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Transkript:

Deutschland 2018 Länderbericht Hessen Stimmungen, Meinungen, Trends von Kindern und Jugendlichen in Hessen Autoren Herausgeber In Kooperation mit 1

LBS-Kinderbarometer Deutschland 2018 Länderbericht Hessen Stimmungen, Meinungen, Trends von Kindern und Jugendlichen in Hessen Ergebnisse des Erhebungsjahres 2017 Ein Projekt der hessenstiftung familie hat zukunft und der LBS Hessen-Thüringen in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinderschutzbund (DKSB) Landesverband Hessen e. V. unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministers für Soziales und Integration Stefan Grüttner Durchführung: PROSOZ Institut für Sozialforschung PROKIDS Juli 2018

hessenstiftung familie hat zukunft Dr. Ulrich Kuther Darmstädter Straße 100 64625 Bensheim Homepage: www.hessenstiftung.de Landesbausparkasse Hessen-Thüringen Strahlenbergerstraße 13 63067 Offenbach Homepage: www.lbs-ht.de PROSOZ Institut für Sozialforschung PROKIDS PROSOZ Herten GmbH Ewaldstraße 261 45699 Herten Telefon: 02366 / 188-118 Telefax: 02366 / 188-251 E-Mail: prokids@prosoz.de Homepage:www.kinderbaromter.de Twitter: @prokids_ Autorinnen: Judith Razakowski Maren Gottschling Typografie und Layout: Marion Kaltwasser

Inhaltsverzeichnis Grußwort des Hessischen Ministers für Soziales und Integration... 9 Grußwort des Sprechers der Geschäftsleitung der Landesbausparkasse Hessen-Thüringen... 12 Grußwort der Vorsitzenden des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Hessen e.v.... 14 1 Hintergrund... 17 Die Studie... 19 Das Erhebungsinstrument... 20 2 Zusammenfassung... 23 3 Stichprobenbeschreibung... 29 3.1 Geschlechterverteilung... 29 3.2 Migrationshintergrund... 30 3.3 Arbeitslosigkeit... 30 3.4 Familienstatus... 31 3.5 Altersverteilung... 33 3.6 Verteilung auf die Jahrgangsstufen... 33 3.7 Schultypenverteilung... 33 3.8 Wohnumfeld... 34 4 Allgemeines Wohlbefinden... 35

5 Gesundheit und Ernährung... 37 5.1 Häufigkeit des Krankfühlens... 37 5.2 Gesunde Ernährung... 38 5.3 Gesundheit und Wohlbefinden... 39 6 Zukunft... 41 6.1 Vorstellung und Einschätzung zum späteren Leben... 41 6.2 Berufsvorstellungen... 43 6.3 Zukunft und Wohlbefinden... 51 7 Toleranz... 53 7.1 Einstellung und Toleranzempfinden... 53 7.2 Toleranz gegenüber unterschiedlicher Gruppen... 56 7.3 Toleranz und Wohlbefinden... 63 8 Mitbestimmung... 65 8.1 Mitbestimmung in der Familie... 65 8.2 Mitbestimmung in der Schule... 68 8.3 Mitbestimmung in der Stadt bzw. Gemeinde... 70 8.4 Mitbestimmung und Wohlbefinden... 78

Grußwort des Hessischen Ministers für Soziales und Integration Liebe Leserinnen und Leser, Kindern Gehör und eine Stimme in der Öffentlichkeit zu verleihen, ist Ziel des Kinderbarometers. Denn Kinder haben nicht nur ein Recht auf Schutz und Förderung, sie haben auch ein Recht auf Mitbestimmung und Beteiligung in allen sie betreffenden Belangen. Über den engen Rahmen der Familie hinaus gilt es, die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen bei der Gestaltung ihres Lebensraums aufzugreifen. Sie sollen ihre Interessen in die Planungs- und Entscheidungsprozesse des Gemeinwesens einbringen können. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen liegt im besonderen Interesse der Kinder-, Jugendund Familienpolitik. Hessisches Ministerium für Soziales und Integration Im Kinderbarometer werden Kinder zu ihren Meinungen und Einstellungen bezüglich verschiedener Themen aus unterschiedlichen Bereichen, wie Familie, Freundeskreis, Schule, Umwelt, Gesundheit sowie Ernährung, Wohnen und Politik befragt. Im Vordergrund der Befragung steht immer der Ansatz, auch den Kleinsten in der Gesellschaft eine Stimme zu geben. Kindheit wird dabei als eigenständige Lebensphase verstanden, in der Kinder ihre eigene Kultur entwickeln, nach eigenen Regeln leben und somit als Experten betrachtet werden, die selbst und kompetent Auskunft über ihr eigenes Leben geben können. Durch die über Jahre kontinuierliche und repräsentative Erfassung und Auswertung von Kindermeinungen, wird Kindern als sozialen Akteuren 9

und Experten in eigener Sache in Hessen systematisch Gehör verschafft und ihre Meinung in den gesellschaftlichen Diskurs getragen. Konsequent wird Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonventionen, in dem von der Berücksichtigung des Kinderwillens die Rede ist, aufgegriffen. Durch die kontinuierliche Fortführung der Studienreihe können Veränderungen der kindlichen Lebenslagen und Meinungen über den Zeitverlauf aufgegriffen werden, die Ansatzpunkte für kinderpolitisch Aktive, für Institutionen, Verbände und Eltern bieten. Aus den Antworten der Kinder zum allgemeinen Wohlbefinden wird eines ganz deutlich: Kinder fühlen sich überwiegend wohl in unserer Gesellschaft und in ihren Familien. Das aktuelle Kinderbarometer hat diesmal ein besonderes Augenmerk auf kindliche Partizipation in den Bereichen Familie, Schule, Stadt und Gemeinde gelegt. Am wichtigsten ist den hessischen Kindern Mitbestimmung in ihrer Familie. Sie möchten bei der Schulauswahl mitbestimmen können, bei der Urlaubsplanung und bei den zu Hause geltenden Regeln gehört werden. Die beliebtesten Themen bei der Mitbestimmung in der Stadt oder in der Gemeinde sind die Gestaltung von Spiel- und Sportplätzen und Sportmöglichkeiten für Kinder. Beim Thema Toleranz sind sich die befragten Kinder in Hessen einig: 95 Prozent sind der Meinung jeder Mensch in Hessen sollte so sein dürfen, wie er oder sie ist. Kinder in Hessen befürworten eine gesellschaftliche Vielfalt mit vielen unterschiedlichen Menschen und Persönlichkeiten. Im Jahresvergleich zeigt sich, dass hessische Kinder noch toleranter eingestellt sind als in den Jahren 2009 und 2014. Als Gesundheitsminister hat mich besonders das Ergebnis zum Ernährungsverhalten der Kinder interessiert. Für knapp jedes zweite Kind gehört das Frühstück fest zum Alltag. Gleichwohl gibt zusammengenommen ein Drittel an, selten oder nie vor der Schule zu frühstücken. 10

