Von der Höheren Schule zur neuen Hauptschule : Das Gymnasium als neue Nummer 1



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Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/212 Bildung, Soziales Von der Höheren Schule zur neuen Hauptschule : Das Gymnasium als neue Nummer 1 Silvia Schwarz-Jung Im Schuljahr 1952/53 besuchten im neu gegründeten Baden-Württemberg 688 7 Schülerinnen und Schüler die Volksschule, mit einem Anteil von rund 82 % die eindeutig domi nierende Schulart. Die Höheren Schulen kamen auf einen Anteil von 14 %. Hilfs- und Sonderschulen sowie Mittelschulen spielten zahlenmäßig noch keine bedeutende Rolle. Schuljahresbeginn war damals im Frühjahr. Bei und erfolgte dann vor allem in den 196er- und 197er- Jahren ein starker Ausbau. Seither ist die Entwicklung der Schülerzahlen wellenförmig verlaufen, mit zwei Höhepunkten in den Schuljahren 1976/77 (1,53 Mill. Schüler) und 23/4 (1,31 Mill. Schü ler). Das Gymnasium hat sich zur meist besuchten weiterführenden Schulart entwickelt. Fast drei von zehn Schülern der allgemeinbildenden Schulen wurden hier im Schuljahr 21/11 unterrichtet. Jeder fünfte Schüler ging auf eine Realschule, nur noch jeder achte auf eine Werkreal-/Hauptschule. In den letzten 1 Jahren führten insbesondere die interna tionalen Schulleistungsstudien zu bildungs politischen Diskussionen und Reformen. Die Volksschule: In den 195er-Jahren die dominierende Schulart In den 195er-Jahren war die Volksschule die eindeutig vorherrschende Schulart. Sie war die normale Schule, auf die ein Kind bzw. ein Jugendlicher ging. Im Schuljahr 1952/53 besuchten 688 7 Schülerinnen und Schüler (rund 82 %) der allgemeinbildenden Schulen die Volksschule. Eine Höhere Schule (dazu zählten, Progymnasien, Aufbaugymnasien sowie Evangelisch-Theologische Seminare) besuchten rund 116 4 bzw. 14 % der Schülerinnen und Schüler. Auf eine Mittelschule gingen knapp 17 7 Kinder und Jugend- Dipl.-Ökonomin Silvia Schwarz-Jung ist Referentin im Referat Bildung und Kultur des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. S1 Entwicklung der Schülerzahlen an ausgewählten öffentlichen und privaten allgemeinbildenden Schulen in Baden-Württemberg seit dem Schuljahr 196/61 Tsd. 1 6 1 4 Hauptschulen 1) Grundschulen 1 2 1 8 6 4 2 196/61 62/63 64/65 66/67 68/69 7/71 72/73 74/75 76/77 78/79 82/83 84/85 86/87 88/89 92/93 94/95 96/97 98/99 2/1 2/3 4/5 6/7 8/9 1/11 1) Schuljahr 21/11: Werkreal- und Hauptschulen. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 141 12 31

Bildung, Soziales Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/212 S2 Übergänge von der Grundschule auf weiterführende Schulen seit dem Schuljahr 197/71*) % 6 5 4 3 2 Hauptschulen 1 197/71 72/73 74/75 76/77 78/79 82/83 84/85 86/87 88/89 92/93 94/95 96/97 98/99 2/1 2/3 4/5 6/7 8/9 1/11 *) Ab Schuljahr 1991/92 wird für die Quotenberechnung die Schülerzahl nach Abschluss der Aufnahmeverfahren zugrunde gelegt. Ab Schuljahr 21/11 statt "Hauptschulen": "Werkreal- und Hauptschulen". Ohne Übergänge auf Integrierte Schulformen und Sonderschulen sowie ohne Wiederholer und Schüler der Klassenstufe 4 ohne Grundschulempfehlung. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 142 12 1 Würth, Adolf: Mannigfaltiges Schulwesen, in: Statistische Monatshefte Baden-Württemberg, April/Mai 1962, S. 18 f. 2 DER SPIEGEL, Nr. 4/1966, S. 33 f. liche, auf eine Hilfs- und Sonderschule fast 11. Der Anteil beider Schularten zusammen lag bei gut 3 % womit diese Schularten zahlenmäßig nur eine sehr untergeordnete Rolle spielten. Weitere gut 4 2 Schülerinnen und Schüler besuchten eine Freie Waldorfschule. Die Volksschulpflicht betrug in den 195er-Jahren nur 8 Jahre ein 9. Pflichtschuljahr war seit Ostern 1961 erst in den beiden Städten Esslingen am Neckar und Weinheim an der Bergstraße eingeführt worden. 