Kienbaum Studie SIND SIE BEREIT FÜR DAS ENTGELTTRANSPARENZGESETZ?
EDITORIAL Seit 30. März 2017 hat der Bundestag das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen oder auch besser bekannt als Entgeltgleichheitsgesetz verabschiedet. Der Gesetzgeber räumt den Unternehmen eine Vorbereitungszeit von 6 Monaten ein, sich auf die Auskunftsansprüche Ihrer Mitarbeiter vorzubereiten. Seit dem 6. Januar 2018 haben die Mitarbeiter die Möglichkeit, einen individuellen Auskunftsanspruch geltend zu machen. Was bedeutet das konkret? Ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin kann ab dem 6. Januar 2018 Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung sowie die Höhe des Entgeltes des jeweils anderen Geschlechts erfragen. Dies kann jedoch nicht willkürlich erfolgen sondern der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin muss eine konkrete Vergleichstätigkeit benennen. Der Arbeitgeber hat dann, abhängig davon, ob es sich um ein tarifgebundenes /-anwendendes Unternehmen handelt, drei Monate Zeit, diesem Auskunftsgesuch nachzukommen. Neben dem individuellen Auskunftsanspruch umfasst das Gesetz noch zwei weitere Stellhebel, mit denen Transparenz über Entgeltstrukturen hergestellt werden soll. So werden private Arbeitgeber mit mehr als 500 Mitarbeitern dazu angehalten, statistische Prüfverfahren anzuwenden, um die Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern zu beurteilen. Arbeitgeber, die zur Erstellung eines Lageberichts gemäß 264, 289 HGB verpflichtet sind, werden dazu verpflichtet, u.a. die betroffenen Maßnahmen zur Herstellung von Entgeltgleichheit im Lagebericht zu veröffentlichen. Das Gesetz bringt jede Menge Herausforderungen mit sich. Wir sind daher in unserer Umfrage der Frage nachgegangen: Sind Sie bereit für das Entgelttransparenzgesetz? Wir wünschen Ihnen ein aufschlussreiches Lesevergnügen und stehen Ihnen zur Diskussion der Ergebnisse gerne zur Verfügung. Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz 2
STUDIENHINTERGRUND An der Studie haben Unternehmen unterschiedlicher Größe und Branche teilgenommen. Bei 67 Prozent der Teilnehmer handelt es sich um tarifgebundene/- anwendende Unternehmen. Etwas mehr als ein Drittel der Unternehmen haben keine Stellenbewertung implementiert. Unter den Befragten sind vor allem Personalleiter (31 Prozent) vertreten. Weitere 55 Prozent arbeiten in HR-relevanten Themenbereichen, wie zum Beispiel Personalvergütung und Arbeitsrecht. Studiendesign und Umfang Stichprobe 104 Teilnehmer Art der Erhebung Onlinebefragung Studienart Überwiegend quantitativ Erhebungszeitraum Dezember 2017 Wie viele Mitarbeiter hat Ihr Unternehmen? Haben Sie in Ihrer Organisation eine Stellenbewertung implementiert? Ja, für die gesamte Org. Ja, nur für AT Bereich Nein 35% 49% 16% Welchen Umsatz erzielt Ihr Unternehmen (in Mio. )? 45% 12% 2% 6% 6% 29% k.a. Bis 500 500-1.000 1.000-10.000 10.000-30.000 30.000-50.000 über 50.000 4% 2% 4% 2% 6% 16% 14% 2% 49% k.a. weniger als 25 25-50 50-100 100-250 250-500 500-1.000 1.000-5.000 über 5.000 Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz 3
INDIVIDUELLER AUSKUNFTSANSPRUCH Verfahren und Instrumente Glauben Sie, dass in Ihrem Unternehmen Fragen zum individuellen Auskunftsanspruch eingehen werden? Welches der folgenden Instrumente, Tools oder Prüfverfahren ist Ihnen bekannt? 63% 15% 8% 8% 6% Nein Ja, 1-2 / Quartal Ja, 1-2 / Monat Ja, 1-2 / Woche Ja, schwer abschätzbar Monitor Entg TranspG eg-check Pay Gap Scanner Sonstiges Keines 5% 20% 30% 10% 35% Über 67 Prozent der Befragten geben an, dass es in Ihrem Unternehmen noch keine Anzeichen dafür gegeben hat, dass Mitarbeiter den individuellen Auskunftsanspruch geltend machen. Gleichermaßen glaubt die Mehrheit der Befragten, dass Fragen zum individuellen Auskunftsanspruch eingehen werden: 85 Prozent der Studienteilnehmer rechnen damit, dass in Ihrem Unternehmen Fragen zum individuellen Auskunftsanspruch eingehen werden. Hat es in Ihrer Organisation schon Anzeichen gegeben, dass Mitarbeiter den individuellen Auskunftsanspruch geltend machen? 67% 2% 8% 23% Wir gehen das Thema proaktiv an und haben unsere Mitarbeiter informiert. Ja, wir wurden schon in der Personalabteilung von Mitarbeitern angesprochen. Ja, unser Betriebsrat hat schon Andeutungen gemacht. Nein Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz 4
