Einführung in die Werkstoffwissenschaften

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Transkript:

Einführung in die Werkstoffwissenschaften Zusammenfassung - Polymerwerkstoffe - Prof. Possart Seite 1 von 10

1. Einführung... 2. Grundbegriffe der chemischen Synthese mit Beispielen 2.1.1. Begriffe: Polymer = Stoff aus Makromolekülen (MM) Makromoleküle = Molekül aus vielen gleichen Grundbausteinen Monomer = Grundbaustein der Makromoleküle. Organisches oder anorganisches Molekül mit 1. reaktionsfähigen Mehrfachbindungen oder Ringen 2. mindestens 2 funktionellen Gruppen Bezeichnungsweise von Polymeren: a) Poly + Trivialname des Monomers ( IUPAC-Nomenklatur) b) Poly + Name der periodisch wiederkehrenden Struktureinheit im Makromolekül Beispiel PET: Poly + Ethylen +Terephtalat = PET oder PETP c) Trivialnamen, Handelsnamen Beispiel: Polyhexamethylenadipinamid = Nylon 6,6 Polymersynthese = chemische Reaktion die zum Polymer führt: - Polymerisation - Polykondensation - Polyaddition 2.1.2. Grundprinzipien der Polymerisation - 3 Teilreaktionen: 1) Startreaktion 2) Kettenwachstumsreaktion 3) Terminierung - Mögliche Reaktionsmechanismen der Polymerisation: 1) radikalisch 2) anionisch 3) kationisch 4) koordinativ 2.1.3. Beispiel für eine radikalische Polymerisation, PVC: siehe Skript, Seite 2.4 Polymerisationsgrad P = Anzahl der Monomereinheiten in der Kette Der Polymerisationsgrad zeigt eine Größenverteilung, die durch einen Mittelwert <P> beschrieben wird. Homopolymerisation: Nur eine Art von Polymeren Copolymerisation: Zwei oder mehr Arten von Monomeren Bauschemata: - Homopolymere: - A A A A A A A A A - - statistische Copolmere: - A B B A B A A B B B - alternierende Copolymere: - A B A B A B A B A B - Pfropfcopolymere: B B B B B - A A A A A A A A A B B B B B - Blockcopolymere: - A A A B B A A A B B - Seite 2 von 10

2.1.4. Polykondensation Kondensation: Reaktion zweier funktioneller Gruppen unter Abspaltung einer Substanz (Gleichgewichtsreaktion). Maximaler Umsatz erfolgt bei einem exakt stöchiometrischen Verhältnis der funktionellen Gruppen. Reaktionsbedingungen: Mindestens 2 funktionelle Gruppen oder funktionelle Stellen, hohe Reinheit, keine Nebenreaktionen. Vergleich Polykondensation <-> Polymerisation: - keine Startreaktion - keine Terminierung - Nebenreaktionen müssen fehlen - Stufenwachstum: M + M [M ] 2 + AB [M ] 2 + M [M ] 3 + AB [M ] i + [M ] j [M ] i + j + AB 2.1.5. Beispiel für Polykondensation: siehe Skript, Seite 2.9 2.1.6. Polyaddition in der Technik: Durch Entfernen von AB (oft H 2 O) verschiebt sich das Gleichgewicht und [M ] i + j wird nachgeliefert (fast vollständiger Umsatz) Die Grundlagen sind analog zur Polykondensation, in der Stufenwachstumsreaktion entsteht jedoch kein Nebenprodukt (AB) 2.1.7. Beispiel für Polykondensation siehe Skript, Seite 2.10 2.2. Technische Herstellungsverfahren für Polymere: Drei Anforderungen werden an die technische Synthese gestellt: 1. Hohe Reinheit während der Reaktion 2. Abführung der Reaktionswärme (fast immer exotherme Reaktionen) 3. Handling des Viskositätsanstieges bei vielen Syntheseformen Es ergeben sich fünf verfahrenstechnische Basislösungen: 1. Substanzpolymerisation (Massepolymerisation) (für Polymerisation, Polykondensation, Polyaddition) Polymersynthese des reinen, unverdünnten Monomers in flüssiger oder gasförmiger Phase, selten in gasförmiger Phase. 2. Lösungspolymerisation (für Polymerisation, Polykondensation, Polyaddition) Monomer und Polymer sind im selben Lösungsmittel gelöst. Seite 3 von 10

