KARLSRUHER INSTITUT FÜR TECHNOLOGIE INSTITUT FÜR ANALYSIS Dr. Christoph Schmoeger Heiko Hoffmann WS 2013/14 24.10.2013 Höhere Mathematik I für die Fachrichtung Informatik Lösungsvorschlag zum Präsenzübungsblatt Aufgabe 1 Beweisen Sie, dass jede nichtleere, nach unten beschränkte Teilmenge von R ein Infimum besitzt. (vgl. Satz 1.1) Es sei A eine beliebige nichtleere, nach unten beschränkte Teilmenge von R. Und es sei c R irgendeine untere Schranke von A. Dann gilt a c für alle a A. Folglich ist die Menge B := { a : a A} nichtleer und nach oben durch c beschränkt. Nach dem Vollständigkeitsaxiom besitzt B daher ein Supremum γ := sup B und es gilt γ c bzw. äquivalent γ c sowie a γ bzw. a γ für alle a A. Der letzte Satz besagt jedoch präzise, dass γ eine untere Schranke für A ist und dass jede weitere untere Schranke von A kleiner oder gleich γ ist. Nach Definition ist γ dann gerade ein Infimum (eine größte untere Schranke) zu A.
Aufgabe 2 Es seien a, b, c, d R. Leiten Sie mit Hilfe der aus der Vorlesung bekannten Axiome (A1)- (A14) die folgenden Aussagen her. a) Aus a < b und c > 0 folgt ac < bc. b) Aus a b und c d folgt a + c b + d. Ist eine der ersten beiden Ungleichungen echt, so ist auch die dritte Ungleichung echt. c) Gilt a b und b c und ist eine der beiden Ungleichungen echt, so gilt a < c. d) Entweder gilt a > b oder a < b oder a = b. (Trichotomie der Ordnung) e) Genau dann gilt a > 0, wenn a < 0 gilt. f) Aus a b und c 0 folgt ac bc. Sind die beiden ersten Ungleichungen echt, so trifft dies auch auf die dritte zu. g) Es gilt a 2 := a a 0. h) Aus 0 < a < b folgt 0 < 1 b < 1 a. i) Genau dann gilt ab > 0, wenn a > 0 und zugleich b > 0 oder wenn a < 0 und zugleich b < 0 gilt. j) Ist b > 0, so gilt a b dann und nur dann, wenn b a b erfüllt ist. k) Man hat a 0 und es gilt genau dann a = 0, wenn a = 0 erfüllt ist. Ferner gilt a = a. l) Man hat ab = a b. m) Es gilt max{a, b} = 1(a + b + a b ) sowie min{a, b} = 1 (a + b a b ); hierbei 2 2 definieren wir { a, falls a b, max{a, b} := b, falls a < b, sowie min{a, b} := { a, falls a b, b, falls a > b. n) Genau dann gilt a 2 a, wenn a (, 0] [1, ) erfüllt ist. Im Folgenden setzen wir die üblichen Rechenregeln, wie sie in allen Körpern gelten, als bekannt voraus und werden diese nicht eigens begründen. zu a): (A14) liefert ac bc. Nach (A7) existiert c 1. Würde also ac = bc gelten, so würde der Widerspruch a < b = bcc 1 = acc 1 = a folgen. Also muss ac < bc gelten. zu b): Nach (A13) gilt a + c b + c und auch c + b d + b, woraus a + c b + d mit (A12) folgt. Es sei nun eine der beiden Ungleichungen strikt. Aus Symmetriegründen dürfen wir ohne Einschränkung annehmen, dass a < b gilt. Wir haben schon a + c b + c b + d eingesehen.
