ÖKONOMISCHE BEDEUTUNG DER GEMEINNÜTZIGKEIT IN ÖSTERREICH 2015



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cbsc ÖKONOMISCHE BEDEUTUNG DER GEMEINNÜTZIGKEIT IN ÖSTERREICH 2015 KURZSTUDIE ZU STATUS UND POTENZIAL VON GEMEINNÜTZIG ORGANISIERTEN AKTIVITÄTEN IN DER WIRTSCHAFT ENDBERICHT Wissenschaftliche Leitung: Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber CBSC Donau-Universität Krems Version 4.10 / 23. Juni 2015 CBSC Unternehmensberatung GmbH Plenergasse 1 A-1180 Wien Österreich Firmenbuch: FB 219788 v, Handelsgericht Wien UID ATU53785104 http://www.cbsc.at/ mailto: office@cbsc.at Tel. +43 (1) 409 79 36-0 Fax +43 (1) 409 79 36-91

INHALT 1 ZIELSETZUNG... 6 2 METHODIK... 7 3 GEMEINNÜTZIGKEIT ABGRENZUNG UND DEFINITION... 10 4 FREIWILLIGENTÄTIGKEIT... 14 4.1 MOTIVE UND AUSMAß DER FREIWILLIGENTÄTIGKEIT IN ÖSTERREICH... 14 4.2 FREIWILLIGENARBEIT IM BUNDESLANDVERGLEICH... 22 4.3 FREIWILLIGENTÄTIGKEIT IM EUROPÄISCHEN VERGLEICH... 24 5 NON-PROFIT ORGANISATIONEN... 27 5.1 NON-PROFIT ORGANISATIONEN IN ÖSTERREICH... 27 5.2 NON PROFIT ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND... 31 6 SPENDEN... 35 7 CORPORATE SOCIAL RESPONSIBILITY UND GEMEINNÜTZIGKEIT... 38 8 STIFTUNGEN IN ÖSTERREICH... 39 8.1 STELLENWERT VON STIFTUNGEN IN ÖSTERREICH... 39 8.2 POTENZIAL UND ZUKUNFT GEMEINNÜTZIGER STIFTUNGEN IN ÖSTERREICH... 42 8.3 STIFTUNGEN IN EUROPA... 45 8.4 STIFTUNGEN IN DEUTSCHLAND UND DER SCHWEIZ... 46 8.5 STIFTUNGEN INTERNATIONAL AM BEISPIEL DER USA... 49 9 GESUNDHEITS- UND SOZIALWESEN... 51 9.1 GESUNDHEITS- UND SOZIALWESEN IN ÖSTERREICH... 51 9.2 SOZIALWIRTSCHAFT IN DER EU... 53 10 GEMEINNÜTZIGER WOHNBAU... 56 10.1 GEMEINNÜTZIGER WOHNBAU IN ÖSTERREICH... 56 10.2 ROLLE DES GEMEINNÜTZIGEN WOHNBAUS IM EUROPÄISCHEN VERGLEICH... 60 11 GEMEINNÜTZIGKEIT ALS KUPPELPRODUKT... 61 12 WIRTSCHAFTLICHER IMPACT AUSGEWÄHLTER BEREICHE DER GEMEINNÜTZIGKEIT... 65 13 MESSUNG GEMEINNÜTZIGER TÄTIGKEIT... 69 14 SCHLUSSFOLGERUNGEN... 71 Seite 2

ABBILDUNGEN Abbildung 2-1: Effekte im Rahmen der Impact-Analyse... 8 Abbildung 3-1: Übersicht: Bereiche der Gemeinnützigkeit... 10 Abbildung 3-2: Querschnittssektoren der Gemeinnützigkeit... 11 Abbildung 4-1: Freiwilligenarbeit in Österreich... 14 Abbildung 4-2: Arbeitsvolumina Freiwilligenarbeit... 15 Abbildung 4-3: Motive der Freiwilligenarbeit in Österreich... 16 Abbildung 4-4: Struktur der Freiwilligen in Österreich... 17 Abbildung 4-5: Freiwillige nach Altersgruppen in Österreich... 17 Abbildung 4-6: Freiwillige nach Haushaltseinkommen in Österreich... 18 Abbildung 4-7: Langfristige Entwicklung des Vereinswesens in Österreich... 19 Abbildung 4-8: Vereinszwecke in Österreich... 19 Abbildung 4-9: Umfang der Freiwilligenarbeit in Österreich... 20 Abbildung 4-10: Freiwilligenarbeit nach Bildungsniveau in Österreich... 21 Abbildung 4-11: Freiwilligenarbeit nach Berufsgruppen in Österreich... 22 Abbildung 4-12: Freiwilligenarbeit nach Bundesländern... 22 Abbildung 4-13: Freiwilligenarbeit nach Gemeindegröße... 23 Abbildung 4-14: Freiwilligenarbeit nach regionaler Wirtschaftskraft... 24 Abbildung 4-15: Freiwilligenarbeit im Europavergleich nach unterschiedlichen Indikatoren... 25 Abbildung 4-16: Europavergleich nach Clustern im Bereich der Freiwilligentätigkeit... 26 Abbildung 5-1: Einnahmen im Non-Profit Sektor... 28 Abbildung 5-2: Beschäftigungspotenziale im Non-Profit Sektor... 28 Abbildung 5-3: Ausgaben im Non-Profit Sektor... 29 Abbildung 5-4: Aktivitäten und Finanzierung der NPO in Österreich... 30 Seite 3

Abbildung 5-5: NPO-Sektor in Deutschland... 31 Abbildung 5-6: Wirtschaftliche Bedeutung des NPO-Sektors in Deutschland... 32 Abbildung 5-7: Finanzierungsquellen des NPO-Sektors in Deutschland mit/ohne Ehrenamt... 32 Abbildung 5-8: Finanzierungsquellen des NPO-Sektors in Deutschland nach Bereichen... 33 Abbildung 5-9: Beschäftigte im NPO Sektor in Deutschland... 34 Abbildung 5-10: Anteil der Beschäftigten im NPO Sektor je Wirtschaftszweig in Deutschland... 34 Abbildung 6-1: Stiftungen: Vergleich Deutschland, Schweiz und Österreich... 36 Abbildung 6-2: Spenden- und Stiftungsaufkommen D, A, CH... 37 Abbildung 8-1: Stiftungstypen in Österreich... 40 Abbildung 8-2: Stiftungen nach Bundesländern und Art der Stiftung... 41 Abbildung 8-3: Stiftungszwecke in Österreich nach Tätigkeitsbereichen... 42 Abbildung 8-4: Gemeinnützigkeitspaket des BMWFW... 43 Abbildung 8-5: Gemeinnützige Organisationen im Europa-Vergleich... 45 Abbildung 8-6: Vermögen der Stiftungen in Deutschland... 46 Abbildung 8-7: Stiftungszwecke in Deutschland... 47 Abbildung 8-8: Förderschwerpunkte der Stiftungen in Deutschland... 47 Abbildung 8-9: Stiftungszwecke in der Schweiz... 48 Abbildung 8-10: Stiftungszwecke in den USA... 49 Abbildung 8-11: Stiftungswesen nach Bundestaaten in den USA... 50 Abbildung 9-1: Verteilung der Sozialausgaben in Österreich... 52 Abbildung 9-2: Beschäftigung in der Sozialwirtschaft im internationalen Vergleich... 54 Abbildung 9-3: Beschäftigungsanteile in der Sozialwirtschaft im internationalen Vergleich... 55 Abbildung 10-1: Wohnbauproduktion in Österreich... 57 Abbildung 10-2: Gemeinnützige Wohnungswirtschaft in Österreich... 58 Abbildung 12-1: Umfang und Motive ausgewählter Bereiche der Gemeinnützigkeit... 65 Abbildung 12-2: Wertschöpfungseffekte ausgewählter Bereiche der Gemeinnützigkeit... 66 Seite 4