3. Fällungspolymerisation (für Polymerisation, Polykondensation, Polyaddition) Monomer ist in einem Lösungsmittel gelöst, in dem das Polymer jedoch unlöslich ist und ausfällt. 4. Suspensionspolymerisation (für Polymerisation) Monomer und Polymer sind unlöslich in einer Trägerflüssigkeit (meist H 2 O). Der Initiator ist in der Monomerphase löslich, nicht aber in der Trägerflüssigkeit. Durch Rühren und Zufügen eines Emulgators erhält man Polymerkügelchen mit 1 µm 3 mm Durchmesser. 5. Emulsionspolymerisation (für Polymerisation) Wie in der Suspensionspolymerisation liegen in wasserunlösliche Monomertropfen vor, der Initiator ist jedoch wasserlöslich. (Anwendung z.b. bei der Herstellung von Farben) Seite 4 von 10

3. Grundlegende Eigenschaften der Makromoleküle 3.1. Geometrie und Typen der Molekülbindung Makromoleküle sind räumliche Gebilde mit Einfach-, Doppel-, und Dreifachbindungen (Hybridisierungsstufen von C, O und N) - Einfachbindungen sind σ-bindungen mit rotationssymmetrischer Elektronendichteverteilung um die Bindungsachse => freie Drehbarkeit um diese Achse - Doppelbindungen bestehen aus einer σ-bindung und einer π-bindung. Bei π- Bindungen ist die Elektronendichteverteilung spiegelsymmetrisch zur Bindungsachse => keine freie Drehbarkeit - Dreifachbindungen bestehen aus einer σ-bindung und zwei π-bindungen => keine freie Drehbarkeit 3.2. Behinderte Drehbarkeit, Reaktionsisomerie, Konformation Einfachbindungen im Makromolekül verursachen freie Drehungen => Auswirkung auf die räumliche Gestalt der Polymerkette Die Flexibilität des Makromoleküls ist ein polymerspezifisches Merkmal. 3.2.1. Behinderte Drehbarkeit in organischen Molekülen siehe Skript, Seite 3.4 3.2.2. Behinderte Drehbarkeit in Molekülen, kollektive Bewegung Überlegungen für organische Moleküle sind auf Makromoleküle übertragbar. Es ist jedoch schwierig einen quantitativen Zusammenhang zwischen behinderter Drehbarkeit von Monomeren und der Flexibilität der gesamten Makromoleküle zu finden, da bei der Drehung von nur einer Bindung bereits 3-4 benachbarte Bindungen beteiligt sind. => Flexibilität beruht auf der kollektiven Bewegung mehrerer Monomere. Die Geometrische Gestalt der Makromoleküle hängt vom Wechselwirkungspotential U(φ) ab: - hat U(φ) hohe Barrieren, liegt ein starrer Stab vor - ist U(φ) überwindbar, liegt ein Knäuel mit fluktuierender Geometrie vor - kommt es zur Überwindung hoher U(φ), so stellen sich eingefrorene Nicht- Gleichgewichts-Zustände ein (irreversible Strukturänderung) Die Energie für Konformationsänderungen (Drehungen) gewinnt das Molekül aus thermischen Fluktuationen oder aus elektrischen oder mechanischen äußeren Kräften. Die Makromoleküle brauchen jedoch Zeit, sich nach den angelegten Kräften auszurichten. Seite 5 von 10

3.3. Struktur von Makromolekülen und Flexibilität Architektur der Polymermoleküle: siehe Skript, Seite 3.6 Die Größe des Makromoleküls hat starken Einfluss auf die makroskopischen Eigenschaften, ein Zusammenhang zwischen Größe und Form ist jedoch nicht allgemein beschreibbar. Seite 6 von 10