VORBEREITUNG AUF DAS ENTGELTTRANSPARENZGESETZ
VORBEREITUNG AUF DAS ENTGELTTRANSPARENZGESETZ (1/3) Welche Unternehmen sind vorbereitet? Die Mehrheit der Unternehmen (71 Prozent) bereitet sich konkret auf das Entgelttransparenzgesetz vor, auch wenn es davon in 57 Prozent der Organisationen noch keine Anzeichen gegeben hat - weder beim Betriebsrat noch in der Personalabteilung - dass die Mitarbeiter einen individuellen Auskunftsanspruch geltend machen wollen. Dennoch glauben rund 71 Prozent der Studienteilnehmer, die sich derzeit nicht konkret auf das Gesetz vorbereiten, dass mindestens 1-2 Anfragen pro Quartal zum individuellen Auskunftsanspruch eingehen werden. Unternehmen, die sich konkret vorbereiten, haben durchschnittlich 15 Personentage für die Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen des Entgelttransparenzgesetzes aufgewendet. Es sind eher die großen Unternehmen (mit durchschnittlich ca. 5.400 Mitarbeitern), die sich konkret auf das Entgelttransparenzgesetz vorbereiten. Unternehmen, die sich nicht konkret vorbereiten, haben im Schnitt 1.330 Mitarbeiter. Bereiten Sie sich als Organisation derzeit konkret auf das Entgelttransparenzgesetz vor? 29% Ja Nein 71% Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz 6
VORBEREITUNG AUF DAS ENTGELTTRANSPARENZGESETZ (2/3) Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen Frage an sich vorbereitende Unternehmen: Auf welche Themen bereiten Sie sich konkret vor? (Mehrfachnennung möglich) Equal Pay Analyse: Verfahren und Kriterien Prüfung bestehender Prozesse und Verantwortlichkeiten Interne Kommunikation Feststellung gleicher und gleichwertiger Arbeit Transparenz über Entgeltstrukturen und -Systeme Vorbereitung Bericht zur Gleichstellung Entwicklung betrieblicher Prüfungsverfahren Schließung vorhandener Pay Gaps Equal Pay Analyse: Vergleichsentgelt Equal Pay Analyse: Rechtfertigung identifizierter Unterschiede 3% 4% 5% 7% 7% 9% 12% 13% 18% 21% Die durchschnittlichen Personentage, die Unternehmen bisher insgesamt für die Umsetzung des Entgelttransparenzgesetzes aufgewendet haben, liegen bei ca. 12 Tagen. Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz 7
VORBEREITUNG AUF DAS ENTGELTTRANSPARENZGESETZ (3/3) Frage an sich vorbereitende Unternehmen: Wie bereiten Sie sich konkret vor? Wir besuchen Schulungen, Vorträge, Seminare, um über aktuelle Entwicklungen informiert zu sein. Wir stellen bereits alle notwendigen Informationen und Daten zusammen, um auf die Beantwortung der Auskunftsverlangen unserer Beschäftigten vorbereitet zu sein. Wir arbeiten uns rein HR-seitig selbständig in die Themen ein, haben aber noch keine konkreten Maßnahmen verabschiedet. 15% 21% 24% Wir bereiten uns rein intern, aber durch eine bereichsübergreifende Arbeitsgruppe vor. Wir tauschen uns regelmäßig mit anderen Unternehmen zum Umgang mit dem Gesetz aus. 11% 10% Wir haben für alle Beschäftigten bereits interne Vergleichsgruppen des jeweils anderen Geschlechts gebildet. Wir haben überprüft, inwieweit insbesondere leistungs-, arbeitsmarkt- und arbeitsbezogene Einflusskriterien unterschiedliche Entgelte bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit rechtfertigen können. Wir bereiten uns mit externer Hilfe vor. 4% 5% 7% Wir nehmen Änderungen an unserem Gehaltssystem vor, um den Anforderungen des Gesetzes gerecht zu werden. Wir führen ein vollkommen neues Gehaltssystem ein, um den Anforderungen des Gesetzes gerecht zu werden. Wir haben eine neue Stelle geschaffen, die sich dezidiert mit allen Fragen rund um das Entgelttransparenzgesetz befasst. 0% 1% 2% Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz 8
UMGANG MIT DEM ENTGELTTRANSPARENZ- GESETZ