Dieses Ergebnis zeigt deutlich, dass Kinder uns auf Bereiche hinweisen, die aus ihrer Sicht nicht optimal laufen. Es zeigt auch, dass Kinder heute in unterschiedlichen und nicht immer optimalen Lebensverhältnissen aufwachsen, und dass es richtig ist, dass wir uns über Fachtage der Verbraucherzentrale wie Bildungsort Esstisch darum kümmern, auch bspw. Erzieherinnen und Erzieher über gesunde Ernährung zu informieren. Politik allein kann nicht alles richten, aber wir schaffen in vielen Bereichen die Rahmenbedingen dafür, dass Familien in ihren unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten im Alltag unterstützt werden. Staat und Gesellschaft sind gefordert, wenn es um gute Lebensbedingungen für Kinder geht. Dafür setzen wir uns in Hessen mit aller Kraft ein. Mit dem Kinderbarometer ist ein Forum für die Einstellungen und Meinungen der Generation von morgen geschaffen. Als Stimmungsbarometer ist es eine gute Informationsquelle für Politik und Gesellschaft, die dazu beitragen kann, unsere familienpolitischen Ziele zu erreichen. Es bestärkt uns, Kinder- und Familienfreundlichkeit auf allen Ebenen zu fördern und die Belange von Kindern nachhaltig ins öffentliche Blickfeld zu rücken. Denn jede Gesellschaft ist nur so gut wie ihr kleinster Bestandteil. Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine bereichernde Lektüre, neue Erkenntnisse und hoffe, dass die Studie dazu beitragen kann, die Lebensumstände von Kindern in unserer Gesellschaft weiter zu verbessern, damit es in Hessen auch weiterhin heißt: Hessen hat und lebt Familiensinn. Stefan Grüttner Hessischer Minister für Soziales und Integration Beiratsvorsitzender der hessenstiftung familie hat zukunft 11

Grußwort des Sprechers der Geschäftsleitung der Landesbausparkasse Hessen-Thüringen Liebe Leserinnen, liebe Leser, die Familie, die Schule, der Freundeskreis und das Wohnumfeld jeder Bereich trägt dazu bei, dass Kinder sich wohlfühlen. Wie viel Einfluss diese Aspekte auf das allgemeine Wohlbefinden der 9- bis 14-jährigen hessischen Kinder haben, hat das PROSOZ Institut für Sozialforschung PROKIDS im Auftrag der Landesbausparkassen im Sommer 2017 untersucht. Bereits zum sechsten Mal wurden dazu die Mädchen und Jungen in Hessen befragt. Landesbausparkasse Hessen-Thüringen Es ist schön zu erfahren, dass die meisten Kinder und Jugendlichen in Hessen sich gut fühlen. Ihr allgemeines Wohlbefinden liegt deutlich im positiven Bereich und ist sogar leicht gestiegen. Und dabei gibt es keine Unterschiede. Egal, ob Junge oder Mädchen, jünger oder älter, mit oder ohne Migrationshintergrund und unabhängig von den Familienverhältnissen, der Schulform und wo die Kinder leben. Alle betrachteten Gruppen fühlen sich ähnlich wohl. Auch für die Zukunft haben die hessischen Kinder genaue Vorstellungen, was dazu gehört, damit es einem gut geht. Die meisten Befragten stellen sich unter anderem vor, zusammen mit ihrem späteren Partner in einem eigenen Haus zu wohnen. Das ist ihnen durchschnittlich ziemlich wichtig. Weitere Zukunftsaspekte der Studie sind die Themen Freizeit, der spätere Berufswunsch und ob die Kinder und Jugendlichen alles haben, um ihre Ziele erreichen zu können. Bei dem Ziel, später in einem Eigenheim zu leben, können wir als Landesbausparkasse sie und ihre Familien dabei unterstützen, ihren Traum zu verwirklichen. Interessant 12

an den Ergebnissen ist, dass die 9- bis 14-Jährigen, die später gerne Wohneigentum hätten, auch häufiger die Auffassung vertreten, dass ihnen alles Notwendige zum Erreichen ihrer Wünsche zur Verfügung steht und umgekehrt. Bei Freizeit und Berufswahl bzw. Work-Life- Balance sind die Befragten im Erwachsenenleben allerdings selbst gefordert. Insgesamt ist es den hessischen Kindern dabei wichtig, später Freizeit zu haben. Auch wenn sie dann weniger Zeit zum Arbeiten und Geld verdienen hätten. Mit einem Augenzwinkern hoffe ich als Geschäftsleiter der LBS Hessen-Thüringen, dass trotzdem etwas zur Seite gelegt werden kann, um mit einem Bausparvertrag die Grundlage für das eigene Zuhause zu legen. Mein Dank gilt dem Hessischen Minister für Soziales und Integration, Stefan Grüttner, den Autorinnen Judith Razakowski und Maren Gottschling und ganz besonders den 570 hessischen Kindern und Jugendlichen, die an unserer Studie teilgenommen haben. Ebenso danke ich allen Eltern für ihre Zustimmung und den durchführenden Lehrerinnen und Lehrern, ohne deren Unterstützung die Befragungen nicht zustande gekommen wären. Peter Marc Stober LBS Hessen-Thüringen 13

Grußwort der Vorsitzenden des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Hessen e.v. Liebe Leserinnen und Leser, die LBS Kinderstudie hat 570 hessische Kinder u.a. zur Mitbestimmung in der Familie, der Schule und der Gemeinde befragt, aber auch nach ihrer Kenntnis zu den Kinderrechten. Wir sind froh darüber, dass die Kenntnisse über die UN-Kinderrechtskonvention sich etwas verbessert haben. Wir haben aber noch einen langen Weg vor uns, damit alle hessischen Kinder die Konvention und ihre Rechte kennen. Deutscher Kinderschutzbund LV Hessen e.v. Zu diesen Rechten gehört das Recht auf Mitbestimmung. Wenn Kinder dieses Recht kennen und mitbestimmen dürfen, dann steigt auch ihr Wohlbefinden. Doch es zeigt sich in dieser Studie wieder, wie wichtig es generell ist, Kinder über ihre Rechte zu informieren. Sie müssen wissen, an wen sie sich wenden können, wenn sie ein Anliegen haben, sei es im schulischen Bereich oder im Lebensumfeld, aber auch zu ihren Rechten im Familienleben. Gleichzeitig zeigt die Studie auf: Wohlbefinden in der Familie ist verbunden mit dem Wunsch nach hoher Beteiligung. Wer sich akzeptiert und ernst genommen fühlt, hat auch die Lust und den Mut, seine Meinung zu äußern. Als Kinderschutzbund müssen wir uns damit beschäftigen, weshalb sich ein Teil der Kinder in ihren Familien nur begrenzt wohlfühlt und sich für Beteiligung weniger interessiert. Wir wissen, fast alle Eltern bemühen sich, dass es ihren Kindern gut geht. Aber wir wissen auch, wie schwer es ist, die armutsbedingte soziale Ausgrenzung auszugleichen. Hier brauchen wir mehr politischen Willen für Veränderungen, 14

um die viel zu hohe Zahl der Kinder, die in Armut leben, zu verringern. Wir können das Wohlbefinden der Kinder dadurch verbessern. Und wie ist es mit der Mitbestimmung in der Gemeinde? Woran liegt es, dass sich in den Jahren von 2011 bis zur jetzigen Befragung der Wunsch auf Mitbestimmung hier um 10 % verringert hat? Warum gelingt es uns nicht Kinder zu motivieren, ihr verbrieftes Recht auf Beteiligung einzufordern? Die Ergebnisse des LBS-Kinderbarometers sind für uns als Kinderschutzbund eine Herausforderung. Wir wollen die politischen Gremien auffordern, Kinder in ihren Kommunen mehr in die Entscheidungsfindung einzubinden und offen mit ihnen zu diskutieren. Kinder- und Jugendparlamente können ein wichtiger Schritt sein. Positive Beispiele dafür gibt es. Doch das Entscheidende ist, Kinder in ihren Äußerungen ernst zu nehmen. So lernen Kinder und Jugendliche Verantwortung mitzutragen. Demokratie leben fängt bei der Beteiligung an. Die geplante Aufnahme der Kinderrechte in die hessische Verfassung und somit auch der Beteiligungsrechte verpflichtet alle das Verfassungsrecht aktiv umzusetzen. Wir wollen Kinder und Jugendliche für ihr Recht auf Mitbestimmung begeistern. Wir hoffen, dass schon das nächste Kinderbarometer einen Anstieg der Werte beim Thema Mitbestimmung zeigen wird. Wir danken den Autoren der Untersuchung für die vielen interessanten Ergebnisse. Verone Schöninger Vorsitzende des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Hessen e.v. 15

