen Gebäuden, Wohnungen, Hotels, Transport, Finanzdienstleistungen, Versicherungen Holzleithner Güter und Dienstleistungen 3 Einschränkung des Geltungsbereichs G&D, die in der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen außerhalb des Bereichs des Privat- und Familienlebens und ihrer Transaktionen Religionsfreiheit muss gewährleistet sein Nicht erfasst: Medien- und Werbeinhalte, staatliches und privates Bildungswesen Holzleithner Güter und Dienstleistungen 4 2

Vertragsfreiheit? Art. 3 Abs. 2 Die freie Wahl einer Vertragspartei bleibt unberührt, solange diese Wahl nicht vom Geschlecht abhängig gemacht wird. Beachte zusätzlich Art. 3 Abs. 1 lit. h RL 2000/43/EG Verbot der rassistischen Diskriminierung oder der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft beim Zugang zu und der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die im öffentlichen Raum zur Verfügung stehen, auch Wohnraum Holzleithner Güter und Dienstleistungen 5 Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 4) ausgewählte Themenbereiche Verbot der unmittelbaren Diskriminierung, Verbot der Schlechterstellung von Frauen aufgrund von Schwangerschaft und Mutterschaft Verbot der mittelbaren Diskriminierung Günstigere Bestimmungen zum Schutz von Frauen bei Schwangerschaft und Mutterschaft sind erlaubt Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung durch ein legitimes Ziel unter Anwendung angemessener und erforderlicher Mittel Holzleithner Güter und Dienstleistungen 6 3

Themenbereich unmittelbare Diskriminierung Diskriminierung nur bei Vorliegen einer vergleichbaren Situation Somit liegt beispielsweise bei auf körperliche Unterschiede bei Mann und Frau zurückzuführenden unterschiedlichen Gesundheitsdienstleistungen keine Diskriminierung vor (Erwägung 12, Präambel) Beispiel: Frauen- oder Männergesundheitszentrum Holzleithner Güter und Dienstleistungen 7 Versicherungen: Unisex light Private, freiwillige, von Beschäftigungsverhältnissen unabhängige Versicherungen Alle neuen Verträge, die nach dem 21.12.2007 geschlossen wurden Regel (Art. 5 Abs. 1): der Faktor Geschlecht darf bei der Berechnung von Prämien und Leistungen im Bereich des Versicherungswesens und verwandter Finanzdienstleistungen nicht zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen führen Holzleithner Güter und Dienstleistungen 8 4

Ausnahmen von dieser Regel Art 5 Abs. 2 RL Mitgliedstaaten können vor dem 21. Dezember 2007 beschließen, proportionale Unterschiede bei den Prämien und Leistungen dann zuzulassen, wenn die Berücksichtigung des Geschlechts bei einer auf relevanten und genauen versicherungsmathematischen und statistischen Daten beruhenden Risikobewertung ein bestimmender Faktor ist. Verpflichtungen der Mitgliedstaaten: Information der Kommission Überprüfung der Entscheidung Holzleithner Güter und Dienstleistungen 9 Sonderstellung von Schwangerschaft und Mutterschaft Kosten im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft durften auf keinen Fall zu unterschiedlichen Prämien und Leistungen führen. Das Gebärrisiko darf keine Rolle mehr spielen, andere geschlechtsspezifische Faktoren allerdings schon Spezielle Solidaritätsklausel (Leitlienien der Kommission, Abs. 15) Holzleithner Güter und Dienstleistungen 10 5

Association Belge des Consommateurs Test-Achats v. Conseil des Ministres Urteil des EuGH, 01.03.2011, C-236/09 Ziel der RL 2004/113/EG im Versicherungssektor: Anwendung der Unisex-Regeln auf Prämien und Leistungen Art. 5 (2) RL 2004/113/EG, welche den Mitgliedstaaten ohne zeitliche Beschränkung ermöglicht, eine Ausnahme vom Unisex-Prinzip festzulegen, widerspricht dem Erreichen des Ziels der Gleichbehandlung von Frauen und Männern Ungültigkeit von Art. 5(2) mit Wirkung vom 21.12.2012 Holzleithner Güter und Dienstleistungen 11 Argumentation des Gerichts in Test-Achats Zentraler Stellenwert der Geschlechtergleichheit Art 6 (2) EUV Art. 21, 23 Charter der Grundrechte Art. 19 AEUV Kompetenz der EU für Maßnahmen zur Bekämpfung u.a. von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts Art 3 (3) EUV (Geschlechergleichheit als Ziel) Art. 8 AEUV (Gender Mainstreaming) Holzleithner Güter und Dienstleistungen 12 6

