Gerechtigkeit in Organisationen



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Transkript:

Gerechtigkeit in Organisationen Wirtschaftspsychologie II. 2008 10. Jahrgang Eine Rezension Gerechtigkeit ist speziell und universell zugleich. Unabhängig von Nationalität, Bildungsstand, Branche und Religion ist sie ein Begriff, mit dem jeder konfrontiert wird. In den vergangenen Jahren wurde insbesondere in der Öffentlichkeit die Gerechtigkeit ein Thema, als es um die Pleiten und Rettungsversuche von großen Firmen wie Holzmann oder den Nokia-Werken ging. Aktuell gewinnt die organisationelle Gerechtigkeit vor dem Hintergrund der Finanzkrise, ihrer Ursachen und vor allem der Auswirkungen auf die Managementebene und aller weiteren Unternehmensmitglieder sehr stark an Bedeutung. Neben der Diskussion um Verantwortung werden auch die erwarteten Konsequenzen immer öfter thematisiert und die tatsächlich eintretenden Maßnahmen kritisch hinterfragt und bewertet. Die Autoren der Wirtschaftspsychologie haben dem Thema Gerechtigkeit in Organisationen ein Sonderheft gewidmet. Welchen Stellenwert hat Gerechtigkeit bei der Betrachtung von Organisationen? Wie kann sie definiert und wie erreicht werden? Welche Auswirkungen hat ein faires Verhalten von Organisationen und was empfinden Organisationsmitglieder als gerecht? Diesen und anderen Fragen stellen sich 10 Studien, die in der Sonderausgabe der Wirtschaftspsychologie ihre Ergebnisse vorstellen und somit die Relevanz des Gerechtigkeitsgefühls bei der Beurteilung ökonomischer Aktivitäten zu klären versuchen. Sie untersuchen die drei kardinalen Dimensionen organisationaler Gerechtigkeit und suchen eine Antwort darauf, warum Gerechtigkeit bedeutsam für die Organisationsmitglieder und warum für die Organisation selbst ist. Vor allem aber suchen sie nach konkreten Anhaltspunkten für den Gesamtkontext: Unternehmen. 1 / 7

Eine objektive Messung von Gerechtigkeitserfahrungen ist nicht möglich. Um die subjektiven Forschungsergebnisse systematisieren und auswerten zu können wurde von Cropanzano, Bowen und Gilliland eine Untergliederung in drei kardinale Dimensionen organisationaler Gerechtigkeit vorgenommen. Auf diese Weise kann abgebildet werden, welche Parameter das Gerechtigkeitsempfinden der Organisationsmitglieder beeinflussen und wie diese von der jeweiligen Organisation berücksichtigt werden können. Dimensionen der organisationalen Gerechtigkeit In der organisationalen Gerechtigkeitsforschung kann Gerechtigkeit durch drei Dimensionen erfasst werden: distributive, prozedurale und interaktionale. Die distributive Gerechtigkeit spielt eine Rolle bei der Bewertung von erhaltenen Ergebnissen wie Gehalt oder Beförderung. Sie wirkt vor allem direkt auf die Zufriedenheit mit den Ergebnissen. Die prozedurale oder Verfahrensgerechtigkeit beeinflusst insbesondere die Faktoren wie Vertrauen und die Identifikation mit dem Arbeitgeber. Sie trägt entscheidend zur Gesamtbewertung der Organisation bei. Die interaktionale Gerechtigkeit bewertet die zwischenmenschliche Interaktion, die insbesondere Führungskräfte vor eine große Herausforderung stellt. Denn diese repräsentieren für die Mitarbeiter die Gesamtorganisation. Dies ist für ein Unternehmen eine Gefahr und eine Chance zugleich, da sich der respektvolle und höfliche Umgang direkt auf das Verhalten der Mitarbeiter auswirkt. 2 / 7