4. Strukturen in festen Polymeren 4.1. Amorphe Polymere Amorphe Polymere im Glaszustand sind ungestörte Knäuel => Fernordnung fehlt Die Makromolekülknäuel durchdringen sich. Die Verschlaufungen entstehen schon in der Synthese. 4.2. Teilkristalline Polymere Kinetisch bedingt sind bei polymeren Festkörpern nur teilkristalline Strukturen möglich. Durch regelmäßige Wiederholung einer Konformationsfolge bilden sich Kristallite mit isotroper Orientierungsverteilung und vielen Strukturdefekten. In den Zwischenräumen befindet sich amorphes Material. Durch Abkühlen der Schmelze kommt es zu einer kinetischen Behinderung und die Ungleichgewichtszustände frieren ein. Teilkristalline Polymer-Festkörper sind also nicht im thermodynamischen Gleichgewicht. Die Morphologie des festen Polymers hängt von den Herstellungsbedingungen ab: - Abschrecken => Amorphes Material - Schnelle Abkühlung => Stapel von Plättchen - Langsame Abkühlung => homogene, fibrilläre Struktur - Isotherme Verdunstung des Lösungsmittels => garbenähnliche Morphologie Verschiedene Morphologien führen zu verschiedenen physikalischen Eigenschaften des Materials Aus verschiedenen Experimenten folgert man das Morphologiemodell der Faltmizelle (Lamelle). Kettenabschnitte der amorphen Zwischenschicht sind in die Lamellen eingebunden. Anmerkung: Mechanische Verformung von Lamellen - Bei einem Riss senkrecht zur Kettenebene werden Molekülbündel am Riss als sog. Fibrillen herausgezogen Überstrukturen z.b. Sphärolithe Durch geeignet geführte Kristallisation aus der Schmelze entstehen polykristalline, radialsymmetrische Sphärolithe. Bei dünnen Folien (eingeschränkte 3. Dimension) erkennt man, dass die Sphärolithe in der Folienebene wachsen. Die Kettenorientierung in den Lamellen ist entweder senkrecht oder parallel zum Radius (siehe Skript, Seite 4.7). Sphärolithe sind oft nicht sehr perfekt gebaut. Ihr Durchmesser liegt im Bereich von µm und mm. 4.3. Polymermischungen Polymermischungen, auch Polymerlegierungen oder Polymer Blends genannt, nutzen die positiven Eigenschaften der beteiligten, reinen Polymere. Das Mischen erfolgt in der Schmelze oder in einer Lösung. Beim Abkühlungsvorgang bzw. beim Lösungsmittelentzug kommt es jedoch wieder zur Entmischung (Ketten unverträglich). Man versucht die Eigenschaften der Mischungen durch Haftvermittler oder durch Anpolymerisieren der Hartphase an die Weichphase zu verbessern. 4.4. Copolymere Abbildung siehe Skript, Seite 4.9 Seite 7 von 10

5. Ableitung einiger Werkstoffeigenschaften 5.1. Thermisches Verhalten Strukturelle Bedingungen: Zum Vergleich: Niedermolekulare Substanzen, Elemente - in (s)-phase: Relativ wenige intermolekulare Wechselwirkungen pro Strukturbaustein und daher scharf definierte Phasenumwandlungspunkte - in (l)-phase: Moleküle/Atome sind bewegliche Einheiten, daher gute Fluidität Dagegen bei Polymeren: - Makromoleküle durchdringen einander - Teilkristallin (Makromoleküle liegen in amorpher und kristalliner Phase gleichzeitig vor) - Die kooperative Bewegung von Segmenten dominiert über die Bewegung der Makromoleküle (Segmente sind die kinetischen Einheiten) Folgerungen für das kalorische Verhalten: 1. Statt scharf definierter Umwandlungstemperaturen erhält man Umwandlungstemperaturbereiche, die über breite Temperaturintervalle verschmieren 2. Wegen der kinetischen Behinderung sind lokale Molekülzustände und somit auch morphologische Strukturen langlebiger => Die Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts wird behindert 3. Ist die Geschwindigkeit der Temperaturänderung größer als eine charakteristische Geschwindigkeit für die Response ( = Einstellungsgeschwindigkeit des inneren thermodynamischen Gleichgewichts), kommt es zu einer Einfrierung der Nicht- Gleichgewichts-Zustände. => Relaxationsprozesse 1 4. Äußere Einwirkungen führen zur Änderung des Energiezustandes des Polymers. Über die Bildung von Phononen 2 kommt es zur Gleichverteilung der Energie im Polymer. Bei einem Temperaturabfall steigt die charakteristische Zeitkonstante der kooperativen Bewegung (polymertypische Form von Phononen) stark an. Dies führt wiederum zum Einfrieren von thermodynamischen Ungleichgewichtszuständen. 5. Die aktuelle Morphologie führt zu einem Spektrum charakteristischer Zeitkonstanten. Es gibt also auch lokale Nicht-Gleichgewichts-Zustände (heterogener thermodynamischer Zustand (instabil)). 6. Die Geschwindigkeit der Polymerbehandlung führt zur Beeinflussung von Messergebnissen und Materialzustand. Man betrachte hierzu die Aufheizkurven von teilkristallinem PET im Skript auf Seite 5.3 1 Relaxation = Verzögerte Antwort eines Systems (hier des Polymers) nach dem Wegfall der äußeren Belastung Retardation = Verzögerte Antwort eines Systems auf eine äußere Belastung (z.b. Temperaturänderung) 2 Phononen = Elastische Wellen, die sich über Wärmeschwingungen ausbreiten. Über Stöße führen sie zur Verteilung der kinetischen Energie. Ihre mittlere Weglänge beträgt in Gläsern, amorphen Polymeren und Flüssigkeiten 0,7 nm Seite 8 von 10