Würde nun a + c = b + d =: γ gelten, so hätten wir sowohl b + c γ als auch b + c γ. Axiom (A11) würde daher b + c = γ = a + c implizieren. Dann würde (A3) die Gleichung a = a + c c = γ c = b + c c = b nach sich ziehen im Widerspruch zu a < b. zu c): Nach (A12) gilt a c. Wäre a = c, so würde aus c = a b und b c mit Hilfe von (A11) die Identität a = b = c folgen und keine der beiden gegebenen Ungleichungen könnte strikt sein. zu d): Entweder gilt a = b oder a b. Es genügt also zu zeigen, dass a b genau dann erfüllt ist, wenn entweder a > b oder a < b gilt. Gilt a > b oder a < b, so gilt auch a b nach Definition von > bzw. <. Sei nun umgekehrt a b vorausgesetzt. Nach (A10) gilt a b oder a b und wegen a b gilt sogar a > b oder a < b. Würden beide Ungleichungen zugleich gelten, so würde (A11) a = b implizieren im Widerspruch zu a b. zu e): Es gelte a > 0. Nach d) gilt entweder a < 0 oder a 0. Wäre letzteres zutreffend, so erhielten wir mit (A13) 0 = ( a) + a 0 + a = a und daher wegen a > 0 und Teil c) den Widerspruch a > a. Also muss doch a < 0 gelten. Wir setzen nun umgekehrt voraus, dass a < 0 gilt. Nach d) hat man entweder a > 0 oder a 0. Wäre letzteres korrekt, so würden wir wegen a < 0 mit Hilfe von Teil b) zu 0 = a + ( a) < a + 0 = a gelangen, was wegen a 0 und Teil c) den Widerspruch 0 < 0 liefern würde. zu f): Nach Teil e) gilt c 0 und daher ac bc nach (A14) und (bc ac) = bc+ac 0 nach (A13). Daher liefert Teil c), dass bc ac 0 gilt, woraus wiederum mit Hilfe von (A13) die Abschätzung bc ac folgt. Es seien die ersten beiden Ungleichungen nun strikt. Dann existiert 1 nach (A7). Würde c bc = ac gelten, so erhielten wir a = ac 1 = bc 1 = b im Widerspruch zu a < b. c c zu g): Ist a 0, so liefert (A14) die Ungleichung a 2 = a a a 0 = 0. Ist a < 0, so gilt a > 0 nach Teil c) und das eben Gezeigte führt zu a 2 = ( a) 2 0. zu h): Nach Teil d) gilt entweder 1 > 0 oder 1 < 0 (beachte: da 1 bzgl. der Multiplikation a a a (durch a) invertierbar ist und 1 0 nach (A6) gilt, ist 1 = 0 ausgeschlossen). Letzteres würde a wegen a > 0 und wegen Teil a), c) und g) den Widerspruch 0 1 2 = 1 = 1 a < 0 a = 0 a liefern. Mithin gilt 1 > 0. Ebenso gilt 1 1 > 0. Daher liefert Teil a) zunächst 1 = a < b 1 a b a a und hieraus alsdann 1 = 1 1 < ( ) b 1 b b a 1 = 1. b a zu i): Es sei zunächst ab > 0 vorausgesetzt. Würde nun a 0 und b 0 oder a 0 und b 0 gelten, so würde jeweils mit (A14) die Abschätzung ab 0 folgen, was jedoch ausgeschlossen ist. Daher ergibt sich, dass (a > 0 b < 0) (a < 0 b > 0) bzw. äquivalent (a > 0 b > 0) (a < 0 b < 0) gelten muss. Gilt nun a > 0 und b > 0, so liefert Teil a) die Ungleichung ab > 0. Und wird a < 0 und b < 0 vorausgesetzt, so gilt a > 0 und b > 0 nach Teil e) und wir erhalten mit Teil a) die Abschätzung ab = ( a)( b) > 0. zu j): Gilt 0 a b, so folgt a = a b. Gilt hingegen b a 0, so erhalten wir mit Teil e) zunächst 1 < 0 (da ja 1 > 0 wegen 1 = 1 2 0 nach Teil g) und wegen 1 0 nach (A6)) und daher nach Teil f) auch b = ( 1)( b) ( 1) a = a = a. Gilt hingegen a > b, so auch a 0 nach (A12) und folglich auch a = a > b. Und gilt ferner a < b, so liefert Teil e) erst einmal b < 0 und dann folgt mit Teil c) die Gleichung a < 0 und somit a = a. Teil f) liefert (wegen 1 < 0) somit a = a = ( 1) a > ( 1)( b) = b.
