Ich wär dann gerne mal offline Was Beschäftigte, Führungskräfte und Selbständige beim Thema Erreichbarkeit im Urlaub beachten sollten / Ergebnisse aus INQA-Forschungsprojekt MASTER und Tipps Im Urlaub nicht erreichbar sein und mal komplett abschalten das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Doch gerade jetzt, kurz vor den Sommerferien, fragen sich viele Beschäftigte, Führungskräfte und Selbständige: Wie sollen sie mit dem Thema Erreichbarkeit umgehen? Eine Umfrage des Projekts MASTER der Initiative Neue Qualität der Arbeit zeigt: Hierüber wird in vielen Betrieben nicht gesprochen was bei den Beschäftigten zu Unsicherheit und Stress führt. Die gute Nachricht lautet: Führungskräfte und Beschäftigte können Erreichbarkeit gesundheitsgerecht gestalten, wenn sie gemeinsam die Erwartungen an das Thema vorab klären. Obwohl das Thema Erreichbarkeit gerade in der Ferienzeit hochaktuell ist, wird darüber in vielen Betrieben kaum oder gar nicht gesprochen. Diese Zahlen hat MASTER im Rahmen einer OnlineBefragung unter 260 Beschäftigten der IT-Branche 2016 erhoben: Nur ein Fünftel der im Projekt MASTER (der Name steht für Management ständiger Erreichbarkeit ) Befragten gab an, dass es im Unternehmen eindeutige Regelungen zur Erreichbarkeit gibt. Jeder Dritte Beschäftigte war sich zumindest teilweise unsicher, ob Kollegen bzw. Kolleginnen oder Vorgesetzte von ihm erwarten, dass er oder sie in der Freizeit auf Kontaktversuche reagiert. Zwar sehen viele Beschäftigte auch Vorteile in einer flexiblen Gestaltung ihrer Erreichbarkeit unausgesprochene Erwartungen und unklare Regelungen erzeugen jedoch häufig Stress und führen so dazu, dass die Grenzen der eigenen Belastbarkeit aus den Augen verloren werden. Das wiederum kann sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken. Eine bewusste und planvolle Gestaltung der Erreichbarkeit ist deshalb für Unternehmen, Beschäftigte und Selbstständige eine wichtige Maßnahme, um die Erholungsfähigkeit sicher zu stellen. Diplom-Psychologin Dr. Nina Pauls vom Projekt MASTER rät zu klaren Absprachen, um die Erholung im Urlaub zu sichern: Beschäftigte sollten ihre Vorgesetzten ganz direkt fragen, wie viel Erreichbarkeit von ihnen erwartet wird. Zwar dürfen Beschäftigte nach dem geltenden Arbeitsrecht dienstliche Anrufe, E-Mails oder SMS während ihres Urlaubs ignorieren oder ihr Smartphone ausschalten, Umfragen zeigen jedoch, dass das totale Abschalten für viele Beschäftigte keine realistische Option ist. Auch viele Selbstständige stellt die Gestaltung der Erreichbarkeit vor große Herausforderungen: Selbst wenn sie theoretisch die Freiheit hätten, sich für bestimmte Zeiten
vollständig zurückzuziehen, fällt genau das vielen schwer. Zu groß ist die Angst, in erreichbarkeitsfreien Zeiten den entscheidenden Auftrag oder Anruf zu verpassen und sich damit ins Abseits zu manövrieren. Das vom Bundesarbeitsministerium geförderte Projekt psyga (psychische Gesundheit in der Arbeitswelt) unterstützt Betriebe und Beschäftigte mit kostenlosen Materialien und Handlungshilfen bei einer gesundheitsgerechten Gestaltung der Arbeit. Ausführliche Informationen zum Thema Arbeitsverdichtung finden Interessierte beispielsweise in der Handlungshilfe Kein Stress mit dem Stress eine Handlungshilfe für Beschäftigte. Führungskräfte können die eigene Erholungsfähigkeit mit dem INQA-Check Psychische Gesundheit unter www.psyga.info im Blick behalten.
