GRUNDLAGEN DER GERMANISTIK. Herausgegeben von Christine Lubkoll, Ulrich Schmitz, Martina Wagner-Egelhaaf und Klaus-Peter Wegera



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Transkript:

GRUNDLAGEN DER GERMANISTIK Herausgegeben von Christine Lubkoll, Ulrich Schmitz, Martina Wagner-Egelhaaf und Klaus-Peter Wegera 29

Linguistische Textanalyse Eine Einführung in Grundbegriffe und Methoden von Klaus Brinker Hermann Cölfen Steffen Pappert 8., neu bearbeitete und erweiterte Auflage

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Weitere Informationen zu diesem Titel finden Sie im Internet unter http://www.esv.info/978 3 503 15531 6 1. Auflage 1985 2. Auflage 1988 3. Auflage 1992 4. Auflage 1997 5. Auflage 2001 6. Auflage 2005 7. Auflage 2010 8. Auflage 2014 ISBN 978 3 503 15531 6 Alle Rechte vorbehalten Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin 2014 www.esv.info Dieses Papier erfüllt die Frankfurter Forderungen der Deutschen Nationalbibliothek und der Gesellschaft für das Buch bezüglich der Alterungsbeständigkeit und entspricht sowohl den strengen Bestimmungen der US Norm Ansi/Niso Z 39.48-1992 als auch der ISO-Norm 9706. Druck und Bindung: Strauss, Mörlenbach

Inhaltsübersicht Seite Vorwort................................................................... 7 1. Einleitung............................................................. 9 2. Der Textbegriff......................................................... 11 2.1. Zur Verwendung des Wortes Text in der Alltagssprache........... 11 2.2. Der linguistische Textbegriff....................................... 13 2.2.1. Vorbemerkung............................................. 13 2.2.2. Der Textbegriff der sprachsystematisch ausgerichteten Textlinguistik................................ 13 2.2.3. Der Textbegriff der kommunikationsorientierten Textlinguistik.............................................. 15 2.3. Entwurf eines integrativen Textbegriffs............................ 17 2.4. Neuere Entwicklungen und offene Fragen.......................... 20 3. Analyse der Textstruktur................................................ 24 3.1. Vorbemerkung................................................... 24 3.2. Der Satz als textuelle Grundeinheit................................ 25 3.3. Grammatische Bedingungen der Textkohärenz..................... 29 3.3.1. Formen der Wiederaufnahme............................... 29 3.3.1.1. Die explizite Wiederaufnahme....................... 29 3.3.1.2. Die implizite Wiederaufnahme....................... 36 3.3.1.3. Zur schematischen Darstellung von Wiederaufnahmerelationen.......................... 38 3.3.2. Die Bedeutung des Prinzips der Wiederaufnahme............. 40 3.3.2.1. Zur Relevanz für die Textkohärenz................... 40 3.3.2.2. Zur Relevanz für das Textverstehen.................. 42 3.4. Thematische Bedingungen der Textkohärenz....................... 44 3.4.1. Wiederaufnahmerelation und thematische Textstruktur...... 44 3.4.2. Zum Thema-Rhema-Konzept der Prager Schule.............. 47 3.4.3. Das Makro- und Superstrukturkonzept von T. A. van Dijk........................................... 49 3.4.4. Textthema und Entfaltung des Themas...................... 52 3.4.4.1. Thema als Kern des Textinhalts...................... 52 3.4.4.2. Zum Begriff der thematischen Entfaltung............. 57 3.5. Grundformen thematischer Entfaltung............................. 60 3.5.1. Die deskriptive Themenentfaltung........................... 60 3.5.2. Die narrative Themenentfaltung............................. 64 3.5.3. Die explikative Themenentfaltung........................... 69 3.5.4. Die argumentative Themenentfaltung........................ 73 3.6. Neuere Entwicklungen und offene Fragen: Text und Hypertext Text und Bild......................................... 80 5