Folgerungen für Wärmeleitung und thermische Ausdehnung 1. Wärmeleitung vorwiegend durch Phononen 2. Wärmeleitungskoeffizient λ = f(t) - Amorphe Systeme: Bei steigender Temperatur verringert sich die Packungsdichte und λ fällt geringfügig. - Glasübergang: keine Stufe in der λ(t)-kurve - Teilkristalline Polymere: Bei der Nachkristallisation steigt die Packungsdichte stark an und λ steigt somit auch deutlich, bei der Schmelze fällt die Packungsdichte stark ab und somit auch λ. - 3. Thermischer (isobarer) Ausdehnungskoeffizient - Bestimmt durch die interatomaren Wechselwirkungen - Da gemischte Wechselwirkungstypen vorliegen, liegt der lineare Ausdehnungskoeffizient (α) von Polymeren zwischen den Werten von kovalenten/metallischen Festkörpern und niedermolekularen Flüssigkeiten. - In amorphen Polymeren ist α isotrop wegen der statistischen Knäuelgestalt der Makromoleküle - In partiell kristallinen Polymeren ist α anisotrop: Entlang der Kettenachsen kann bei steigender Temperatur α kleiner als 0 sein Senkrecht zur Kette steigt α mit der Temperatur - Der Kubische Ausdehnungskoeffizient γ 3α (i.d.r.) Zusammenfassung der Temperaturabhängigkeit kalorischer und thermischer Größen von Polymeren Abbildung siehe Skript, Seite 5.6 Ergänzende Bemerkungen aus der Vorlesung: - T g : Glasübergang (Enthalpieretardation) bei ca. 80 => Einfrieren erzeugt einen ratenabhängigen Nicht- Gleichgewichts-Zustand - T cogst : Nachkristallisation bei ca. 130-180 C - T m : ab hier Polymer vollständig geschmolzen bei ca. 256 C - T ss, T ll : Weitere Umordnungsphänomene - T ll : restliche Nahordnungskeime werden endgültig thermisch zerlegt - T react : chemische Umwandlung (z.b. Vernetzungsreaktionen) - T decomp : Leben des Polymers endet in der thermischen Zersetzung von T < Tg: Glaszustand von T g bis T m : amorph viskoelastisch + teilkristallin T > T m : vollständig amorph viskoelastisch Diese Übergänge und Umwandlungen treten nicht in allen Polymeren gleichermaßen auf! Seite 9 von 10

5.2. Mechanisches Verhalten 5.2.1. Bei geringfügiger Deformation Bei kleinen Belastungen (ε gegen 0) erfolgt eine zeitverzögerte Deformation mit einer Phasenverschiebung δ: ( ) δ = Mˆ ε = M ' + i M '' ε mit M = M ' + M ' 2 2 δ = Phasenverschiebung, Phasenwinkel: '' tan δ = M M ' = Verlustfaktor Die Eigenschaften des Polymers werden also bei T und V = konst. Durch zwei Moduli beschrieben: M ist das sog. Speichermodul, M ist das sog. Verlustmodul (beide temperaturabhängig). - im Glasbereich: M hoch und schwach temperaturabhängig; elastische Deformation - T > T g : elastische Deformation vermischt sich mit Fließvorgängen - Weiterer Temperaturanstieg: Fließen in Thermoplasten; Aufschmelzen der Kristalle 5.2.2. Nichtlineares Deformationsverhalten der Zugversuch Bei größeren Dehnungen wird das nichtlineare Deformationsverhalten erkennbar. σ-ε-diagramm siehe Skript, Seite 5.13 Der Deformationsvorgang wird durch kooperative molekulare Bewegungen bestimmt. Die Deformation in Polymeren ist also ein Folge der Bewegung von Kettensegmenten. Die Lage des Schwerpunktes sehr vieler Makromoleküle zueinander bleibt gleich ( => Formgedächtnis der Polymere) Wenn im entlasteten Zustand die Temperatur ansteigt, kann die irreversible Verformung teilweise zurückgehen. Der thermisch irreversible Deformationsanteil wird durch den viskosen Fluss der Makromoleküle und durch Kettenbrüche erklärt. Einfluss der Polymermorphologie auf die Spannungs-Dehnungs-Kurve siehe Skript, Seite 5.17 Seite 10 von 10