Die Zukunft der Psychotherapieausbildung - Reform oder Revolution? Ausbildungsstätten treffen auf Politik



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Transkript:

Die Zukunft der Psychotherapieausbildung - Reform oder Revolution? Ausbildungsstätten treffen auf Politik Die 1. Bundeskonferenz der Leiterinnen und Leiter staatlich anerkannter Ausbildungsstätten für Psychotherapie fand am 30. November 2011 in Berlin statt. Glaubte man nach dem mühsamen Prozess zum Psychotherapeutengesetz (PsychThG) Klarheit über nötige Voraussetzungen und die Ausbildung zum Beruf des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten zu haben, wurde diese Klarheit u.a. durch den Bologna-Prozess und die damit auftretende Zugangsproblematik zur Ausbildung wieder in Frage gestellt. Ob eine Nachbesserung der Zugangsproblematik und eine Regelung der Finanzierung der praktischen Tätigkeit während der Ausbildung als erster Regelungsschritt vorgezogen werden kann, oder ob die gesamte Ausbildungsstruktur neu geregelt werden soll, stand auf der Konferenz zur Debatte. Damit nicht andere über sie reden Es war nahezu eine Vollversammlung der staatlich anerkannten Ausbildungsstätten für Psychotherapie, die am 30. November 2011 im Tagungszentrum der Bundespressekonferenz anlässlich der 1. Bundeskonferenz zur Zukunft der Psychotherapieausbildung zusammenkam. Vertreterinnen und Vertreter von mehr als 150 Ausbildungsstätten versammelten sich auf Einladung einer Initiativgruppe, die sich aus Leitungen von Ausbildungsstätten unterschiedlicher Therapieverfahren und Ausbildungsschwerpunkte zusammensetzte und die aus der Bundesarbeitsgemeinschaft der Ausbildungsträger (BAG) heraus geboren wurde. Ziel der Konferenz war es, die Ausbildungsstätten in der aktuellen Diskussion zu Wort kommen zu lassen und ihre Standpunkte durch den gemeinsamen Austausch zu stärken. Damit nicht andere über sie reden hieß es in der Einladung zur Konferenz und dies verdeutlicht, dass sich die aktuellen Anbieter der Psychotherapieausbildung mit ihrer Ausbildungskompetenz und Erfahrung in die Diskussion um die Zukunft der Psychotherapieausbildung aktiv einbringen möchten. In ihrer Begrüßung bekräftigte Dr. Sabine Trautmann-Voigt für den Initiativkreis die Auffassung, dass eine Novellierung des PsychThG notwendig sei in Bezug auf einheitliche Zugangsvoraussetzungen zur Ausbildung und der Ausgestaltung einer fairen Finanzierung der praktischen Tätigkeit. Darüber hinaus sei die aktuelle Ausbildung qualitativ hochwertig, wie auch im Forschungsgutachten festgestellt wurde. Mit den neuen Studienabschlüssen (Bachelor/Master) würde sich nun allerdings die Frage stellen, welcher Abschluss das klassische Diplom ersetzt, welches zuvor die Zugangsgrundlage für eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut war und wer darüber zu entscheiden hat: Die Universitäten, die Landesprüfungsämter, die Bundes- oder die Landesregierungen oder die Ausbildungsstätten? Die Revolution aus dem Ministerium? Annette Widmann-Mauz, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit, eröffnete mit einem Grußwort die Konferenz und skizzierte die Vorstellung des Ministeriums. Es sei unstrittig, dass das Psychotherapeutengesetz geändert werden müsse. Ziel sei eine nachhaltige neue Ordnung, in der das Ministerium die so genannte Direktausbildung aus ordnungspolitischen Gründen (Anpassung an die Ausbildungen in den heilkundlichen Bereichen Medizin, Zahnmedizin, Tiermedizin, Pharmazie) bevorzugen würde. Die 1

Direktausbildung wäre tatsächlich ein drastischer Wechsel, Frau Widmann-Mauz sprach gar von einer Revolution. Begründet wurde die Bevorzugung einer Direktausbildung damit, dass das Psychotherapeutengesetz ein Fremdkörper in der Ausbildungslandschaft sei - auch international. Es sei üblich, nach dem Schulabschluss eine Ausbildung zu beginnen und am Ende der Ausbildung einen staatlichen Abschluss zu erhalten. Die Vorstellung des Ministeriums orientiert sich stark an dem Ausbildungsmodell der Ärzte, die nach dem Abitur Medizin studieren, ihre Approbation erhalten, ein praktisches Jahr absolvieren und ihre Facharztausbildung