Abbildung 12-3: Beschäftigungseffekte ausgewählter Bereiche der Gemeinnützigkeit... 67 Seite 5

1 ZIELSETZUNG Verantwortung für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft mit der Zielsetzung Nachhaltigkeit zu bewirken, ist zum zentralen Unternehmenswert österreichischer Unternehmen aller Größenordnungen geworden. Dabei nehmen gemeinnützig organisierte Aktivitäten eine Sonderstellung ein. Durch die Verbindung von betriebswirtschaftlichem Handeln, verantwortungsvollem Wirtschaften und gesellschaftlichem Engagement hat sich in den letzten Jahrzehnten in bestimmten Wirtschaftsbereichen ein nicht unerheblicher Sektor der gemeinnützig organisierten Wirtschaft entwickelt. Die vorliegende Kurzstudie im Auftrag der Vinzenz Gruppe beruht auf einer empirischen Erhebung der wesentlichsten Bereiche gemeinnützig organisierte Wirtschaftsaktivitäten sowie einer vertieften Analyse ausgewählter Bereiche. Eine auf diesen Ergebnissen aufbauende Wertschöpfungsanalyse analysiert die durch den Beitrag der gemeinnützigen Unternehmen erzielte bzw. darauf zurückführbare Wirtschaftsleistung sowie Beschäftigung. Ein zentrales Anliegen der Studie besteht darin, eine Abschätzung des gesamten gemeinnützig organisierten Bereichs in der österreichischen Wirtschaft vorzunehmen. Was leisten gemeinnützig ausgerichtete Unternehmen und Institutionen für die Gesellschaft und die Wirtschaft? Um die Grundlagen wirtschaftsnaher, gemeinnütziger Aktivitäten zu untersuchen, gilt das Hauptaugenmerk folgenden Studieninhalten: Die Erforschung der bisherigen Aktivitäts-Niveaus in unterschiedlichen Branchen, Regionen und Unternehmensgrößen und ihre volks- und betriebswirtschaftliche Bedeutung Die Identifikation ausgewählter Wirtschaftsbereiche mit besonderer Bedeutung im Zusammenhang mit gemeinnützig organisierten Wirtschaftsaktivitäten (z.b. Gesundheitssystem, Wohnbau, ) Abschätzung der ökonomischen Effekte (Wertschöpfung und Beschäftigung) ausgewählter Bereiche der Gemeinnützigkeit Identifikation potentieller Messprobleme der Wirtschaftsleistung im Zusammenhang mit gemeinnütziger Wertschöpfung Seite 6

2 METHODIK Für die deskriptive empirische Bestandsaufnahme gemeinnützig organisierter Aktivitäten wird auf den verfügbaren Bestand an Sekundärdaten zurückgegriffen. Je nach Bereich der Gemeinnützigkeit ist die Datenverfügbarkeit von unterschiedlicher Quantität und Qualität, auch die Aktualität der verfügbaren Daten ist recht unterschiedlich. Da die Abgrenzungen in der Literatur nicht immer trennscharf sind, sind die dargestellten Zahlen, Daten und Fakten als eine Illustration der vielfältigen gemeinnützigen Aktivitäten zu verstehen. Für die Analyse der Wertschöpfungseffekte sowie der Beschäftigungseffekte werden auf Basis dieser Daten eigene Abgrenzungen, Bereinigungen der Bereiche der Gemeinnützigkeit sowie schließlich Berechnungen anhand eines ökonomischen Modells durchgeführt. Dabei werden die gesamten Effekte entlang der Wertschöpfungskette berücksichtigt. Die gemeinnützig organisierten Aktivitäten wirken sich in folgenden Aspekten auf die Gesamtwirtschaft aus: Indem durch wirtschaftliche Tätigkeit der Unternehmen bzw. Institutionen Wertschöpfung mit Hilfe von Beschäftigten und anderen Produktionsfaktoren erbringen, sind direkte Auswirkungen auf Wirtschaftsleistung, Beschäftigung und Wertschöpfung gegeben. Zusätzlich werden im Rahmen gemeinnütziger Tätigkeit oft extern Leistungen im Rahmen der gemeinnützigen Zielsetzung in Auftrag gegeben und bezahlt, sodass Wertschöpfung und Beschäftigung bei den leistenden Unternehmen bzw. Branchen entstehen kann. Darüber hinaus sind indirekte Effekte durch Vorleistungsverflechtungen und sekundäre Kaufkrafteffekte auf die Gesamt- bzw. Regionalwirtschaft zu erwarten. Die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft umfassen insbesondere: Beschäftigte (Arbeitsplätze) Wertschöpfung (Wirtschaftsleistung, Produktion) Die wirtschaftlichen Effekte aufgrund der Leistungserstellung beschränken sich somit nicht nur auf die unmittelbaren Aktivitäten der Unternehmen selbst, sondern ziehen eine ganze Reihe von Folgeeffekten nach sich: Seite 7

Abbildung 2-1: Effekte im Rahmen der Impact-Analyse Quellen: eigene Darstellung. So entsteht etwa nicht nur Wirtschaftsleistung (Wertschöpfung) in den Branchen, denen das Unternehmen angehört, bzw. bei den externen Dienstleistern oder Adressaten der gemeinnützig ausgerichteten Aktivitäten ( direkter Effekt ), sondern durch diese Produktionstätigkeit werden auch vorgelagerte Branchen stimuliert ( indirekte Effekte ). Grund hierfür sind insbesondere die Lieferund Leistungsverflechtungen in der Wirtschaft. So ist für die Erstellung der Güter und Dienstleistungen jeder Branche in der Regel auch der Rückgriff auf Güter und Dienstleistungen erforderlich, die von anderen Wirtschaftszweigen produziert werden. Dadurch werden Beschäftigung und Wertschöpfung auch in diesen Branchen generiert. Die direkten und die indirekten Effekte zusammengenommen werden auch als die primären Effekte bezeichnet und sind daher auf die Produktionstätigkeit im weiteren Sinne zurückzuführen. Zusätzlich kommt es aber auch zu einer Erhöhung der Kaufkraft durch eine Erhöhung der Einkommen (Löhne, Gehälter, reinvestierte Erträge der Stiftungen), die die Wirtschaftstätigkeit in allen anderen Branchen noch zusätzlich fördert, auch in jenen, die nicht unmittelbar mit dem Wirtschaftsbereich der gemeinnützig organisierten Tätigkeit zusammenhängen ( sekundäre Effekte ). Die genannten Effekte werden mit Hilfe eines ökonomischen Modells für Österreich auf Basis der Input-Output-Tabelle errechnet und genügen daher höchsten Ansprüchen an die wissenschaftliche Qualität der Ergebnisse. Grundlage des ökonomischen Modells sind die Liefer- und Leistungsverflechtungen aller österreichischen Branchen untereinander. Die dargestellte Methodik wurde bereits erfolgreich in zahlreichen Studien angewandt. Im Allgemeinen ist die vorgesehene Methodik eine verlässliche und transparente Herangehensweise an eine ökonomische Impact-Analyse. Im Zuge der Studie werden also im Gegensatz zu herkömmlichen Impact-Studien alle wirtschaftlich relevanten Effekte umfassend inklusive Folgeeffekten ermittelt. Die dadurch ausgewiesenen (höheren) Zahlen für Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte entsprechen daher deutlich besser der Realität als eine bloße Aufzählung der direkten Effekte. Seite 8

