Die neue EU-GDP-Guideline



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Transkript:

Die neue EU-GDP-Guideline Anmerkungen zur überarbeiteten EU Guideline Good Distribution Practice for Medicinal Products for Human Use (2013/C 68/01) Knowledge & Support, Bad Harzburg Zusammenfassung Die EU Guideline Good Distribution Practice skizziert die Anforderungen, die Großhändler, aber auch alle am Vertrieb Beteiligte zu erfüllen haben. Der risikobasierte Ansatz bildet dabei das Fundament. Die Vermeidung von möglicherweise gefälschten Arzneimitteln in der legalen Vertriebskette ist ein wesentlicher Aspekt, der hierbei abgedeckt werden soll. Dies zeigt sich deutlich bei den umfangreichen Ausführungen über die Qualifizierung von Lieferanten. Durch die Anwendung der Guten Vertriebspraktiken wird der Lückenschluss zwischen dem GMP-regulierten Bereich und angrenzenden Bereichen vollzogen. Abstract The New EU GDP Guideline / Comments on the revised EU Guideline Good Distribution Practice for Medicinal Products for Human Use (2013/C 68/01) The EU Guideline Good Distribution Practice lays down principles wholesale distributors and all those involved in distribution activities have to fulfill. A risk based approach serves as underlying principle. The avoidance of suspected falsified medicines in the legal supply chain was a central motivation for updating this guideline. Qualification and verification of suppliers is one tool to make the supply chain safer. The GDP Guideline is a further fundamental step to close the gap between GMP and adjoining fields of activity. Einleitung Am 07.03.2013 erfolgte die Veröffentlichung der EU Good Distribution Guideline. Die Übergangsfrist beträgt 6 Monate nach Veröffentlichung, die Guideline tritt somit zum 07.09.2013 in Kraft. Eine gesonderte Umsetzung in die nationale deutsche Gesetzgebung ist nicht erforderlich, da die deutschen Gesetzestexte bereits auf die Verfahren der Guten Vertriebspraxis verweisen. So heißt es in der Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV) unter 1a Qualitätssicherungssystem Betriebe und Einrichtungen müssen die EU-Leitlinien für die Gute Vertriebspraxis von Arzneimitteln einhalten. Insgesamt weist die veröffentliche Guideline in einigen entscheidenden Punkten deutliche Unterschiede zu der Draftversion auf. 1) Mit dieser Leitlinie sollen in erster Linie dem Großhändler Instrumente und Maßnahmen an die Hand gegeben werden, die ihn in seiner Tätigkeit unterstützen und das Eindringen von mutmaßlich gefälschten Arzneimitteln in die legale Vertriebskette verhindern helfen: Introduction These guidelines lay down appropriate tools to assist wholesale distributors in conducting their activities and to prevent falsified medicines from entering the legal supply chain. 2) Sie richtet sich aber auch an Hersteller, die ihre eigenen Produkte vertreiben. Weitere an der Distribution Beteiligte werden ausdrücklich mit einbezogen, denn Relevant sections of these guidelines should also be adhered to by other actors involved in the distribution of medicinal products. Und darunter fallen dann in erster Linie Transportdienstleister. Noch ein kurzer Hinweis zu der amtlichen deutschen Übersetzung: diese ist an manchen Stellen unglücklich, verwirrend und entspricht nicht dem englischen Original. Aus diesem Grunde erfolgen die Zitate in unserem Artikel stets aus der englischen Fassung, dem Masterdokument. Kapitel 1 Quality Management Im Kapitel 1 Quality Management erfolgen Ausführungen zum Qualitätssystem und zur Verantwortung des Managements: The quality sys- 1) Siehe, PharmInd 2012, 74, Nr. 2, S. 223-227, Der Draft zur EU- GDP Richtlinie. 2) Guidelines of 7 March 2013 on Good Distribution Practice of Medicinal Products for Human Use, Official Journal C 068, 08/03/2013, S. 0001 0014. ECV Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Spiggelkötter EU-GDP-Guideline 1

