Grundlagen des Magnetismus. Seminar zur Vorlesung Grundlagen der Materialwissenschaften



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David Enseling und Thomas Jüstel Seminar zur Vorlesung Grundlagen der Materialwissenschaften Folie 1

Zi Zeittafel fl Historisches zum Magnetismus 600 v. Chr. Thales von Milet o i = Stein aus Magnesia 100 v. Chr. Chinesen Kompass 1269 P. Peregrinus Magnetstein ordnet Eisennadeln entlang von "Längengraden zwischen den "Polen" an 1600 W. Gilbert Analogie zwischen Erdmagnetfeld und den Steinen des Peregrinus 1742 Le Seur/Jacquier Kraft zwischen zwei imagneten ist proportional zu r -3 1820 H.C. Oersted Elektrische Ströme lenken Magnetnadel aus 1830-1845 M. Faraday Magnetische Induktion: Generator, Transformator,... 1864 C. Maxwell Elektromagnetismus (Maxwell-Gleichungen) 1896 Zeeman Aufspaltung von Linienspektren durch Magnetfelder 1900 P. Curie Temperaturabhängigkeit des Magnetismus 1907 P. Weiss Erste quantenmechanische Deutung des makroskopischen Magnetismus Folie 2

Natürliche Magnetfelder Bedeutung des Magnetismus Erdmagnetfeld Sternmagnetfeld In der Technik Analytik Datenspeicherung Elektrotechnik Hochenergiephysik Medizin Optik Navigation Sensorik Ablenkung des Sonnenwindes ( Polarlichter) Oi Orientierung von Zugvögel, lhi Haie, Langusten Fe 3 O 4 -Nanopartikel Sonnenflecken (magnetische Schläuche) Form planetarischer Nebel Beispiele NMR, EPR, optische Spektroskopie Magnetbänder, Diskettenlaufwerke, Festplatten Spulen, Generatoren, Transformatoren Ringbeschleuniger, Fusionsexperimente MRTs, NMR-Verschiebungsreagenzien Magnetooptische Kristalle Schifffahrt Giant Magneto-Resistance (GMR)-Sensoren Supraleitende Quanteninterferenzdetektoren (SQUID)-Sensoren Folie 3

Ursache eines Magnetfeldes Bewegte Ladungsträger g in einem Leiter Die magnetische Feldstärke am Punkt P ergibt sich zu elektrischer Leiter H I 4π dl r r 3 mit I = Stromstärke dl = infitesimales Leiterelement r = Vektor von dl zum Punkt P 1. Maxwell sches Gleichung = Biot-Savart sches Gesetz Erzeugung von Magnetfeldern P 1. Direkt durch elektrische Ströme 2. Indirekt durch die Magnetisierung eines Ferromagneten Folie 4

Ursache eines Magnetfeldes Magnetfelder entstehen also durch Relativbewegung zwischen geladenen Teilchen: Drehimpuls: L = rxp L = m. v. r Magn. Moment: µ = I. A = I r 2 Stromstärke: I = q/t = qv/2 r mit T = Umlauzfzeit µ = I. A = I r 2. qv/2 r = 1/2qvr v. r = L/m µ = ql/2m Für das Elektron ist der Bahndrehimpuls hi L = ħ, 2ħ, 3ħ,... µ = e. ħ/2m e e h 24 2 µ B 9.27 10 Am 4π m e Folie 5

Magnetische Momente von Elementarteilchen Elementarteilchen Bezeichnung Moment µ Elektron µ e oder µ B 9,27. 10-24 Am 2 Myon µ µ 4,49. 10-26 Am 2 Proton µ P 1,41. 10-26 Am 2 Neutron µ N 0,97. 10-26 Am 2 Magnetische Momente von Atomen Bahnmoment verknüpft mit dem Bahndrehimpuls Spinmoment verknüpft mit dem Spindrehimpuls Kernmoment durch den Drehimpuls des Atomkerns (der Nukleonen) Magnetismus von Festkörpern Diamagnetismus Paramagnetismus Ferromagnetismus Antiferromagnetismus Ferrimagnetismus Folie 6

Einteilung Magnetische Materialien Magnetische Materialien Schwach magnetisch Stark magnetisch Dia- Para- Ferro- Antiferro- Ferrimagnetika magnetika magnetika magnetika magnetika Induktion gemäß der Lenz schen Regel Folie 7

Magnetische Feldstärke H, magnetische Flussdichte B und Magnetisierung i M Ein Magnetfeld erzeugt im Vakuum einen magnetischen Fluss, dessen Stärke und Richtung durch Flusslinien veranschaulicht werden kann. Die Anzahl dieser Linien pro Flächeneinheit wird als magnetische Flussdichte B oder magnetische Induktion bezeichnet und ist proportional zur magnetischen Feldstärke H. B μ0h mit µ 0 = Permeabilität des Vakuums [Vs/Am] = 4. 10-7 Vs/Am Die Flussdichte ändert sich beim Eindringen des magnetischen Feldes in Materie, was durch µ r oder M ausgedrückt werden kann mit µ r = Relative Permeabilität des Materials B μ0µ rh M = Magnetisierung B μh µ 0 H µ 0 M Volumensuszeptibilität: µ = µ. r µ 0 = Absolute Permeabilität χ V H M B innen B B außen außen Magnetisc che Flussd dichte B Magnetische Feldstärke H Folie 8