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1 Hintergrund In diesem Jahr feiert das LBS-Kinderbarometer gleich mehrere Jubiläen. Zum einen besteht das LBS-Kinderbarometer nun bereits seit 20 Jahren und zum anderen ist 2018 das 10. Jubiläum der bundesländerübergreifenden Studie. Dies verdeutlicht noch einmal den Erfolg und die Bedeutung der Studie zur kontinuierlichen Erfassung von Kindermeinungen sowie kindlichem Wohlbefinden in ganz Deutschland. Finanziert wird das Projekt seit Beginn durch das Social Sponsoring der Landesbausparkassen. Die hessenstiftung familie hat zukunft ermöglicht es, in diesem Durchgang einen genaueren Blick auf die Kinder in Hessen zu werfen und ist Initiatorin dieses Länderberichtes. Damit knüpft sie an das Kinderbarometer Hessen (2004 bis 2008) an und legt den insgesamt zehnten Bericht für Hessen vor. Die Schirmherrschaft trägt Stefan Grüttner, Hessischer Minister für Soziales und Integration und Beiratsvorsitzender der hessenstiftung familie hat zukunft. 1997 wurde die Studie erstmals im Bundesland Nordrhein-Westfalen durch das PROSOZ Institut für Sozialforschung PROKIDS durchgeführt. Ermöglicht wurde dies durch die finanzielle Förderung der LBS Initiative Junge Familie. In seinem zehnten Durchgang wurde das Kinderbarometer um sechs weitere Bundesländer erweitert und 2009 schließlich auf eine für die gesamte Bundesrepublik repräsentative Studie ausgeweitet. Das Bundesland Hessen war bereits im Jahr 2007 dabei und erlebt 2018 somit den sechsten Durchgang des LBS-Kinderbarometers. Auf diese Weise wird es ermöglicht, den Kindern in Hessen systematisch Gehör zu verschaffen und ihre Meinungen in den gesellschaftlichen Diskurs zu tragen. Im Vordergrund der Studie steht ganz im Sinne des Agency-Ansatzes der in der Kindheitsforschung diskutierte Paradigmenwechsel, Kinder als Forschungssubjekte zu betrachten und somit auch den Kleinsten 17

in der Gesellschaft eine Stimme zu geben. Kindheit wird dabei als eigenständige Lebensphase verstanden, in der Kinder ihre eigene Kultur entwickeln, nach eigenen Regeln leben und somit als Experten betrachtet werden, die selbst und kompetent Auskunft über ihr eigenes Leben geben können (vgl. Heinzel, Kränzl-Nagl & Mierendorf, 2012) 1. Im Fokus der Studie steht darüber hinaus das aktuelle Wohlbefinden der Kinder, das sogenannte Well-Being, und nicht etwa das zukünftige Wohlbefinden im Erwachsenenalter ( Well-Becoming ). Dabei greift das LBS-Kinderbarometer in Anlehnung an das von Lang 2 bereits 1985 diskutierte Konzept zur Lebensqualität für Kinder einerseits das übergeordnete allgemeine Wohlbefinden der Kinder sowie andererseits die Wohlbefindensausprägungen in den kindlichen Lebensbereichen Familie, Schule, Freundeskreis und Wohnumfeld auf. Für jeden betrachteten Aspekt wird untersucht, ob er das Wohlbefinden der Kinder positiv bzw. negativ beeinflusst. Auf diese Weise entsteht eine solide Datengrundlage über die Perspektive von Kindern zu aktuellen Themen für Institutionen, Verbände sowie Eltern und politische Entscheidungskräfte. Im Sommer 2017 wurden repräsentativ für die gesamte Bundesrepublik und repräsentativ für jedes einzelne Bundesland insgesamt über 10.000 Kinder befragt. In diesem Zusammenhang bedanken wir uns ganz besonders bei den beteiligten Kindern und deren Eltern. Ein besonderer Dank gilt zudem der hessenstiftung familie hat zukunft als Initiatorin und Förderin dieses Länderberichtes und natürlich auch den 1 Heinzel, F.; Kränzl-Nagl, R. & Mierendorf, J. (2012): Sozialwissenschaftliche Kindheitsforschung-Annäherung an einen komplexen Forschungsbereich. In: Theo-Web. Zeitschrift für Religionspädagogik 11, H.:1, 9-37. 2 Lang, S.(1985): Lebensbedingungen und Lebensqualität von Kindern. Frankfurt am Main/New York. 18

Lehrkräften, die die Studie tatkräftig unterstützen sowie den Ministerien, die durch ihre Genehmigungen die Durchführung dieser Studie erst ermöglichen. Die Studie Ankerpunkt des LBS-Kinderbarometers ist Artikel 12 der UN-Kinderrechtskonvention Berücksichtigung des Kinderwillens, der mit der Studie systematisch aufgegriffen wird. Dabei werden Kinder im Alter zwischen 9 und 14 Jahren befragt. Dieser Altersbereich wurde bewusst gewählt, um das Feld der Jugenduntersuchungen, wie beispielsweise die Shell-Studien (vgl. Albert, Hurrelmann & Quenzel, 2015) 3, um den darunter liegenden Altersbereich zu erweitern. Die Kindheit als eigenständige Lebensphase dauert nach der Gesetzgebung bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres an, auch wenn dies nicht immer dem eigenen Selbstverständnis entspricht (s. Stecher & Zinnecker, 1996) 4. Dieser Altersbereich ist von wichtigen Umbrüchen im Leben der Kinder geprägt, wie beispielsweise dem Übergang zur weiterführenden Schule. 1997 wurde das LBS-Kinderbarometer erstmals für das Bundesland Nordrhein-Westfalen durchgeführt. Daran anlehnend wurde in Hessen das damit vergleichbare Kinderbarometer Hessen zwischen 2004 und 2008 insgesamt viermal durchgeführt. Seit 2009 wird das LBS-Kinderbarometer schließlich repräsentativ für die gesamte Bundesrepublik im 2-Jahresrhythmus umgesetzt. Im Rahmen dessen erfolgen zusätzlich separate Länderauswertungen im Auftrag einzelner Bundesländer, wie dieser vorliegende Länderbericht für das Bundesland Hessen. Dieser 3 Albert, M., Hurrelmann, K. & Quenzel, G. (2015). Jugend 2015: 17. Shell Jugendstudie. Frankfurt am Main: Fischer. 4 Stecher, L. & Zinnecker, J. (1996): Kind oder Jugendlicher? Biografische Selbst- und Fremdwahrnehmung im Übergang. In: J. Zinnecker & R.K. Silbereisen (1996), Kindheit in Deutschland (S. 175f). Weinheim/München. 19

