Unternehmensnachfolge Die Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung

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Transkript:

GESELLSCHAFTSRECHT GR27 Stand: April 2018 Ihr Ansprechpartner Ass. Georg Karl E-Mail georg.karl@saarland.ihk.de Tel. (0681) 9520-610 Fax (0681) 9520-689 Unternehmensnachfolge Die Haftung des Erwerbers bei Firmenfortführung Beim Start in die berufliche Selbstständigkeit stehen im Wesentlichen zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Eine komplette Neugründung eines Unternehmens oder die Übernahme und Fortführung eines bereits bestehenden Betriebes. Hierbei kann in bestimmten Konstellationen die dazugehörige Firma (i. e. Name des Unternehmens) weitergeführt werden. Firmenfortführung Firma im juristischen Sinne ist grundsätzlich der (i. d. R.) im Handelsregister eingetragene Name eines Unternehmens bzw. Betriebs. Unter diesem Namen unterschreibt der Kaufmann oder die vertretungsberechtigte Person Verträge und betreibt damit seine Geschäfte. Die Übernahme und Fortführung eines Unternehmens unter gleichzeitiger Beibehaltung der dazugehörigen Firma (= Name des Unternehmens) kann haftungsrechtlichen Folgen haben. Haftungsrechtliche Folgen In bestimmten Fällen führen Übernahme und Fortführung eines Unternehmens unter gleichzeitiger Beibehaltung der dazugehörigen Firma (= Name des Unternehmens) dazu, dass der Käufer für die betrieblich veranlassten Altschulden des bisherigen Inhabers haftbar gemacht werden kann ( 25 Abs. 1 S. 1 HGB). Dieser gesetzliche Schuldbeitritt erfolgt auch dann, wenn im Kaufvertrag etwas anderes vereinbart wurde, also (auch) gegen den Willen der Vertragspartner. Industrie- und Handelskammer des Saarlandes 1/5 Postanschrift: IHK Saarland 66104 Saarbrücken Büroanschrift: Franz-Josef-Röder-Straße 9 66119 Saarbrücken Tel. 06 81/95 20-0 Fax 06 81/95 20-888 E-Mail: info@saarland.ihk.de Internet: www.saarland.ihk.de

Somit kann ein Gläubiger des Unternehmens seine Ansprüche wahlweise gegen den alten oder gegen den neuen Firmeninhaber komplett geltend machen (Stichwort so genannte Gesamtschuld i. S. d. 421 BGB). Bei welchem der beiden er seine Ansprüche geltend macht, liegt in seinem freien Ermessen. Er wird sich in der Regel wohl zunächst den neuen Geschäftsinhaber suchen und ansonsten im Zweifel den finanziell potenteren. Haftet (auch) der neue Geschäftsinhaber, weil die haftungsbegründenden Voraussetzungen erfüllt sind, so ist die Haftung des Verkäufers allerdings auf fünf Jahre begrenzt. Danach erlischt das Wahlrecht des Gläubigers und er kann seine Ansprüche nur noch gegenüber dem neuen Inhaber geltend machen. Ansonsten gelten natürlich die allgemeinen Verjährungsvorschriften. Voraussetzungen der Haftung des Erwerbers eines Unternehmens bei Firmenfortführung ( 25 Abs. 1 S. 1 HGB) 1. Erwerb eines kaufmännischen Handelsgeschäfts Zunächst muss es sich bei dem übernommenen Betrieb um das Handelsgeschäft eines Kaufmanns handeln, denn die hier beschriebene Haftung nach 25 Abs. 1 S. 1 HGB setzt voraus, dass eine Firma fortgeführt wird. Eine Firma kann nur ein Kaufmann i. S. d. 1 ff. HGB führen. Kaufmann ist dabei derjenige, wer ein Handelsgewerbe betreibt und/oder als Kaufmann in das Handelsregister eingetragen ist. Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. GR01 Wahl der Rechtform, Kennzahl 744 Es werden also nicht nur Handels tätigkeiten umfasst, sondern auch z. B. handwerkliche und industrielle Tätigkeiten sowie Dienstleitungen. Zudem muss das kaufmännische Handelsgeschäft bei der Übernahme noch bestanden haben. Ein Gewerbe, welches nicht oder nicht mehr existiert, kann nicht erworben werden, sondern allenfalls neu gegründet werden. Eine vorübergehende Stilllegung schadet übrigens nicht (möglich z. B. ein Saisonbetrieb mit der Firma TW Tolle Weihnachtsbäume e. K., der im Sommer untätig ist). Entscheidend sind der Wille zur endgültigen Stilllegung und die Verkehrsanschauung, was allerdings im Einzelfall geprüft werden müsste. Nichtkaufleute müssen nach den internet- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften im rechtsgeschäftlichen Verkehr ihren Nachnamen und mindestens einen ausgeschriebenen Vornamen als Geschäftsbezeichnung angeben. Sie dürfen außerdem Tätigkeitsbeschreibungen oder Etablissementbezeichnungen benutzen, z. B. Max Mustermann Unternehmensberatung oder Maxi Musterfrau, Bistro Guddgess. GR18 Geschäftsbezeichnungen von Unternehmen, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, Kennzahl 1339. Sie und alle anderen können die Kaufmannseigenschaft und damit das Recht der Firmenführung durch die Eintragung in das Handelsregister erreichen. Diese Firma muss dann u. a. Vor- und Zunamen (auch als Inhaberzusatz) nicht enthalten GR02 Der eingetragene Kaufmann (e. K.), Kennzahl 744 2/5