Diamagnetismus Magnetische Materialien Der Diamagnetismus wird durch die magnetischen Bahnmomente der Elektronen hervorgerufen und tritt in jedem Material auf. Beim Einschalten eines Magnetfelds werden Kreisströme induziert, die nach der Lenz schen Regel das äußere Magnetfeld abschwächen d.h. µ r < 1 und < 0 Der Diamagnetismus ist nur schwach und wird von anderen Magnetismusarten überlagert Der Diamagnetismus ist unabhängig gvon der Feldstärke und nahezu temperaturunabhängig Atome, Ionen und Moleküle mit abgeschlossenen Schalen bzw. Festkörper, welche aus solchen bestehen, sind diamagnetisch Supraleiter sind in nicht zu starken Feldern ideale Diamagnete! Material Suszeptibilität [10-6 ] N 2-0.0003 0003 Cu -1.1 Pb -1.8 C 3 sp -2.1 Ag -2.4 Hg -2.9 C 2 sp -2.1, -260 C 6 H 6-7.2 72 NaCl -13.9 Bi -16.6 H 2 O -90 2 Folie 9

Paramagnetismus Magnetische Eigenschaften Paramagnetismus tritt auf, wenn ein permanentes magnetisches Moment vorliegt, Wobei ungepaarte Elektronen (Spin-Magnetismus) oder nicht gefüllte Elektronenschalen (Bahn-Magnetismus) die Ursache sein können. Ohne Magnetfeld sind die magnetischen Momente statistisch verteilt. Im Magnetfeld werden diese so ausgerichtet, dass eine Verstärkung des äußeren Feldes eintritt, d.h. µ r > 1 und > 0 Temperaturabhängigkeit paramagnetischer Materialien Curie-Weiß-Gesetz mit = paramagnetische Curie-Temperatur C = Curiekonstante χ C T - Die paramagnetische Suszeptibilität wird mit steigender Temperatur kleiner, da die thermische Bewegung der magnetischen Ordnung entgegenwirkt 1/ Folie 10 T

Magnetismus im Praktikum Zu untersuchende Proben (Komplexe) [Mn(acac) ] Mn 3+ [Ar]3d 4 3 verzerrt-oktaedrisch l.s. oder h.s.? [Co(acac) 3 ] Co 3+ [Ar]3d 6 verzerrt-oktaedrisch l.s. oder h.s.? Acac = Acetylacetonat = Anion des 2,4-Pentandionats H 3 C CH 3 Aufgaben 1. Synthese der Komplexe O 2. (Bestimmung der Ausbeute) 3. Aufnahme von IR-Spektren 4. Bestimmung der Zahl der ungepaarten Elektronen mit Hilfe einer Faraday-Magnetwaage O Folie 11

Analytische Bestimmungsmethode Faraday/Gouy-Magnetwaage Diamagneten werden aus dem Feld herausgedrängt Paramagneten werden in das Feld hineingezogen Gewichtsabnahme Gewichtszunahme Folie 12

Auswertung im Praktikum Messwert ist die Volumensuszeptibilität = V (dimensionslos) 1. Umrechnung in die Grammsuszeptibilität:. g m = V. V bzw. g = V / erfordert die Bestimmung des Volumens V = r 2 l und der Dichte = m/v Einheit von g ist [cm 3 /g] 2. Umrechnung in die molare Suszeptibilität: g. M= V. V mol = mol erfordert die Bestimmung der Molmasse M der Komplexe Einheit von ist mol ist [cm 3 /mol] 3. Korrektur des Wertes durch den diamagnetischen Anteil der chemischen Komponenten, da wir nur den paramagnetischen Anteil der Suszeptibilität ermitteln wollen, d.h. die Zahl der ungepaarten Elektronen! a. Liganden (dreimal acac) b. Metallzentrum (innere Elektronen, d.h. abgeschlossene Schalen) c. mol = mol - (diamagnetische Korrektur) Folie 13

Auswertung im Praktikum Ziel ist die Bestimmung der Anzahl der ungepaarten Elektronen 4. Berechnung des effektiven magnetischen Momentes µ eff µ = ½ eff 2.83[( mol )(T)] µ eff = 2.83[( mol )(298 K)] ½ µ eff = x Bohr sche Magnetonen 5. Berechnung der Anzahl ungepaarter e - = n µ eff = [n(n+2)] ½ (µ eff ) 2 = n(n+2) = n 2 + 2n n 2 + 2n - (µ eff ) 2 = 0 n 1,2 = -1 [1 +(µ eff ) 2 ] ½ Folie 14

Auswertung im Praktikum Berechnete (spin-only) und experimentelle Werte der magnetischen Momente µ für die wichtigsten Ionen der 3d-Metalle Folie 15

Auswertung im Praktikum IR-Spektren der [M(acac) 3 ]-Komplexe mit M = Mn, Co 100 100 90 Transmission / % 80 70 60 ransmission / % Tr 80 60 40 50 [Mn(acac) 40 3 ] 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 20 [Co(acac) 3 ] vor der Umkristallisation 4000 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 Wellenzahl / cm -1 Wellenzahl / cm -1 Folie 16