Der Modellversuch zum Handel mit Flächenzertifikaten Dr. Ralph Henger Kompetenzfeld Finanz- und Immobilienmärkte 12. Januar 2017, Winterklausur Bündnis 90 / Die Grünen, Landtag Bayern Rothenburg ob der Tauber
Gutachterteam - Projektleitung Institut der deutschen Wirtschaft Köln Dr. Ralph Henger / Michael Schier Tel.: 0221-4981-744 / -796 Email: henger@iwkoeln.de / schier@iwkoeln.de Gutachterteam Institut Raum & Energie Katrin Fahrenkrug M.A., Dr. Michael Melzer, Dipl.-Geogr. Lutke Blecken Tel.: 04103-16041 Email: institut@raum-energie.de Durchführung Umweltbundesamt Detlef Grimski Gertrude Penn-Bressel Regine Dickow-Hahn Tel.: 0340-2103-3266 Email: detlef.grimski@uba.de ILS - Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung, Dortmund Prof. Dr. Stefan Siedentop Tel.: 0231 9051-100 Email: stefan.siedentop@ils-forschung.de Universität Göttingen Sonderforschungsgruppe Institutionenanalyse sofia Prof. Dr. Kilian Bizer Tel.: 0551-39-4602 Email: bizer@wiwi.uni-goettingen.de Projektgruppe Stadt + Entwicklung Ferber, Graumann und Partner, Leipzig Dr.-Ing. Uwe Ferber Tel.: 0341-480 70 26 Email: projektstadt@t-online.de Gertz Gutsche Rümenapp Stadtentwicklung und Mobilität GbR Dr. Jens-Martin Gutsche, Dipl.-Ing. Achim Tack Tel.: 040-8537 3748 Email: gutsche@ggr-planung.de Büro für Standortplanung Hamburg Dipl.-Ing. Tom Schmidt Tel.: 040-78 104 935 Email: info@standortplanung-hamburg.de Karlsruhe Institute of Technology Prof. Dr. Weinhardt / Tim Straub / Tel.: 0721-608 48370 / 48389 /48373 / 45633 Email: weinhardt@kit.edu
Modellkommunen Laufzeit: Okt. 2012 bis Feb. 2017 87 Kommunen aus 12 Bundesländern 3 Großstädte (Karlsruhe, Kassel, Reutlingen) 12 verdichtete Ober- und Mittelzentren 9 ländliche Ober- und Mittelzentren 2 kleine verdichtete Gemeinden 60 ländliche Gemeinden -> Guter repräsentativer Querschnitt
Quelle: Sueddeutsche Zeitung -> Freiflächen müssen einen (fairen) Preis bekommen!
Warum brauchen wir den Flächenhandel? Das Ausweisungsdilemma Warum das Ausweisen von Flächen alternativlos erscheint Das Baulandparadoxon Warum trotz großer innerörtlicher Potenziale die Siedlungsfläche weiter zunimmt Die Kostenfalle Warum der Nutzen neuer Baugebiete überschätzt und die Kosten systematisch unterbewertet werden Der Bruch des Verursacherprinzips Warum Alteingesessene rebellieren sollten Lösung: Kombination / Ergänzung der bewährten planungsrechtlichen qualitativen Steuerung mit einem Flächenhandelssystem zur quantitativen Steuerung Vorteil: Sichere Zielerreichung ( Cap ) bei Erhaltung kommunaler Spielräume ( Trade )
Welche Flächensparziele sollen erreicht werden? Schrittweiser Rückgang auf bundesweit 30 ha / Tag bis 2020 120 100 95 Bisherige Flächenneuinanspruchnahme 20%-Reserve (Bund, Land, sonst.) 80 60 40 20 78 77 74 69 70 71 2014-2016 55 ha/d 2017-2019 2017-2019 11 11 11 42,5 42,5 ha/d ha/d 2020-2022 8,5 8,5 8,52020-2022 30 ha/d 2023-2025 30 ha/d 2023-2025 6 6 6 25 ha/d 25 ha/d 2026-2028 2026-2028 44 44 44 5 5 5 20 ha/d 20 ha/d 34 34 34 4 4 4 24 24 24 20 20 20 16 16 16 2014-2016 55 ha/d Kommunen 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2028 Quelle: IW Köln, Statistisches Bundesamt
