Optimales Infrastrukturmanagement: Eine Frage der Gemeindegrösse?

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Transkript:

Optimales Infrastrukturmanagement: Eine Frage der Gemeindegrösse? Fachtagung Infrastrukturmanagement in Gemeinden Landhaus Solothurn, 28. Oktober 2014 Prof. Dr. Reto Steiner Kompetenzzentrum für Public Management Universität Bern

Gliederung des Referats 1. Wie geht es den Schweizer Gemeinden? 2. Kooperationen und Fusionen in der Schweiz: Auf der Suche nach der idealen Gemeindegrösse 3. Welcher Einfluss hat die Infrastruktur auf die Gemeindestruktur? 2

Zustand der Schweizer Gemeinden > 2 352 Gemeinden in 26 Kantonen. Median: 1 214 Einwohnende. Personalbestand: 240% allg. Verwaltung, 190% Aussenstellen, 480% Bildung. > Kommunen unter zunehmendem Druck: > Aufgaben sind vielfältiger und komplexer geworden > Städte und kleinere Gemeinden haben unterschiedliche Probleme, müssen aber alle den Service public erbringen > Bedeutung der Gemeindegrenzen hat in Gesellschaft abgenommen, zunehmender Standortwettbewerb > Bitte sofort -Mentalität: Wunsch nach hoher Bürgerorientierung 3

Leistungsgrenzen im Zeitverlauf Bereich Soziales 50% 2009/2010 2005 1998 Bereich Regierung und Verwaltung 40% 30% Bereich Bildung 20% 10% 0% Bereich Sicherheit Bereich Kultur Bereich Wirtschaftsförderung Bereich Infrastruktur 4

Schuldenquote nach Maastricht Kriterien Kritische Grösse EU: max. 60% BIP 25.00% 20.00% 15.00% 10.00% Bund Kantone Gemeinden 5.00% 0.00% 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Quelle: EFV 2013 5

Mögliche Reformen > Reformen innerhalb der Gemeinden: Management Reformen (Effektivität und Effizienz) und Politische Reformen (Reformen der Entscheidfindung) > Reformen zwischen den Gemeinden/Staatsebenen: Territoriale und funktionale Reformen (Aufgabenteilung) 6

Reformen in den Schweizer Gemeinden Reformen zwischen den Gemeinden/Staatsebenen: Neue Aufgabenteilungen zwischen Kantonen und Gemeinden 100% Zunahme der IKZ 74.7% Fusionsgespräche 49.9% Managementreformen: Einführung von New Public Management 7.8% Reformen der Entscheidfindung: Kleinere Exekutiven 15.8% Ausweitung der Initiativen und Referenden 13.5% 7

Kompetenzverteilung zwischen Gemeinden und Kanton 8

IKZ nach Aufgabenbereich

Fusionsdiskussionen nach Gemeindegrösse 80% 70% 60% 50% 40% 30% 1998 2009 20% 10% 0% bis 249 250-499 500-999 1000-1999 2000-4999 5000-9999 10000-19999 20000 und mehr alle Gemeinden N 2009 =1497; N 1998 =2113 10

Ausgewählte Auswirkungen von Fusionen > Verbesserung der finanziellen Situation: > Verbesserung des Dienstleistungsangebots: > Führbarkeit: > Gemeindeautonomie: > Politische Integration: > Motivation der Mitarbeitenden:

Treiber der Entwicklung bei der Infrastruktur > Zunehmende Komplexität: Bevölkerungswachstum, Zersiedelung, Verdichtung > Politische Trägheit: Netzinfrastruktur bewegt weniger als Sozial- und Gesundheitswesen > Wachsendes Umweltbewusstsein der Bevölkerung > Milizsystem unter Druck: Schwierig, Verantwortungsträger zu finden > Zunehmende Regionalisierung und Vernetzung der Netzinfrastrukturen > Imperative Nachhaltigkeit: Wechsel zu Lebenszyklusrechnung

Treiber der Entwicklung bei der Infrastruktur > Eigentum bleibt beim Staat, aber Flexibilität bei Bewirtschaftung > Software übertrumpft Hardware: Zentrales Controlling, aber dezentrale Möglichkeiten

Szenarien der Aufgabenerfüllung Quelle: GDI 2013 14

Wünschenswerte Entwicklung > Gemeinden finden zu neuer Stärke und zu neuem Selbstbewusstsein > Kantone übernehmen die Führungsrolle. Integrale und nachhaltige Planungen werden belohnt. > Fachverbände vermitteln Wissen und koordinieren Kommunikation 15

Was heisst das bezüglich Gemeindegrösse? > Die Grösse einer Gemeinde allein ist kein Entscheidkriterium. Die einzelnen Aufgaben müssen betrachtet werden. > Soll die Autonomie keine Worthülse werden, dann braucht es aber eine adäquate Aufgabenteilung und Gemeindeorganisation. > Die Infrastruktur erfordert eine langfristig ausgerichtete organisatorische Lösung: Stabile, mehrere Aufgaben umfassende IKZ und Fusionen als Ansätze. > Bei Reformen darf Grundidee nie aus den Augen verloren werden: Gemeinden zu schaffen, welche das Wohl der Bevölkerung im Auge behalten und beschränkte Ressourcen effektiv und effizient einsetzen. Deshalb Argumente des Herzens nicht vergessen! 16

Ausgewählte Literaturhinweise GDI (2013): Aufbruch im Untergrund. Szenarien erfolgreicher Zusammenarbeit im Untergrund, Rüschlikon 2013 Denters, Bas/ Goldsmith, Michael/Ladner, Andreas/Mouritzen, Pul Erik/Rose, Lawrence E. (2014): Size and Local Democracy, Cheltenham 2014 Ladner, Andreas/Steiner, Reto/Horber-Papazian, Katia/Fiechter, Julien/Jacot-Descombes, Caroline/Kaiser, Claire (2013): Gemeindemonitoring 2009/2010. Bericht zur fünften gesamtschweizerischen Gemeindeschreiberbefragung, Bern, 2013 Steiner, Reto/Ladner, Andreas/Reist, Pascal (2014) (Hrsg.): Reformen in Kantonen und Gemeinden. Bern, Stuttgart, Wien 2014 Steiner, Reto/Kaiser, Claire (2013): Die Gemeindeverwaltungen. In: Handbuch der öffentlichen Verwaltung, hrsg. v. Andreas Ladner, Jean-Loup Chappelet, Yves Emery, Peter Knoepfel, Luzius Mader, Nils Soguel und Frédéric Varone. Zürich 2013, S. 149-166 Steiner, Reto/Kaiser, Claire (2013): Rolle der Kantone bei Gemeindefusionen in der Schweiz. In: Verwaltung & Management, 19. Jg., Nr. 3/2013, S. 144-149 Steiner, Reto (2002): Interkommunale Zusammenarbeit und Gemeindezusammenschlüsse in der Schweiz. Bern, Stuttgart, Wien 2002 17