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3 GEMEINNÜTZIGKEIT ABGRENZUNG UND DEFINITION Gemeinnützig sind Maßnahmen zur Förderung der Allgemeinheit auf geistigem, kulturellem, ethischmoralischem oder materiellem Gebiet. Gemeinnützige Projekte oder Einrichtungen dürfen nicht auf Gewinn ausgerichtet sein, sondern sollen durch die Erfüllung ihrer Tätigkeit ausschließlich und unmittelbar die Allgemeinheit fördern. (Bund gemeinnütziger Stiftungen, 2014, S. 13) Auf Basis dieser allgemeinen Definition existieren verschiedene Abgrenzungen gemeinnütziger Tätigkeiten. Auch die Frage, welche wirtschaftlichen Bereiche in die Kategorie Gemeinnützigkeit fallen, wird in den unterschiedlichen Statistiken je nach dem Zweck der Analyse vielfach recht unterschiedlich beantwortet. Im Rahmen der vorliegenden Studie werden insbesondere die folgenden Bereiche der Gemeinnützigkeit einer genaueren Analyse unterzogen. Diese Aufstellung stellt weder den Anspruch der einzig korrekten Abgrenzung, noch jenen der Vollständigkeit. Allerdings sind die wesentlichen und im Rahmen internationaler Vergleiche sinnvollen Aspekte der Gemeinnützigkeit jedenfalls enthalten. Zu beachten ist auch, dass sich einzelne Abgrenzungen und Bereiche durchaus überlappen können. Abbildung 3-1: Übersicht: Bereiche der Gemeinnützigkeit Gemeinnütziger Bereich Formelle Freiwilligkeit / NPO Informelle Freiwilligkeit Spenden Corporate Social Responsibility (CSR) Charakteristikum freiwillige, unbezahlte Arbeit im Rahmen einer Organisation freiwillige, unbezahlte Arbeit ohne institutionellen Rahmen Abgabe von Geld/Vermögen oder Sachen für mildtätige Zwecke Übernahme von gesellschaftlichem Engagement durch Unternehmen ohne unmittelbaren betriebswirtschafltichen Zweck Quellen: eigene Darstellung. Die oben in der Tabelle dargestellten Bereiche der Gemeinnützigkeit ergeben sich aus einer Abgrenzung nach der speziellen Art der Quelle gemeinnütziger Leistungen. Dabei wird hauptsächlich auf freiwillige unbezahlte Arbeit abgestellt, nicht auf die Organisationsform, z.b. die Ausgestaltung als Non-Profit-Organisation. Da aber eine Vielzahl der Statistiken auf den rechtlichen Rahmen der gemeinnützig organisierten Tätigkeit abstellt, werden in der Folge auch Daten und Fakten zum Stiftungswesen präsentiert und als ein Element für die Abschätzung der freiwilligen Tätigkeiten herangezogen. Seite 10

Alternativ kann die Beschreibung der Gemeinnützigkeit auch über Querschnittssektoren erfolgen, die teilweise über die hier gewählte recht enge Definition der Gemeinnützigkeit hinausgehen. Diese stellen auf den wirtschaftlichen Bereich ab, in dem die gemeinnützigen Leistungen typischerweise erbracht werden. In der folgenden Tabelle wird eine Auswahl der wesentlichsten Querschnittssektoren dargestellt. Für die Analyse der Gemeinnützigkeit ist es unumgänglich, auch diese Bereiche einer genaueren Betrachtung zu unterziehen, allerdings kann daraus nicht unmittelbar auf die Gemeinnützigkeit insgesamt zurückgeschlossen werden, da in den Querschnittssektoren auch nicht gemeinnützige Aktivitäten teilweise in erheblichem Ausmaß enthalten sind. Auch ist zu beachten, dass die Grenzen der Gemeinnützigkeit in diesen Querschnittssektoren nicht immer trennscharf sind, weil öffentliche Einrichtungen in einigen Fällen auch erhebliche wirtschaftliche Aktivitäten ohne Gewinnerzielungsabsicht durchführen, aber nicht den gängigen Definitionskriterien von Gemeinnützigkeit im engeren Sinn entsprechen. Die Analyse erfolgt daher hauptsächlich nicht anhand der Querschnittssektoren, sondern primär anhand der oben dargestellten ausgewählten Bereiche der Gemeinnützigkeit. Abbildung 3-2: Querschnittssektoren der Gemeinnützigkeit Querschnittssektoren Gesundheit Sozialwirtschaft gemeinnütziger Wohnbau Sport Kultur Bildung Bemerkungen Gesundheitsleistungen im Rahmen von gemeinnützig organisierten stationären und ambulanten Leistungen Erbringung sozialer Dienstleistungen ohne Gewinnerzielungsabsicht Produktion von Wohnraum ohne Gewinnerzielungsabsicht und zur Erreichung sozialer Zielsetzungen Sport im Rahmen von nicht gewinnorientierten Aktivitäten Kulturaktivitäten ohne Erwerbscharakter Bildung im Rahmen von nicht gewinnorientierten oder höchstens kostendeckenden Aktivitäten Quellen: eigene Darstellung. Allerdings stellen die (um nicht gemeinnützig organisierte Aktivitäten bereinigten) Querschnittssektoren vom Volumen her bedeutende ökonomische Bereiche dar. Ausgewählte Aspekte dieser Querschnittssektoren werden daher ebenfalls dargestellt und in der Impact-Analyse separat berechnet. Wesentliche Begriffe im Zusammenhang mit Gemeinnützigkeit, die einer näheren Erklärung bedürfen, sind unter anderem die folgenden: Seite 11

Freiwilligenarbeit ist eine Tätigkeit, die freiwillig, ohne Bezahlung von Personen außerhalb des eigenen Haushaltes erbracht wird. Formelle Freiwilligenarbeit umfasst Aktivitäten, die im Rahmen einer Organisation, eines Vereines oder einer Institution erfolgen. Informelle Freiwilligenarbeit, auch Nachbarschaftshilfe genannt, erfolgt aus persönlicher Initiative ohne institutionellen Rahmen. In der Freiwilligenarbeit im Rahmen der vorliegenden Analyse sind daher die Aktivitäten von NPOs nur insoweit enthalten, als dort unbezahlte Tätigkeiten verrichtet werden. Das Konzept der Corporate Social Responsibility, kurz genannt CSR, ist die Verantwortung von Unternehmen gegenüber Stakeholdern, MitarbeiterInnen, sowie der ökologischen und sozialen Umwelt. Corporate Volunteering ist eine Form von CSR, in deren Rahmen Unternehmen das gemeinnützige Engagement von MitarbeiterInnen unterstützen. Sozialwirtschaft ist als Gesamtheit sozialwirtschaftlicher Unternehmen in den Sektoren Markt, öffentliche Dienstleistungen und NPO zu definieren, die soziale Dienste oder Dienstleistungen erbringen, jedoch nicht Selbsthilfegruppen oder zivilgesellschaftliche Aktivitäten. Das Konzept der Sozialwirtschaft ist in der Agenda 2020 der EU verankert, findet jedoch in den Mitgliedsländern teilweise noch geringe Akzeptanz und Bekanntheit und damit auch ungleichwertige gesetzliche Verankerung. Definitionsgemäß sind nicht alle Aktivitäten in der Sozialwirtschaft dem Bereich der Gemeinnützigkeit zuzuordnen. Der Non-Profit-Sektor umfasst im Unterschied zur Sozialwirtschaft weiters den Gesundheits-, Kultur- sowie Bildungsbereich und ebenso zivilgesellschaftliches Engagement. Zivilgesellschaftliche Interessen können als Treiber für gemeinnützige Aktivitäten bezeichnet werden, sie greifen gesellschafts- und wirtschaftspolitische Trends auf, wie etwa im Bereich Migration, Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung, Verteilungsgerechtigkeit und Wachstum und schaffen so die Grundlage für neue Angebotsformen. Im Rahmen der vorliegenden Analyse wurde Gemeinnützigkeit in einer recht engen Abgrenzung definiert, sodass nicht alle Aktivitäten in NPOs automatisch der Gemeinnützigkeit zugeordnet wurden. Vielmehr wurde die Freiwilligenarbeit im Rahmen von NPO als Abgrenzungskriterium gewählt (siehe oben), sodass der NPO-Sektor für sich genommen (auf Basis der Organisationsform der leistungserbringenden Institution) alleine bereits Dimensionen erreicht, die die hier dargestellten Dimensionen deutlich übersteigen. 1 1 So kommt beispielsweise eine aktuelle Analyse von Meyer et al., deren Ergebnisse auch im derzeit noch nicht veröffentlichten Wirtschaftsbericht der Bundesregierung enthalten sein werden, zu dem Schluss, dass österreichischen NPOs im Jahr 2010 5,9 Mrd. an (direkter) Wertschöpfung sowie ca. 212.000 Beschäftigungsverhältnisse zugeordnet werden können. Seite 12

