Vorlesung 3 Syntaxmodelle

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Transkript:

Vorlesung 3 Syntaxmodelle Variation Barocke Ritornellform Konzert Vorläufer der Fuge Motiv Phrase Thema Vokalmusik Fuge Syntaxmodelle Grundbegriffe Langsame Sätze Rondo Liedformen 2018 Manfred Dings Suite Sonata Sinfonia Ouvertüre Sonate und Sonatenhauptsatzform

Typen von Sonatenthemen III: Thema mit Verarbeitung 19. Jahrhundert: Funktionen von Aufstellung und Verarbeitung (Durchführung) vermischen sich. Die Abgrenzung eines Themas fällt schwer. Beispiel: Richard Strauss, Don Juan op. 20, 1. Thema (den Titelhelden charakterisierend) Hauptmotiv = Thema!

Typen von Sonatenthemen IV: Themenkomplexe bzw. -gruppen Gedanke: Erfindung ohne thematische Selbstständigkeit. Wenn ein Abschnitt durch ein Nebeneinander vieler verschiedener Gedanken geprägt ist, spricht man in der Sonate nicht von Thema, sondern von Themenkomplex oder Themengruppe. Achtung: Der Terminus Gedanke wird nicht einheitlich verwendet.

Halbschluss Gedanke 1 Gedanke 2 Unvollk. Ganzschluss Gedanke 3 Vollkomm. Ganzschluss Keiner der drei Gedanken prägt den weiteren Verlauf, wäre also Thema Gedanke 1 und 2 sind nicht für sich abgeschlossen (vollk. Ganzschluß fehlt) Mozart komponiert kein einzelnes Thema, sondern einen Themenkomplex mit drei Gedanken. Gedanke 3 schließt den Themenkomplex und damit den Hauptsatz ab (vollk. Ganzschluss, danach modulierende Überleitung)

Verhältnis von Themen und themenfreien Abschnitten In der Klassik sind Sonatenthemen den themenfreien Abschnitten übergeordnet. Thema und Überleitungen sind syntaktisch differenziert. Sie bilden ein Satzgefüge, analog zur Sprache. Themen sind in der Regel fester gefügt als Überleitungen Hypotaktische Anlage des Sonatensatzes Hauptsatz Überleitung Seitensatz Schlußgruppe

Syntaxmodelle im 18. und 19. Jahrhundert Barocker Fortspinnungstypus (Wilhelm Fischer), Barockzeit: Ritornelle in Arien oder Konzertsätzen, thematische Bildungen in Sonaten oder Suitensätzen des Spätbarock (8, 12, 16... Takte) Periode, hauptsächlich Klassik und später: Symmetrische, metrisch abgeschlossene Themen (4, 8, 12, 16... Takte) Satz, hauptsächlich Klassik und später: Asymmetrische, auf Entwicklung angelegte Themen (4, 8, 12, 16... Takte)

Barocker Fortspinnungstypus Terminus von Wilhelm Fischer Dreiteiliger Aufbau: 1. Vordersatz Motivisch fest gefügter Gedanke 2. Fortspinnung Meist durch Sequenzen 3. Epilog (kadenzierend) Meist tonal geschlossen, selten modulierend Häufig 8, 12 oder 16 Takte Oft asymmetrische Gliederung (z. B. 3+4+1). Typisch für die Barockzeit: Einheitlichkeit des Affekts Keine kontrastierenden Motive oder Gedanken

Barocker Fortspinnungstypus: Arie Bereite dich Zion (Bach) Dreiteiliger Aufbau: Motivisch prägnanter Vordersatz (Verarbeitung eines Kopfmotives) Fortspinnung (harmonische und melodische Sequenzen) Epilog (Kadenz) motivisch dicht Voraushörbar Bremswirkung durch Verdichtung des harmonischen Aktionstempos und Hemiole

Bach, Matthäuspassion, Buß und Reu Hauptgedanke (Vordersatz) Fortspinnung (Sequenzen) Epilog (Kadenz, Bremswirkung durch Hemiole)

