Micha Unger JAGDLICHE SCHNURREN. und andere merkwürdigkeiten

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Transkript:

Micha Unger JAGDLICHE SCHNURREN und andere merkwürdigkeiten 1

2

Micha Unger Jagdliche Schnurren und andere merkwürdigkeiten Neumann-Neudamm 3

ISBN 978-3-7888-1722-0 Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. 2016 Verlag J. Neumann-Neudamm AG, Melsungen Schwalbenweg 1, 34212 Melsungen Tel. 05661-9262-0, Fax 05661-9262-20 www.neumann-neudamm.de, info@neumann-neudamm.de Printed in the European Community Satz/Layout: J. Neumann-Neudamm AG Titelgestaltung: J. Neumann-Neudamm AG Bildnachweis: Illustrationen von Lucy Hobrecht Druck und Weiterverarbeitung: CPI books GmbH 4

INHALTSVERZEICHNIS Der Jugend eine Chance!... 7 Eine ganz andere Jagdgeschichte... 11 Kein Bock, aber Schwein gehabt... 16 Wie erklär ich es meinem Hund?... 18 Jagdstörung... 21 Der wohlgefällige Bericht... 26 Waidmannsheil und... 33 Flucht nach vorne... 38 Wie der Flotte Otto zu seinem Namen kam... 50 Lederstrumpf... 59 Die mobile Leiter... 63 Alles Verbrecher, oder: Laras Welt... 69 Der Herr der Fliegen... 73 Aus dem aufregenden Leben des Hundeführers... 87 Brauchtumspflege... 90 Silvesterhirsch... 93 Drückjagd Top Ten... 97 Michel... 100 Nicht gejagt ist auch gestreckt... 109 5

VORNEWEG SEI GESAGT: Erstens: Ich liebe meine Frau über alles. Sie ist mein Herzbuttertäschchen und ganz anders, als in diesem Buch von mir beschrieben. Wenn Sie sich genötigt sieht, an mir erzieherisch tätig zu werden, ist dies gerechtfertigt und wird von mir dankbar aufgenommen. Zweitens: Ich bin eigentlich auch ganz anders, als hier von mir beschrieben. Ich habe aber selten Gelegenheit dazu. Alle Missgeschicke, die in diesem Buch von mir geschildert werden, sind tatsächlich passiert. Aber nicht den Personen, denen ich sie untergeschoben habe, sondern mir selbst und höchstpersönlich. Alles, was gelungen ist, ist auch tatsächlich passiert. Nichts davon mir. Das konnte ich aber so nicht schreiben. Wie hätte ich denn dagestanden vor meiner Frau. In ihrem Exemplar des Buches fehlt diese Seite. Deshalb hat diese Seite auch keine Seitenzahl. Drittens: Dieses Buch trägt eine Mitschuld am letalen Verbiss an der deutschen Fichte. Ich schrieb es auf dem Hochsitz und verpasste so manche Gelegenheit zum Schuss. Andererseits, dieses Buch hat Leben gerettet! 112

Viertens und Letztens: Ich habe das Buch nur zu Ende geschrieben, weil ich wissen wollte, wie es ausgeht. Das können Sie, liebe Leser, einfacher haben. Aber das alles hat mich viel Zeit und Mühe gekostet. Liebe Leser, bitte honorieren Sie das, indem Sie langsam lesen und nicht alles in einem Rutsch. Danke! 113

6

DER JUGEND EINE CHANCE! Ich hab Besuch. Der Neffe ist da. 12 Jahre alt und jagdlich interessiert. Also sind wir vorgestern raus, offene Leiter mitten im Wald, gute Sicht. Alles bestens, denkste! Der Bursche kann nicht stillsitzen und Geräusche macht er auch noch! Nun gut, ich gebe den Erklärbär und flüster ihm zu, was er tun soll und vor allem was nicht. Effekt ist gleich null. Das Kerlchen wackelt mit allen Gliedmaßen, zeitweise auch gleichzeitig. Er beguckt sich seine Füße, den Boden, die Holme, überallhin, nur nicht dorthin, wo ein Reh erscheinen könnte. Nach einer Stunde wird es ihm langweilig. Kommt hier noch was? Wie lange bleiben wir? Und so weiter und so fort. Abgebaumt und noch mal die Sache mit der Jagd erklärt. Was die Tiere des Waldes besonders gut sehen und hören können und was das für uns bedeutet, wenn wir Jagderfolg haben wollen. Gestern wieder raus. Diesmal auf eine geschlossene Kanzel. Ich bin ja lernfähig. 7