Public Value kann mit gesellschaftlicher Mehrwert übersetzt werden. Es beschreibt jenen Wert, den die Gesellschaft aus bestimmten Tätigkeiten schöpfen kann. Public-Value-Modelle bilden die Wirkungen von (öffentlichen) Leistungen für die Gesellschaft ab und gehen über den in erster Linie monetär messbaren Privat Value privatwirtschaftlicher Leistungen hinaus. Unter Gemeinnützigkeit sind implizit also Maßnahmen mit Public Value zu verstehen und können durchaus auch von privatwirtschaftlichen Akteuren erbracht werden. Eine Stiftung ist eine Organisation, die mit Hilfe eines vom Stifter gestifteten Vermögens einen von diesem festgelegten Zweck verfolgt. Diese können in verschiedenen Rechtsformen errichtet werden. (Bund gemeinnütziger Stiftungen, 2014, S. 13) Eine Herausforderung für die Messbarkeit gemeinnütziger Angebote ist das zunehmende Verschwimmen der Grenzen zwischen den genannten Bereichen und somit die Zuordenbarkeit der Leistungen. Einen Lösungsansatz könnte ein EU-weit einheitlicher Gemeinnützigkeitsansatz sein. Seite 13

4 FREIWILLIGENTÄTIGKEIT 4.1 MOTIVE UND AUSMAß DER FREIWILLIGENTÄTIGKEIT IN ÖSTERREICH Freiwilligenarbeit wird als eine Tätigkeit gesehen, die aus freiem Willen und eigener Entscheidung heraus erfolgt, die unentgeltlich und nicht auf finanziellen Beweggründen basiert und die zugunsten Dritter, also Menschen außerhalb der eigenen Familie oder zugunsten der Gesamtgesellschaft eingesetzt wird. (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2009, S.12) Zentrale Elemente eines Dienstvertrages, wie die Leistungspflicht, fehlen bei Freiwilligentätigkeiten, ebenso wie von Seiten der Arbeitgeber im Falle von Friktionen mit dem Freiwilligen keine Sanktionsmöglichkeiten, außer ein Vereinsausschluss bestehen. Sehr wohl haben Freiwillige und Organisationen diverse Pflichten zu erfüllen, wie eine Verschwiegenheitspflicht und ein Recht auf Gleichbehandlung, um zwei davon zu nennen. Die Rechte und Pflichten der Freiwilligenarbeit finden sich zumeist in den Organisationsnormen der jeweiligen Organisation. Freiwilligenarbeit beruht auf formeller Freiwilligenarbeit in Vereinen, Institutionen bzw. Organisationen (die sogenannte ehrenamtliche Tätigkeit) und in informeller Freiwilligenarbeit im privaten Bereich (Nachbarschaftshilfe). Insgesamt engagieren sich 4 Millionen Menschen in Österreich als Freiwillige. 1,9 Millionen bis 2,1 Millionen Menschen in Österreich leisten formelle, und 2,1 Millionen bis 2,3 Millionen Menschen in Österreich leisten informelle Freiwilligenarbeit. Abbildung 4-1: Freiwilligenarbeit in Österreich Quellen: Bund gemeinnütziger Stiftungen. Seite 14

Die dominierenden Bereiche der Freiwilligentätigkeit in Österreich sind Kultur, Katastrophenhilfe, Sport und Religion. Insgesamt investieren die ÖsterreicherInnen 411.771.510 Stunden jährlich an formeller Freiwilligenarbeit. Dies entspricht 230 Vollzeitbeschäftigten und bei Bezahlung zu Durchschnittslöhnen 4,727 Mrd. Euro an Wertschöpfung. 352.247.890 Stunden wurden informell geleistet. Abbildung 4-2: Arbeitsvolumina Freiwilligenarbeit Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2009, S.20. Zu den Motiven für eine Freiwilligenarbeit in Österreich zählen unter anderem jemand anderem helfen zu wollen, daran Spaß zu haben, etwas Nützliches zum Gemeinwohl beitragen zu wollen und dabei Kontakte zu pflegen. Bei jenen, die sich nicht freiwillig engagieren, liegt dies nicht an geringerem Interesse an einem Beitrag zum Gemeinwohl, vielmehr an persönlichen Umständen. Seite 15

Abbildung 4-3: Motive der Freiwilligenarbeit in Österreich Quellen: Bund gemeinnütziger Stiftungen. Die Hauptgruppe der Freiwilligen in traditionellen formellen Freiwilligenstrukturen bilden die 40-59jährigen. Frauen und Männer engagieren sich in sehr unterschiedlichen Bereichen. Zum einen liegt dies an der Tradition organisierter und formeller Freiwilligentätigkeit. In diesem Zusammenhang erhebt sich die Frage nach dem Stellenwert unbezahlter Arbeit und der Abgrenzung zur Gemeinnützigkeit. Seite 16

Abbildung 4-4: Struktur der Freiwilligen in Österreich Quellen: Bund gemeinnütziger Stiftungen. Abbildung 4-5: Freiwillige nach Altersgruppen in Österreich Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2013, S.14. Seite 17

Je höher das Haushaltsnettoeinkommen, umso höher auch das Ausmaß freiwilligen Engagements. Abbildung 4-6: Freiwillige nach Haushaltseinkommen in Österreich Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2013, S.16. Formelle Freiwilligentätigkeit hat ihre Grundlage vor allem in Vereinsstrukturen. Vereine bilden das Herzstück des dritten Sektors, der Nonprofit Organisationen. Folgende Grafik zeigt die Entwicklung des Vereinswesens in Österreich von 1960-2007. Bis 2012 hat sich die Anzahl der Vereine auf 116.556 bis 2012 verdreifacht. Seite 18

Abbildung 4-7: Langfristige Entwicklung des Vereinswesens in Österreich Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2009, S.34. Nach der Anzahl und dem Zweck dominieren in Österreich Vereine im Sport- und Kulturbereich. Abbildung 4-8: Vereinszwecke in Österreich Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2009, S.35. 40% der Freiwilligen engagieren sich einmalig oder zeitlich begrenzt, 28% regelmäßig und 32% sowohl regelmäßig als auch einmalig, d.h. ein Drittel der Freiwilligen geht mehrfachen Freiwilligenaktivitäten nach. Seite 19