als Weiterbildung anschließen. Aktuell ist ein abgeschlossenes Studium in Psychologie, Pädagogik, Sozialpädagogik die Zugangsvoraussetzung für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Frau Widmann-Mauz problematisierte, dass viele, die eine Psychotherapieausbildung beginnen, bereits berufstätig sind, teilweise bereits Familie haben und somit Angebote zur Ausbildungsförderung nur begrenzt, wenn überhaupt, zur Verfügung stehen. Zur Frage der Vergütung während der praktischen Tätigkeit wäre mit einer vorgezogenen Approbation die rechtliche Voraussetzung geregelt. Als Vorteile skizzierte Frau Widmann-Mauz, dass die Ausbildung zum ersten Berufszugang deutlich zu verkürzen wäre, junge Menschen somit eher in den Beruf einsteigen könnten, und mit dem Status als Studierende Bafög-Anspruch geltend gemacht werden könnte. Damit würde auch eine Zugangsvoraussetzungsregel entfallen. Zum Abschluss bat Frau Widmann-Mauz die Leiterinnen und Leiter der Ausbildungszentren sich mit den Überlegungen des Ministeriums zur Direktausbildung konstruktiv auseinanderzusetzen. Sie kenne die Bedenken der Psychotherapeutenschaft und versicherte, dass diese Befürchtungen sehr ernst genommen würden. Sie sei weiterhin daran interessiert, Argumente auszutauschen und hoffe bis zu einer möglichen 2. Bundeskonferenz der Leitungen der Ausbildungsstätten für Psychotherapie in der Lösungsfindung weiter zu sein. Da gab es doch mal ein Forschungsgutachten Prof. Dr. Bernhard Strauß rief in seinem Vortrag die Übergabe des Forschungsgutachtens zur Ausbildung in Psychologischer Psychotherapie und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie in Erinnerung. Das Forschungsgutachten wurde im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) erstellt und im Mai 2009 an die damalige Ministerin Ulla Schmidt übergeben. Auf Basis der Befragung von Ausbildungszentren, Ausbildungsteilnehmern, Landesprüfungsämtern und Studiengängen hatte die Forschergruppe festgestellt, dass die Zufriedenheit mit der derzeitigen Psychotherapieausbildung gegeben ist, dass die Verfahrensorientierung bevorzugt wird, und dass es den Wunsch gibt, in der Ausbildung ein breites Spektrum an Krankheiten kennen zu lernen. Als einheitliche Zugangsvoraussetzungen empfahl die Forschergruppe den Masterabschluss mit konkreten Vorschläge zu erforderlichen Studieninhalten (ECTS Punkte). Nach der Evaluation verschiedener Modelle, auch das der Direktausbildung, empfahlen die Forscherinnen und Forscher einen Teil der theoretischen Inhalte ins Studium zu verlagern. Im Forschungsgutachten wurde sich für die Beibehaltung der zwei Berufe ausgesprochen, in der Ausbildung könnten aber gemeinsame Ausbildungsinhalte in einem common trunk beschrieben werden. Die Verbesserung der finanziellen Situation der Ausbildungsteilnehmer könnte im Rahmen des bisherigen Ausbildungsmodells durch eine verbesserte staatliche Ausbildungsförderung erzielt werden (z.b. analog dem Meister-BAföG), sowie durch Darlehensmodelle und Institutionsförderung. Schließlich forderte die Forschungsgruppe die einheitliche Vergütung während der praktischen Tätigkeit in den Kliniken. 2

Prof. Dr. Bernhard Strauß stellte zudem fest, dass mit den Vorschlägen aus dem Forschungsgutachten das Psychologie-Studium sowie die pädagogischen Studiengänge die wissenschaftliche Breite als Basis für die Psychotherapieausbildung behalten würde, die ein wie auch immer geartetes Psychotherapie-Studium nicht aufweisen könne. Zudem habe das Forschungsgutachten gezeigt, dass insgesamt die Qualität der jetzigen Ausbildung gut sei. Die Forschungsgruppe war seit der Abgabe des Gutachtens nicht untätig, diverse Veröffentlichungen und Qualifikationsarbeiten mit den Daten aus dem Gutachten wurden erstellt, z.b. zu Themen der psychotherapeutischen Kompetenz. Seit 2,5 Jahren sind auf Grund der Ergebnisse des Forschungsgutachtens keine rechtlichen Schritte eingeleitet worden. In Gesprächen mit dem BMG in 2011 seien lediglich ordnungspolitische Argumente für die Angleichung der heilkundlichen Ausbildungsgänge aufgeführt worden- ein bisher unbefriedigendes Ergebnis. Juristischer