Inhaltsübersicht 6 Seite 4. Analyse der Textfunktion.............................................. 87 4.1. Vorbemerkung.................................................. 87 4.2. Das Sprechhandlungskonzept als theoretische Grundlage.......... 88 4.2.1. Zum Begriff der sprachlichen Handlung..................... 88 4.2.2. Illokutionsindikatoren..................................... 92 4.2.3. Zur Analyse von Illokutionsstrukturen...................... 94 4.3. Der Begriff der Textfunktion...................................... 97 4.3.1. Textfunktion wahre Absicht Textwirkung............... 97 4.3.2. Zur textanalytischen Bestimmung der Textfunktion......... 98 4.3.2.1. Indikatoren der Textfunktion....................... 98 4.4. Textuelle Grundfunktionen....................................... 101 4.4.1. Bisherige Klassifikationsansätze............................ 101 4.4.2. Die Informationsfunktion.................................. 106 4.4.3. Die Appellfunktion........................................ 109 4.4.4. Die Obligationsfunktion.................................... 117 4.4.5. Die Kontaktfunktion....................................... 118 4.4.6. Die Deklarationsfunktion.................................. 120 4.5. Neuere Entwicklungen und offene Fragen......................... 121 4.5.1. Textuelle Grundfunktionen nach H. Hausendorf und W. Kesselheim............................................. 121 4.5.2. Das Ertragsmodell von K. Adamzik........................ 123 4.6. Zum Zusammenhang von Textfunktion und Textstruktur: exemplarische Analysen.......................................... 125 5. Analyse von Textsorten................................................ 133 5.1. Erläuterung der Fragestellung.................................... 133 5.2. Textsorten in der Alltagssprache.................................. 136 5.3. Der linguistische Textsortenbegriff................................ 138 5.4. Differenzierungskriterien......................................... 139 5.4.1. Die Textfunktion als Basiskriterium........................ 139 5.4.2. Kontextuelle Kriterien..................................... 140 5.4.3. Strukturelle Kriterien...................................... 144 5.4.4. Zur Hierarchisierung der Kriterien.......................... 146 5.5. Darstellung der Analyseschritte an einem Beispiel................. 147 5.6. Neuere Enwicklungen und offene Fragen.......................... 149 5.6.1. Textsortenvernetzungen................................... 149 5.6.2. Textsortenwandel......................................... 152 6. Zusammenfassung.................................................... 154 6.1. Übersicht über Kategorien und Kriterien der linguistischen Textanalyse....................................... 154 6.2. Übersicht über die Analyseschritte................................ 156 7. Literaturverzeichnis................................................... 159 8. Sachregister.......................................................... 183

Vorwort Die Linguistische Textanalyse von Klaus Brinker erscheint jetzt in der 8. Auflage in einer gründlich überarbeiteten Version. Nach wie vor ist das integrative Analysemodell in der universitären Forschung und Lehre vor allem in der Lehre im Arbeitsbereich der Textlinguistik grundlegend. Tausende von Germanistikbzw. Linguistik-Studierenden haben sich seit der ersten Auflage im Jahre 1985 das spannende Arbeitsfeld der Textlinguistik mit dieser Einführung erschlossen; nicht zuletzt auch die Autoren der vorliegenden Bearbeitung. Neben einer Ergänzung und Aktualisierung der Literaturangaben haben wir neuere Entwicklungen und offene Fragen im Forschungsbereich der Textlinguistik an geeigneter Stelle diskutiert und zudem auch den Wandel bzw. die Weiterent wicklung von Texten und Textsorten durch mediale Veränderungen mit ein bezogen. Bei all dem halten wir Brinkers pragmatisch-funktional orientiertes Textanalyse-Verfahren weiterhin, auch in Zeiten moderner Medien, für wegweisend. Essen, im Februar 2014 Hermann Cölfen & Steffen Pappert 7