Tipps: Wie Sie mit Erreichbarkeit in der Urlaubszeit umgehen können Sie fühlen sich beim Thema Erreichbarkeit von unausgesprochenen Erwartungen gestresst, z.b. im Urlaub oder im Feierabend? Damit sind Sie nicht allein. Jeder, der arbeitet, sitzt irgendwann in dieser Zwickmühle. Die folgenden Tipps helfen Ihnen, mit Erreichbarkeit gesundheitsbewusst umzugehen. Für Führungskräfte 1. Treffen Sie klare Absprachen Klar kommunizierte Regelungen zur Erreichbarkeit, z.b. im Urlaub, im Feierabend oder zu Stoßzeiten, helfen Ihnen und Ihren Beschäftigten dabei, sich in der Freizeit zu erholen und richtig abzuschalten. Sprechen Sie mit Ihren Beschäftigten verschiedene Situationen durch und klären Sie so gegenseitige Erwartungen an eine Erreichbarkeit außerhalb der regulären Arbeitszeiten. Halten auch Sie als Führungskraft sich an diese Absprachen. 2. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran Auch Führungskräfte müssen nicht immer und überall erreichbar sein. Verordnen Sie sich in Absprache mit Ihren Vorgesetzten und Ihrem Team regelmäßig erreichbarkeitsfreie Zeiten, in denen Sie auftanken können. Denn auf lange Sicht ist eine angemessene Erholung sehr wichtig. Schließlich orientieren sich auch Ihre Teammitglieder an Ihrem Umgang mit Erreichbarkeit. 3. Senden Sie die richtigen Signale Machen Sie sich bewusst, welches Signal Sie senden, wenn Sie Ihren Teammitgliedern spätabends oder am Wochenende Mails schicken. Besser ist es, wenn Sie die Mail innerhalb der regulären Arbeitszeit zusenden, z.b. am nächsten Morgen. Bei Bedarf können Sie mit Ihren Beschäftigten einen Bereitschaftsplan erarbeiten, der für Notfälle eine Sicherheit bietet. 4. Organisieren Sie eine Jahresurlaubsplanung Bilden Sie wenn möglich Tandems innerhalb Ihres Teams, sodass sich Kolleginnen und Kollegen gegenseitig in Urlaubs- und Krankheitszeiten vertreten können. So stellen Sie sicher, dass Ihre Beschäftigten nicht nur eine erholsame Urlaubszeit haben, sondern auch bei spontanen Ausfällen immer jemand ansprechbar ist.
Für Selbstständige 1. Identifizieren Sie Phasen mit weniger Arbeitsaufkommen Meistens gibt es auch bei Selbstständigen Zeiten, in denen mal mehr, mal weniger los ist. Sicherlich wissen Sie am besten, wann dies in Ihrer Branche der Fall ist. Sind Sie noch neu in der Selbstständigkeit, können erfahrene Kolleginnen und Kollegen hierzu Auskunft geben. Fragen Sie auch Ihre Kunden nach Zeiten mit weniger Arbeitsaufkommen und nutzen Sie diese Zeiten für Ihren Urlaub. 2. Nutzen Sie die Urlaubsankündigung zum Auffrischen von Geschäftskontakten Kündigen Sie Ihren Urlaub proaktiv vier Wochen vorher an. Nutzen Sie diese Gelegenheit geschickt um ruhende Kontakte zu Kunden aufzufrischen. Ihren Stammkunden zeigen Sie Ihren Einsatz, in dem Sie sich ein paar Tage vor und nach Ihrer Auszeit noch einmal melden und Ihre Verfügbarkeit kommunizieren. 3. Planen Sie vorausschauend Stellen Sie sicher, dass Sie keine Fristen und Termine verpassen und planen am besten ein paar Tage Puffer rund um den Urlaub. Organisieren Sie eine Vertretung, die in Ihrer Abwesenheit auf Anfragen reagiert und Sie im Notfall erreichen kann: jemand, den Sie kennen oder aber einen Serviceanbieter. Auch ein Abwesenheitsagent für Emailpostfach und Anrufbeantworter hält Ihnen den Rücken frei. Und im Urlaub? Wenn Sie reinschauen wollen, dann setzen Sie sich am besten feste Zeiten dafür.