Der Neffe nicht. Das Gezappel beginnt, kaum dass er Platz genommen hat. Er starrt auf die Kanzelwand und ignoriert die extra zum Zwecke des Beobachtens gelassenen Öffnungen in derselben. Er macht Geräusche. Wenn er den Kopf bewegt, schabt die Krempe seines Lederhutes an der Wand. Er bewegt den Kopf nach links. Es schabt. Nach rechts. Schabt auch. Nach unten und oben. Es schabt. Ich bedeute ihm, mit dem Experiment aufzuhören. Nun wippt der Fuß. Dabei kratzt die Sohle an der Wand. Ich gebe einen Hinweis. Er beginnt nun, mit den Fingern Späne von der Wand zu knibbeln. Mein Blick ruht nun nicht mehr liebevoll auf ihm. Er hält inne. Nicht für lang. Umständlich öffnet er die Wasserflasche. Mit lautem Glucksen entleert sie sich fast vollständig in seinem Schlund. Die sollte für den Abend eigentlich reichen. Nun ist sie so gut wie leer. Die Kohlensäure bahnt sich ihren Weg nach oben und verlässt, gut vernehmlich, meinen Jagdbegleiter. Wenn ich ihn erschieße, muss es wie ein Unfall aussehen, denke ich. Neben mir trommelt der Nerventod mit den Fingern rhythmisch auf seinem Sitzbrett. Ich lasse ihn und finde Trost in der Planung des perfekten Mordes. Aufkommende Gewissensbisse ob meiner bösen Gedanken beruhige ich mit der Feststellung, dass es sich bei meiner Tat um 8

Notwehr handelt. Wenn der Richter Jäger ist, wird er mich verstehen. Vielleicht ist es besser, ich stürze ihn von der Kanzel. Das sieht dann eher wie ein Unfall aus. Aber was, wenn er überlebt? Mittlerweile trommelt er nicht nur, er summt auch noch. Zwar leise, aber vernehmlich. Wenn er den Sturz überlebt, muss ich ihm doch den Fangschuss antragen, denke ich. Ich gehe die verschiedenen Möglichkeiten durch. Kalte Waffe scheidet aus. Ist mir zu brutal. Aus dem Summen ist Gesang geworden. Die Füße beteiligen sich jetzt auch an der musikalischen Darbietung. Da kommt mir die Idee! Als Notbehelf habe ich immer eine Rolle Panzerband in meiner Jagdtasche. Damit kann man festmachen, was locker ist und wackelt. Vorsichtig hole ich die Rolle raus. Ich bitte den Musikanten um Hilfe beim Abschneiden passender Stücke. Das erste bekommt er auf den Mund und kaum hat er sich versehen, sind die Arme hinter seinem Rücken festgemacht. Er beginnt sich zu wehren. Ich setze mich auf ihn und fixiere seine Beine am Sitz. Er versucht sich zu befreien, zu spät. Ich drücke seinen Oberkörper gegen die Wand und verbinde seine Oberarme mit den Holmen. Das passt, sitzt und wackelt nicht mehr. Kriegt aber Luft, durch die Nase. 9

Die Augen sind vor Entsetzen weit geöffnet. Ich zeige in Richtung Wildacker und flüstere, pass gut auf. Nun ist es fast Mittag, ich geh jetzt mal schauen, wie es meiner lebenden Wildkamera heute Nacht ergangen ist. Vielleicht hatte er ja Anblick. Ich würde es ihm gönnen. Vielleicht waren die Schweine da oder Rotwild. Das sind die unvergesslichen Momente, von denen auch ein junger Mensch lange zehrt. 10