tem is the responsibility of the organisation s management, und in der deutschen Version heißt es Zuständig für das Qualitätssicherungssystem sind die Geschäftsführer der Organisation. Also eine persönliche Verantwortung mit den damit verbundenen Haftungen? Ein umfassendes Qualitätssystem soll implementiert und dokumentiert sein und was für viele eine Herausforderung sein wird dabei sind die Grundlagen eines Qualitätsrisikomanagements ( quality risk management principles ) zu verfolgen. Dieser risikoorientierte Ansatz zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Guideline. Explizite Verweise zu ICH Q9 erfolgen ebenfalls. Die Analyse der Prozesse und Abläufe im Hinblick auf potentielle Risiken, die einen Einfluss auf die Arzneimittelqualität haben können, hat dabei auf fundierter Grundlage zu erfolgen: Quality risk management should ensure that the evaluation of risk to quality is based on scientific knowledge and experience with the process. Dem Qualitätssicherungssystem werden 6 Kernaufgaben zugewiesen: 1. Bezug, Lagerung, Auslieferung sowie Ausfuhr der Arzneimittel AUTOR erfolgt in Einklang mit den Guten Vertriebspraktiken. 2. Klare Festlegung der Zuständigkeiten und Verantwortung des Managements. 3. Auslieferung der Arzneimittel an die richtigen Empfänger innerhalb einer angemessenen Zeit. Richtiger Empfänger heißt hier noch nicht verifizierter Empfänger, sondern bedeutet vermutlich lediglich ein Abgleich der Identitäten (Besteller = Empfänger). 4. Zeitnahes Erstellen der Dokumentation. 5. Abweichungen werden dokumentiert und nachverfolgt. 6. Angemessene Korrektur-/Vorbeugemaßnahmen (CAPA) sind bei Abweichungen anzuwenden. Die Zauberworte CAPA und Änderungsmanagement sind für all diejenigen, die aus einem ISO-zertifizierten Umfeld kommen, weitgehend entzaubert, gehören sie doch zum Standardrepertoire eines ISO-basierten Qualitätssystems. Kapitel 2 Personnel Über die Bestellung einer Verantwortlichen Person (Responsible Person) und deren wünschenswerte Qualifikation ( A degree in pharmacy is desirable ) ist im Vorfeld schon ausgiebig diskutiert worden. Interessant sind nun allerdings die Formulierungen hinsichtlich seiner Erreichbarkeit: The Responsible Person should fulfil their responsibilities personally and should be continuously contactable. The Responsible Person may delegate duties but not responsibilities. Die Verantwortliche Person (VP) hat die gestellten Verantwortungen persönlich zu erfüllen. Aufgaben können hierbei auf Grundlage eines schriftlichen Dokumentes, wie beispielsweise einer Stellenbeschreibung, an andere übertragen werden. Die Verantwortung für die Erfüllung der Aufgaben kann indes nicht delegiert werden. Die VP soll jederzeit erreichbar sein eine sehr weite Formulierung. Zu ihren wesentlichen Aufgaben gehören: 1. Implementierung sowie Aufrechterhaltung eines Qualitätsmanagementsystems. 2. Überwachung von freigegebenen Prozessen und Abläufen sowie Genauigkeit und Qualität der Aufzeichnungen: Eigentlich dürften keine anderen außer eben freigegebene Prozesse und Abläufe stattfinden. 3. Einführung und Überwachung von Schulungen: Hier wird in der deutschen Übersetzung leider der Begriff Aus- und Weiterbildungsprogramme für Training verwendet, was wiederum zu Missverständnissen führen kann. 4. Rückrufe: Koordinieren und zeitnahes Abarbeiten von Rückrufen. 5. Beschwerdemanagement: Bearbeitung von einschlägigen ( relevant ) Kundenbeschwerden. Sind das Beschwerden von wichtigen Kunden, Beschwerden hinsichtlich der Qualität? 6. Kunden- und Lieferantenfreigabe: Die Freigabe von Kunden und Lieferanten erfolgt immer auf mindestens zwei Ebenen, einmal die finanziellen Aspekte, die Gegenstand eines Commercial Agreement sind, und zum anderen Qualitätsaspekte, die in den Quality Agreements definiert werden. An dieser Stelle wäre ein klarer Verweis auf die Qualitätsseite sicherlich zielführend gewesen. 7. Freigabe von GDP-relevanten ausgesourcten Leistungen. 3) 8. Selbstinspektion: Durchführung nach einem vorab definierten Zeitintervall und dann ggf. Einleitung der damit verbundenen CAPA-Maßnahmen. 