Abbildung 4-9: Umfang der Freiwilligenarbeit in Österreich Im formellen Sektor liegt das Hauptaufkommen an je knapp etwa 500.000 Freiwilligen im Bereich der Katastrophenhilfe mit 3,8 Stunden pro Woche, in Kultur und Freizeit mit 3,4 Stunden pro Woche und im kirchlichen Bereich mit 2,4 Stunden pro Woche. Informell tätige investieren 3,6 Stunden pro Woche in ein Engagement. Das freiwillige Engagement korreliert weiters mit der Bildung der engagierten Personen. Personen mit einem akademischen und/oder Hochschulabschluss zeigen prozentuell gesehen deutlich mehr, sowohl formelles, als auch informelles Freiwilligenengagement als Personen mit einem niedrigeren Bildungsabschluss. Seite 20

Abbildung 4-10: Freiwilligenarbeit nach Bildungsniveau in Österreich Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2013, S.15. 46% aller Berufstätigen gehen einer freiwilligen Aktivität nach. Am höchsten ist der Anteil bei Landwirten mit 69%, öffentlich Bediensteten mit 62% und den Selbstständigen mit 61%. Seite 21

Abbildung 4-11: Freiwilligenarbeit nach Berufsgruppen in Österreich Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2013, S.17. 4.2 FREIWILLIGENARBEIT IM BUNDESLANDVERGLEICH Generell ist das Engagement in ländlichen Regionen höher als im städtischen Bereich. An der Spitze liegt Oberösterreich mit 49%, in Wien beträgt der Anteil 35%. Im Sozial- und Gesundheitsbereich engagieren sich mit 13,6% der 60-69 Jährigen und 16,1% der 70-79 Jährigen anteilsmäßig mehr als doppelt so viele Menschen wie in allen anderen Altersgruppen. 62% der freiwillig Tätigen ab 15 Jahren engagieren sich im informellen Bereich, was bedeutet, dass die Nachbarschaftshilfe einen Großteil des freiwilligen Engagements ausmacht. Abbildung 4-12: Freiwilligenarbeit nach Bundesländern Seite 22

In Gemeinden mit bis zu 2.000 Einwohnern und in Gemeinden mit bis zu 50.000 Einwohnern sind jeweils 45% der Personen freiwillig engagiert. Bei hoher Bevölkerungsdichte liegt das Engagement bei insgesamt 36,7%, bei mittlerer bei 46,2% und bei niedriger bei 48,2% (Hamann, 2010). Abbildung 4-13: Freiwilligenarbeit nach Gemeindegröße Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2013, S.20. Auch die wirtschaftliche Stärke eines Bundeslandes oder einer Region hat Einfluss auf das Ausmaß an freiwilligem Engagement in Österreich. In wirtschaftlich schwächeren Regionen ist das Engagement tendenziell größer, wohingegen es in wirtschaftlich starken Regionen (hier ohne der Bundeshauptstadt Wien) geringer zu sein scheint. Seite 23

Abbildung 4-14: Freiwilligenarbeit nach regionaler Wirtschaftskraft Abbildung 33: (Meyer, 2011) 4.3 FREIWILLIGENTÄTIGKEIT IM EUROPÄISCHEN VERGLEICH Wie zuvor aufgezeigt, engagieren sich rund 4 Millionen Menschen in Österreich freiwillig. Ähnlich hoch ist die Anzahl der Personen, die sich freiwillig engagieren in den Niederlanden, Schweden und Großbritannien. Zwischen 30-39% der Bevölkerung engagieren sich in Dänemark, Finnland, Deutschland und Luxemburg. In Frankreich, Estland und Lettland sind 20-29% freiwillig aktiv, während es in Spanien, Slowenien, Rumänien, Slowakei, Portugal, Polen, Malta, Irland, Tschechische Republik, Zypern und Belgien nur 10-19% sind. Da es in Bulgarien, Griechenland, Italien und Litauen keine Seite 24

ausreichende Datenbasis gibt, schätzt man, dass sich ca. 10% der Bevölkerung freiwillig engagieren. (Volkshilfe, 2014,S.11) Betrachtet man das freiwillige Engagement in Europa in der unten stehenden Grafik, so findet sich Österreich im Vergleich zu den Nordischen Ländern eher im unteren Mittelfeld. Abbildung 4-15: Freiwilligenarbeit im Europavergleich nach unterschiedlichen Indikatoren Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2009, S.24. Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2009, S.23. Seite 25

Abbildung 4-16: Europavergleich nach Clustern im Bereich der Freiwilligentätigkeit Quellen: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, 2013, S.26. Zivilgesellschaftliches Engagement in Europa weist Korrelationen zu Vertrauen in den Staat, Vertrauen in die Wirtschaft und Vertrauen in die Zivilgesellschaft auf. Auch hier fällt auf, dass das zivilgesellschaftliche Engagement aufgrund des Vertrauens in den Staat in den nordischen Ländern am höchsten ausgeprägt ist. Österreich rangiert das Engagement betreffend im Mittelfeld. Seite 26

5 NON-PROFIT ORGANISATIONEN 5.1 NON-PROFIT ORGANISATIONEN IN ÖSTERREICH NPO, die im Rahmen der formellen Freiwilligkeit den dritten Sektor und das Herzstück der Gemeinnützigkeit abbilden, sind durch ein Mindestmaß an formaler Organisation gekennzeichnet private, nicht-staatliche Organisationen schütten keine Gewinne an Eigentümer oder Mitglieder aus weisen ein Mindestmaß an Selbstverwaltung und Entscheidungsautonomie auf sind durch ein Minimum an Freiwilligkeit gekennzeichnet Die meisten NPOs sind als Verein organisiert, weitere Rechtsformen sind gemeinnützige Stiftungen, Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. In der Weiterentwicklung der Aktivitäten der NPO etwa durch Zusammenarbeit mit privatwirtschaftlichen Initiativen oder durch die Auslagerung von Leistungen in den zweiten Sektor liegt das größte Potenzial der Gemeinnützigkeit (Zukunftsinstitut 2014, Zukunft der Gemeinnützigkeit). Herausforderungen für NPO liegen in der Finanzierung, einem verschärften Wettbewerb durch eine höhere Anzahl an Wettbewerbern und gemeinnützigen Angeboten im Profitsektor. Gleichzeitig steigt der Bedarf an sozialen Dienstleistungen vor allem im Gesundheits- und Pflegebereich sowie im Bildungs- und dem Beschäftigungssektor bedingt durch demographische Veränderungen und höherer Lebenserwartung. Soziale und gemeinnützige Dienstleistungen werden zunehmend auch vom Profitsektor angeboten. Den 116.556 Vereinen aus 2012 stehen aktuell 226 gemeinnützige Privatstiftungen oder 20% aller Stiftungen gegenüber. Die Anzahl der NPO mit anderen Rechtsformen, also gemeinnützige Aktiengesellschaften, Genossenschaften oder GmbH ist formal nur dann erfassbar, soweit gemeinnützig im Namen und somit im Firmenbuch aufscheint. Insgesamt gab es zu Beginn 2012 514 dieser Organisationen (Pennerstorfer et al. 2013). 2010 gab es 1.817 Genossenschaften in Österreich (vgl. Statistik Austria 2012). Nur 95 davon trugen die Bezeichnung gemeinnützig im Namen. Die meisten Einnahmen beziehen österreichische NPO durch leistungsbezogene Zahlungen der öffentlichen Hand (36%), gefolgt von Umsatzerlösen (33%) und Subventionen (17%) Die hochgerechneten Gesamteinnahmen der NPO betrugen 2005 rund 3,4 Milliarden Euro. Die Leistungen von Krankenhäusern und Schulen sind hier nicht enthalten. Spenden betragen 8% (Pennerstorfer et al. 2013). Folgende Abbildung zeigt die Dominanz der Einnahmen durch Umsatzerlöse und leistungsbezogene Zahlungen der öffentlichen Hand. Stiftungen spielen noch kaum eine Rolle. Seite 27