beinhaltet neben allgemeinen Informationen zur Studie ausgewählte und spezifische Befunde für Hessen. Die Gesamtauswertung der bundesweiten Studie umfasst, neben den allgemeinen soziodemografischen Angaben aller Kinder in Deutschland, zudem zusätzliche Fragen und Themenbereiche, welche in der vorliegenden verkürzten Länderauswertung nicht aufgenommen wurden. Ein digitalisiertes Exemplar des Gesamtberichts ist unter www.kinderbarometer.de frei verfügbar. Durch die kontinuierliche Fortführung des LBS-Kinderbarometers können Veränderungen der kindlichen Lebenslagen und Meinungen über den Zeitverlauf aufgegriffen und damit die Veränderungsebene dargestellt werden. Darüber hinaus werden auch Aspekte auf der Interventionsebene ausgemacht, die das kindliche Wohlbefinden entscheidend beeinflussen und dadurch Ansatzpunkte für kinderpolitisch aktive Menschen in Deutschland bieten. Die enge Kooperation mit dem Deutschen Kinderschutzbund und die aktuelle Schirmherrschaft der Präsidentin der Ständigen Kultusministerkonferenz gewährleisten, dass die für Kinder relevanten Themen und Ergebnisse in Praxis und Politik aufgegriffen werden und Berücksichtigung finden. Das Erhebungsinstrument Die Stichprobe des LBS-Kinderbarometers wurde für jedes einzelne der sechszehn Bundesländer als geschichtete Zufallsstichprobe aus dem Schulverzeichnis des jeweiligen Landes gezogen. Berücksichtigt wurde dabei zum einen die Verteilung der Schultypen und zum anderen die Verteilung der Altersstufen, sodass schließlich eine repräsentative Stichprobe für jedes Bundesland vorliegt. Zusätzlich wurde eine repräsentative Verteilung der Jahrgangsstufen 4 bis 7 angestrebt und die Schulen gemäß ihrer Schüler/innenzahlen gewichtet, um eine Überrepräsentation von einzelnen Schulen mit geringer Schülerzahl zu vermeiden. 20

Die Befragung erfolgte mittels eines standardisierten schriftlich zu bearbeitenden Fragebogens im Klassenkontext in den jeweiligen Schulen. Dafür wurden im Vorfeld die zufällig aus dem Schulverzeichnis gezogenen Schulen angeschrieben und um die Beteiligung an der Studie mit je einer Klasse gebeten. Da die Teilnahme an der Studie selbstverständlich freiwillig ist und hierfür das Einverständnis der Eltern notwendig ist, beteiligten sich nicht immer alle Schülerinnen und Schüler einer Klasse. In den Klassen wurde die Befragung durch die jeweiligen Lehrkräfte mittels standardisierter Checkliste angeleitet und durchgeführt. Der Fragebogen besteht aus einem Set von Items, die in der Regel mit einer fünfstufigen Häufigkeits- oder Zustimmungseinschätzung in geschlossener Form abgefragt wurden (vgl. Rohrmann, 1978) 5. Daneben gab es zwei offene Fragen, bei welchen die Kinder selbst ihre Antworten formuliert haben. Vor dem Einsatz des Fragebogens wurde dieser in zwei Durchgängen auf Verständlichkeit und Zeitbudget für das Ausfüllen in Form von Pretests getestet und gegebenenfalls modifiziert. Dadurch wurde sichergestellt, dass auch die jüngeren Kinder der vierten Klasse den Fragebogen innerhalb einer Schulstunde problemlos und stressfrei ausfüllen konnten. Die Themenauswahl des LBS-Kinderbarometers ist dabei zum einen gestützt auf eine Arbeitsgruppe aus Fachleuten der Kindheitsforschung und -praxis, zum anderen werden ganz im Sinne des Beteiligungsanspruchs die Kinder selbst im Rahmen von im Vorfeld stattfindenden Fokusgruppen, in den Prozess der Instrumentenerstellung einbezogen. 5 Rohrmann, B. (1978): Empirische Studien zur Entwicklung von Antwortskalen für die sozialwissenschaftliche Forschung. Zeitschrift für Sozialpsychologie, 9, 222-245. 21

22

2 Zusammenfassung Im Sommer 2017 wurde das LBS-Kinderbarometer zum sechsten Mal repräsentativ für Hessen durchgeführt. Insgesamt haben sich 570 Schülerinnen und Schüler, im Alter von 9 bis 14 Jahren, aus ganz Hessen an der Studie beteiligt. Lebensverhältnisse Unter den befragten Kindern sind in etwa gleich viele Jungen und Mädchen vertreten. Rund ein Drittel der Kinder hat einen Migrationshintergrund und ist demzufolge entweder selbst im Ausland geboren oder hat zumindest einen im Ausland geborenen Elternteil. In Hessen sind die meisten Kinder mit Migrationshintergrund Einwanderer zweiter Generation und somit selbst in Deutschland geboren. Die Mehrheit der Kinder, knapp 80%, leben zusammen mit ihren leiblichen Eltern. Am zweithäufigsten leben die hessischen Kinder zusammen mit ihrer alleinerziehenden Mutter, alleinerziehende Väter sind hingegen die Ausnahme. 7% sind von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen. Mehr als die Hälfte der hessischen Kinder beschreibt den eigenen Wohnort als eher dörflich, 29% als eher städtisch und 11% als großstädtisch. Allgemeines Wohlbefinden Die meisten Kinder in Hessen fühlen sich gut. Damit liegt das allgemeine Wohlbefinden der hessischen Kinder über die Jahre hinweg stabil im positiven Bereich der Barometerskala. Gleichwohl berichten rund 7% aller hessischen Kinder von einem negativen allgemeinen Wohlbefinden. Dabei gibt es keine Unterschiede zwischen den betrachteten Gruppen. Demzufolge fühlen sich die hessischen Kinder unabhängig von Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, familiärem und sozioökonomischen Hintergrund, Schulform sowie Wohnregion ähnlich wohl. 23

Gesundheit und Ernährung Der Großteil der Kinder in Hessen fühlt sich selten krank. Die Häufigkeit des Krankfühlens hat im Jahresvergleich leicht abgenommen, dies ist jedoch nicht statistisch bedeutsam. Trotz Krankheitsgefühl in die Schule zu gehen, kommt bei den Kindern in Hessen insgesamt selten vor. Dennoch berichten mehr als ein Drittel der Kinder, dass sie oft bis sehr oft trotz Krankheit am Schulunterricht teilnehmen. Mit zunehmenden Alter kommt es noch häufiger vor, dass die Kinder krank zur Schule gehen. Kinder, die sich häufig krank fühlen oder ein negatives Wohlbefinden in ihrer Familie aufweisen, gehen häufiger mit Krankheitsgefühl in die Schule. Bedenklich ist zudem, dass Kinder, die sich häufig krank fühlen, in allen betrachten Bereichen sowie im Allgemeinen ein negativeres Wohlbefinden aufweisen und umgekehrt. Zum Ernährungsverhalten der hessischen Kinder lässt sich Folgendes festhalten: Für knapp jedes zweite Kind gehört das tägliche Frühstück fest zum Alltag. Gleichwohl gibt zusammengenommen ein Drittel an, selten oder nie vor der Schule zu frühstücken. Kinder ohne Migrationshintergrund frühstücken noch seltener bevor sie sich auf den Weg in die Schule machen. Die meisten Kinder in Hessen bekommen tagtäglich eine warme Mahlzeit. Bei Kindern Alleinerziehender kommt dies etwas seltener vor, durchschnittlich jedoch auch oft. Zukunft In Zukunft möchten die meisten Kinder in Hessen zusammen mit ihrem späteren Partner/ihrer späteren Partnerin in einem Haus wohnen. Dennoch ist der Wunsch nach einem späteren Eigenheim im Jahresvergleich zurückgegangen. Später viel Freizeit auf Kosten des eigenen Einkommens zu haben ist den hessischen Kindern durchschnittlich mittelmäßig wichtig. Kindern ohne Migrationshintergrund ist es tenden- 24