Pragmatismus und flammende Plädoyers- zum Umgang mit der Zulassungsproblematik aus den Landesprüfungsämtern Welche alltägliche Konsequenz die Zugangsproblematik zur Ausbildung hat und welche Anforderungen an die Entscheidungspraxis bestehen, wurde von Christoph Gertzen vom Landesprüfungsamt Berlin und Gerlinde Brenneke-Schmitter vom Landesprüfungsamt in NRW berichtet. Christoph Gertzen betonte, dass an erster Stelle die Ausbildungsinstitute die Verantwortung haben, niemanden zur Ausbildung zuzulassen, der nicht die formalen Bedingungen erfüllt. Die Landesprüfungsämter seien die letzte Instanz, welche prüft, ob jemand zur staatlichen Prüfung zugelassen wird. Ein enger Austausch zwischen Ausbildungsstätten und Landesprüfungsämter sei unerlässlich, da der Bologna-Prozess die Studienlandschaft nachhaltig verändert habe. Christoph Gertzen gab einen Überblick über die Rechtslage für die Zulassung zur Ausbildung, die für die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten (PP) noch einfach sei. Die qualifizierende Zugangsvoraussetzung sei das universitäre Psychologiestudium mit einem additiven Masterabschluss in Psychologie, inklusive der Modulabschlussprüfung in klinischer Psychologie. Für den Zugang zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie Ausbildung galt vor Bologna auch der FH- Abschluss in erziehungswissenschaftlichen und weiteren pädagogischen Fächern. Nun finde sich hier eine bunte Landschaft an Studiengängen. Christoph Gertzen beschrieb für Berlin/ Brandenburg die geplante Praxis, nun alle Studiengänge kennen zu lernen, um danach festzulegen, welcher Studiengang die Voraussetzungen erfüllt. Als Kriterium für die Äquivalenzprüfung der Studiengänge nannte er u.a. die Semesteranzahl. Beispielhaft könne ein Diplomstudiengang mit ehemals 8 Semestern Regelstudienzeit nicht äquivalent zu einem Bachelorstudium mit 6 Semestern Regelstudienzeit sein. Christoph Gertzen betonte abschließend, dass das LPA rechtliche Klarheit und Zuverlässigkeit anstrebe und warb für den engen Austausch von Ausbildungszentren und LPAs. Gerlinde Brenneke-Schmitter hob hervor, dass bei Zweifeln über die Grundqualifikation vor Aufnahme des Ausbildungsteilnehmers der Kontakt mit dem LPA zu suchen sei. Sie kritisierte, dass bei einer so nachhaltigen Veränderung wie dem Bologna-Prozess die Anpassung der Gesetze auf der Strecke geblieben sei. Nicht nur die Ausbildungsteilnehmerinnen und - teilnehmer, auch die Studienanfänger stünden vor großen Unsicherheiten. Bachelor und Master passen nicht in das Gefüge des PsychThG. Ein Positivkatalog könne nicht erstellt werden, da die Studiengänge so individuell seien. In NRW habe sie allein im ersten Halbjahr des Jahres 175 Zweifelsfälle an 43 staatlich anerkannten Ausbildungsstätten vorliegen, ein 3

nicht dauerhaft zu bewältigender Aufwand. In Bezug auf den Zugang zur KJP- Ausbildung ergab ein Gutachten des zuständigen Ministeriums und der Landespsychotherapeutenkammer NRW erschreckende Ergebnisse. Viele neue Studiengänge in NRW seien inhaltlich und vom Umfang her als nicht gleichwertig zu den ehemaligen FH-Abschlüssen anzusehen. Als Übergangslösung hat das LPA in NRW Formblätter entwickelt, die tabellarisch zur Äquivalenzprüfung der neuen Bachelor/Master Studiengänge eingesetzt werden. Zusammenfassend plädierte Frau Brenneke-Schmitter für eine kurzfristige Reform des PsychThG zu den Zugangsvoraussetzungen. Die Universitäten müssen die Inhalte aus dem Gesetz in den Studiengängen umsetzen und den Umfang regeln. Nur so könnten aufwändige Einzelfallprüfung verhindert werden, und Studierende könnten sich an allgemeinen Leitlinien orientieren. Das PsychThG wurde als Meilensteil gefeiert, nun sei es gefährdet. Frau Brenneke-Schmitter betonte, dass gegenwärtig in den staatlich anerkannten Ausbildungsstätten richtig gute Ausbildung geleistet werde. Sie befürchte fatale Folgen für die Qualität und die Versorgung, wenn nicht genug oder nicht ausreichend qualifizierte Ausbildungsteilnehmer in die Psychotherapieausbildung gelangten. Wie könnte es denn nun gehen? Ist die sogenannte Direktausbildung eine Alternative? Rechtsanwalt Jörn