Derogationen? Prämisse: Vergleichbarkeit von Männern und Frauen mit Blick auf Versicherungen Gleichbehandlung Situation: verbreiteter Gebrauch von Differenzierungen in der Versicherungsindustrie zum Zeitpunkt der RL-Erlassung Erlaubt: graduelle Implementierung des Prinzips der Gleichbehandlung Vermeidung des Risikos einer unlimitierten Existenz von Derogationen und damit Ungleichbehandlung Invalidation von Art. 5 (2) Holzleithner Güter und Dienstleistungen 13 Zur Ungültigkeitserklärung Urteil zur Ungültigkeit (Art. 267 AEUV) Art. 5 (2) der Richtlinie 2004/113 ist in der einzelstaatlichen Rechtssache nicht anwendbar. Die Verpflichtung zur Befolgung des Urteils des Gerichts zur Ungültigkeit gilt auch in anderen Rechtssachen und anderen Mitgliedsstaaten. Geschlechtsneutrale Prämien und Leistungen sind ab 21. Dezember 2012 verbindlich. Holzleithner Güter und Dienstleistungen 14 7

Europäische Kommission: Leitlinien zur Anwendung der Richtlinie 2004/113/EG des Rates auf das Versicherungswesen im Anschluss an das Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-236/09 (Test-Achats) 13.01.2012, 2012/C 11/01 Ab dem 21. Dezember 2012 muss die in Artikel 5(1) enthaltene Regelung bei neu abgeschlossenen Verträgen bei der Berechnung individueller Prämien und Leistungen ohne Ausnahmemöglichkeit angewendet werden. (Punkt 5) Holzleithner Güter und Dienstleistungen 15 Leitlinien der Kommission: neuer Vertrag Neuer Vertrag ist in der Richtlinie nicht definiert. Kein Verweis auf das Recht der Mitgliedsstaaten in Hinblick auf die anzuwendende Bedeutung Grundlegend für die praktische Umsetzung der Bestimmung Für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie sollte der Begriff daher als ein eigenständiger Begriff des Unionsrechts verstanden werden, der überall in der Union einheitlich ausgelegt werden muss. (Punkt 9) Ziel der Richtlinie im Versicherungsbereich Holzleithner Güter und Dienstleistungen 16 8

Leitlinien der Kommission: neuer Vertrag Gebot der Rechtssicherheit anhand von Kriterien..., mit denen unverhältnismäßige Eingriffe in bestehende Rechte vermieden und die legitimen Erwartungen aller Beteiligten nicht enttäuscht werden Anwendung der Unisex-Regel gemäß Artikel 5(1): immer dann..., wenn a) eine vertragliche Vereinbarung getroffen wird, die die ausdrückliche Einwilligung aller Parteien erfordert, was auch die Änderung eines bestehenden Vertrages miteinschließen kann, und (b) die letzte für den Abschluss des Vereinbarung erforderliche Einwilligung einer Partei nach dem 21. Dezember 2012 erfolgt (Punkt 11) Holzleithner Güter und Dienstleistungen 17 Beispiele: neue Verträge a) Verträge, die erstmals ab dem 21. Dezember 2012 abgeschlossen werden. Deshalb gelten für Verträge, die vor dem 21. Dezember 2012 angeboten, aber erst danach abgeschlossen werden, bereits die Unisex-Regeln. b) Verträge bei denen die Parteien nach dem 21. Dezember 2012 vertraglich vereinbaren, einen vor diesem Datum geschlossenen Vertrag, der ansonsten ausgelaufen wäre, zu verlängern (Punkt 12) Holzleithner Güter und Dienstleistungen 18 9

Beispiele für Vereinbarungen, die nicht als neue Verträge gelten a) automatische Verlängerung: die vertraglich festgelegte automatische Verlängerung eines bestehenden Vertrags, wenn bis zu einem bestimmten Datum keine Benachrichtigung, z. B. in Form eines Kündigungsschreibens, erfolgt ist; b) Änderung einzelner Punkte des Vertragsinhalts wie etwa die Anpassung von Prämien, wenn sie anhand zuvor festgelegter Parameter erfolgt und die Zustimmung des Versicherungsnehmers nicht erforderlich ist; c) der reine Transfer eines Versicherungsportfolios von einem Versicherer auf einen anderen, ohne dass sich der Status der in diesem Portfolio enthaltenen Verträge ändert. Holzleithner Güter und Dienstleistungen 19 Weiterhin zulässige geschlechtsbezogene Versicherungspraktiken Berücksichtigung des Geschlechts als allgemeinem Risikobewertungsfaktor bei der Berechnung von Prämien und Leistungen in ihrer Gesamtheit solange dies nicht zu individuellen Unterscheiden führt. Innerhalb dieser Grenzen dürfen Geschlechterstatus bzw. geschlechterbezogene Informationen gesammelt, gespeichert und verwendet werden. Holzleithner Güter und Dienstleistungen 20 10