Bedeutung der Gerechtigkeit für Organisationsmitglieder Aus der Sicht der Organisationsmitglieder ist Gerechtigkeit in einer Organisation insbesondere aufgrund von langfristigen Vorteilen, sozialen und ethischen Erwägungen bedeutend. Wenn die Mitarbeiter das Gefühl haben, dass die Organisation, in der sie tätig sind, gerecht ist, dann entwickeln sie langfristig ein Bewusstsein, dass ihre Leistungen dementsprechend belohnt werden. Gerechtigkeit kann demnach in Zeiten der Unsicherheit ein relevanter Aspekt in der Bewertung der Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit der Organisation sein. Über die ökonomischen hinaus spielen die sozialen Aspekte eine wichtige Rolle. Menschen haben auch im beruflichen Alltag das Bedürfnis dazuzugehören und das Ausmaß ihrer Zugehörigkeit bewerten sie über die empfundene Gerechtigkeit. Die positive wie negative Konsequenz der Wertschätzung durch den Arbeitgeber findet Ausdruck im Commitment, also der Bindung zum Unternehmen. Ein relativ neuer Ansatz in der organisationalen Gerechtigkeitsforschung beschäftigt sich mit dem ethischen Aspekt der Gerechtigkeit. Demzufolge sind die Menschen durchaus bereit Ressourcen zu investieren, um ungerechtes Verhalten gegenüber Dritten zu bestrafen sowie gerechtes zu belohnen. Insbesondere wenn Organisationsmitglieder das Verhalten des Unternehmens als nachlässig empfinden, hat es negative Auswirkungen auf die Loyalität und dementsprechend auf das weitere Verhalten der Organisation gegenüber. 3 / 7

Bedeutung der Gerechtigkeit für Organisationen Die organisationale Gerechtigkeit in ihren drei Dimensionen zeigt anhand von Studien große Auswirkungen auf das Verhalten von Organisationsmitgliedern und ist damit auch von großer Bedeutung für die Organisation selbst. Wird ein Unternehmen als fair empfunden, so beeinflusst dieses Urteil positiv sowohl die Einschätzung der Gesamtorganisation als auch ganz konkrete Arbeitseinstellungen. Besteht Vertrauen gegenüber dem Arbeitgeber, so steigt die Bereitschaft, Anweisungen zu folgen und persönliche Entbehrungen hinzunehmen, wenn sie der Organisation nutzen. Die Leistungsbereitschaft wird am stärksten durch die interaktionale Gerechtigkeit beeinflusst. Die Einflussstärke der einzelnen Dimension hängt zwar deutlich vom Schwerpunkt und Ziel der jeweiligen Studie ab; bei allen drei Gerechtigkeitsformen konnte ein Zusammenhang mit Kündigungsabsichten und Krankmeldungen festgestellt werden. Studien Um die bisher getroffenen Aussagen zu unterstützen, beinhaltet das hier vorgestellte Sonderheft der Wirtschaftspsychologie zehn wissenschaftliche Studien. Diese betrachten die organisationale Gerechtigkeit zu unterschiedlichen Phasen der Karriere von der Bewerbung bis hin zur Kündigung und Arbeitgeberwechsel. Die Studie von Müller, Janssen und Jarzina untersucht die Gerechtigkeitserfahrungen des Bewerbungsverfahrens in Bezug auf die Beurteilung der Attraktivität der Organisation und dessen Konsequenzen. Es konnte festgestellt werden, dass in einem als fair empfundenen Bewerbungsverfahren auch die abgelehnten Kandidaten das Unternehmen als attraktiv beurteilt haben. Rigotti, Otto und Mohr beschäftigen sich mit Personalentscheidungen und untersuchten die Bedeutung der unternehmerischen Autonomie hinsichtlich Personalentscheidungen sowie die Arbeitsplatzunsicherheit als Organisationsmerkmal. Bei steigender Autonomie und erhöhter Arbeitsplatzunsicherheit konnte in der Studie das Ungerechtigkeitserleben der Mitarbeiter deren psychische Beanspruchung erklären. 4 / 7

