Wahlprüfsteine der LAG WR NRW für die Landtagswahl NRW 2017 Antworten Wibke Brems MdL, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1. Was verstehen Sie unter Inklusion? Wie wollen Sie diese Inklusion weiter entwickeln? Inklusion bedeutet für uns, dass behinderte und nichtbehinderte Menschen gemeinsam und ohne Vorurteile und Benachteiligungen für die behinderten Menschen zusammenleben können. Daran arbeite ich und daran arbeitet meine Partei, die GRÜNEN. Behinderte Menschen sollen all die Dinge, die ihr Leben betreffen, selbst entscheiden und gestalten können. Dazu wollen wir alles abbauen, was behinderte Menschen aufhält: Barrieren in Gebäuden und Wohnungen, am Arbeitsort, in Bus und Bahn. Außerdem sollen Kinder mit und ohne Behinderung zusammen aufwachsen und zusammen zur Schule gehen können. Inklusion ist ein Menschenrecht. Das Bundesteilhabegesetz muss noch besser werden. Zum Beispiel sollen behinderte Menschen die benötigte Unterstützung bekommen ohne dass sie extra dafür bezahlen müssen. 2. Wie wollen Sie den kommunalen / sozialen Wohnungsbau fördern? Wir wollen den kommunalen und sozialen Wohnungsbau auch weiterhin mit viel Geld unterstützen. Eine Milliarde Euro wollen wir dafür jährlich in den nächsten 5 Jahren ausgeben. Da, wo es besonders schwierig ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden, müssen mehr Sozialwohnungen gebaut werden. Diese Wohnungen sind dann für Menschen mit wenig Geld, zum Beispiel für behinderte Menschen. Wir arbeiten daran, dass etwa jede dritte neue Wohnung in Zukunft eine solche Sozialwohnung mit günstiger Miete sein soll, die für Menschen mit wenig Geld reserviert ist. Dazu kommt noch, dass wir uns für neue Gesetze stark machen, die verhindern, dass Vermieter die Miete für ihre Wohnungen immer teurer machen können. Die Mieten dürfen nur langsam steigen, sonst kann sie bald niemand mehr bezahlen. Auch unterstützen wir Wohnungsbaugenossenschaften. Das ist ein Zusammenschluss von Menschen, die zusammen Häuser und Wohnungen bauen und dann in diese gemeinsam gebauten und bezahlten Wohnungen einziehen. Hierbei ist es nicht wichtig, dass viel Geld an den Wohnungen verdient wird, sondern 1
dass die Mitglieder der Genossenschaft in eine günstige Wohnung ziehen können was wir sehr gut finden. 3. Was meinen Sie, warum psychische Erkrankungen zunehmen und was wollen Sie dagegen unternehmen? Heute müssen die Menschen immer alles geben, müssen immer ihre volle Leistung bringen, dürfen keine Schwächen zeigen. Im Beruf, aber auch in der Schule, in der Uni, manchmal auch in der Familie steigt der Druck auf die Menschen und auch die sozialen Netzwerke erhöhen den Druck auf uns alle. Wir müssen darüber sprechen, ob wir das so wollen und was passieren muss, damit dieser Druck wieder weniger wird. Denn der Druck macht auch schon viele Kinder und Jugendliche krank. Wir GRÜNE kämpfen dafür, dass psychische Krankheiten wie körperliche Krankheiten angesehen werden. Nämlich als etwas, das jedem Menschen passieren kann und was nichts ist, wofür man sich schämen muss. Es gibt heute schon gute Hilfe für Menschen mit psychischen Krankheiten, aber die Hilfe muss noch besser werden. Wir wollen, dass es überall im Land Hilfe gibt, die jederzeit für psychisch kranke Menschen da ist. Das wollen wir aufbauen. 4. Wie hoch wird in Ihrer Verantwortung die Quote von Arbeitsplätzen/Praktikumsplätzen in öffentlichen Einrichtungen für Menschen mit Behinderung sein? Es ist schwierig, hierfür eine Quote zu nennen, aber wir wollen, dass es deutlich mehr Arbeitsplätze und Praktika für Menschen mit Behinderung bei öffentlichen Arbeitgebern gibt. Uns ist klar, dass öffentliche Arbeitgeber an dieser Stelle ein Vorbild sein müssen. Deshalb müssen sie auch mehr Arbeitsplätze für behinderte Menschen anbieten. 5. Welche Schnittstellen sehen Sie in ihrer politischen Arbeit und den Werkstatträten? Ich freue mich, wenn ich Neuigkeiten aus der WfbM erfahre und ich stehe den Werkstatträten gerne zur Verfügung, auch außerhalb der Wahlkampfzeit. Ich möchte wissen, wo der Schuh drückt und ob ich als Politikerin helfen kann. Frauen mit Behinderungen haben es doppelt schwer, weil sie Frauen sind und wegen ihrer Behinderung. Deshalb bin ich auch sehr interessiert an der Arbeit der Frauenbeauftragten und ihren Assistentinnen in der WfbM, die die Frauen in den Werkstätten unterstützen. Auch hier bin ich neugierig und biete gerne meine Hilfe an, wenn es Probleme geben sollte. 2