W. Gleiniger analysierte in seinem Vortrag sehr dezidiert die Problemfelder Bachelor-Master, Finanzierung der Praktischen Tätigkeit sowie den Aspekt der Ausbildung in Nicht-Richtlinienverfahren und integrierte diese in seine Darstellung eines Ausbildungsstrukturmodells, welches er dem Modell des BMG entgegenstellte 1. Direktausbildung ist nach Gleiniger vor allem ein Begriff der direkt vom Bund geregelt bezeichnet, also ein Studium umfasst, welches mit einer staatlichen Prüfung, ähnlich dem 1. Staatsexamen der Juristen, abgeschlossen wird und nicht mit einem akademischen Hochschulgrad. Sein Ausbildungsmodell skizzierte er wie folgt: Das Direktstudium würde mit dem 1. Staatsexamen abgeschlossen (aber ohne vorgezogene Approbation wie vom BMG bevorzugt). Anschließen würde sich, wie heute, die vertieft verfahrensbezogene Schwerpunktausbildung, die mit der 2. Staatsprüfung abgeschlossen würde, und auf die die Approbation als EP (Psychotherapeut/in für Erwachsene) oder KJP (Psychotherapeut/in für Kinder und Jugendliche) folgen würde. Die Vorteile des Modells liegen nach Herrn Gleiniger darin, dass an das nach Altersgruppen differenzierte Wirksamkeitsverständnis der Psychotherapieforschung konsequent angeknüpft würde und keinerlei Qualitätsverluste in Ausbildung und Versorgung zu beklagen wären. Der gesetzliche Anspruch auf angemessene Vergütung würde möglich und bei Bedarf könne die praktische Tätigkeit als Praktikum in das Studium vorverlegt werden. Jörn W. Gleiniger kam abschließend zu dem Ergebnis, dass die nur rechtsästhetisch nahe liegende Präferenz des BMG, sich bei genauerem Hinsehen als nicht sachangemessen erweist. In der anschließenden Diskussion positionierte sich auch Thomas Fydrich (UniTh) als ein Vertreter der universitären Ausbildung. Die Beunruhigung sei mehr als verständlich, in allen Gremien hätten sich auch die Uni-Vertreter für das duale System mit einer postgradualen Psychotherapieausbildung ausgesprochen. Man könne sich aber auf Basis der aktuellen politischen Situation der Idee der Direktausbildung nicht verschließen. Jedoch sei auch aus Hochschulsicht die Trennung von der Basiswissenschaft Psychologie und der Psychotherapie eklatant gefährlich. 1 siehe auch: www.gleiniger.de/vortraege.htm 4

In etlichen Wortbeiträgen wurde Unverständnis geäußert, dass die Ergebnisse des Forschungsgutachtens beim BMG so wenig Beachtung zu finden, habe das BMG doch diesen Forschungsauftrag erteilt. Daher entschloss sich die Versammlung, abschließend den Initiativkreis bzw. die Bundesarbeitsgemeinschaft der Ausbildungsträger (BAG) zu ermächtigen, mit einigen gemeinsamen Thesen an die BPTK und an das BMG heranzutreten. Da die Teilnehmenden sich sehr zufrieden mit der Konferenz zeigten, scheint eine 2. Konferenz mehr als wahrscheinlich bevor andere über sie reden. Gemeinsame Thesen zur Psychotherapie-Ausbildung 1. Die Ausbildungsstätten votieren für ein Studium mit Masterabschluss als einheitliche Zugangsvoraussetzung zur staatlich anerkannten Psychotherapieausbildung. Dabei soll ein breiter Zugang zur Psychotherapieausbildung ermöglicht werden. 2. Eine Ausbildungsreform muss die gravierenden Versorgungsengpässe gerade bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen berücksichtigen und darf diese nicht vergrößern. 3. Die Politik wird aufgefordert, kurzfristig und unabhängig von einer umfassenden Ausbildungsreform für eine angemessene Bezahlung der Auszubildenden während des Ausbildungsbausteins "Praktische Tätigkeit" einzutreten. Dazu ist es ebenfalls notwendig, klare Kriterien für eine inhaltliche Ausgestaltung der praktischen Tätigkeit zu erarbeiten. 4. Eine Ausbildungsreform darf das hohe Niveau, das z.z. in einer curricular kontinuierlich aufgebauten, postgradualen und verfahrensbezogenen Ausbildung gewährleistet ist, nicht gefährden. Ein Erhalt der Vielfalt der psychotherapeutischen Verfahren wird für notwendig erachtet. 5. Eine Direktausbildung ist bislang in ihren Auswirkungen wenig diskutiert worden. Derzeit überwiegen die Sorgen, auch wenn die Ausbildungsstätten offen an die Diskussion herangehen wollen. Anja Dresenkamp, Berlin 5