UMGANG MIT DEM ENTGELTTRANSPARENZGESETZ (1/3) Gesetzesanforderungen Die Mehrheit der Studienteilnehmer hat die neuen Anforderungen, die mit der Einführung des Entgelttransparenzgesetzes einhergehen, umfassend identifiziert. Innerhalb der Gruppe, die noch offene Fragen hat, besteht die Haben Sie die Pflichten /Anforderungen, die Ihr Unternehmen aufgrund des Entgelttransparenzgesetzes betreffen, bereits umfassend und ausreichend identifiziert? 20% größte Unklarheit bei der Definition der heranzuziehenden Vergleichstätigkeit und nach ihrer Identifikation - dem Umgang damit. Weitere Unklarheit herrscht zum Beispiel in der internen Kommunikation. Ja Nein 80% Sind aus Ihrer Sicht sämtliche Fragen rund um das Entgelttransparenzgesetz klar, oder bestehen aus Ihrer Sicht Schwierigkeiten /Unklarheiten bei der praktischen Umsetzung? Falls ja, in welchen Bereichen? (Mehrfachnennung möglich) Keine Unklarheiten 38% der heranzuziehenden Vergleichstätigkeit 28% Es besteht Unklarheit bezüglich des Umgangs mit der Vergleichstätigkeit der Berechnung des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts 2% 23% Sonstiges¹ 9% 1 Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz u.a.: Unklarheiten über interne Kommunikation, Auswirkungen aus dem AGG in der Gerichtspraxis, Umgang tariffreier Arbeitgeber mit Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung 10
UMGANG MIT DEM ENTGELTTRANSPARENZGESETZ (2/3) Welche Bar- und Sachleistungen werden bei Ihnen in die Berechnung einfließen? Neben Grundgehalt und variabler Vergütung alle gewährten Zulagen. 31% Neben Grundgehalt und variabler Vergütung ca. 1-3 wesentliche Zulagen. 22% Nur Grundgehalt und variable Vergütung. 18% Neben Grundgehalt und variabler Vergütung nur Zulagen, die auf der Gehaltsabrechnung stehen. 18% Neben Grundgehalt und variabler Vergütung und den wesentlichen Zulagen weitere (ca. 3-5). 0% Sonstiges¹ 10% Zur Berechnung des Medians handhaben die Unternehmen den Einfluss der Bar- und Sachleistungen ganz unterschiedlich. 1 Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz u.a.: noch nicht entschieden bzw. nur das Grundgehalt fließt in die Berechnung mit ein 11
UMGANG MIT DEM ENTGELTTRANSPARENZGESETZ (3/3) Welche Unternehmen ziehen das Verfahren an sich? Haben Sie als Arbeitgeber das Verfahren zum individuellen Auskunftsanspruch an sich gezogen oder lassen Sie die Verantwortung dafür beim Betriebsrat? Ja, wir haben das Verfahren an uns gezogen. Nein, bisher haben wir das noch nicht gemacht, haben es aber vor. Nein, bei uns ist und bleibt der Betriebsrat vorerst dafür zuständig. 37% 14% 49% In 86 Prozent der Organisationen, die die Verantwortung zum individuellen Auskunftsanspruch beim Betriebsrat belassen, hat es noch kein Anzeichen gegeben - weder beim Betriebsrat noch in der Personalabteilung - dass die Mitarbeiter einen individuellen Auskunftsanspruch geltend machen wollen. Unternehmen, die das Verfahren beim Betriebsrat belassen, haben durchschnittlich etwa nur die Hälfte (7 Tage) an Personentagen für die Vorbereitung und Umsetzung von Maßnahmen des Entgelttransparenzgesetzes aufgewendet. Sowohl kleinere als auch größere Unternehmen im Hinblick auf die Mitarbeiterzahl, haben das Verfahren zum individuellen Auskunftsanspruch an sich gezogen, bzw. haben es zukünftig vor. 71 Prozent der Unternehmen bereiten sich konkret auf das Entgelttransparenzgesetz vor, obwohl sie planen, dass vorerst der Betriebsrat für das Verfahren zum individuellen Auskunftsanspruch zuständig ist und bleibt. Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz 12
STUDIENTEAM IMPRESSUM Kienbaum Consultants International GmbH Edmund-Rumpler-Str. 5 51149 Köln Dr. Neele Siemer Phone: +49 69-9636 44-56 Fax: +49 2261-703-506 www.kienbaum-compensation.com www.kienbaum.de Bitte beachten Sie: Die Kienbaum-Entgelttransparenzgesetzstudie ist ausschließlich für den Empfänger bestimmt. Eine Weitergabe an Dritte oder die Nutzung für Dritte (z. B. im Rahmen von Beratungsprojekten) sind auch auszugsweise nicht gestattet. Haftungsausschluss: Die in dieser Studie enthaltenen Informationen wurden sorgfältig recherchiert und geprüft. Für eventuelle Schäden, die sich aus ihrer Verwendung ergeben, übernehmen wir keine Haftung. Dr. Sebastian Pacher Copyright 2018 Kienbaum: Entgelttransparenzgesetz 13
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