ziell noch etwas wichtiger. Die meisten Kinder in Hessen sind der Auffassung, dass sie alles Notwendige haben, um ihre Ziele in der Zukunft erreichen zu können. Gleichzeitig sind 4% kritischer hinsichtlich ihre Zielerreichung und der zur Verfügung stehenden Ressourcen. Dies betrifft insbesondere Kinder Alleinerziehender und Kinder aus Familien mit Arbeitslosigkeit. Wie im gesamten Bundesgebiet wissen auch in Hessen viele Kinder noch nicht genau, welchen Beruf sie später gerne einmal haben möchten. Insgesamt sind die Berufswünsche der Kinder weit gefächert. Neben einer beruflichen Zukunft bei der Polizei oder als Lehrer/in an einer Schule, werden als Top-Antworten Arzt/Ärztin, Berufe aus dem Bereich Sport, Arbeit mit Tieren oder Arbeiten im Handwerk sowie im künstlerisch-gestalterischen Bereich genannt. Dabei bestehen deutliche Geschlechterunterschiede. Toleranz Die Kinder in Hessen sind sich einig: Jeder Mensch sollte so sein dürfen, wie er oder sie ist. Insgesamt 95% der hessischen Kinder haben dieser Aussage zugestimmt Mädchen und Kinder ohne Migrationshintergrund noch häufiger. Den Kindern fällt es eigenen Angaben zufolge außerdem selten schwer mit anderen Meinungen umzugehen. Lediglich 4% der Befragten berichten, dass es ihnen sehr schwer fällt, die Meinungen anderer zu tolerieren. Kinder mit Migrationshintergrund tun sich etwas schwerer damit, wenn jemand anderer Meinung ist. Darüber hinaus gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den Schulformen: Kindern auf der Hauptschule fällt es um einiges schwerer, mit anderen Meinungen umzugehen, als Kindern in der Grundschule und auf dem Gymnasium. Den meisten hessischen Kindern ist es wichtig, von anderen in Gänze gemocht und akzeptiert zu werden. Dies gilt für alle betrachteten Gruppen. Die Kinder in Hessen befürworten eine ge- 25

sellschaftliche Vielfalt mit vielen unterschiedlichen Menschen und Persönlichkeiten. Im Jahresvergleich zeigt sich, dass die hessischen Kinder heute noch toleranter gegenüber unterschiedlichen Menschen eingestellt sind als in den Jahren 2009 und 2014. Neben dem allgemeinen Toleranzempfinden wurden die Kinder auch zu ihrer Toleranz gegenüber unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppierungen befragt. Die meisten Kinder befürworten es, dass Deutschland hilfsbedürftigen Menschen aus anderen Ländern Zuflucht gewährt. Gleichzeitig ist jedes zehnte Kind in Hessen diesbezüglich kritischer eingestellt und hat hier mit stimmt wenig bzw. stimmt nicht geantwortet. Hierbei gibt es Unterschiede im Vergleich zu anderen Bundesländern. Darüber hinaus befürworten Kinder mit Migrationshintergrund, Grundschulkinder, jüngere Kinder sowie Kinder im großstädtischen Wohnraum es stärker, dass Deutschland Menschen aufnimmt, denen es in anderen Ländern nicht gut geht. Zwei Drittel der hessischen Kinder sind mit Menschen aus anderen Ländern befreundet. Freundschaften zu Menschen mit einer körperlichen bzw. geistigen Beeinträchtigung sind selten, nehmen mit dem Alter der Kinder sowie im Jahresvergleich allerdings bedeutsam zu. 2018 pflegen mehr Kinder Freundschaften zu Menschen mit Behinderungen als in den Jahren 2009 und 2014. Die Kinder wurden auch bezüglich ihrer Toleranz gegenüber Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen befragt. Durchschnittlich finden die hessischen Kinder es mittelmäßig gut, dass es Familienkonstellationen mit zwei Müttern oder zwei Vätern gibt. Jungen, Kinder mit Migrationshintergrund sowie Kinder mit Arbeitslosigkeit in der Familie sind alternativen Familienmodellen gegenüber kritischer eingestellt. Knapp 90% der Kinder finden es hingegen wichtig, dass man sich frei und unabhängig vom Geschlecht verlieben darf, in wen man will. Mädchen, Kinder aus ländlichen Regionen und mit Arbeitslo- 26

sigkeit in der Familie sind noch toleranter in Hinblick auf gleichgeschlechtliche Liebe. Insgesamt deutet die Befundlage darauf hin, dass die Kinder generell und unabhängig von der jeweiligen Gruppierung entweder eher tolerant oder eher intolerant sind. Mitbestimmung Das aktuelle Kinderbarometer hat ein besonderes Augenmerk auf kindliche Partizipation in den Bereichen Familie, Schule und Stadt bzw. Gemeinde gelegt. Am wichtigsten ist es den hessischen Kindern in ihrer Familie bei der Schulauswahl mitbestimmen zu können. Darauf folgen das Mitspracherecht bei der Urlaubsplanung, den zuhause geltenden Regeln sowie der Essensauswahl. Insgesamt hat sich gezeigt, dass es den Kindern in Hessen durchschnittlich ziemlich wichtig ist, bei Entscheidungen in der Familie mitbestimmen zu können. Der Mitbestimmungswunsch in der Schule fällt insgesamt etwas geringer aus und ist durchschnittlich mittelmäßig hoch. Dabei legen die Kinder besonders Wert darauf, bei Klassenfahrten und Schulausflügen mitbestimmen zu können. Darauf folgen das Mitspracherecht bei der Verwendung des Geldes in der Klassenkasse, der Klassenraumgestaltung sowie der Gestaltung des Schulhofes. Hierbei gibt es einige Unterschiede zwischen den betrachteten Gruppen. Wie bereits in früheren Erhebungen wurden die Kinder erneut gefragt, ob sie gerne an Entscheidungen in ihrer Stadt bzw. Gemeinde partizipieren würden. Über die Hälfte der hessischen Kinder hat kein Interesse an Mitbestimmung auf lokaler Ebene. Knapp die Hälfte der hessischen Kinder weiß, an wen sie sich wenden kann, um in der eigenen Stadt/Gemeinde etwas für die Kinder zu verändern. Dementsprechend sind etwas mehr als der Hälfte keine lokalen Ansprechpersonen bekannt. 27

Das LBS-Kinderbarometer greift seit jeher die UN-Konvention über die Rechte des Kindes auf. Knapp die Hälfte der hessischen Kinder gibt an, schon einmal von der UN-Konvention gehört zu haben. Damit ist die Bekanntheit der UN-Konvention in Hessen leicht gestiegen, jedoch nicht statistisch bedeutsam. Interessant ist, wie sich dies zukünftig weiterentwickeln wird. Kindern ohne Arbeitslosigkeit in der Familie ist die UN-Konvention häufiger bekannt als Kindern mit Arbeitslosigkeit in der Familie. Die beliebtesten Themen bei der Mitbestimmung in der Stadt bzw. Gemeinde sind bei den Kindern in Hessen die Themen Stadtplanung, Spielplätze und Sportmöglichkeiten. Kinder, die in einem eher städtischen Umfeld leben, interessieren sich noch stärker dafür, bei der Stadtplanung mitbestimmen zu können als Kinder, die in einem eher dörflichen Umfeld aufwachsen. 28