9. Führung angemessener Unterlagen über sämtliche delegierte Aufgaben. 10.Entscheidung über den endgültigen Verbleib zurückgegebener, zurückgewiesener, zurückgerufener oder gefälschter Arzneimittel: ist selbstständige Unternehmensberaterin mit dem Schwerpunkt Pharmalogistik und Strategieberatung (Evaluierung, Qualifizierung, Validierung & Training sowie Pre-Auditing Services). Sie nahm Lehraufträge im In-/Ausland wahr und hat 25 Jahre Berufserfahrung im Pharmabereich, wo sie verantwortliche Tätigkeiten in der Qualitätssicherung und Lieferantenqualifizierung ausübte. Bei Aufenthalten in Asien war sie in der Qualifizierung & Auditierung von API-Herstellern tätig. 3) Siehe Anmerkungen zu Punkt 6. 2 Spiggelkötter EU-GDP-Guideline ECV Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany)

Diese Entscheidung kann allerdings nur im engen Zusammenspiel und in Abstimmung mit dem jeweiligen pharmazeutischen Unternehmer erfolgen. 11.Genehmigung sämtlicher Wiederaufnahmen in den Verkaufsbestand. 4) 12.Einhaltung von zusätzlichen nationalen Vorschriften. Unter 2.4 Schulungen werden die Grundanforderungen der Guten Vertriebspraxis hierzu skizziert. Alle Mitarbeiter, die an diesen Tätigkeiten beteiligt sind, sollen entsprechende Schulungen erhalten. Diese sollen die Anforderungen der Guten Vertriebspraxis abdecken. Auslieferungsfahrer sind hier nicht explizit erwähnt, diese sind aber zweifelsohne an der Auslieferung beteiligt und müssen somit entsprechend ausgelegte Fahrerschulungen durchlaufen. Die Identifizierung sowie der Umgang mit gefälschten oder mutmaßlich gefälschten Arzneimitteln sollen ebenfalls geschult werden. Es bleibt abzuwarten, wie dieses schwierige Thema auf allen Hierarchieebenen angemessen realisiert werden kann. Kapitel 3 Premises and Equipment Die Räumlichkeiten sollen angemessen ausgestattet, dimensioniert und temperiert sein. Sofern die physische Trennung von bestimmten Lagerungskategorien elektronisch erfolgt, ist das dafür eingesetzte EDV-System zu validieren. Dies wird für viele eine gewaltige Herausforderung darstellen. Die Ausführungen zu Betäubungsmitteln und radioaktiven Substanzen beinhalten keine wesentlichen Neuerungen. Auch dürften Anforderungen an die Räumlichkeiten wie Einbruchsalarm, Zutrittskontrolle, getrennte Wareneingangs- und Warenausgangszonen sowie vorbeugende Pest Control heute weitgehend etabliert sein. 4) Siehe Anmerkungen zu Punkt 10. In 3.2.1. erfolgen wichtige Ausführungen zu Temperatur- sowie Umgebungskontrolle. Hier setzt sich klar die Anforderung durch, Läger und Kühlzellen beispielsweise vor Inbetriebnahme zu qualifizieren, oder zumindest eine retrospektive Qualifizierung durchzuführen und zwar unter klarer Beachtung von saisonalen Unterschieden, also Temperaturerhebung im Sommer und Winter. Das Temperaturmapping ist jeweils Teil der Qualifizierung. Ein Temperaturmonitoring sowie eine Alarmierung bei Abweichungen sind feste Bestandteile der erforderlichen Ausstattung. Die Kalibrierung der Messsysteme hat nach festgelegten Intervallen zu erfolgen und zwar auf Grundlage einer Risiko- und Zuverlässigkeitsbewertung: Equipment used to control or to monitor the environment where the medicinal products are stored should be calibrated at defined intervals based on a risk and reliability assessment. Kapitel 4 Documentation Insgesamt beinhaltet der Abschnitt Dokumentation keine grundlegenden Neuerungen. Die Dokumentation ist in einer für das Personal verständlichen Sprache zu erstellen. Besonders betont wird, dass die Mitarbeiter ausschließlich nach aktuellen, gültigen Arbeitsanweisungen arbeiten. Nicht mehr gültige Versionen sollten von den Arbeitsplätzen entfernt und archiviert werden: Superseded or obsolete procedures should be removed from workstations and archived. Das ist richtig, aber sicherlich in der Praxis schwer zu realisieren. Man denke an persönliche Hardcopies, die sich Mitarbeiter ziehen und in ihren Schreibtischen verwahren. Kapitel 5 Operations Im Kapitel