Richtig eingelebt oder neuer Kulturschock?! Leonie WECF Women in Europe for a Common Future Einsatzstelle Nr. 213047 in Tbilisi, Georgien Berichtszeitraum: 08.01.2016 07.04.2016
1. Fachliche Erfahrungen Meine Hauptaufgabe zu Beginn des zweiten Quartals war vor allem die Unterstützung meiner Kollegen beim Schreiben neuer Projektanträge. Zudem haben wir einen weiteren Workshop zum Thema Energiegenossenschaften in Georgien organisiert und durchgeführt. Da hierfür extra eine Kollegin aus Deutschland angereist ist, haben wir im Anschluss noch einige Projekte und lokale Partnerorganisationen vor Ort besucht. Inzwischen beschäftige ich mich vor allem mit dem Füllen und Betreuen unserer neuen Website www.wecf.ge und unserer Facebook-Seite, die ich eingerichtet habe. Die Webseite hat ein Webmaster in enger Zusammenarbeit mit unserem Team erstellt. Nun ist es meine Aufgabe diese anfangs leere Seite mit Inhalten und News zu füllen. Bevor ich nach Georgien kam hatte ich noch keinerlei Erfahrungen mit diesen Medien. Mittlerweile habe ich mich in diesen Bereich schon recht gut eingearbeitet und meine Kompetenzen diesbezüglich erweitert. Dies gefällt mir gut und macht mir Spaß, was ich zu Anfang meines Freiwilligendienstes noch nicht gedacht hätte. Eigentlich bin ich ehr davon ausgegangen mehr direkten Kontakt mit den implementierten Technologien zu haben. Etwas, das wohl sowohl zu fachlichen wie auch zu interkulturellen Erfahrungen zählt ist die Tatsache, dass man immer damit rechnen muss, dass bei Geschäftsessen mit Partnern Wein oder Schnaps ausgeschenkt wird egal ob zum Frühstück, Lunch oder Abendessen. Dies kommt zwar nicht allzu häufig vor, ist mir jedoch schon einige Male passiert. Auch wenn man gerade eigentlich gar keine Lust auf Alkohol hat, weil es beispielsweise erst 11 Uhr morgens ist, sollte man sein Glas nicht unangerührt stehen lassen, da dies sehr unhöflich ist. Zuviel zu trinken kommt wahrscheinlich aber auch nicht wirklich gut an. Man muss sich in solchen Situationen also genau überlegen, was man machen sollte. Probleme hat mir dies bisher noch nicht bereitet, es war für mich jedoch zuerst etwas ungewöhnlich. In dem Zeitraum Januar bis April fand auch das fünftägige Zwischenseminar statt, zu dem ich nach Bangalore eingeladen wurde. Richtig eingelebt oder neuer Kulturschock?! 11.04.2016 2
2. Persönliche Erfahrungen Im Anschluss an das Zwischenseminar in Bangalore habe ich mir Urlaub genommen, um den Süden Indiens noch ein bisschen zu Bereisen. Diese Wochen in Indien waren für mich persönlich die wichtigste Erfahrung während dieser drei Monate. Hierzu gehört auch die Rückkehr nach Georgien, die mir zuerst relativ schwer viel. Es war für mich eine ziemlich große Umstellung aus dem warmen, bunten Indien zurück ins triste, graue Georgien mit kaltem Schmuddel-Wetter zu kommen. Zudem hatte ich auch gleich nach Rückkehr die ersten vier Tage kein Gas, wodurch ich weder heizen noch kochen konnte und gefroren habe. Es hatte zwar zu diesem Zeitpunkt schon 5-10 C Außentemperatur in Tbilisi, im Vergleich zu den 35-40 C in Indien war mir aber einfach nur kalt. Vor Richtig eingelebt oder neuer Kulturschock?! 11.04.2016 3