zu k): Die Aussage a 0 folgt aus der Definition des Betrages und Teil e). Die Gleichung 0 = 0 ist nach Definition des Betrages ebenfalls klar. Gilt umgekehrt a = 0, so hat man a = 0, falls a 0 erfüllt ist, und a = 0, falls a < 0 gilt. In jedem Falle erhält man jedoch a = 0. Die Gleichung a = a folgt unmittelbar aus der Definition des Betrages, indem man Teil e) anwendet: Gilt nämlich a 0, so ist a 0 und daher a = ( a) = a = a ; gilt hingegen a < 0, so auch a > 0 und damit ebenfalls a = a = a. zu l): Gilt a 0 und b 0 oder a 0 und b 0, so liefert Teil i), dass jeweils ab 0 gilt. Im ersten Fall hat man dann also ab = ab = a b. Und im zweiten Fall ergibt sich ab = ab = ( a)( b) = a b. Gilt nun a 0 und b 0 oder a 0 und b 0, dann impliziert (A14), dass in jedem Falle ab 0 gilt. Im ersten Falle erhalten wir darum ab = ab = ( a)b = a b und im zweiten Falle ergibt sich ab = ab = a( b) = a b. Insgesamt gilt folglich stets ab = a b. zu m): Nach (A10) gilt a b oder b a. Aus Symmetriegründen (insbesondere wegen a b = b a nach Teil k)) dürfen wir o.b.d.a. a b annehmen. Dann haben wir a b 0 gemäß (A13) und es folgt sowie 1 2 (a + b + a b ) = 1 (a + b + a b) = a = max{a, b} 2 1 2 (a + b a b ) = 1 (a + b a + b) = b = min{a, b}. 2 zu n): Wegen (A13) gilt a 2 a dann und nur dann, wenn a(a 1) = a 2 a 0 erfüllt ist. Aufgrund von Teil i), Teil b) und 1 > 0 erhalten wir nun a(a 1) 0 a(a 1) > 0 a(a 1) = 0 (a > 0 a 1 > 0) (a < 0 a 1 < 0) a = 0 a 1 = 0 (a > 0 a > 1) (a < 0 a < 1) a = 0 a = 1 a > 1 a < 0 a = 0 a = 1 a 1 a 0 a (, 0] [1, ) Damit ist alles gezeigt.
Aufgabe 3 Es sei A R eine beschränkte Menge. a) Zeigen Sie: Genau dann ist A einelementig, wenn sup A = inf A gilt. b) Es sei B := {x R a A : a x}. Beweisen Sie, dass min B existiert. Welcher Zusammenhang besteht zwischen min B und sup A? zu a): Ist A einelementig, etwa A = {a}, so ist a sowohl eine obere als auch eine untere Schranke für A und gehört selbst zu A, so dass inf A = min A = a = max A = sup A folgt. Gilt umgekehrt γ := sup A = inf A, so gilt für alle a A sowohl γ a als auch a γ, woraus sich (nach Axiom (A11)) bereits a = γ für alle a A ergibt. Dies impliziert A = {γ}. zu b): Die Menge B ist gerade die Menge aller oberen Schranken von A. Nach dem Vollständigkeitsaxiom besitzt jede nach oben beschränkte Menge eine kleinste obere Schranke und dies ist per definitionem sup A; das bedeutet jedoch präzise, dass B ein kleinstes Element besitzt, nämlich sup A, d.h., min B existiert und es gilt min B = sup A.