Operations, was in der deutschen Version mit Betrieb übersetzt wird (ein Begriff wie Abläufe wäre hier sicherlich passender), steht klar das Thema berechtigte Versender und Empfänger im Mittelpunkt. Auf dem Hintergrund der Vermeidung von gefälschten Arzneimitteln in der legalen Vertriebskette haben appropriate qualification and approval of suppliers prior to any procurement of medicinal products zu erfolgen. Der Begriff Due Diligence Checks wird neu eingeführt, bringt aber inhaltlich keine wesentlichen Neuerungen. Nicht nur die Versender, also der Bezug, erfordern zusätzliche Überprüfungsmaßnahmen, auch der Empfänger und seine Abnahme von Arzneimitteln sind zu verifizieren. Letzteres gilt insbesondere für Arzneimittel mit zusätzlichen, strengeren Sicherheitsauflagen wie Betäubungsmittel. Arzneimittel sollten stets getrennten von anderen Produkten gelagert werden und vor negativen, die Qualität beeinträchtigenden Auswirkungen von beispielsweise Licht, Temperatur und Feuchte geschützt werden. Arzneimittel mit speziellen Lagerungs- und Sicherheitsmaßnahmen sind stets bevorzugt einzulagern, sie genießen sozusagen Priority Check-In-Status. Weitere Punkte wie First in/first out, keine Lagerung auf dem Boden und Umgang mit Waren mit nur noch kurzer Restlaufzeit sind weitgehend etabliert und bedürfen daher keiner näheren Ausführungen. Kapitel 6 Complaints, returns, fakes Der Umgang mit Beschwerden, Rückrufen, Retouren und gefälschten Arzneimitteln sind ein fester Bestandteil jeglicher Großhandelstätigkeit. Das Handling dieser Sonderbereiche, der Warenströme gegen den normalen Warenfluss, erfolgt auf Grundlager festgelegter, freigegebener sowie dokumentierter Verfahren. In 6.2 Complaints wird klar zwischen Beschwerden hinsichtlich der Arzneimittelqualität und solchen hinsichtlich der Lieferung unter- ECV Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Spiggelkötter EU-GDP-Guideline 3

schieden. Der Großhändler hat einen Verantwortlichen für den Umgang mit Beschwerden zu ernennen. Dieser ist dann auch verantwortlich für die Einleitung von erforderlichen Korrektur-/Präventivmaßnahmen (CAPA). Damit Retouren wieder in den verkaufsfähigen Bestand übernommen werden können, ist unter anderem ein dokumentarischer Nachweis zu erbringen: (III.) it has been demonstrated by the customer that the medicincal products have been transported, stored and handled in compliance with their specific storage requirement. Und für Produkte mit speziellen Lagerungsbedingungen ist ein documented evidence zu erbringen ein Aspekt, den es in Kapitel 9 Transport weiter auszuführen gilt. Zum Thema Rückrufe, 6.5 Recalls, wird darauf verwiesen: The effectiveness of the arrangements for product recall should be evaluated regularly (at least annually). Hier deuten sich Mock Recalls an als entsprechende Simulationen. Kapitel 7 Outsourced Activities Mit Kapitel 7, was vielleicht treffender mit Arbeiten im Auftrag betitelt werden könnte, betreten wir den interessanten Grenzbereich zwischen Tätigkeitsbereichen von Großhändlern und all denjenigen, die mit Dienstleistungen an der Pharmadistribution beteiligt sind, wie beispielsweise Transportdienstleister, aber auch Reinigungsunternehmen. Der Auftraggeber ist verantwortlich für die ausgelagerten Tätigkeiten. Ebenso liegt es in seiner Verantwortung sicher zu stellen, dass der Auftragnehmer zur Durchführung der ihm übertragenden Leistungen fähig und in der Lage ist und dabei die Grundsätze der Guten Vertriebspraxis eingehalten werden. Die Ermittlung der Befähigung des Auftragnehmers erfolgt durch Auditierung vor Vertragsbeginn. 