Ohly und Strabac untersuchten den Umgang mit betrieblichen Verbesserungsvorschlägen und dessen Auswirkungen auf die Arbeitszufriedenheit. Streicher, Maier, Jonas und Reisch haben die Beziehung von Führungskraft und Mitarbeiter beleuchtet. Sie konnten zeigen, dass die wahrgenommene Fairness der Führungskräfte in positiver Beziehung zu einem guten Führungskräfte-Mitarbeiter-Verhältnis steht. Athenstaedt und Mikula haben die Qualität der kommunizierten Entscheidungen durch Führungskräfte betrachtet und auch hier eine positive Beurteilung von Entscheidungen festgestellt, die einfühlsam und informationsreich vermittelt wurden. In weiteren Studien haben Muck, Stumpp und Maier untersucht, wie das Bedürfnis nach organisationaler Gerechtigkeit entsteht. Zala-Mezö und Räder haben in einer Fallstudie über Schulreformen die Bedeutung organisationaler Gerechtigkeit für einen umfangreichen Veränderungsprozess betrachtet. Und Schmitt, Rebele, Bennecke und Förster haben sich mit dem Post Citizenship Behavior an gekündigten Personen auseinandergesetzt. Sie konnten zeigen, dass das Verhalten nach Verlassen der Organisation in starkem Maße durch die erlebte Gerechtigkeit der Kündigung erklärt werden konnte. Die in der Sonderausgabe aufgegriffene Thematik wird abgerundet durch den Beitrag von Fischer, Jacobs und Hauser, der die verschiedenen Implikationen und Konsequenzen organisationaler Gerechtigkeit behandelt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf aktuellen wirtschaftlich wie politisch relevanten Fragen des Arbeitskontextes wie zum Beispiel: Tarifbindung, Führungsstil, regionaler Branchendurchschnitt der Gehälter oder Kapitalbeteiligung. Darüber hinaus wurde die Gerechtigkeitswahrnehmung im Zusammenhang mit der Kündigungshäufigkeit und Gewinnentwicklung von Unternehmen betrachtet. 5 / 7

Fazit Das System Mensch ist nicht losgelöst vom System Organisation zu betrachten, lautet die zentrale Aussage bei der Betrachtung der organisationalen Gerechtigkeit. Organisationen sind weitaus mehr als ein Ort, an dem der Austausch von Geld gegen Arbeit erfolgt. Organisationen bestehen aus Menschen und das wiederum bedeutet, dass die stattfindenden Transaktionen von zwischenmenschlicher Dynamik, kulturellen und sozialen Wertekontexten und Empfindungen beeinflusst werden. Die Organisationen wünschen sich loyale und leistungsfähige Mitarbeiter. Die Mitarbeiter wünschen sich einen fairen und respektvollen Umgang sowie Anerkennung für ihre an die Organisation erbrachten Leistungen. Das Gerechtigkeitsgefühl ist kein objektiver Maßstab, aber es setzt die Leistungen ins Verhältnis und hat direkte Auswirkungen auf die Unternehmenskultur und Unternehmensergebnisse. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Führungskräfte. Sie stehen symbolisch für die Gesamtorganisation und können erheblich die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen positiv beeinflussen. Starke Führungskräfte haben somit nicht nur direkte Auswirkungen auf der zwischenmenschlichen Ebene sondern im Gesamtkontext gesehen, auf den Gesamterfolg des Unternehmens. Insbesondere in Zeiten, die durch wirtschaftliche Unsicherheit geprägt sind, gewinnt das Gerechtigkeitserlebnis als Beurteilungskriterium der Organisationen an Bedeutung. Diesen Aspekt unterschätzen viele Unternehmen und schwächen auf diese Weise die Bindung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. 6 / 7

Die Sonderausgabe der Wirtschaftspsychologie zeigt aus unterschiedlichen Perspektiven, wie komplex Gerechtigkeitsurteile sind und welche Bedeutung sie für Mitarbeiter und Unternehmen haben. Vor allem macht die Gesamtheit der Beiträge deutlich, dass die organisationale Gerechtigkeit ein elementarer wie vernachlässigter Faktor bei der Betrachtung von Organisationen ist. 7 / 7