Bach, Kantate Nr. 10 Meine Seel erhebt den Herren Vierteiliger Fortspinnungstypus Zwei motivisch unterschiedliche Fortspinnungsabschnitte, durch eine Binnenkadenz (Orgelpunkt) getrennt Vordersatz motivaufstellend Fortspinnungsteil 1 Gliedernder Orgelpunkt - halbschlüssig Fortspinnungsteil 2 Knapper Epilog

Periode Geschlossen Regelmäßig gruppiert, symmetrisch Vorder- und Nachsatz sind gereimt Teilsätze typischerweise in sich schwach kontrastierend oder verschieden: a b oder satzartig: a a Fortspinnung/Entwicklung/Liquidation ^ ^ ^ ^ Urform typisch für Mozart: VS 5-2 NS 5-1 Vordersatz mit schwacher Zäsur (D, Terz- oder Quintlage der T) Nachsatz mit starker Zäsur (T, meist Oktavlage)

Mozart, Klarinettenkonzert A-Dur, Rondo Typisch: Stufengang ^ 5-2 ^ im Vordersatz Phrase 1: abgesetzt durch Pause tonale Geschlossenheit (unvollkommener Ganzschluss) ^ 5 ^ 4 ^ 3 T 3 D ^ 2 Phrase 2: kontrastierende Motivik Fallende Tonleiter statt Wechselnote Halbschluss Phrase 3: wiederholt Phrase 1 Andere Interpunktion: Trugschluss Tp ^ 1 T 8 Phrase 4: variiert Phrase 2 Abschließende Interpunktion: vollkommener Ganzschluss Typisch: Stufengang ^ 5-1 ^ im Nachsatz

Mozart, Klarinettenkonzert A-Dur, Rondo Drei Gliederungsebenen: 3. 2+2+2+2 Phrasen 2. 4+4 Halbsätze ( Absätze ): Vordersatz und Nachsatz 1. 8 Takte insgesamt: Periode

Mozart, Klarinettenkonzert A-Dur, Rondo a Ua a Motive Phrasen (2+2+2+2 Takte) Vordersatz und Nachsatz (4+4 Takte) Periode (8 Takte)

Gliederung nach Zweierpotenzen (Klassik) (idealisiertes Schema) Mögliche Gliederungsebene Tak tordnung Thema 8 Absatz (Vorder-/Nachsatz) 4 4 Phrase, Motiv 2 2 2 2

Zwei Sprechweisen: Liedtyp vs. Fortspinnungstyp Die Terminologie Wilhelm Fischers Liedtyp (klassische Periode): gereimt (Lyrik) Fortspinnungstyp (barocker FS., klass. Satz ): Prosa Und wüssten s die Blumen, die kleinen, wie tief verwundet mein Herz, sie würden mit mir weinen, zu heilen meinen Schmerz. Was ist das. Was ist das Je, den Düwel ook, c est la question, ma très chère demoiselle! Die Konsulin Buddenbrook, neben ihrer Schwiegermutter auf dem geradlinigen, weiß lackierten und mit einem goldenen Löwenkopf verzierten Sofa, dessen Polster hellgelb überzogen waren, warf einen Blick auf ihren Gatten, der in einem Armsessel bei ihr saß, und kam ihrer kleinen Tochter zu Hilfe, die der Großvater am Fenster auf den Knieen hielt [ ]

Musikalische Prosa Begriff von Arnold Schönberg ( Symphonien aus Volksliedern ).

Satz Weiterentwicklung des Fortspinnungstypus in der Wiener Klassik Zweiteilig: Modell+Sequenz Entwicklung oder Fortspinnung oder Liquidation oder (untypisch): kontrastierend Asymmetrisch Meist tonal offen (halbschlüssig) kadenzierend Kann Teilsatz einer Periode sein

W. A. Mozart, Dissonanzenquartett D 7 T 5 T. 1-4: Phrase Sequenz Mini-Periode : VS Halbschluß, NS unvollk. Ganzschluß Liquidationsprozeß: 2+2+1+1+1/2+1/2+4x1/4=8 T. 5-8: Transponierte Abspaltung von T. 1 Variante Verkürzung der Abspaltung auf ½-Takt-Einheiten Auflösung der Struktur in Vierteln (?)