7.2. Contract Giver: The contract Giver is responsible for the activities contracted out. The Contract Giver is responsible for assessing the competence of the Contract Acceptor Eine Weitergabe der in dem Vertrag beschriebenen Tätigkeiten ist dem Auftragnehmer nur dann gestattet, wenn er zuvor das Einverständnis seines Auftraggebers eingeholt hat und dieser Subunternehmer des Auftragnehmers von ihm oder seinem Vertragsgeber auditiert wurde: The Contract Acceptor should not pass to a third party any of the work entrusted to him under the contract without the Contract Giver s prior evaluation and approval of the arrangements and an audit of the third party by the Contract Giver or the Contract Acceptor. Kapitel 8 Self-inspections Selbstinspektionen sind ein klassisches Instrumentarium der Qualitätssicherung. Sie sollen in regelmäßigen Intervallen erfolgen. Neu ist der Gedanke, dass Self-inspections may be divided into several individual self-inspections of limited scope. Das Aufteilen in verschiedene Themenbereiche ist sicherlich gerade für kleinere Unternehmen eine gute Möglichkeit, sich diesem Thema zu widmen. Zielführend ist ebenfalls der Hinweis, dass Audits by independent external experts may also be useful but may not be used as a sustitute for selfinspection. Der Bericht über die Selbstinspektion ist dem Management vorzulegen. Kapitel 9 Transportation Im Kapitel 9 erfolgen umfangreiche Ausführungen zum Transport von Arzneimitteln. Der liefernde Großhändler ist dafür verantwortlich und muss sicherstellen, dass die Temperaturbedingungen während des Transportes innerhalb eines akzeptablen Bereichs verbleiben: It is the responsibility of the supplying wholesale distributor to protect medicinal products against breakage, adulteration and theft, and to ensure that temperature conditions are maintained within acceptable limits during transport. Es liegt dann wohl in der Verantwortung des pharmazeutischen Unternehmers, die Toleranzgrenzen und den anzuwendenden Temperaturkorridor vorzugeben und zu kommunizieren. Ferner ist ein Nachweis zu erbringen, dass beim Transport die Arzneimittel keinen Bedingungen ausgesetzten wurden, die sich negativ auf ihre Qualität auswirken können: Regardless of the mode of transport, it should be possible to demonstrate that the medicines have not been exposed to conditions that may compromise their quality and integrity. Ein Nachweis kann eigentlich nur dann erbracht werden, wenn zuvor verlässliche Daten erhoben wurden, beispielsweise ein Temperaturmonitoring stattgefunden hat. Die obigen Aussagen finden sich allesamt unter 9.1 Principles. In 9.2 Transportation erfolgen dann Ausführungen zu den Transportbedingungen. Der zentrale Passus lautet: The required storage conditions should be maintained during transportation within the defined limits as described by the manufacturer or on the outer packaging. Und die deutsche Formulierung zum Vergleich: Die erforderlichen Lagerbedingungen für Arzneimittel sollten während des gesamten Transportweges innerhalb der vom Hersteller auf der äußeren Umhüllung angegebenen Grenzen gehalten werden. Der Hersteller gibt Weisungen über die Transportbedingungen, oder diese sind auf den äußeren Umfüllungen vom Hersteller dort vermerkt. Bei Abweichungen (Temperatur, Bruch) ist der Empfänger und Händler zu unterrichten. Ein Abweichungsmanagement hinsichtlich der Temperatur ist zu implementieren. A procedure should also be in place for investigating and handling temperature excursions. 4 Spiggelkötter EU-GDP-Guideline ECV Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany)

Der Transportdienstleister hat ausschließlich geeignete Fahrzeuge einzusetzen. Und dann erfolgt eine Rücknahme der eingangs aufgestellten Anforderungen: Risk assessment of delivery routes should be used to determine where temperature controls are required. In Kapitel 1 hatten wir gesehen, dass die Risikoanalyse klar auf wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie Erfahrungen mit den Prozessen zu beruhen hat. 5) Wo möglich, sollte auf dedizierte Fahrzeuge zurückgegriffen werden. Wenn dies nicht möglich ist, ist sicher zu stellen, dass Verfahren eingesetzt werden, die gewährleisten, dass die Qualität der Arzneimittel nicht beeinträchtigt wird, beispielsweise durch entsprechende Reinigungspläne und -verfahren für die Ladeflächen. Ausgeschlossen sind ebenfalls