Tritt also beispielsweise eine Einzelunternehmerin Frau Rosa Hübsch mit einem Jahresumsatz von 20.000 in Werbung und als Logo mit der Bezeichnung Fingernagelstudio Buntnails auf, obwohl sie damit nicht im Handelsregister eingetragen ist, so fehlt es an einem kaufmännischen Handelsgeschäft. Insofern haftet ein etwaiger Übernehmer dieser Firma nicht nach 25 Abs. 1 HGB für Altschulden, da kein kaufmännisches Handelsgeschäft vorliegt. Der Rechtsverkehr versteht eine solche Etablissement- oder Geschäftsbezeichnung regelmäßig als Bezeichnung eines bestimmten Geschäfts und nicht als Firma, die das Unternehmen kennzeichnet. Geschäftsbezeichnungen in der Form der Etablissementbezeichnung sind gerade bei Hotels und Gaststätten seit Langem verbreitet 1. Anders verhält es sich diesbezüglich nur, wenn die Geschäfts- oder Etablissementbezeichnung im maßgeblichen Rechtsverkehr firmenmäßig verwendet wird 2. 2. Erwerb unter Lebenden Mit Erwerb ist hier jede Form der Übertragung, wie z. B. Kauf, Pacht, Schenkung oder auch Nießbrauch gemeint, nicht jedoch der Erwerb vom Insolvenzverwalter. Nur der tatsächliche Übergang ist entscheidend. Rechtliche Mängel im Übernahmevertrag (z. B. Scheingeschäft, Sittenwidrigkeit oder Verstoß gegen ein Verbotsgesetz) sind unerheblich ( 117, 138, 134 i. V. m. 417 Abs. 2 BGB). Achtung: Eine einmal durch einen Übergang begründete Haftung kann nicht mehr durch eine Rückübertragung gelöscht werden. Wurde also der Kauf einer Firma durch Anfechtung rückgängig gemacht, ändert dies nichts an einem tatsächlichen Übergang mit der Haftungsfolge des 25 Abs. 1 S. 1 HGB; auch dann nicht, wenn der ursprüngliche Inhaber die Firma wieder zurück erhält. 3. Fortführung von Handelsgeschäft und Firma Das bisherige Handelsgewerbe muss im Kern (also nicht komplett und 100 %ig unverändert) tatsächlich fortgeführt werden. Auch hier kommt es nicht auf die rechtliche Zulässigkeit an (s. o.). Wird etwa ein Handelsgeschäft mit der Firma Grün-Weiß Galabau e. K. fortgeführt und die Teiltätigkeit Handel mit Gartengeräten aufgrund des geringen Umfangs aufgegeben, haftet der neue Inhaber dennoch für Schulden des früheren Firmeninhabers. Eine vorübergehende Beendigung ohne echte und endgültige Stilllegungsabsicht (z. B. Saisonbetrieb (s.o.)) schließt die Haftung ebenso wie eine spätere - erst nach der Übernahme und Fortführung erfolgte Aufgabe des Geschäftszweiges nicht aus. Ausschließlich die sofortige und endgültige Stilllegung schließt eine Haftung nach 25 Abs. 1 S. 1 HGB aus. Die Firma muss grundsätzlich unverändert übernommen werden. Allenfalls kleine Änderungen, wie beispielsweise Grün-Weiß Galabau Saarbrücken e. K. anstelle von Grün-Weiß Galabau e. K., die den Kern der Firma unverändert belassen, sind im Einzelfall möglich. Entscheidend ist, ob nach der Verkehrsanschauung trotz der leichten Änderung noch von derselben Firma ausgegangen wird und nach Treu und Glauben eine Kontinuität der Haftung erwartet werden darf. Im konkreten Fall hilft Ihnen Ihre IHK Saarland gerne weiter. 1 BGH, Beschluss vom 17.12.2013 II ZR 140/13 2 BFH, Urteil vom 20.05.2014 VII R 46/13 3/5