Zulässige geschlechtsbezogene Versicherungspraktiken Bildung von Rückstellungen und interne Preiskalkulation: zwecks interner Risikobewertung Berechnung finanztechnischer Maßnahmen gemäß den geltenden Solvabilitätsregeln Verfolgung des Portfolio-Mixes für gesamtkalkulatorische Zwecke Berechnung von Rückversicherungen: Berücksichtigung des Geschlechts zur Preiskalkulation für derartige Produkte, solange dies nicht zu individuellen Unterschieden führt Vermarktung und Werbung: Die Richtlinie gilt nicht für den Inhalt von Medien und Werbung (Artikel 3(3)). Hingegen steht es Versicherern nicht zu, einer Person aufgrund ihres Geschlechts den Zugang zu einem bestimmten Produkt zu verwehren, es sei denn, die Voraussetzungen des Artikels 4 Absatz 5 sind erfüllt. Lebens- bzw. Krankenversicherungen: Risikofaktoren wie der Gesundheitszustand oder die familiäre Vorbelastung, zu deren Bewertung die Versicherer den Geschlechterstatus berücksichtigen können müssen ( physiologische Unterschiede) Holzleithner Güter und Dienstleistungen 21 Verwendung sonstiger Risikofaktoren Die Verwendung von Risikofaktoren, die eine geschlechtsspezifische Komponente haben könnten, bleibt daher möglich, solange sie echte und eigenständige Risikofaktoren darstellen. So sollten beispielsweise bei Kfz-Versicherungen Preisunterschiede je nach Motorenleistung weiterhin zulässig sein, selbst wenn statistisch gesehen Fahrzeuge mit PSstärkeren Motoren meist von Männern gefahren werden. Unterschiede in der Kfz-Versicherung aufgrund der Größe oder des Gewichts einer Person wären hingegen unzulässig. Holzleithner Güter und Dienstleistungen 22 11

Was will die Kommission und was wird sie tun? Die Kommission möchte eine wettbewerbsfähige, innovative Branche wie den Versicherungssektor ermutigen, ohne grundlose Eingriffe in das Gesamtpreisniveau die nötigen Anpassungen vorzunehmen und ihren Kunden attraktive Unisex-Produkte anzubieten. Die Kommission wird die Entwicklung auf dem Versicherungsmarkt weiterhin aufmerksam beobachten, um festzustellen, ob es im Zusammenhang mit dem Test-Achats- Urteil zu unbegründeten Preisanhebungen gekommen ist, und bei vermutetem wettbewerbswidrigem Verhalten dabei auch die vorhandenen wettbewerbsrechtlichen Instrumente [20] heranziehen. Holzleithner Güter und Dienstleistungen 23 Diskriminierung oder legitime unterschiedliche Behandlung? Erlaubnis einer Differenzierung nach dem Geschlecht bei Rechtfertigung durch ein legitimes Ziel, wenn die Mittel zur Zielerreichung angemessen und erforderlich sind (Art. 4 Abs. 5). Erwägung 16, Präambel Zufluchtsstätten für Opfer sexueller Gewalt Privatsphäre, sittliches Empfinden (Bsp. Wohnraum) Förderung der Interessen von Männern und Frauen Vereinsfreiheit Sportveranstaltungen Erwägung 17, Präambel Separate but equal keine Besser-/Schlechterstellung nach Geschlecht Holzleithner Güter und Dienstleistungen 24 12

Positive Maßnahmen Erlaubnis positiver Maßnahmen zur Gewährleistung der vollen Gleichstellung in der Praxis, mit denen geschlechtsspezifische Benachteiligungen verhindert oder ausgeglichen werden (Art. 6). In den Grenzen der Diskriminierungsverbote Holzleithner Güter und Dienstleistungen 25 Worum es auch geht Holzleithner Güter und Dienstleistungen 26 13

Ist das Diskriminierung? Unmittelbare oder mittelbare? Rechtmäßiges Ziel? Geeignete und notwendige Mittel? Geschlechterspezifische Klischees? Artikel 5 CEDAW: Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen, a) um einen Wandel in den sozialen und kulturellen Verhaltensmustern von Mann und Frau zu bewirken, um so zur Beseitigung von Vorurteilen sowie von herkömmlichen und allen sonstigen auf der Vorstellung von der Unterlegenheit oder Überlegenheit des einen oder anderen Geschlechts oder der stereotypen Rollenverteilung von Mann und Frau beruhenden Praktiken zu gelangen; Positive Maßnahmen? Holzleithner Güter und Dienstleistungen 27 14