Indien ist mir auch nie aufgefallen wie grau Georgien eigentlich ist. Seitdem ich zurück bin bemerke ich dies fast die ganze Zeit. Zum Glück kommt jetzt langsam der Frühling mit seinen ersten schönen, sonnigen Tagen und den frischen, grünen Trieben und Blüten an den Bäumen. Dadurch kriegt die ganze Stadt und auch das Umland etwas Lebendiges. Ich freue mich schon sehr darauf, dass alles endlich richtig grün ist und ich auch endlich mit meinen Freunden wandern gehen kann. Mein Freundeskreis hier in Tbilisi hat sich inzwischen immer weiter verfestigt und wächst stets. Nach der Arbeit leide ich unter Freizeitstress, wie es mein Vater zu nennen pflegt. Um alle Hobbies und Freunde unter einen Hut zu bringen, habe ich einen fest durchgeplanten Wochenablauf, was einerseits echt stressig ist, mir andererseits aber auch viel Freude bereitet. Es ist weiterhin recht schwer für mich Kontakte mit georgischen Freunden zu knüpfen. Dies ist etwas, das auch den meisten anderen Freiwilligen und Expats in meinem Umfeld schwerfällt. Es gibt zwar einige Georgier in meinem Bekanntenkreis, mit denen man ab und zu redet und sich austauscht, zu meinem engeren Freundeskreis kann ich jedoch nur drei Georgier zählen. Warum es mir und anderen so schwer fällt Locals richtig kennen zu lernen, kann ich kaum richtig beschreiben. Die kulturellen Unterschiede scheinen einfach etwas zu groß zu sein. Dafür habe ich inzwischen mehr Kontakt auf der Arbeit mit den Kollegen von Greens Movement Georgia, mit denen wir uns das Büro teilen. Zum einen liegt das daran, dass mittlerweile mehr Mitarbeiter in meinem Alter regelmäßig ins Büro kommen, da zur Zeit Semesterferien an der Uni sind. Zum anderen scheinen sich aber auch die etwas älteren Kollegen an mich gewöhnt zu haben und sagen mir immerhin Hallo und fragen wie es mir geht. Darüber hinaus gibt es leider weiterhin nur wenige Kollegen mit denen ich richtig reden kann. Richtig eingelebt oder neuer Kulturschock?! 11.04.2016 4
3. Interkultureller Erfahrungen Ich bin immer noch dabei mich mit der georgischen Sprache auseinander zu setzen und nehme hierfür weiterhin private Sprachstunden. Theoretisch bin ich inzwischen auch schon recht gut und eigentlich in der Lage einfache Unterhaltungen zu führen. Praktisch sieht das jedoch etwas anders aus. Außer mit meiner Sprachlehrerin gibt es kaum jemanden mit dem ich die Sprache üben kann. Mein Freundeskreis ist überwiegend englischsprachig und auf der Arbeit haben die Kollegen, die kein englisch sprechen, wohl zu viel Angst, dass ich auf Englisch antworten könnte. Deswegen kann ich auch hier mein Georgisch nicht verbessern. Deswegen empfehle ich allen, die auch überlegen ein Jahr in Georgien zu arbeiten, in einer Gastfamilie zu wohnen, die weder deutsch noch englisch spricht. Ich fühle mich in meiner Wohnung zwar sehr wohl, dafür sehe ich bei meinen Freunden, die in solchen Gastfamilien wohnen, dass ihre Sprachkenntnisse schon in den ersten Wochen viel besser waren als meine nach einem halben Jahr. Ich nehme auch weiterhin Tanzstunden für traditionelle, georgische Tänze, um mir einerseits etwas Bewegung zu verschaffen, aber auch um die Kultur noch besser kennen zu lernen. Hierfür gehe ich mit Freunden an den Wochenenden auch gerne ins Ballett, die Oper, Konzerte oder zu anderen Aufführungen, bei denen man etwas über die Geschichte und Kultur des Landes lernen kann. Richtig eingelebt oder neuer Kulturschock?! 11.04.2016 5