1. Einleitung Das vorliegende Buch will in Grundbegriffe und Methoden der linguistischen Textanalyse einführen. Die linguistische Textanalyse setzt sich zum Ziel, die Struktur, d. h. den grammatischen und thematischen Aufbau sowie die kommunikative Funktion konkreter Texte transparent zu machen und nachprüfbar darzustellen. Sie kann dadurch Einsichten in die Regelhaftigkeit von Textbildung ( Textkonstitution) und Textverstehen ( Textrezeption) vermitteln und dazu beitragen, die eigene Text kompetenz zu verbessern, d. h. die Fähigkeit zu fördern, fremde Texte zu ver stehen und eigene Texte zu produzieren. 1 In theoretisch-begrifflicher wie methodischer Hinsicht wird die linguistische Textanalyse durch die sprachwissenschaftliche Disziplin der Textlinguistik bestimmt. Die Textlinguistik sieht es als ihre Aufgabe an, die allgemeinen Bedingungen und Regeln der Textkonstitution, die den konkreten Texten zugrunde liegen, systematisch zu beschreiben und ihre Bedeutung für die Textrezeption zu erklären. 2 Wenn wir von der Textlinguistik sprechen, so stellt das natürlich eine starke Vereinfachung dar. Hinter diesem Etikett verbergen sich zahlreiche textlinguistische Richtungen mit z. T. durchaus unterschiedlichen Konzeptionen. Gemeinsam ist ihnen aber die Auffassung, dass die oberste Bezugseinheit für die linguistische Analyse nicht der Satz, sondern der Text ist. Das Schwergewicht des Buches liegt nicht auf der Darstellung der verschiedenen textlinguistischen Forschungsansätze. Textmodelle sind bereits Gegenstand zahlreicher linguistischer Publikationen. Wir streben vielmehr eine primär anwendungsbezogene Darstellung an und versuchen, einen konsistenten textlinguistischen Beschreibungsapparat auf integrativer Basis zu entwickeln und an konkreten Texten bzw. Textausschnitten zu verdeutlichen. Wir beschränken uns deshalb auf eine Charakterisierung der Forschungspositionen, die in unserem Zusammenhang besonders wichtig sind. Darüber hinaus ist die für die jeweilige Problemstellung relevante Literatur mit Hilfe der Anmerkungen und des Literaturverzeichnisses aufschließbar. 1 Damit soll natürlich nicht unterstellt werden, dass die durch die linguistische Textanalyse gewonnenen Erkenntnisse unmittelbar zu einer Erweiterung der produktiven Kompetenz führen. Die Annahme eines direkten Umschlags von textuellem Regelwissen in regelkonforme Textproduktion wäre zu einfach. Wie das in diesem Buch entwickelte textlinguistische Analyseinstrumentarium für die Textproduktion fruchtbar gemacht werden kann, wird in Brinker 1988 dargestellt. 2 Eine umfassende Darstellung der Forschungsentwicklung und des aktuellen Forschungsstandes in der Textlinguistik bietet der 1. Band des Handbuchs zur Text- und Gesprächslinguistik (Brinker/Antos/Heinemann/Sager 2000). Einen knappen Überblick über Aufgabenstellung, Begriffs- und Forschungsgeschichte der Textlinguistik geben Brinker 2003 und Brinker 2006a. 9

1. Einleitung Als theoretische Grundlage für die folgenden Kapitel wählen wir die bereits angesprochene Unterscheidung von Textstruktur und Textfunktion. Es handelt sich dabei um eine analytische Trennung, die der Wissenschaftler vornimmt, um das komplexe Phänomen Text genauer beschreiben zu können. Bei konkreten Texten, d. h. Sprachgebilden in ihrer Einbettung in einen Kommunikationsprozess, bilden Struktur und Funktion eine Einheit, die nur als solche bestimmten kommunikativen Zwecken dient. Textfunktion und Textstruktur sind bei der linguistischen Analyse zwar zu trennen, nicht aber völlig isoliert voneinander zu untersuchen; zwischen ihnen bestehen mannigfache Zusammenhänge, deren Beschreibung ebenfalls Aufgabe der Textlinguistik ist. Dabei stehen die regulären, vom sprachlichen Handlungssystem bestimmten Beziehungen im Vordergrund, nicht die aktuellen mentalen Abläufe bei der Produktion und Rezeption von Texten; mit ihnen befasst sich die Psycholinguistik, die Textlinguistik beschreibt aber wichtige systembedingte Voraussetzungen solcher Prozesse. Das Buch gliedert sich in vier Kapitel. Zuerst wollen wir kurz darlegen, was man in der Alltagssprache unter einem Text versteht und wie die Einheit Text wissenschaftlich definiert wird (Kapitel 2). Vor dem Hintergrund eines Textbegriffs, der die zentralen theoretischen Positionen der Textlinguistik miteinander zu verbinden versucht, gehen wir dann in Kapitel 3 auf grundlegende Bedingungen des grammatischen und thematischen Textaufbaus ( Textstruktur) ein und behandeln in Kapitel 4 die Rolle von Texten im Kommunikationsprozess (Textfunktion). Kapitel 5 ist der Analyse von Textsorten gewidmet. Die entwickelten Analysekategorien und -kriterien sowie die Arbeitsschritte bei der Analyse eines Textes werden abschließend in einer systematischen Übersicht zusammengefasst. Das Buch ist so konzipiert, dass es sowohl zum Selbststudium als auch für das germanistische Grundstudium und zumindest streckenweise für den Deutschunterricht 3 in den Sekundarstufen I und II verwendet werden kann. 3 Zum Einsatz des in diesem Buch entwickelten textlinguistischen Instrumentariums im Deutschunterricht vgl. u.a. Becker-Mrotzek/Kusch 2007, Pospiech/Bitterlich 2007, Brinker 2006 b, Brinker 2006 c, Schoenke 2006, Spiegel/Vogt 2006, Adamzik/Neuland 2005, Fix 2005. 10