Theoretische Grundlagen Als Systemische Therapie wird eine psychotherapeutische Fachrichtung beschrieben, die systemische Zusammenhänge und interpersonelle Beziehungen in einer Gruppe als Grundlage für die Diagnose und Therapie von seelischen Beschwerden und interpersonellen Konflikten betrachtet. Seit Dezember 2008 ist diese Therapieform und ihre Wirksamkeit auch in Deutschland wissenschaftlich anerkannt, in Österreich und der Schweiz erfolgte die Anerkennung bereits in den 1990er Jahren. Systemisches Denken: zirkulär, vernetzt, kybernetisch und nicht linear, monokausal und reduktionistisch Systeme sind und haben eine Struktur: Konfiguration der Elemente Beziehungen zwischen den Elementen Austauschprozesse / Transaktionen zwischen den Elementen Systeme sind dynamisch sind geschlossen oder offen haben bevorzugte Zustände = Gleichgewichte Veränderung und Entwicklung aufgrund von Autopoiese (Maturana & Varela, 1984): Selbstorganisation: In autopoietischen Systemen ist das Produkt ihres Funktionierens notwendig stets das jeweilige System selbst. Veränderung als Aufsuchen neuer Gleichgewichtedurch Austausch mit der Umwelt (offene Systeme!) Homöostase-Prinzip: Anstreben eines Idealzustandes copyright beabeablog 2013 1
Krankheitsbild: Krankheiten? Probleme! Psychische Krankheit wird nicht dem Individuum zugeschrieben, sondern als besonderer Ausdruck eines Systems aufgefasst. Ein Problem ist etwas, das von jemandem als unerwünschter und veränderungsbedürftiger Zustand angesehen wird, andererseits auch als prinzipiell veränderbar (von Schlippe & Schweizer, 2003) Systeme geraten in prekäre Gleichgewichte = unbequeme, fixierte oder blockierte Zustände (z.b. durch Koalitionen, fehlende oder unpassende Grenzen (perverses Dreieck) Prekäre Gleichgewichte bringen Symptome hervor, die von einem Mitglied übernommen werden (Indexpatient). Symptome sind Ausdruck der Dysfunktionalität des Systems. Typische prekäre Gleichgewichte: - Doppelbindung - Delegation und Kollusion - Sündenbock und schwarzes Schaf Symptome haben im System eine (stabilisierende) Funktion Symptome haben einen Doppelcharakter: sie sind zugleich das Problem und die Lösung.. Mögliche Bedeutungen von Symptomen: - Hinweis auf ineffektive Lösung eines Problems - Schutzfunktion (Symptomträger tritt in den Vordergrund) - Macht für den Indexpatienten - symbolischer Hinweis auf andere Probleme copyright beabeablog 2013 2
Wichtige Vertreter und Richtungen Strukturelle Familientherapie Betonung der Strukturen und Grenzen in Familien (Subsysteme, Generationen) Arbeit mit Video-Beobachtung und Live-Supervision Salvador Minuchin (*1923) Mailänder Modell Arbeitsschwerpunkt: Bulimie und Anorexie Zwei-Kammer-Methode : Beobachtende Co-Therapeuten geben dem Therapeuten Hinweise oder Deutungen oder Ideen für eine Abschlussintervention ( paradoxe Intervention ) Mara Selvini-Palazzoli (1916-1999) Strategische Familientherapie Ziel: dysfunktionale Problemlösungsstrategien unterbrechen und aktiv alternative Handlungsstrategien erproben Gregory Bateson (1904-1980) Humanistische Familientherapie Menschliche Freiheiten Ihre Grundhaltung drückte sie in den "Fünf Freiheiten" aus, zu denen sie ihren Patienten verhelfen wollte: Die Freiheit zu sehen und zu hören, was im Moment wirklich da ist -anstatt das, was sein sollte, gewesen ist oder erst sein wird. Die Freiheit, das auszusprechen, was ich wirklich fühle und denke -und nicht das, was von mir erwartet wird. Die Freiheit, zu meinen Gefühlen zu stehen -und nicht etwas anderes vorzutäuschen. Die Freiheit, um das zu bitten, was ich brauche -anstatt immer erst auf Erlaubnis zu warten. Die Freiheit, in eigener Verantwortung Risiken einzugehen - anstatt immer nur auf "Nummer sicher zu gehen" und nichts Neues zu wagen. Neue Techniken: Familienskulptur Familienrekonstruktion Familienaufstellungen Virginia Satir (1916-1988) Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, das ich von jemandem empfangen kann, ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, das ich geben kann, ist, den anderen zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren. Wenn dies geschieht, entsteht Beziehung 3
Interventionsformen und Methoden Therapeutische Haltungen den Möglichkeitsraum vergrößern Achtung vor der Selbstorganisation Neutralität / Allparteilichkeit gegenüber Personen gegenüber Ideen gegenüber Symptomen, Veränderungs- oder Nichtveränderungsimpulsen Ressourcenorientierung Lösungsorientierung Interventionsformen Hypothesen generieren (Genogramme, Systemzeichnungen) Systemisches Fragen zirkuläre Fragen Fragen zur Wirklichkeitskonstruktion Fragen zur Möglichkeitskonstruktion (Verschlimmerungsfragen, Wunderfrage) Lösungsorientierte Fragen Grenzen setzen, Regeln einführen, Be- und Entlasten Umdeutung und Reframing Skulpturen, Visualisierungen, Metaphern, Rituale Reflekting Team 4
SYSTEMISCHE THERAPIE UND BERATUNG Interventionsformen und Methoden Zirkuläres Fragen Positive Umdeutung 5
Interventionsformen und Methoden Settings und Anwendungsgebiete Paar- und Familientherapie Systemische Einzeltherapie Organisationsberatung und -entwicklung Wo? Psychiatrie und Kinder- und Jugendpsychiatrie Psychosomatische Kliniken Beratungsstellen (Paare, Familien, Jugendliche, Sucht) stationäre und ambulante Jugendhilfe Betrieb, Politik und Verwaltung 6