Abbildung 5-1: Einnahmen im Non-Profit Sektor Quellen: Schober & Simsa, 2012, S.7. Mit der Nachfrage steigt auch das Beschäftigungspotenzial im gemeinnützigen Bereich. Abbildung 5-2: Beschäftigungspotenziale im Non-Profit Sektor Quellen: Schober & Simsa, 2012, S.7. Seite 28

Zwischen 2000 und 2010 hat sich in den Bereichen Sozialwesen, sowie Forschung, Entwicklung und Unterrichtswesen, der Anteil der Vertragsverhältnisse erhöht. Gesunken ist er in den Bereichen Interessensvertretungen und religiöse Vereinigungen, Gesundheitswesen, Unterhaltung und Kultur. Zwei Drittel der Ausgaben des Nonprofit-Sektors entfielen 2005 bereits auf Personalkosten, mit steigender Tendenz. Abbildung 5-3: Ausgaben im Non-Profit Sektor Quellen: Schober & Simsa, 2012, S.7. Im Jahr 2010 arbeiteten 5,2% aller Erwerbstätigen Österreicher in NPO. Die Nachfrage nach Dienstleistungen des Gesundheits-, und Sozialbereichs im Wert von 1 Million Euro schafft 17 Arbeitsplätze. Die Sozialwirtschaft ist somit der Bereich mit der drittstärksten Beschäftigungswirkung. Für den überwiegenden Anteil an NPO Organisationen ist der Bedarf nach ihren Leistungen gestiegen, sodass 80% von ihnen ihr quantitatives Angebot gesteigert haben und nun ein größeres Spektrum an Leistungen bieten, wie der Beratungstätigkeit, ebenso wie das Ansprechen neuer Zielgruppen und Aufbauen neuer Bereiche eine wichtige Beschäftigung darstellt. Mit den Veränderungen der Systeme und Rahmenbedingungen verändern sich auch die Aktivitäten der NPO und deren Finanzierung. Seite 29

Abbildung 5-4: Aktivitäten und Finanzierung der NPO in Österreich Quellen: Rahmenbedingungen für organisierte Zivilgesellschaften in Ö, NPO -WU, EQUIS, 2012. Seite 30

5.2 NON PROFIT ORGANISATIONEN IN DEUTSCHLAND Der Non-Profit Sektor hat in Deutschland mit zwei Millionen Menschen große Bedeutung. Zusätzlich sind 17 Millionen Menschen ehrenamtlich im gemeinnützigen Sektor tätig. Über 590.000 eingetragene Vereine, 15.000 Stiftungen, sowie gemeinnützige GmbHs, Selbsthilfegruppen, Verbraucherorganisationen, Umweltschutzgruppen und Bürgerinitiativen prägen das Bild. Abbildung 5-5: NPO-Sektor in Deutschland Quellen: Wirtschaftliche Bedeutung des dritten Sektors, Statistisches Bundesamt D, 2012. Nach den Ergebnissen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen wurden im Jahr 2007 in Deutschland insgesamt rund 2.181 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung erwirtschaftet. Der Dritte Sektor hat mit gut 89 Milliarden Euro Wirtschaftsleistung dazu beigetragen. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt beziehungsweise der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland waren dies 4,1%. Dies entspricht etwa der Wertschöpfung des Fahrzeugbaus oder des Baugewerbes 2007. (Die wirtschaftliche Bedeutung des dritten Sektors, Statistisches Bundesamt D, 2012) Seite 31

Abbildung 5-6: Wirtschaftliche Bedeutung des NPO-Sektors in Deutschland Quellen: Wirtschaftliche Bedeutung des dritten Sektors, Statistisches Bundesamt D, 2012. Abbildung 5-7: Finanzierungsquellen des NPO-Sektors in Deutschland mit/ohne Ehrenamt Quellen: Phineo Berlin, 2012, S.7. Bereiche des gemeinnützigen Sektors in Deutschland, die ohne ehrenamtliche Tätigkeit auskommen, haben etwa 20% mehr Bedarf an öffentlichen Leistungen als jene, die auf dem Ehrenamt aufbauen. Seite 32

Abbildung 5-8: Finanzierungsquellen des NPO-Sektors in Deutschland nach Bereichen Quellen: Phineo Berlin, 2012, S.9. Die Datensituation in Bezug auf die Beschäftigten ist leider nicht sehr aktuell. Die hier verwendeten Zahlen stammen aus dem Jahr 2007 und sind somit bereits etwa acht Jahre alt, überdies aus der Zeit vor der Wirtschaftskrise. Dennoch liefern sie Hinweise auf den Umfang des Sektors. Seite 33

Abbildung 5-9: Beschäftigte im NPO Sektor in Deutschland Quellen: Wirtschaftliche Bedeutung des dritten Sektors, Statistisches Bundesamt D, 2012. Abbildung 5-10: Anteil der Beschäftigten im NPO Sektor je Wirtschaftszweig in Deutschland Quellen: Wirtschaftliche Bedeutung des dritten Sektors, Statistisches Bundesamt D, 2012. Seite 34

6 SPENDEN Laut Spendenbericht 2014 liegt Österreich international im Mittelfeld. Im Vergleich zu anderen Ländern sind die Beträge pro Spender niedriger. Sechs von zehn Österreichern entschließen sich einer guten Sache zu spenden, wobei Kinder, Tiere und der Katastrophenhilfe im Inland am liebsten unterstützt wird. Die steuerliche Absetzbarkeit von Spenden trägt zur Spendenfreudigkeit bei. 710.000 Österreicher haben ihre Spenden von der Steuer abgesetzt, was bedeutet, dass jeder vierte Euro der gespendet wird in den Steuererklärungen angegeben wird. Jährlich werden um die 550 Millionen Euro gespendet, wobei im vierten Quartal 25-30% des gesamten Jahresaufkommens anfallen. Bundesländerweit gesehen spenden Tirol, Vorarlberg und Salzburg besonders große Beträge mit durchschnittlich 191 Euro im Jahr im Gegensatz zum Österreichdurchschnitt von 110 Euro. Bei der Spendenbeteiligung liegen die Bundesländer Niederösterreich und das Burgenland mit sieben von zehn Personen an erster Stelle. Schlusslichter sowohl bei der Spendenbeteiligung als auch bei der Spendenmenge sind Kärnten und die Steiermark. Auf Unternehmensebene gesehen, beteiligen sich drei von vier Unternehmen meist auf regionaler Ebene und meist Klein- und Mittelbetriebe mit insgesamt 120 Millionen Euro im Jahr. Unternehmen engagieren sich besonders in den Bereichen Natur- und Umweltschutz, nationale Katastrophenhilfe, Einhaltung der Menschenrechte, Förderung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen, für Kinder, Jugendliche, alte Menschen, sozial Bedürftige, die Förderung der Wissenschaft und die Verbesserung der Lebensbedingungen in armen Ländern. Unternehmen spenden aus humanitären Gründen, Sympathie mit der jeweiligen Organisation, der Solidarität mit Armen und Schwachen, sowie der Überzeugungskraft des Hilfeaufrufs der Organisation. Die bekanntesten Organisationen, die rege unterstützt werden, sowohl bei Unternehmen, als auch bei Privatpersonen sind: das SOS-Kinderdorf, das Rote Kreuz und Ärzte ohne Grenzen. Seite 35