4. Bestehen mindestens einer alten Geschäftsverbindlichkeit Die Haftungsübernahme erfolgt nur für Verbindlichkeiten des früheren Inhabers, die zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits bestehen und zudem im Betrieb des Geschäfts begründet sind. Selbstverständlich umfasst die Haftungsübernahme keine Privatgeschäfte des ehemaligen Unternehmensinhabers. Gleiches gilt für rein deliktische Ansprüche ohne Bezug zum übernommenen Handelsgewerbe. Hatte zum Beispiel der ehemalige Inhaber der Firma Grün-Weiß Galabau e. K. einen Rasenmäher für seinen privaten Garten bestellt und einen Aufsitzmäher für die Firma, aber noch nicht bezahlt, so haftet der neue Firmeninhaber nur für die noch offen stehende Kaufpreisforderung bezüglich des Aufsitzmähers. 5. Sonderfall: Rechtsscheinhaftung Achtung: Auch wenn die Voraussetzungen des 25 Abs. 1 S. 1 HGB nicht vorliegen, kann in bestimmten Fällen eine Haftung aus den Grundsätzen einer allgemeinen Rechtsscheinhaftung für Altschulden vorliegen. Wer nämlich durch sein Verhalten, sein Auftreten und seine Handeln den Anschein erweckt, das Handelsgeschäft eines anderen übernommen zu haben, wird so behandelt, als entspräche dieser Schein den tatsächlichen Gegebenheiten, wenn sein Geschäftspartner im Vertrauen auf die Richtigkeit des gesetzten Rechtsscheins gehandelt hat. Unter folgenden Voraussetzungen kann eine solche Rechtsscheinhaftung entstehen: Vorspiegeln von in Wahrheit nicht gegebenen Tatsachen, hier z. B. Behauptung, eine andere Firma übernommen zu haben (Setzen eines Rechtsscheins) auf eigene Veranlassung (in zurechenbarer Weise) keine Kenntnis des Vertragspartners von den wahren Umständen (Gutgläubigkeit des Dritten) der Vertragspartner handelt wegen und im Vertrauen auf die Richtigkeit des Rechtsscheins (Kausalität) Möglichkeiten des Erwerbers zur Vermeidung der Haftungsfolgen Hat ein Gläubiger dem alten Firmeninhaber diesem seine Schuld gestundet, so kann sich auch der Übernehmer darauf berufen. Ist eine Forderung eines Gläubigers durch eine Anfechtungserklärung des ursprünglichen Inhabers rückwirkend vernichtbar, so kann der Übernehmer sich darauf berufen und die Erfüllung der Forderung verweigern. Der Haftungsausschluss nach 25 Abs. 2 HGB bezieht sich lediglich auf die Haftung wegen Firmenfortführung, nicht aber auf andere Haftungsgründe. Vereinbarung eines Haftungsausschlusses des Erwerbers. Dazu müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Veräußerer und Erwerber vereinbaren, dass letzterer nicht für die betrieblich veranlassten Altschulden des übernommenen Unternehmens haftet. Eine einseitige Erfüllungsübernahme oder Freistellung genügt dafür nicht. 2. Diese Vereinbarung muss im Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht werden, wobei die tatsächliche Kenntnis der Gläubiger keine Rolle spielt. Alternativ können der Erwerber oder der Veräußerer den jeweiligen Gläubigern ausdrücklich (schriftlich) mitteilen, dass für Altschulden nicht gehaftet wird. Es genügt dabei nicht, wenn die Gläubiger 4/5

durch einen Dritten oder auf sonstige Weise Kenntnis von der Firmenfortführung bekommen. 3. Die Eintragung im Handelsregister und die Bekanntmachung oder die Mitteilung an die Gläubiger müssen zusammen mit bzw. im Zeitpunkt der Übernahme erfolgen. Haftung aus besonderem Verpflichtungsgrund ( 25 Abs. 3 HGB ) In folgenden Fällen haftet ein Erwerber z. B. auch ohne Firmenfortführung für Schulden des Veräußerers: 613 a BGB: Alle Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen des übernommenen Unternehmens gehen automatisch auf den Erwerber über (z. B. Lohnforderungen). 75 AO: Für Steuerschulden des Betriebs, die im letzten Jahr vor der Veräußerung entstanden sind (insbesondere Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Gewerbesteuer), haftet der Erwerber. Anders als bei 25 HGB haftet aber er aber nur mit dem Betriebs- und nicht mit dem Privatvermögen. Ein Haftungsausschluss ist hier überhaupt nicht möglich (Ausnahme: Betriebsübernahme aus einer abgewickelten Insolvenz). Wird die Firma nicht fortgeführt, kann der Erwerber für die sonstigen Altschulden i. d. R. nur dann haftbar gemacht werden, wenn er öffentlich bekannt gemacht hat, die Verbindlichkeiten übernehmen zu wollen. Außerdem haftet der Erwerber natürlich, wenn er ausdrücklich und unmissverständlich mit dem Altinhaber und/oder den Gläubigern vereinbart hat, die sonstigen Altschulden zu übernehmen. Dieses Merkblatt soll als Service Ihrer IHK nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden. 5/5