Wie funktioniert der Flächenzertifikatehandel? Siehe FAQs auf www.flachenhandel.de Ein Flächensparziel ( Cap ) wird in Form von Zertifikaten verbrieft und auf die Kommunen verteilt (1 Zertifikat = 1.000 m²) 1.000 m² 30 Hektar pro Tag 10.957,5 Hektar pro Jahr 300 Zertifikate pro Tag 109.575 Zertifikate pro Jahr Voraussetzungen für erfolgreiche Umsetzung: Einigung von Bund & Ländern Frei handelbare Zertifikate Verankerung im Raumordnungsgesetz
Jährliche Zuteilungsmenge in ha Wie werden die Zertifikate zugeteilt? Auf Basis der Bevölkerung (Stichtag) und Größenklasse 20 18 Zuteilungsformel -> siehe Informationspapier Nr. 2 16 14 12 10 8 6 7,5 13,5 Vorteile Verwendung einer verfügbaren, anerkannten und belastbaren Bemessungsgrundlage Keine Fehlanreize wie bei historischen und prognostizierten Daten 4 2 0 0 50.000 100.000 150.000 200.000 250.000 Bevölkerung (Stichtag) Sinnvolle Ergänzung durch Berücksichtigung Zentralörtlicher Funktionen Demografischer Aspekte
Zertifikate-Rechner -> www.flaechenhandel.de
Für die Bebauung ungenutzter Flächen im Außenbereich müssen die Kommunen die entsprechende Menge an Zertifikaten aufbringen Stadt A Stadt B Innenentwicklungsbereich: Keine Zertifikatepflicht Außenbereich: Zertifikatepflicht für Siedlungs- und Verkehrsflächen
Was ist zertifikatpflichtig? > Wo? > Was? Konzept -> siehe Informationspapier Nr. 3
Die Regelungen des Raumordnungs- und Naturschutzrechts bleiben unverändert Stadt A Stadt B Bspw.: Vogel- oder Wasserschutzgebiete
Geplante Siedlungs- und Verkehrsflächen mit Deckung durch Zertifikate können problemlos realisiert werden Stadt A Stadt B Geplante Siedlungsund Verkehrsfläche
Geplante Siedlungs- und Verkehrsflächen mit Deckung durch Zertifikate können problemlos realisiert werden Stadt A Stadt B Nicht mit Zertifikaten gedeckt Mit Zertifikaten gedeckt
Flächen ohne Zertifikatedeckung können nicht realisiert werden - Stadt B hat in dieser Situation 4 Möglichkeiten: Stadt A Stadt B
1. Aufkauf des Zertifikats von Stadt A - Entweder auf der Flächenbörse oder Over-the-Counter Stadt A Stadt B Einrichtung einer Börse
2. Zertifikatefreie Innenentwicklung anstatt zertifikatepflichtiger Außenentwicklung. Stadt A Stadt B
3. Generierung von weiteren Zertifikaten (sog. Weiße Zertifikate ) durch die Rücknahme bestehender Baurechte. Stadt A Stadt B
4. Verzicht auf zertifikatepflichtige Außenentwicklung. Insbesondere bei Bauvorhaben mit negativen Fiskalwerten relevant. Stadt A Stadt B
Was beeinflusst den (Fiskal)Wert eines Baugebietes? Wohnen: Mittlerer Beitrag der einzelnen Wirkungsketten
Was beeinflusst den (Fiskal)Wert eines Baugebietes? Gewerbe: Mittlerer Beitrag der einzelnen Wirkungsketten