W. A. Mozart, Dissonanzenquartett D 7 T 5 Wie im barocken Fortspinnungstypus keine symmetrische Taktgliederung. Im Ggs. zur Periode sehen wir Entwicklung, doch nicht durch Fortspinnung eines Bewegungsimpulses, oder Entwicklung neuer Gestalten (barockes Modell), sondern durch Sezierung eines Motivs in immer kleinere Einheiten (Liquidation).

Begriff nach Erwin Ratz Satz Weiterentwicklung des Fortspinnungstypus in der Wiener Klassik Zweiteilig: Modell+Sequenz Entwicklung oder Fortspinnung oder Liquidation oder (untypisch): kontrastierend Asymmetrisch Meist tonal offen (halbschlüssig) kadenzierend Kann Teilsatz einer Periode sein Wie Periode oft achttaktig, jedoch offen (häufig Halbschluss) auf Entwicklung hin angelegt, nicht ruhend Korrespondenz innerhalb des ersten Halbsatzes (T. 1-4) Kontrast zwischen beiden Halbsätzen (1-4./. 5-8) Typischer Aufbau bei Beethoven: Modell Sequenz Liquidation 2 2 1 + 1 + ½ + ½+x...

Alternative Terminologie Fortspinnungstyp: Oberbegriff für den Satz und den barocker Fortspinnungstyp Liedtyp: Synonym für Periode Minimalkonsens für Perioden (Liedtyp): symmetrisch und relativ geschlossen. Minimalkonsens für Sätze (Fortspinnungstyp): asymmetrisch und relativ offen.

Periode und Satz im Vergleich Mozart, Sinfonie g-moll KV 550, 4. Satz Symmetrie Vordersatz Nachsatz Beethoven, Klaviersonate f-moll (transponiert) op. 2,1, 1. Satz Liquidation Modell Sequenz Abspaltung Sequenz Auflösung 2 + 2 + 1 + 1 + ½ + ½ + ¼ + ¼ Gemeinsamkeiten: Achttakigkeit Mannheimer Rakete Asymmetrie Verwandter Affekt Periode: Satz: stabil, symmetrisch, abgeschlossen, gereimt dynamisch, asymmetrisch, offen, Prosa

Mozart, Klaviersonate KV 576 1. Phrase: Tonika (Dreiklangsbrechungen) 2. Phrase: Öffnung zur D (Tonleitern): 3. Phrase: Sequenz von Phrase 1 4. Schluss auf der T, Variation von Phrase 2 Die Phrasen innerhalb der Halbsätze kontrastieren Typischer Aufbau einer Periode: Reimschema a b a b

Mozart, Klaviersonate c-moll (Anfang des Haupsatzes) a b Kontrast A B: Unisono vs. Akkordsatz f vs. p schroffer Affekt vs. Intimität a' b' Innerlich kontrastierende Themen: Einheit des Affekts innerhalb des Themas: Merkmal der Klassik Merkmal des Barock 27

Periode mit satzartigen Teilsätzen Vordersatz: Element Sequenz Weiterführung = Satz Halbschluss Nachsatz = Satz (variierte Wiederholung des Vordersatzes) Ganzschluss

Eigenschaften der Periode in der Klassik Tonale Geschlossenheit Mittelstarke Zäsur in der Mitte (Vordersatz), starke Zäsur am Ende (Nachsatz) Vorder-/Nachsatz korrespondieren, sind aber nicht identisch Vorder-/Nachsatz sind ausbalanciert Sonderformen der Periode verstoßen gegen eines dieser Merkmale.

Wiederholungsperiode Beethoven, Bagatelle op. 119 Nr. 9 Antonin Dvorak, 9. Symphonie, 1. Satz, Seitenthema Grundlegendes Motiv: Terz Alle Elemente lassen sich als Ableitungen vom Terzmotiv verstehen. Der Nachsatz wiederholt den Vordersatz wörtlich: Extreme Form der Wiederholungsperiode