1 Verschiebung des Schuljahres-Beginns in den 196er-Jahren Das Schuljahr begann damals im Frühjahr. Im Oktober 1964 legte die Kultusministerkonferenz den Herbst als Termin fest. Über die konkrete Umsetzung war im Januar 1966 zu entscheiden. Die vorgeschlagenen Regelungen führten zu bundesweiten Protesten nicht zuletzt aufgrund der großen Komplexität des Themas. Allen Bundesländern gemeinsam war bei der Umstellung auf den Herbst eine Schalt-Zeit von 16 Monaten (zwischen dem letzten Oster- Termin 1966 und dem ersten Herbst-Termin 1967). Baden-Württemberg und vier weitere Bundesländer (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz) entschieden sich für die süddeutsche Lösung. Hier wurde die Schalt-Zeit geteilt in 2 Kurz-Schuljahre, eines von April bis November 1966 und eines von Dezember 1966 bis Juli 1967. Daher gab es 1966 zwei Entlass-Jahrgänge, vor Ostern und im Herbst. Am 1. Dezember 1966 wurden neue Schulanfänger eingeschult. Von 1967 an beginnt das Schuljahr im Herbst, einheitlich für alle Bundesländer. 2 Ausbau von und in den 196er- und 197er-Jahren Bei den und erfolgte vor allem in den 196er- und 197er-Jahren ein starker Ausbau. So stieg die Zahl der von 144 im Schuljahr 196/61 stetig und stark an auf 357 im Schuljahr 197/71 und weiter bis auf 43 im Schuljahr 19. Der Anstieg wurde hier fast ausschließlich vom öffent lichen Bereich getragen. Die Zahl der sieben privaten, die es 196/61 gab, erhöhte sich nur auf 16 im Schuljahr 19. Im Schuljahr 21/11 gab es 489 in Baden-Württemberg, 428 öffentliche und 61 private. Insbesondere in der letzten Deka de hat die Zahl der in freier Trägerschaft sehr zugenommen. Die Zahl der nahm von 315 im Schuljahr 196/61 zu auf 369 im Schuljahr 197/71 und weiter auf 413 im Schuljahr 19. Hier vollzog sich der Anstieg ausschließlich im öffentlichen Bereich. Die Zahl der privaten lag sowohl im Schuljahr 196/61 als auch 1 Jahrzehnt später bei 55, bis zum Schuljahr 19 sank sie sogar auf 32

Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/212 Bildung, Soziales 52. Im Schuljahr 21/11 gab es schließlich 449 in Baden-Württemberg, 377 öffentliche und 72 private. Wie bei den privaten hat sich auch die Zahl der privaten in den vergangenen 1 Jahren merklich erhöht. Dagegen hat die Zahl der Grund- und Hauptschulen stark abgenommen von 4 92 im Schuljahr 196/61 auf 3 58 im Schuljahr 197/71 und weiter bis auf 2 57 im Schuljahr 19. Während die Zahl der Grundschulen in den letzten 2 Jahren (19 bis 21/11) von 2 434 auf 2 545 angestiegen ist, hat sich die Zahl der Hauptschulen von 1 24 auf 1 76 redu ziert. Die Entwicklung der Schülerzahlen verlief in zwei großen Wellen Seit 196/61 ist die Entwicklung der Schülerzahlen an den allgemeinbildenden Schulen in zwei großen Wellen verlaufen, mit zwei Höhepunkten in den Schuljahren 1976/77 und 23/4 (1,53 Mill. bzw. 1,31 Mill. Schülerinnen und Schüler). Zwischen diesen beiden Höhepunkten liegt ein Tiefpunkt im Schuljahr 1988/89 mit 1,2 Mill. Schülerinnen und Schülern. Seit 23/4 gehen die Schülerzahlen insgesamt demografisch bedingt zurück. Allerdings sind die einzelnen Schularten unterschiedlich betroffen. An den ist die Schülerzahl in etwa gleich geblieben. Dagegen nimmt die Zahl der Grundschüler seit 25/6 kontinuierlich ab, die der Hauptschüler bereits seit 22/3. Die konnten zwar auch in den letzten Jahren noch zulegen, jedoch wird sich hier mit dem Ausscheiden des doppelten Abiturientenjahrgangs im Sommer 212 die Schülerzahl schlagartig um einen Jahrgang verringern (Schaubild 1). Im Zeitraum von 1952 bis 21 konnte sich das Gymnasium eindeutig als die Nummer 1 im dreigliedrigen Schulsystem Baden-Württembergs etablieren. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die einzelnen Schularten im Schuljahr 21/11 wider. Knapp ein Drittel der insgesamt 1,21 Mill. Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schulen befand sich an einer Grundschule. Das Gymnasium war die meist besuchte weiterführende Schulart. Fast drei von zehn Schülern wurden hier unterrichtet. Jeder fünfte Schüler ging auf eine Real schule, nur noch jeder achte auf eine Werk real-/hauptschule. Knapp 7 % der Schülerinnen und Schüler waren an einer Sonderschule oder an einer integrierten Schulform. Übergänge auf weiterführende Schulen haben sich stark verändert Die Verschiebungen in der Verteilung der Schülerinnen und Schüler auf die weiterführenden Schularten sind vor allem eine Folge des veränderten Übergangsverhaltens von den Grundschulen auf weiterführende Schulen. S3 Schülerinnen und Schüler an privaten Schulen in Baden-Württemberg seit dem Schuljahr 196/61 nach ausgewählten Schularten*) % 14 12 Grundschulen Hauptschulen 1) 1 8 6 4 2 196/61 65/66 7/71 75/76 85/86 95/96 2/1 5/6 1/11 *) Anteil der Privatschüler an den Schülern insgesamt der jeweiligen Schulart. 1) Schuljahr 21/11: Werkreal- und Hauptschulen. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 143 12 33

Bildung, Soziales Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/212 In den 196er-Jahren nahm die Übergangsquote auf bzw. zwar zu von rund 9 bzw. 16 % auf gut 17 bzw. knapp 24 % zum Schuljahr 197/71, dennoch blieb die Hauptschule die mit Abstand meist Seither sind die Übergangsquoten auf das Gymnasium von Jahr zu Jahr gestiegen und gleichzeitig die Quoten auf die Hauptschule bzw. Werkrealschule gesunken. Im Jahr 21 war die Übergangsquote auf das Gymnasium dann erstmals höher als die auf die Hauptschule oder auf die Realschule. Selbst die flächen deckende Einführung des G8 zum Schuljahr 24/5 konnte den Trend zum Gymnasium nicht stoppen. Diese Entwicklung hat sich auch bei den Übergängen zum Schuljahr 211/12 wenngleich in abgeschwächter Form fortgesetzt. Knapp 24 % der Viertklässler wechselten auf eine Werkreal- oder Hauptschule, 34 % auf eine Realschule und 41 % auf ein Gymnasium (Schaubild 2). Privatschulen konnten ihre Schülerzahlen steigern Dieter Schütz / pixelio.de gewählte weiterführende Schulart. Auch 1 Jahre später (198) war die Hauptschule mit einer Übergangsquote von 41 % noch die eindeutig vorherrschende Schulart. Auf eine Realschule wechselten rund 25 %, auf ein Gymnasium gut 29 %. 1994 war die Hauptschule mit einer Quote von 37 % zwar weiterhin die stärkste Schulart, aber Realschule und Gymnasium konnten bereits auf knapp 3 bzw. gut 31 % zulegen. Die Privatschulen in Baden-Württemberg erfreuen sich einer zunehmenden Beliebtheit. Im Mai 1961 lag der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die eine private Schule besuchten, ledig lich bei 3 %. Im Schuljahr 197/71 gab es an den privaten allgemeinbildenden Schulen gut 38 7 Schülerinnen und Schüler, was ebenfalls einem Anteil von 3 % entsprach. In den folgenden Jahrzehnten erhöhte sich dieser Anteil weiter über knapp 6 % im Schuljahr 19 auf gut 8 % im Schuljahr 21/11. An den einzelnen Schularten fiel die Zunahme unterschiedlich aus. Die Anteile der Privatschüler an den Grundschulen und an den S4 Mädchenanteile an ausgewählten Schularten seit dem Schuljahr 196/61 % 7 Grundschulen Hauptschulen 1) 6 5 4 3 2 1 196/61 65/66 7/71 75/76 85/86 95/96 2/1 5/6 1/11 1) Schuljahr 21/11: Werkreal- und Hauptschulen. Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 144 12 34

Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/212 Bildung, Soziales Hauptschulen blieben von 1952 an bis zu Beginn der 198er-Jahre jeweils unterhalb der Einprozentmarke. Im Schuljahr 21/11 machten die Schülerinnen und Schüler an den privaten Grundschulen gut 2 % der Grundschüler insgesamt aus, die Privatschüler an den Werkreal- und Hauptschulen insgesamt gut 3 %. Die Anteile der Privatschüler an den waren in den Anfängen ebenfalls vergleichsweise niedrig. Von 196/61 an bis Mitte der 198er-Jahre bewegten sie sich zwischen 2 und 3 %. Seither war der Trend leicht ansteigend bis zu gut 5 % im Schuljahr 21/11. An den lag der Anteil der Privatschüler im Mai 196 bei knapp 12 %. In den 196er- und 197-er Jahren verringerte sich der Anteil dann auf rund 7 % im Schuljahr 19. In den weiteren Jahren nahm der Anteil wieder zu bis auf 1 % im Schuljahr 21/11. Damit und mit den zugrundeliegenden vergleichsweise hohen Schülerzahlen hatten die einen großen Einfluss auf die Entwicklung des privaten Sektors (Schaubild 3). S5 Anteile in % 1 25 Schülerinnen und Schüler an Sonderschulen in Baden- Württemberg in den Schuljahren 1952/53 und 21/11 nach Sonderschultypen 5 Schuljahr 1952/53 11 1 951 Schüler insgesamt 6 Schuljahr 21/11 52 Hilfsschulen Schulen in Heil- und Pflegeanstalten Schulen in Fürsorge-Erziehungsanstalten Blindenschulen Taubstummenschulen Sonstige (Schulen für sprach- und gelenkkranke Kinder, Schulen in Kinderheimen und Waisenhäusern) Die Freien Waldorfschulen zählten im Mai 1952 gut 4 2 Schülerinnen und Schüler, im Mai 196 nahezu 4. Seit Anfang der 196er- Jahre konnten die Freien Waldorfschulen ihre Schülerzahlen von Jahr zu Jahr mit Ausnahme des Schuljahres 27/8 steigern bis auf etwas mehr als 23 3 im Schuljahr 21/11. Mädchen holten bei stark auf 1 1 1 11 13 4 4 53 175 Schüler insgesamt 17 39 Förderschulen Geistigbehinderte Erziehungshilfe Sprachbehinderte Körperbehinderte Blinde Sehbehinderte Hörgeschädigte Kranke Im Mai 1952 besuchten knapp 34 9 Mädchen in Baden-Württemberg die Volksschule, dies entsprach etwa 49 % der Volksschüler insgesamt. Auf eine Mittelschule gingen insgesamt nur sehr wenige Kinder (2 % aller Schülerinnen und Schüler). Die gut 11 7 Mädchen stellten dort mit einem Anteil von zwei Dritteln aber die deutliche Überzahl. Im Gegensatz dazu waren die rund 44 6 Mädchen, die an einer Höheren Schule unterrichtet wurden, deutlich in der Minderheit. Hier dominierten die Jungen mit einem Anteil von knapp 62 %. Foto: BiT / wikimedia.org Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 145 12 In den vergangenen Jahrzehnten hat sich das Schulbesuchsverhalten der Mädchen sehr verändert. Sie gingen zunehmend auf und weniger auf Hauptschulen. An den Grundschulen des Landes lag die Mädchenquote seit 196/61 in allen Jahren stabil bei rund 49 %. An den Hauptschulen nahm die Präsenz der Mädchen langfristig betrachtet ab. So machten die Mädchen in den 196er-Jahren noch rund 5 % der Hauptschüler aus. Ihr Anteil sank aber in den 197er-Jahren kontinuierlich bis auf gut 45 % im Schuljahr 1979/8 und blieb seither mit Werten zwischen 44 und 45 % auf diesem Niveau (Schaubild 4). Bei den lag der Mädchenanteil in den 196er- und 197er-Jahren zwischen 56 und gut 53 %. In den Folgejahren hat der Anteil der weiblichen Realschüler tendenziell abgenommen bis auf gut 49 % im Schuljahr 21/11. 35