6. Welche Möglichkeiten sehen Sie, dass Werkstatträte / Menschen mit Behinderung in Gremien (Fachausschuss in der Werkstatt, Gremien des Landschaftsverbandes) vertreten sind? Das finde ich gut und richtig. Jede Frau und jeder Mann muss die Möglichkeit haben, sich für die eigenen Interessen einzusetzen. Aber dafür müssen dann auch Hilfen angeboten, damit die Vertreterinnen und Vertreter der Werkstatträte und behinderten Menschen zum Beispiel zum Landschaftsverband reisen können. Auch hier gilt: Wir wollen alles abbauen, was behinderte Menschen aufhält. 7. Wie können die Vertrauenspersonen von Werkstatträten für Ihre Arbeit besser gesetzlich geschützt werden? Was halten Sie zum Beispiel von einem besonderen Kündigungsschutz, wie bei Betriebsräten? Ein besonderer Kündigungsschutz könnte hilfreich sein. Wer im Werkstattrat arbeitet, darf keine Angst haben müssen, dass daraus ein Nachteil entsteht. Die Werkstatträte brauchen aber für Ihre Arbeit auch ein Büro, das nötige Geld für ihre Ratsarbeit, sie müssen sich weiterbilden können und sie müssen für die Arbeit im Werkstattrat von ihrer sonstigen Arbeit freigestellt werden. 8. Welche Ideen haben Sie, um Freistellungsregelungen für Vertrauenspersonen klarer zu gestalten? Die Werkstätten verhandeln mit den Landschaftsverbänden darüber, wie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Werkstätten bezahlt werden. Wenn die Werkstätten diese Verhandlungen führen, können sie sich dafür einsetzen, dass die Freistellung der Vertrauenspersonen ganz klar in einem Vertrag mit dem Landschaftsverband geregelt werden. 9. Der Einsatz von Einkommen und Vermögen bei der Sozialhilfe und Eingliederungshilfe wie wollen Sie dies zukünftig weiter entwickeln. Die Eingliederung in die Gesellschaft und die Teilhabe am Leben kosten Geld. Wir treten aber dafür ein, dass das Einkommen und Vermögen behinderter Menschen nicht angerechnet wird, wenn es darum geht, diese Kosten zu bezahlen. Der Bundestag in Berlin hat das Gesetz geändert, das diese Sachen regelt. Das neue Gesetz ist etwas besser, aber wir sind noch nicht zufrieden. Deshalb kämpfen wir weiter darum, dass behinderte Menschen hier nicht zur Kasse gebeten werden. 10. Was halten Sie von der 5 aus 9 Regel im Bundesteilhabegesetz ab 2023? Diese Regel ist falsch und darf nicht kommen. Dafür setzen wir uns ein. Jeder Mensch mit Behinderung braucht seine eigene Form von Unterstützung, die ihr oder ihm am besten hilft. Das gilt für alle behinderten Menschen und auch für die Menschen, die nicht ganz so stark behindert sind. 3
11. Was können Sie tun, damit Werkstattbeschäftigte in der Werkstatt aus der Grundsicherung herauskommen? Die Werkstätten für behinderte Menschen sind nicht nur ein Arbeitgeber. Hier können auch Menschen dafür fitgemacht werden, um einen Arbeitsplatz außerhalb der WfbM zu finden, in einer Firma auf dem ersten Arbeitsmarkt oder einem Inklusionsbetrieb. Die Ausbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist ebenfalls eine wichtige Aufgabe der Werkstätten. Dann können auch mehr Menschen mit Behinderungen einen gutbezahlten Job finden. Dafür kann es ein wichtiger Schritt sein, wenn die Werkstätten sich hin zu einem Integrationsunternehmen entwickeln oder ein Integrationsunternehmen gründen. 