alternative Zustelladressen. Die 24-Stunden-Frist für eine Zwischenlagerung wurde gestrichen, eine Zwischenlagerung in Hubs und Depots soll möglichst kurz gehalten werden. Abschnitt 9.4 konzentriert sich auf den Transport von Arzneimitteln mit special conditions ; darunter fallen dann auch die temperaturempfindlichen Arzneimittel. For temperature-sensitive products, qualified equipment (e. g. thermal packaging, temperature-controlled 5) Siehe Kapitel 1.5 Quality risk management : Quality risk management should ensure that the evaluation of risk to quality is based on scientific knowledge and experience with the process. containers or temperature controlled vehicles) should be used to ensure correct transport conditions are maintained between the manufacturer, wholesale distributor and customer. Und hier ist die Guideline ziemlich deutlich: Eine Qualifizierung der Fahrzeuge oder der Thermoversandgebinde ist unumgänglich. Eine Temperaturverteilungsstudie ist Teil einer Gesamtqualifizierung, damit der dokumentarische Nachweis erbracht werden kann, dass beispielsweise die Fahrzeuge, die erforderliche Laderaumtemperatur auch bei extremen Testbedingungen erbringen können. Interessant ist die Formulierung: If requested, customers should be provided with information to demonstrate that products have complied with the temperature storage conditions. Auf Nachfrage sind dem Kunden Daten, Informationen zu übergeben, die belegen, dass die Temperaturkette eingehalten wurde. Auch hier ein indirekter Verweis auf ein Temperaturmonitoring. Es erfolgen zahlreiche Ausführungen über Einsatz und Auswahl von passiven Thermoversandgebinden, die im Gegensatz zu dem gesamten Text, sehr detailliert sind. Ansatzweise werden Aspekte einer Evaluierung von Thermoversandgebinden angesprochen, und ein Kriterium stellt der Qualifizierungsstatus dar. 6) Good Distribution Practices for pharmaceutical products. 6) Siehe auch, PharmInd 2006, 68, Nr. 9, S. 1112-1115, Kriterien für eine praxisnahe Bewertung von Thermoversandgebinden. 7) Siehe WHO good distribution practices for pharmaceutical products, WHO Technical Report Series, No. 957, 2010 Annex 5, insb. 13.5. Fazit Die EU Guideline zur Guten Vertriebspraxis präsentiert sich in einigen Punkten schlüssig, bei anderen hingegen nicht. Die Leitlinie ist motiviert durch die Abwehr von mutmaßlich gefälschten Arzneimitteln in der legalen Vertriebskette und der Sicherstellung, dass das Arzneimittel auf dem Vertriebsweg keinen Umständen ausgesetzt wird, die seine Qualität beeinträchtigen können. Dafür ist es erforderlich, dass qualifizierte Einrichtungen und Gegenstände eingesetzt werden (Läger, Fahrzeuge, Versandboxen). Die Interpretation des Transportes als mobile Form der Lagerung findet auch hier ihre Fortsetzung und steht somit in starker inhaltlicher Nähe zur WHO Good Distribution Practices for pharmaceutical products. 7) LITERATUR Arzneimittelhandelsverordnung (AM-HandelsV). Guidelines of 7 March 2013 on Good Distribution Practice of Medicinal Products for Human Use, Official Journal C 068, 08/03/ 2013, S. 1 14. Spiggelkötter N. Der Draft zur EU-GDP Richtlinie. Pharm Ind. 2012;74(2):223-227. Spiggelkötter N. Kriterien für eine praxisnahe Bewertung von Thermoversandgebinden. Pharm Ind. 2006;68(9):1112-1115. WHO good distribution practices for pharmaceutical products, WHO Technical Report Series, No. 957, 2010 Annex 5. Korrespondenz: Knowledge & Support Amselweg 6 38667 Bad Harzburg (Germany) e-mail: dr.spiggelkoetter@spiggelkoetter.de Chefredaktion: Claudius Arndt. Sekretariat: Gudrun Geppert. Verlag: ECV Editio Cantor Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH, Baendelstockweg 20, 88326 Aulendorf (Germany). Tel.: +49(0) 7525 9400, Fax: +49 (0) 7525 940180. e-mail: redaktion@ecv.de. http://www.ecv.de. Herstellung: Rombach Druck- und Verlagshaus GmbH & Co. KG / Holzmann Druck GmbH & Co. KG. Alle Rechte vorbehalten. ECV Editio Cantor Verlag, Aulendorf (Germany) Spiggelkötter EU-GDP-Guideline 5