Bildung, Soziales Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 4/212 In den 195er- bis Mitte der 196er-Jahre spielten die Hilfsschulen und Sonderschulen zahlenmäßig keine große Rolle in der Schulstatistik. Kinder mit schweren Behinderungen waren bis Mitte der 196er-Jahre vom Schulbesuch ausgeschlossen. Es fehlte an gesetzlichen Grundlagen, Therapie- und Bildungsangeboten. 3 Erst seit 1965, mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Vereinheitlichung und Ordnung des Schulwesens, wurde in Baden-Württemberg die Schulpflicht für alle Kinder und Jugendliche eingeführt. Ende der 196er-/Anfang der 197er-Jahre begann der flächendeckende Ausbau der Sonderschulen. Claudia Hautumm / pixelio.de Im Schuljahr 196/61 waren nur 38 % der Gymnasiasten weiblich mit 62 % waren die Jungen noch deutlich in der Überzahl. Bis zu Beginn der 198er-Jahre aber zogen sie bereits gleichauf, Ende der 199er-Jahre gab es dann mit gut 53 % mehr Mädchen als Jungen an den. In den letzten Jahren ist der Mädchenanteil leicht zurück gegangen auf rund 52 % im Schuljahr 21/11. Heute existiert in Baden-Württemberg ein differenziertes Sonderschulwesen. Im Schuljahr 21/11 wurden knapp 53 2 Kinder und Jugendliche an einem der neun Sonderschultypen gefördert. Dies sind fast fünf Mal so viele wie 1952 (Schaubild 5). Der Anteil der Sonderschüler an der Schülerschaft insgesamt liegt heute bei gut 4 %. Im März 29 ist die UN- Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Deutschland in Kraft getre ten, nach der ein integratives Bildungssystem zu gewährleisten ist. 4 Vor allem seit der PISA-Studie gab es zahlreiche Reformen 3 Internetseite des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung Baden- Württemberg e. V., www.lv-koerperbehin derte-bw.de, Stand 4. Januar 212. 4 Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, BGBl. III Nr. 155/28, insbesondere Artikel 24. Die Sonderschulen: Von der Hilfsschule zum integrativen Bildungssystem manwalk / pixelio.de Das Bildungssystem in Baden-Württemberg stand immer im Fokus von Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit. Doch insbesondere die Durchführung von internationalen Schulleistungsstudien wie TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study, seit 1999 alle 4 Jahre), PISA (Programme for International Student Assessment, seit 2 alle 3 Jahre) oder IGLU (Internationale Grundschul- Lese-Untersuchung, 21 und 26) hatte bildungspolitische Diskussionen und Reformen zur Folge. Selbstständige Schule, Eigen- und Fremdevaluation oder auch Ganztagsschule seien hier nur als Stichpunkte genannt. Nach dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg im Jahr 211 stehen Neuerungen an wie zum Beispiel die Einführung der Gemeinschaftsschule, die teilweise Wieder-Einführung des G9 an den und die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung. Nicht zuletzt wird der demografische Wandel zu bildungspolitischen Herausforderungen führen. Das baden-württembergische Schulsystem bleibt in Bewegung. Weitere Auskünfte erteilt Silvia Schwarz-Jung, Telefon 711/641-26 14, Silvia.Schwarz-Jung@stala.bwl.de 36