12. Wie ist die Meinung ihrer Partei zum Fortbestand der WFBM? Die WfbM ist sehr wichtig, denn sie bietet vielen Menschen mit Behinderung einen guten Job. Die Werkstätten sind nicht wegzudenken, sie muss es weiterhin geben. Es müssen dabei die Bedürfnisse der Menschen mit Behinderung im Mittelpunkt stehen, wie die Beschäftigten arbeiten und was sie erreichen wollen. Der Werkstattrat hat die wichtige Aufgabe das an die Werkstatt- und Gruppenleitung zu vermitteln und deshalb wollen wir Grüne die Werkstatträte stärken. Auch außerhalb der WfbM muss noch mehr dafür getan, dass Menschen mit Behinderung Arbeit finden. Es muss für behinderte Menschen leichter werden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu arbeiten, wenn sie das wollen. Wenn Firmen keine faire Anzahl von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen anbieten, sollen diese eine hohe Gebühr zahlen müssen. Dieses Geld soll den Menschen mit Behinderung helfen, um an anderer Stelle einen Arbeitsplatz zu finden. Auch öffentliche Betriebe müssen mehr dafür tun, damit Menschen mit Behinderungen dort einen Job finden. Wir wollen, dass Arbeitgeber, die gerne Menschen mit Behinderungen beschäftigen wollen, dabei unterstützt werden. So wie die Werkstatträte in der WfbM wollen wir deshalb auch die Schwerbehindertenräte in den allgemeinen Firmen unterstützen. Wir wollen mehr Integrationsunternehmen, die behinderten Menschen beim Sprung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt helfen. Und mit inklusiven Ausbildungsstätten wollen wir Menschen mit Behinderung den Start ins Arbeitsleben erleichtern. 13. Wie sichern Sie die Finanzierung von Werkstätten für Menschen mit Behinderung? In NRW finanzieren die Landschaftsverbände die WfbM auf der Basis des Bundesteilhabegesetzes. Wir sind der Meinung, dass sie das grundsätzlich gut machen und auch in der Zukunft weitermachen sollten. Die Landschaftsverbände müssen dabei genau darauf achten, dass die WfbM das Geld so einsetzt, dass die Menschen mit Behinderung davon den größten möglichen Nutzen haben. 14. Wie sehen Sie das, dass Menschen mit komplexen Behinderungen in NRW einen Platz in der Werkstatt haben? Warum geht das nicht in anderen Bundesländern? 4
Wir Grüne freuen uns, dass bei uns in NRW Menschen mit komplexen Behinderungen in die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen aufgenommen werden und einen Platz finden. Da wir in NRW zeigen können, dass es klappt, machen wir uns dafür stark, dass unsere guten Erfahrungen aus NRW in die anderen Bundesländer übertragen werden. 15. Welches Arbeitsmodell für Menschen 65+ in der WfbM halten Sie für sinnvoll? Für alle Menschen, egal ob sie behindert sind oder nicht, beginnt mit dem Rentenalter ein neuer Abschnitt im Leben. Das ist für viele eine große Umstellung, da sie ihre ehemaligen Arbeitskollegen und -kolleginnen nicht mehr jeden Tag sehen. Die Menschen müssen sich dann Gedanken darüber machen, wie sie ihren Tag gestalten, was aber auch schön sein kann. Wenn Unterstützung benötigt wird, können die Werkstätten oder auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Wohneinrichtungen oder des betreuten Wohnens helfen. Dafür können die Einrichtungen zusätzliches Geld von den Landschaftsverbänden bekommen. 16. Bleibt der EM-Rentenanspruch nach 20 Jahren in einer WfbM bestehen? Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen? Ja, wir werden uns dafür einsetzen, dass dieser Rentenanspruch auf eine Erwerbsminderungsrente erhalten bleibt. 17. Welche Ideen haben Sie, dass Beschäftigte in der Werkstatt nicht mehr wie Bettler für Grundsicherung zum Amt gehen müssen? s. Antwort zu Frage 11 18. Was halten Sie von einem bedingungslosen Grundeinkommen? Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein sehr interessantes Modell zur Existenzsicherung vieler Menschen. In Finnland probiert man es derzeit in einem Modellversuch aus und hat erste Erfahrungen gesammelt. Ich könnte mir vorstellen, dass man es auch in einer Region in Deutschland ausprobieren könnte. 5