Abbildung 6-1: Stiftungen: Vergleich Deutschland, Schweiz und Österreich Quellen: Bund gemeinnütziger Stiftungen. Die obigen Grafiken veranschaulichen einerseits, dass die Schweiz, was die Privatspenden betrifft, deutlich größere Beträge spendet, als Deutschland und Österreich, wohingegen Deutschland bei den Stiftungsausgaben pro Person an erster Stelle steht, dicht gefolgt von der Schweiz und dem deutlich weiter unten rangierenden Österreich. Bei den gemeinnützigen Stiftungsausschüttungen pro Person verhält es sich ähnlich. Deutschland liegt mit 15 Milliarden Euro an erster Stelle, gefolgt von der deutlich dahinter liegenden Schweiz und Österreich. Seite 36

Abbildung 6-2: Spenden- und Stiftungsaufkommen D, A, CH Österreich Schweiz Deutschland Bevölkerung 8,4 Mio. 7,5 Mio. 82 Mio. Spendenaufkommen 420 Mio. Euro 530 Mio. Euro 5 Mrd. Euro pro Kopf 50 Euro 71 Euro 61 Stiftungsausschüttung (lt Meyer) 25 Mio. Euro 800 Mio. Euro 15 Mrd. Euro pro Kopf 3 Euro 107 Euro 183 Euro % von Deutschland Stiftungen 74,63% 115,89% 100,0% % von Deutschland Spenden 1,64% 58,31% 100,0% Quellen: WU Wien, Fundraising Verband Austria, 2010. Seite 37

7 CORPORATE SOCIAL RESPONSIBILITY UND GEMEINNÜTZIGKEIT Grundsätzlich sollten die Menschen immer flexibler, anpassungsfähiger und umfangreicher gebildet sein, um den sich immer wieder neu entwickelnden Herausforderungen des schnelllebigen Gesellschafts- und Berufslebens gewachsen zu sein. In diesem Kontext ist auch die Debatte zum lebenslangen Lernen in der Freiwilligenarbeit als Form des informellen Lernens zu sehen. In den letzten Jahren ist aufgrund verschiedener Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt auch die sogenannte Employability, die Beschäftigungsfähigkeit des Individuums, zu einem wichtigen Schlagwort in der europaweiten Beschäftigungsdebatte avanciert. Demnach sollen moderne ArbeitnehmerInnen durch kontinuierliche Kumulierung ihrer Fähigkeiten und Qualifikationen sowie schnelle Anpassung an die Arbeitsmarktveränderungen stets wettbewerbsfähig bleiben. Das Konzept der CSR Corporate Social Responsibility stellt auf die Verantwortung von Unternehmen auf eigene Mitarbeiter, Kunden und Stakeholder, auf Umwelt und Nachhaltigkeit ab. Für 90,5% der Entscheidungsträger hat dieses Engagement, der eigenen Werthaltung entsprechend, eine hohe persönliche Bedeutung. Analog folgt in 81% der Unternehmen die Zielsetzung der Strategien und Maßnahmen einer gelebten Unternehmenskultur von Werten und Traditionen. Nur wenn die Aktionen in die Unternehmensstrategie verankert und bei der Unternehmensspitze angesiedelt sind, können aus Unternehmenssicht für 81,4% die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Durchführung gewährleistet werden, begleitet vom Bekenntnis der Mitarbeiter zum gesellschaftlichen Engagement für 73,4% und der Transparenz und Anerkennung in der Öffentlichkeit für 72,6%. Insgesamt werden in Österreich etwa 1,3 Milliarden Euro jährlich an Ausgaben getätigt, weitere 677 Millionen Euro an Personalleistungen kommen hinzu. Daraus folgen gesamte nachfragewirksame Effekte von knapp 2 Milliarden Euro. Davon entfallen etwa 510 Millionen Euro auf den Bereich Events, 425 Millionen Euro auf Soziales, 275 Millionen Euro auf Sport und Freizeit, 200 Millionen Euro auf die Gesundheit sowie 110 Millionen Euro für den Bereich Kultur. Gesellschaftliche Verantwortung ausgehend vom CSR-Konzept stellt sich für die Mehrheit der Unternehmen als zu integrierendes Managementsystem und weniger als rein ethisches Konzept dar, hat jedoch unmittelbare Auswirkungen auf Gemeinnützigkeit, wenn es auf Faktoren wie Standortsicherung oder schonenden Ressourceneinsatz abzielt. Die Konzentration auf betriebswirtschaftliche Kernbereiche wirkt sich in Folge allerdings positiv auf die Gesellschaft aus. In Summe wird durch Maßnahmen von österreichischen Unternehmen, die dem Bereich CSR zugeordnet werden können, inkl. Folgeeffekten eine Wertschöpfung von jedenfalls jährlich etwa mindestens 2,5 Milliarden Euro erzielt. Rund 17.500 Jobs hängen direkt und indirekt von dieser Wirtschaftsaktivität ab. (CSR-Handbuch, Haber & Gregorits, 2011; S. 88ff.) Diese Berechnungen wurden im Rahmen der vorliegenden Studie einer Aktualisierung und Konkretisierung unterzogen, welche im Kapitel über die Wertschöpfungseffekte und Beschäftigungseffekte dargestellt wird. Seite 38

8 STIFTUNGEN IN ÖSTERREICH 8.1 STELLENWERT VON STIFTUNGEN IN ÖSTERREICH Stiftungen werden in Österreich aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen hauptsächlich zu eigennützigen Zwecken errichtet. Das Potential für gemeinnützige Stiftungen, welche momentan 20% der Stiftungen in Österreich und in der Anzahl 701 Stiftungen (2014) umfassen, ist vor allem in Bezug auf die Rolle als Akteure der Zivilgesellschaft groß. (Bund gemeinnütziger Stiftungen, 2014, S.40) Derzeit gibt es in Österreich 3.400 Privatstiftungen mit einem Gesamtvermögen von 80 bis 100 Milliarden Euro, wovon 60% Unternehmensbeteiligungen, 20% in Immobilien und 20% in Wertpapieren und in Liquidität investiert werden. Österreichische Privatstiftungen werden im Wesentlichen dazu eingerichtet, Privatvermögen und Unternehmen in inländischer und einheitlicher Hand zu halten. (Fundraising Verband Austria, 2013, S.2) Nur etwa 200 der österreichischen Privatstiftungen haben gemeinnützigen Charakter. Es gibt in Österreich vor allem folgende Stiftungstypen: Privatstiftungen gemäß Privatstiftungsgesetz (PSG 1993) Stiftungen nach dem Sparkassengesetz Stiftungen nach den Fonds- und Stiftungsgesetzen der Bundesländer und des Bundes Kirchliche Stiftungen Eine Privatstiftung nach dem österreichischen Privatstiftungsgesetz 1993 ist eine ins Firmenbuch eingetragene Stiftung, die zu jedem Zwecke gegründet werden kann. Sie kann eigennützig, gemeinnützig oder doppelnützig sein. Sie dienen hauptsächlich der Verwaltung von Vermögen. Zur Errichtung ist ein Vermögen von 70.000 EUR nötig. Die totale Wertschöpfung der Privatstiftungen in Österreich beträgt 1.738,45 Millionen EUR. In einer gemeinnützigen Stiftung befassen sich der Stiftungsvorstand und ein allfälliger Beirat ausschließlich mit gemeinnützigen Zwecken. Sparkassen, die ihr Unternehmen in eine Sparkassen-Aktiengesellschaft eingebracht haben, können durch Beschluss des Vorstands in eine Privatstiftung umgewandelt werden. Für alle Sparkassenstiftungen gilt, dass sie ihre Zuwendungen für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Projekte zur Verfügung stellen. Eine Bundesstiftung kann zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken errichtet werden, die auch über den Interessensbereich des jeweiligen Landes hinausgehen können. Seite 39