Für Beschäftigte ohne Führungsverantwortung 1. Sprechen Sie es an Sie haben das Gefühl, immer erreichbar sein zu müssen, z.b. im Feierabend, am Wochenende oder im Urlaub? Sprechen Sie mit Ihrer Führungskraft, klären Sie die gegenseitigen Erwartungen und finden Sie so gemeinsam eine Lösung, die Sie entlastet. 2. Organisieren Sie frühzeitig eine Vertretung Kümmern Sie sich frühzeitig in Absprache mit Ihrer Führungskraft darum, dass wichtige Aufgaben während Ihrer Urlaubszeit von Kolleginnen und Kollegen erledigt werden. Nur so können Sie im Urlaub abschalten und bleiben auf lange Sicht gesund und leistungsfähig. 3. Schaffen Sie räumliche Distanz Versuchen Sie sich nach Feierabend oder am Wochenende ganz auf Ihre Erholung zu konzentrieren. Das gilt auch räumlich: Die Arbeit ins Schlafzimmer oder die Küche zu verlagern, mag eine Zeit lang gemütlich sein. Doch auf Dauer leidet oft die Erholungsfähigkeit.
Zum Hintergrund: Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) Attraktive Arbeitsbedingungen sind heute mehr denn je ein Schlüssel für Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland und bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Fachkräftesicherung in Unternehmen und Verwaltungen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützt daher mit der Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) eine Plattform, auf der sich Verbände und Institutionen der Wirtschaft, Unternehmen, Gewerkschaften, die Bundesagentur für Arbeit, Sozialversicherungsträger, Kammern und Stiftungen gemeinsam mit der Politik für eine neue, nachhaltige Arbeitskultur einsetzen entlang der Themenfelder Personalführung, Gesundheit, Wissen & Kompetenz sowie Chancengleichheit & Diversity. Als unabhängiges Netzwerk bietet die Initiative konkrete Beratungs- und Informationsangebote für Betriebe und Verwaltungen sowie vielfältige Austauschmöglichkeiten in zahlreichen auch regionalen Unternehmens- und Branchennetzwerken. Weitere Informationen unter www.inqa.de Management ständiger Erreichbarkeit (MASTER) Das Projekt MASTER Management ständiger Erreichbarkeit - Neue Wege zum gesunden Umgang mit modernen Informations- und Kommunikationsmedien befasst sich mit der Verbreitung, sowie den Ursachen, Folgen und Gestaltungsmöglichkeiten ständiger Erreichbarkeit. Darauf aufbauend werden Umgangsweisen für Beschäftigte, Führungskräfte und Unternehmen erarbeitet, erprobt und evaluiert. Die zitierten Ergebnisse entstammen einer Online-Befragung unter 260 Beschäftigten der IT-Branche aus dem Jahr 2016. Weitere Informationen unter www.erreichbarkeit.eu Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt (psyga) Das Projekt Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt (psyga) der Initiative Neue Qualität der Arbeit (Bundesministerium für Arbeit und Soziales) informiert darüber, wie Mitarbeitende vor zu viel Stress geschützt werden und sowohl Personalverantwortliche als auch Beschäftigte selbst Belastungen entgegenwirken können. Unter dem Motto Kein Stress mit dem Stress bietet psyga praxisnahe Materialien zum Thema psychische Gesundheit für Unternehmen und Organisationen aller Branchen und Größen. Die Projektleitung liegt beim BKK Dachverband e.v. Weitere Informationen zum Projekt unter www.psyga.info