3 Stichprobenbeschreibung Das LBS-Kinderbarometer Deutschland wurde im Sommer 2017 zum sechsten Mal repräsentativ für Hessen und zum fünften Mal repräsentativ für alle sechzehn Bundesländer 6 durchgeführt. In diesem Länderbericht werden ausschließlich Befunde für das Bundesland Hessen zu ausgewählten Themen vorgestellt. Die bundesweite Gesamtauswertung ist im Buchhandel in gebundener Form bzw. unter www.kinderbarometer.de als digitalisiertes Freiexemplar erhältlich. Insgesamt wurden in Hessen 570 Schülerinnen und Schüler befragt. In diesem Bericht werden ausschließlich die Befunde zu folgenden Themenfeldern vorgestellt: Gesundheit und Ernährung, Zukunft, Toleranz sowie Mitbestimmung. Die Antworten der Kinder wurden gewichtet, sodass die Zusammensetzung der Stichprobe innerhalb der Bundesländer der Verteilung auf die Jahrgangsstufen und Schulformen entspricht. Folglich setzt sich auch die Stichprobe in Hessen in Hinblick auf die Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf Jahrgangsstufen und Schulformen repräsentativ zusammen. 3.1 Geschlechterverteilung Beide Geschlechter sind vergleichsweise gleich häufig in der Stichprobe vertreten. 51% der analysierten Fragebögen wurden von Jungen beantwortet und 49% von Mädchen 7. Damit entspricht die Geschlechterverteilung der tatsächlichen Verteilung der Kinder des zugrundeliegenden Schuljahres in Hessen. 6 In den Jahren 2007, 2009, 2011, 2014 und 2016; ab 2009 unter Beteiligung aller 16 Bundesländer 7 In diesem Bericht wurden alle Prozentangaben kaufmännisch gerundet, wodurch es vorkommen kann, dass die angegebenen Prozentwerte sich nicht immer zu 100% aufaddieren oder von zuvor berichteten zusammengefassten Prozentwerten geringfügig abweichen. 29

3.2 Migrationshintergrund Nach der dieser Studie zugrundeliegenden Definition liegt ein Migrationshintergrund vor, wenn entweder das Kind selbst, der Vater bzw. die Mutter oder beide Elternteile nicht in Deutschland geboren wurden. Das konkrete Geburtsland der Kinder und Eltern wurde aus Datenschutzgründen nicht erfasst. Stattdessen sollten die Kinder lediglich angeben, ob sie bzw. ihre Eltern in Deutschland oder in einem anderen Land geboren wurden. Die formale Staatsangehörigkeit des Kindes oder seiner Eltern wird bei dieser Form der Erfassung nicht berücksichtigt. Das hat zum Vorteil, dass die tatsächliche Migrationshistorie erfasst wird, was beispielsweise bei Spätaussiedlern oder Kindern, bei denen nur ein Elternteil eingewandert ist, allein anhand der Staatsangehörigkeit nicht möglich wäre. Demzufolge haben rund ein Drittel (35%) der befragten Kinder in Hessen einen Migrationshintergrund. Davon sind 20% Einwanderer erster Generation und damit selbst im Ausland geboren. Die meisten Kinder sind Einwanderer zweiter Generation (80%), d.h. in Deutschland geboren. 7% der Kinder in Hessen geben an, nicht in Deutschland geboren zu sein. 65% der Kinder in Hessen berichten, dass beide Elternteile in Deutschland geboren sind, bei 21% der Kinder sind beide Eltern im Ausland geboren und 14% haben einen deutschen und einen ausländischen Elternteil. Diese Werte unterscheiden sich nicht wesentlich von den Befunden aus 2016. Im weiteren Verlauf dieses Berichtes wird lediglich zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund unterschieden. 3.3 Arbeitslosigkeit 7% der hessischen Kinder sind von Arbeitslosigkeit in der Familie betroffen, d.h. entweder ihr Vater, ihre Mutter oder beide Elternteile sind 30

arbeitslos. Damit ist der Anteil der Kinder, die von Arbeitslosigkeit innerhalb der Familie betroffen sind, im Vergleich zur vorherigen Studie aus 2016 (14%) deutlich gesunken. 3% der Kinder geben an, dass ihr Vater arbeitslos ist, bei 6% ist es die Mutter und weniger als 1% der Kinder berichtet, dass beide Elternteile arbeitslos sind. Je nach Migrationshintergrund zeigen sich für Hessen Unterschiede 8 bei der Betroffenheit von Arbeitslosigkeit in der Eltern, welche bereits 2016 deutlich wurden. Demnach berichten Kinder mit Migrationshintergrund deutlich häufiger von Arbeitslosigkeit in der Familie (16%) als Kinder ohne Migrationshintergrund (3%). Im weiteren Verlauf wird bei Gruppenvergleichen nur zwischen der Betroffenheit und Nicht-Betroffenheit von Arbeitslosigkeit in der Familie des Kindes unterschieden, unabhängig davon, ob ein oder beide Elternteil(e) arbeitslos sind. 3.4 Familienstatus Zusammengenommen 13% der befragten Kinder in Hessen leben bei einem alleinerziehenden Elternteil, demgegenüber stehen 88%, die mit zwei Elternteilen aufwachsen. Kinder Alleinerziehender leben seltener in einem Haushalt mit Geschwistern als Kinder mit zwei Elternteilen (10% vs. 22%). Jedes fünfte Kind in Hessen (20%) gibt an, dass sich die Eltern getrennt haben bzw. geschieden sind. Bei 2% der Kinder ist bereits mindestens ein Elternteil verstorben. 8 Alle Unterschiede in diesem Bericht werden auf dem Signifikanzniveau von p.01 getestet und nur dann berichtet, wenn sie diesem strengen Maß entsprechen. Unterschiede, die diesem Niveau entsprechen, sind mit einer 99%igen Wahrscheinlichkeit auf die Grundgesamtheit übertragbar. Unterschiede, die nicht diesem Niveau entsprechen, werden nur erwähnt, wenn sie die aktuelle Forschungslage widerspiegeln. Weiterhin werden nur Effekte berichtet, deren Effektstärke eta.09 bzw. einer Korrelation/einem standardisierten Regressionsgewicht von mindestens.09 entsprechen. 31

Rund acht von zehn Kindern (79%) und damit der Großteil der hessischen Kinder leben mit der leiblichen Mutter und dem leiblichen Vater zusammen. Am zweithäufigsten leben die Kinder in Hessen bei ihrer alleinerziehenden Mutter, diesen Status hat etwa jedes zehnte Kind in Hessen (11%). Familienkonstellationen mit alleinerziehenden Vätern stellen hingegen nach wie vor eine Ausnahme dar, lediglich 1% gibt an, beim alleinziehenden Vater zu leben. 6% der Kinder geben an, bei ihren Müttern mit deren neuen Lebenspartnern bzw. -partnerinnen zu leben. Die Häufigkeiten aller abgefragten Familienkonstellationen sind in Tabelle 3.1 dargestellt. Tab. 3.1: Familienstatus Anteil Kinder 2018 Leiblicher Vater und leibliche Mutter 79% Alleinerziehende Mutter 11% Leibliche Mutter und neue/r Partner/in 6% Keine Angabe 2% Alleinerziehender Vater 1% Heim oder Pflegefamilie 1% Leiblicher Vater und neue(r) Partner/in <1% Nur ehemalige(r) Partner/in leiblicher Eltern <1% Nur Geschwister <1% 32