Anteil an überplanter Fläche Gut 1/3 der Flächen fiskalisch unrentabel Anteil der überplanten Fläche mit positivem / negativem Fiskalwert 100% 90% 80% 30% 44% 41% 35% 70% 60% 50% 40% 30% 70% 56% 59% 65% 20% 10% 0% Gewerbegebiete Mischgebiete Wohnbauprojekte Alle Projekte Positiver Fiskalwert Negativer Fiskalwert
Welche Preise können erwartet werden? 200 150 100 Feldexperiment mit Kommunalvertretern Kontrollexperiment mit Studenten 800 1. Hauptvariante (kostenlose Zuteilung) 1. Hauptvariante (kostenlose Zuteilung) 600 400 200 150 130,9 /m² 89,5 /m² 100 800 600 400 50 200 50 200 0 0 0 0 Euro/m² Transaktionen/ Jahr Euro/m² Transaktionen/ Jahr 200 150 100 2. Hauptvariante (Hybride Zuteilung ab 2020) 800 200 600 400 150 100 2. Hauptvariante (Hybride Zuteilung ab 2020) 63,4 /m² 62,8 /m² 800 600 400 50 200 50 200 0 0 0 0
Die etablierten Flächenmärkte funktionieren effizient, sodass sich die Kommunen besser stellen konnten 100% 90% 90% 92% 89% 91% 88% 90% 90% 80% 70% 60% 50% F1 F2 K1 K2 K3 - G K3 - W K4 Effizienz (nach Handel) Effizienz (vor Handel) F1, F2 etc. bezeichnen verschiedene Handelsvarianten die entweder mit den Modellkommunen oder Studenten getestet wurden, siehe www.flaechenhandell.de
Vermeidungsstrategien richten sich auf Gewerbeflächen Wie viel Prozent der geplanten Flächen wurde umgesetzt? Wohnungsbau Mischgebiete Gewerbeflächen F1 75% 62% 52% F2 74% 62% 54% K1 73% 86% 50% K2 72% 60% 48% K3 58% 55% 52% K4 70% 61% 50%
im Außenbereich Wie viel Prozent der geplanten Flächen wurde umgesetzt? F1 F2 K1 K2 K3 100 % 100 % 100 % 84% 95% Innen Außen 53% 54% 54% 52% 47% K4 99% 50%
und auf fiskalisch unrentable Baugebiete. Wie viel Prozent der geplanten Flächen wurde umgesetzt? Positive Fiskalwerte Negative Fiskalwerte Weiße Zertifikate F1 75% 35% 95% F2 78% 33% 93% K1 70% 45% 97% K2 74% 27% 85% K3 69% 28% 67% K4 72% 32% 95%
Fazit Flächenhandel kann Kirchturmdenken der Kommunen überwinden Flächenhandel reduziert effektiv und effizient die Flächenneuinanspruchnahme und stärkt Innenentwicklung, wenn die Menge an Zertifikaten entsprechend begrenzt wird. Kommunen treffen Entscheidung in solider Abwägung von planerischem Bedarf und Wirtschaftlichkeit Vermeidungsstrategien der Teilnehmer zielen auf Baugebiete mit negativen Fiskalwert und unsichere Gewerbegebiete Es entsteht ein fairer Lastenausgleich zw. ausweisenden und Flächen schonenden Kommunen Nur wenige Modellkommunen stellen sich durch Handel schlechter und verschulden sich Die Kommunen können durch Weiße Zertifikate zusätzliche Einnahmen erzielen, wenn sie bei mangelnder Flächennachfrage Baurechte zurücknehmen
Back-Up
Erstzuteilung der Zertifikate Quelle: IW Köln *Insgesamt werden nicht 30 ha pro Tag an die Kommunen verteilt, sondern nur für 24 ha, weil 20 Prozent des gesamten bundesweiten Flächensparziels (von 30 ha pro Tag) für überörtliche und sonstige Planungen vorgesehen sind.
Abhängigkeit des Fiskalwertes von Baulandmodell und Bodenpreis Wohngebiete
Abhängigkeit des Fiskalwertes von Baulandmodell und Bodenpreis Gewerbegebiete