Eine Landesstiftung wird nach dem Stiftungs- und Fondsgesetz des jeweiligen Landes errichtet. Sie kann zu gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken errichtet werden, die nicht über den Interessensbereich des jeweiligen Landes hinausgehen. (Bund gemeinnütziger Stiftungen, 2014, S.40) Abbildung 8-1: Stiftungstypen in Österreich Quellen: Bund gemeinnütziger Stiftungen. Seite 40

Abbildung 8-2: Stiftungen nach Bundesländern und Art der Stiftung Quellen: Bund gemeinnütziger Stiftungen. Ausnahmestellung hat der Zusammenschluss von acht österreichischen Stiftungen. Unter dem Namen Sinnstifter unterstützen diese Stiftungen seit 2010 gemeinsam innovative soziale Ideen oder rufen diese selbst ins Leben. Stifter und Stiftungsvertreter engagieren sich persönlich für die Projekte und geben ihr Know-how weiter und stellen ihre Netzwerke zur Verfügung. Zu den Sinnstiftern zählen, die ERSTE Stiftung, die Essl Foundation, Humer Privatstiftung, Katharina Thurnauer Privatstiftung, Schweighofer Privatstiftung, Unruhe Privatstiftung, Dreyer Charity Fund und die Andra Privatstiftung. (Bund gemeinnütziger Stiftungen, 2014, S.39). Gemeinnützige Stiftungen engagieren sich generell in folgenden Bereichen: Seite 41

Abbildung 8-3: Stiftungszwecke in Österreich nach Tätigkeitsbereichen Quellen: Bund gemeinnütziger Stiftungen. 8.2 POTENZIAL UND ZUKUNFT GEMEINNÜTZIGER STIFTUNGEN IN ÖSTERREICH Gründe für das geringe gemeinnützige Stiftungsaufkommen in Österreich sind zu allererst Rechtliche: Das derzeitige Privatstiftungsgesetz zielt auf privatnütziges Stiften ab. Gesellschaftliches und gemeinnütziges Engagement ist daher in dieser Rechtsform nur eingeschränkt möglich. Des Weiteren spielen steuerliche Gründe eine Rolle. Gemeinnütziges Stiften ist steuerlich nicht besonders attraktiv. Während ein Spender seine Zuwendung an eine spendenbegünstigte Organisation absetzen kann, sind Zuwendungen eines Stifters an eine Stiftung gleicher Zielsetzung erst nach frühestens drei Jahren absetzbar. Das ist kein Problem bei bestehenden Stiftungen, aber bei der Stiftungserrichtung. Ein weiterer Grund ist gesellschaftlicher Natur. Stiftungen werden in Österreich oftmals in Zusammenhang mit politischen Skandalen, Steuerprivilegien und Intransparenz gebracht. Dieses Klima ist ungünstig für die Entwicklung gemeinnütziger Stiftungen. Daher muss auch die gesellschaftliche Anerkennung von gemeinnützigem Engagement von Stiftern forciert werden. Positive mediale Erwähnung, Auszeichnungen und Anerkennung durch die Politik, aber auch Transparenz durch die Stifter sind dazu nötig. (Fundraising Verband Austria, 2013, S.4) Das aktuell in einer Regierungsvereinbarung beschlossene Gemeinnützigkeitspaket des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat einige Punkte erarbeitet, die, sofern umgesetzt, die Gründung von gemeinnützigen Stiftungen attraktiver machen und das Stiftungswesen somit zum Blühen bringen sollte. So soll die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung leichter, transparenter und unbürokratischer gemacht werden, entgeltloser gemeinnütziger Grunderwerb von der Grunderwerbssteuer befreit, es soll weniger Bürokratie für gemeinnützige Einrichtungen bei der Mittelweitergabe geben und es sollen Anreize zur Ansiedelung internationaler Seite 42

gemeinnütziger Organisationen geschaffen werden. Zwei weitere Punkte beinhalten die Ausweitung der Absetzbarkeit von Spenden und Zuwendungen an gemeinnützige Stiftungen und die Absetzbarkeit von Spenden an Kunst- und Kultureinrichtungen. All diese Ansätze unterstützen Österreich dabei, einerseits neue Jobs in Wissenschaft, Forschung, Bildung und Sozialem zu generieren, die Stiftungsanzahl in Österreich um ein Vielfaches anzuheben und andererseits langfristig gesehen die Mittel, die für den gemeinnützigen Sektor zur Verfügung stehen von den jetzigen 25 Millionen Euro an das Niveau der Schweiz anzugleichen, die etwa einen Betrag von 1,2 Milliarden Euro zur Verfügung haben. Deutschland liegt mit 17 Mrd. Euro an Stiftungskapital weit vorne. Abbildung 8-4: Gemeinnützigkeitspaket des BMWFW Quellen: BMWFW. Seite 43

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8.3 STIFTUNGEN IN EUROPA Im EU-Vergleich (2012) liegt Österreich mit 118.475 gemeinnützigen Organisationen an fünfter Stelle. Nicht erfasst sind hier die Vernetzungen gemeinnütziger Aktivitäten mit Unternehmen. Abbildung 8-5: Gemeinnützige Organisationen im Europa-Vergleich Quellen: OECD. Seite 45

8.4 STIFTUNGEN IN DEUTSCHLAND UND DER SCHWEIZ Stiftungen in Deutschland leisten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft und zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Über 95% der deutschen Stiftungen sind gemeinnützigen Zwecken gewidmet. In Deutschland ist ein Stiftungsboom zu erkennen, da die Anzahl der rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts von einer Anzahl von 10.503 Stiftungen im Jahr 2001, auf eine Anzahl an Stiftungen von 20.150 im Jahr 2013 gestiegen ist. (Bund gemeinnütziger Stiftungen, 2014, S.42) In Deutschland existieren unter anderem sogenannte Bürgerstiftungen. Sie sind gemeinnützig und werden von mehreren Stiftern errichtet. Bürgerstiftungen sind politisch und wirtschaftlich unabhängig. Das Aktionsgebiet ist geografisch ausgerichtet, was den Bürgern einer gewissen Region die Möglichkeit einer Zustiftung bietet, wodurch diese sich an der Erfüllung des Stiftungsziels beteiligen können. Bürgerstiftungen fördern Projekte, die von bürgerschaftlichem Engagement getragen werden oder Hilfe zur Selbsthilfe leisten. Im Jahr 2013 gab es 23.000 Bürgerstifter, 265 Millionen Euro an Stiftungskapital und 18 Millionen Euro Fördervolumen. (Bund gemeinnütziger Stiftungen, 2014, S.43) Zur Veranschaulichung Größenordnungen des Vermögens von Stiftungen in Deutschland 2013. Abbildung 8-6: Vermögen der Stiftungen in Deutschland Quellen: Bund gemeinnütziger Stiftungen. Die drei größten Stiftungen Deutschlands sind die Else Kröner-Fresenius-Stiftung (5.300.000.000 Euro Stiftungsvermögen), die Robert Bosch Stiftung GmbH (5.159.122.000) und die Dietmar Hopp Stiftung ggmbh (4.500.000.000). (Bund gemeinnütziger Stiftungen, 2014, S.42) Stiftungen in Deutschland verfolgen folgende Zwecke und haben folgende Schwerpunkte: Seite 46