In den weiteren Analysen wird lediglich zwischen Kindern Alleinerziehender (Vater oder Mutter) und Kindern mit zwei Elternteilen differenziert, unabhängig davon, ob es beide leiblichen Eltern sind oder nicht. 3.5 Altersverteilung Die in Hessen befragten Kinder sind durchschnittlich MW=11,6 Jahre alt, dies entspricht exakt dem Altersdurchschnitt der Studie aus 2016. Dabei sind die meisten Kinder zwischen 10 bis 13 Jahre alt (92%). 1% der Kinder ist zum Erhebungszeitpunkt 15 Jahre alt und 2% 14 Jahre alt. 5% der Kinder geben an, 9 Jahre alt zu sein. 3.6 Verteilung auf die Jahrgangsstufen Die Häufigkeitsverteilung auf die einzelnen Jahrgangsstufen sieht wie folgt aus: 26% der Kinder besuchen zum Erhebungszeitpunkt die 4. Klasse, jedes vierte Kind (25%) geht in die 5. Klassenstufe und weitere 21% sind Schülerinnen und Schüler der 6. Klasse. Die übrigen 29% der Kinder gehen in die 7. Klasse. Bezüglich der Gruppenvariablen zeigt sich, dass Kinder mit Migrationshintergrund häufiger die 5. Klassenstufe besuchen als Kinder ohne Migrationshintergrund (38% vs. 17%). Darüber hinaus gibt es keine weiteren bedeutsamen Unterschiede. Die Verteilung der Jahrgangsstufen innerhalb der Stichprobe entspricht hinreichend der realen Verteilung des zugrundeliegenden Schuljahres in Hessen. 3.7 Schultypenverteilung Den genannten Anteilen an Viertklässlerinnen und Viertklässlern entsprechend, haben 26% der Kinder angegeben, dass sie zum Zeitpunkt der Befragung auf die Grundschule gehen. 3% der befragten Kinder besuchen eine Hauptschule und weitere 10% gehen auf die Realschule. Die meisten befragten Kinder in Hessen, mehr als ein Drittel 33

(36%), gehen auf ein Gymnasium und weitere 26% auf eine Gesamtschule. Diese Verteilung entspricht ebenfalls hinreichend der realen Verteilung des zugrundeliegenden Schuljahres, damit ist die Stichprobe auch hinsichtlich der Schultypenverteilung repräsentativ für das Bundesland Hessen. 3.8 Wohnumfeld Die Kinder wurden wie bereits in den vorherigen Studien danach gefragt, ob sie in einem eher dörflichen, einem eher städtischen oder eher großstädtischen Wohnumfeld leben. Die meisten Kinder beschreiben ihr Wohnumfeld als eher dörflich, 60% der Kinder in Hessen haben sich dieser Antwortkategorie zugeordnet. Weitere 29% leben eigenen Angaben zufolge in einem eher städtischen Wohnumfeld und 11% wohnen eher großstädtisch. Dabei zeigen sich Unterschiede in Abhängigkeit des Migrationshintergrundes. Kinder mit Migrationshintergrund beschreiben ihr Wohnumfeld häufiger als eher städtisch (39% vs. 24%) oder eher großstädtisch (17% vs. 7%), während Kinder ohne Migrationshintergrund häufiger mit eher dörflich antworten (69% vs. 44%). An diese Stelle muss jedoch berücksichtigt werden, dass es sich hierbei um die subjektiven Einschätzungen der Kinder zum eigenen Wohnumfeld handelt, die auf Erfahrungs- bzw. Vergleichswerten der Kinder basieren. 34

4 Allgemeines Wohlbefinden Die zentrale Variable im Kinderbarometer ist das allgemeine Wohlbefinden. Zur Erfassung des Wohlbefindens wird eine seit 1997 etablierte und eigens für das Kinderbarometer entwickelte Skala eingesetzt, welche das Wohlbefinden anhand einer siebenstufigen, über Wetterphänomene visualisierten, Antwortskala erfasst (s. Abb. 4.1). Gewitterwolken stehen dabei für ein sehr schlechtes Wohlbefinden (mit 1 kodiert) und wolkenloser Sonnenschein für ein sehr gutes Wohlbefinden (mit 7 kodiert). Abb. 4.1: Die verwendete Barometerskala Die hessischen Kinder fühlen sich im Allgemeinen zwischen eher gut bis gut (MW=5,6). Somit liegt das allgemeine Wohlbefinden deutlich im positiven Bereich der Antwortskala und ist im Vergleich zur vorherigen Studie (2016: MW=5,3) leicht gestiegen, wobei der Mittelwertunterschied die strengen Signifikanzkriterien hier knapp verfehlt. Dies deutet darauf hin, dass sich die hessischen Kinder im Allgemeinen heute tendenziell besser fühlen als 2016. Die exakte Häufigkeitsverteilung der Antworten sieht wie folgt aus: Insgesamt rund 7% aller Antworten befinden sich im unteren Bereich der Antwortskala von eher schlecht (3%), über schlecht (3%) bis sehr schlecht (<1%). 10% der in Hessen befragten Kinder haben mit mittelmäßig geantwortet und fühlen sich demnach im Allgemeinen weder gut noch schlecht. Der überwiegende Teil der Kinder verortet das aktuelle Wohlbefinden im positiven Bereich der Skala von eher gut (22%), über gut (42%) bis sehr gut (20%). Die Betrachtung der 35

Gruppenunterschiede 9 macht deutlich: Im Gegensatz zum vorherigen Kinderbarometer bestehen in der aktuellen Studie keine Unterschiede mehr zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund sowie nach Arbeitslosigkeit in der Familie. Entgegen der bundesweiten Studie zeigt sich für Hessen zudem keine Abnahme des allgemeinen Wohlbefindens mit zunehmendem Alter der Kinder. Insgesamt gibt es keine signifikanten Unterschiede zwischen den betrachteten Vergleichsgruppen 10, dementsprechend fühlen sich die hessischen Kinder im Allgemeinen, unabhängig von ihren jeweiligen Gruppenzugehörigkeiten, ähnlich wohl. Neben dem allgemeinen Wohlbefinden wird im Kinderbarometer auch das Wohlbefinden in den kindlichen Lebensbereichen Familie, Schule, Freundeskreis und Wohnumfeld betrachtet. In Hessen liegen alle betrachteten Wohlbefindensvariablen im positiven Bereich der Antwortskala. Das geringste Wohlbefinden weisen die hessischen Kinder in der Schule (MW=5,4) und das höchste bei ihren Freunden (MW=6,4) auf, dicht gefolgt vom Wohlbefinden in der eigenen Wohngegend (MW=6,3) und dem Wohlbefinden in der Familie (MW=6,0). Die ermittelten Werte sind vergleichbar mit der bundesweiten Auswertung. Im weiteren Verlauf des Berichts wird für alle betrachteten Aspekte geprüft wird, in welchem Zusammenhang sie zu allen Wohlbefindensvariablen stehen. Sofern bedeutsame Zusammenhänge positiver oder negativer Art vorliegen, wird dies aufgegriffen und näher erläutert. Gleiches gilt für signifikante Veränderungen über die Zeit. 9 Wenn in diesem Bericht von Gruppenunterschieden die Rede ist, werden grundsätzlich folgende Gruppen betrachtet: Bundesland, Geschlecht, Migrationshintergrund, Alleinerziehend vs. Zweielternfamilie, Betroffenheit von Arbeitslosigkeit, Schulform, Jahrgangsstufe und Wohnortgröße. 10 Im weiteren Verlauf des Berichts werden jeweils alle signifikanten Gruppenunterschiede genannt, wird zu einer der hier betrachteten Gruppen nichts berichtet, besteht dementsprechend kein bedeutsamer Unterschied. 36

5 Gesundheit und Ernährung In diesem Kapitel geht es um das Krankheitsempfinden und Ernährungsverhalten der Kinder in Hessen. Dabei wird zunächst betrachtet, wie häufig die Kinder sich krank fühlen und wie häufig sie trotz Krankheit in die Schule gehen. Darüber hinaus wird das Ernährungsverhalten der hessischen Kinder näher beleuchtet. Aussagen, die bereits in vergangenen Erhebungen betrachtet wurden, werden für Kohortenvergleiche über die Zeit herangezogen. 5.1 Häufigkeit des Krankfühlens Die hessischen Kinder fühlen sich durchschnittlich selten krank. Der Mittelwert beträgt auf der fünfstufigen Skala von nie bis sehr oft MW=2,3. Dabei haben zusammengenommen 4% der Kinder angegeben, sich oft (3%) bis sehr oft (1%) krank zu fühlen. Knapp ein Drittel der Kinder in Hessen fühlt sich manchmal (31%) krank und insgesamt zwei Drittel sind eigenen Angaben zufolge selten (56%) bis nie (10%) krank. Hierbei gibt es keine bedeutsamen Gruppenunterschiede zwischen den betrachteten Vergleichsgruppen. Im Vergleich zu den Studien der Jahre 2009 und 2011 (je MW=2,4) hat die Häufigkeit des Krankfühlens bei den hessischen Kindern damit leicht abgenommen, jedoch nicht statistisch bedeutsam. Auf die Frage, wie häufig die Kinder zur Schule gehen, obwohl sie sich krank fühlen, haben die meisten mit selten (28%) geantwortet. Der Mittelwert liegt hier mit MW=3,0 bei der Antwortkategorie manchmal und fällt genau so hoch aus wie 2009. Die übrige Häufigkeitsverteilung lautet wie folgt: 13% gehen nie zur Schule, wenn sie sich krank fühlen und rund jeder Fünfte tut dies manchmal (21%). Insgesamt 38% gehen oft 37

bis sehr oft in die Schule, obwohl sie sich krank fühlen. Damit geht etwa jedes dritte Kind in Hessen trotz Krankheitsgefühl regelmäßig in die Schule. An dieser Stelle zeigt sich ein Alterseffekt: Mit zunehmendem Alter der Kinder kommt es auch zunehmend häufiger vor, dass die Kinder trotz Krankheitsgefühl am Unterricht in der Schule teilnehmen (4. Klasse: MW=2,8; 5. Klasse: MW=2,9; 6. Klasse: MW=3,0; 7. Klasse: MW=3,3). Darüber hinaus gibt es keine weiteren bedeutsamen Gruppenunterschiede. Zwischen den beiden Aussagen zum Krankheitserleben besteht ein positiver Zusammenhang, demzufolge gehen Kinder, die sich häufig krank fühlen, auch häufiger trotz dieses Gefühls zur Schule und umgekehrt (r=.19). 5.2 Gesunde Ernährung Um das Ernährungsverhalten der Kinder in Hessen näher zu beleuchten, wurden diese u.a. gefragt, wie häufig sie vor der Schule frühstücken. Die hessischen Kinder geben im Durchschnitt an, dass sie manchmal bis oft (MW=3,6) frühstücken, bevor sie in die Schule gehen. Die Häufigkeitsverteilung sieht wie folgt aus: Für knapp jedes zweite Kind gehört das tägliche Frühstück zur Normalität, 49% der befragten Kinder in Hessen sagen, dass sie sehr oft vor der Schule frühstücken. 10% frühstücken oft und weitere 7% manchmal. Demgegenüber stehen rund ein Drittel der in Hessen befragten Kinder, die selten (15%) bzw. nie (19%) frühstücken, bevor sie in die Schule gehen. Hierbei gibt es Unterschiede zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund. Demnach frühstücken Kinder ohne Migrationshintergrund signifikant häufiger, bevor sie in die Schule gehen, als Kinder mit 38

Migrationshintergrund (MW=3,7 vs. MW=3,3). Im Jahresvergleich gibt es keine bedeutsamen Unterschiede. Die Kinder wurden auch gefragt, wie häufig sie täglich eine warme Mahlzeit bekommen. Die hessischen Kinder haben auf diese Frage im Durchschnitt mit oft bis sehr oft geantwortet (MW=4,6). Rund zwei Drittel sagen, dass sie sehr oft (69%) eine warme Mahlzeit am Tag bekommen und weitere 23% verorten ihre Antwort bei oft. Eine tägliche warme Mahlzeit gehört demzufolge für die meisten Kinder in Hessen zum regulären Alltag. 7% nehmen manchmal eine warme Mahlzeit zu sich und insgesamt weniger als 2% selten (1%) oder nie (<1%). Kinder Alleinerziehender bekommen nach eigenen Angaben etwas seltener, aber immer noch durchschnittlich oft, täglich etwas Warmes zu essen als Kinder mit zwei Elternteilen (MW=4,3 vs. MW=4,6). Bei Kindern, die eher großstädtisch aufwachsen, fällt der Mittelwert hier mit MW=4,9 am höchsten und signifikant höher aus als bei Kindern, die in einem eher städtischen (MW=4,4) oder eher dörflichen Umfeld (MW=4,6) leben. Zwischen den zwei Fragen zur Ernährung der Kinder zeigt sich ein positiver Zusammenhang. Kinder, die häufiger vor der Schule frühstücken, bekommen auch häufiger täglich etwas Warmes zu essen und umgekehrt (r=.20). 5.3 Gesundheit und Wohlbefinden Die in diesem Kapitel behandelten Fragen hängen mitunter mit dem Wohlbefinden der Kinder zusammen. So bestehen durchweg negative Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit des Krankfühlens und allen betrachteten Wohlbefindensvariablen. Demzufolge fühlen sich die hessischen Kinder im Allgemeinen (r=-.34), in der Familie (r=-.24), in der Schule (r=-.16), bei ihren 39

Freunden (r=-.17) sowie im eigenen Wohnumfeld (r=-.12) unwohler, wenn sie sich auch häufig krank fühlen und umgekehrt: Kinder, die sich selten krank fühlen, weisen in allen betrachteten Lebensbereichen ein höheres Wohlbefinden auf. Darüber hinaus besteht eine signifikante Korrelationen zwischen dem Wohlbefinden der Kinder in der Familie und der Häufigkeit, mit der die Kinder trotz Krankheit in die Schule gehen: Kinder, die häufiger trotz Krankheit am Schulunterricht teilnehmen, fühlen sich demnach in ihrer Familie (r=.-17) unwohler und andersherum. Zwischen dem Ernährungsverhalten der Kinder und deren Wohlbefinden gibt es keine bedeutsamen Zusammenhänge. 40