Übersicht über die polizeiliche Zwangsanwendung

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Polizei- und Verwaltungsrecht G II Dr. Michael Bäuerle Übersicht über die polizeiliche Zwangsanwendung 1. Allgemeines Das staatliche Gewaltmonopol verbietet grundsätzlich dem Bürger, Zwang anzuwenden; diese Befugnis ist vielmehr - mit wenigen Ausnahmen - beim Staat monopolisiert. Der Staat wendet Zwang vor allem an, um seine Anordnungen gegenüber dem Bürger, bzw. dessen Pflichten durchzusetzen. Für den polizeilichen Bereich ist die Befugnis in den Vorschriften der 47 bis 63 HSOG geregelt. Man spricht von Verwaltungsvollstreckung (Kurzform: Zwang). Für die Vollstreckung von Geldforderungen und die Allgemeinen Verwaltungsbehörden gilt das Hessische Verwaltungsvollstreckungsgesetz. Im präventiven Bereich erfolgt die Anwendung von Zwang regelmäßig zur Durchsetzung von Verwaltungsakten (im Zwangsrecht polizeiliche Grundverfügungen genannt). Zwang setzt also regelmäßig voraus, dass es notwendig ist, einen entgegenstehenden Willen des Bürgers zu brechen (Beugemittel). Dieser entgegenstehende Wille des zu Bezwingenden muss sich irgendwie manifestiert haben. Aus der Eigenschaft des Zwang als Beugemittel folgt: Zwang kann in der selben Sache wiederholt werden (anders die Strafe: ne bis in idem ) und neben einer Strafe oder Geldbuße angewandt und solange wiederholt und gewechselt werden, bis der durchzusetzende Verwaltungsakt befolgt wurde oder sich erledigt hat, vgl. 48 Abs. 3 HSOG. Die Zwangsanwendung muss sofort abgebrochen werden, wenn der entgegenstehende Wille nicht mehr existiert 2. Die Zwangsmittel Die zulässigen Zwangsmittel sind in 48 Abs. 1 HSOG abschließend aufgezählt. Die Polizei darf keine neuen Zwangsmittel erfinden. Zwangsmittel sind die Ersatzvornahme ( 49 HSOG), das Zwangsgeld ( 50 HSOG), der unmittelbare Zwang ( 52 ff. HSOG).

2 Die Auswahl und Anwendung von Zwangsmitteln steht im pflichtgemäßen Ermessen der Polizei und unterliegt wegen der mit ihr verbundenen - häufig gravierenden Grundrechtsbeeinträchtigung einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung. 3. Das Verfahren der Zwangsanwendung Bevor Zwang angewandt wird, muss somit zunächst eine Ermessensentscheidung darüber getroffen werden, ob und welches Zwangsmittel angewandt werden soll. Für die Ermessensentscheidung über das Ob gilt: Ein einmal erlassener Verwaltungsakt sollte aus Gründen der Glaubwürdigkeit staatlichen Handelns und der Gleichbehandlung auch durchgesetzt werden Rechtliche Bedenken sollten daher vor Erlass des Verwaltungsakts zum Tragen kommen! a. Die Stufen der Zwangsanwendung Ist ein vollstreckbarer Verwaltungsakt erlassen worden, erfolgt das Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach 47 ff. HSOG erfolgt grundsätzlich in drei Stufen ( gestrecktes Verfahren): Androhung ( 48 Abs. 2, 53, 58 HSOG) des gewählten Zwangsmittels Festsetzung bzw. Anordnung des gewählten Zwangsmittels Ausführung bzw. Anwendung des gewählten Zwangsmittels, wobei die Festsetzung bzw. Anordnung den Rahmen der Androhung einhalten muss und die Ausführung bzw. Anwendung darf den Rahmen der Festsetzung bzw. Anordnung. Nach herrschender Auffassung liegt in jedem dieser drei Schritte nochmals ein eigenständiger Verwaltungsakt ( 35 Satz 1 HVwVfG). Rechtsschutz gegen den Zwang kann daher im Wege der Anfechtungsklage vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen. Nach 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.v.m. 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO und 16 HessAGVwGO haben Widerspruch und Klage gegen den Zwang jedoch keine aufschiebende Wirkung. b. Allgemeine Voraussetzungen des Zwangs Als Allgemeine Voraussetzung muss für die Anwendung von Zwang nach 47 Abs. 1 HSOG - außer beim Sofortvollzug i.s.d. 47 Abs. 2 HSOG - ein vollstreckbarer Verwaltungsakt vorliegen.

3 Vollstreckbar ist ein Verwaltungsakt wenn er gerichtet ist auf die Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung, nicht nichtig ( 44 HVwVfG) und hinreichend bestimmt ( 37 HVwVfG) ist, bekannt gegeben wurde ( 43 HVwVfG) und er unanfechtbar ist oder ein Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung hat. Inhaltlich in Betracht kommt also etwa eine Verwaltungsakt auf Herausgabe einer Sache (40 HSOG), Erscheinen auf der Dienststelle ( 30 HSOG), das Entfernen von einem Platz ( 31 HSOG), die Duldung ED-Behandlung ( 19 HSOG), oder Unterlassung einer Störung ( 11 HSOG). Ein Verwaltungsakt ist unanfechtbar (bestandskräftig), wenn gegen ihn keine Rechtsbehelfe mehr gegeben sind. Rechtsbehelfe sind der Widerspruch, 68 ff. VwGO, 79 HVwVfG und die Anfechtungsklage 42 Abs. 1, 74 Abs. 1, 113 Abs. 1 VwGO. Die Bestandskraft tritt ein, wenn die Widerspruchsfrist oder die Klagefrist abgelaufen sind, ohne dass der Rechtsbehelf eingelegt wurde. Die Frist beträgt einen Monat, wenn der Verwaltungsakt mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war; war er dies nicht: ein Jahr. Regelmäßig haben Widerspruch und Anfechtungsklage nach 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung (Suspensiveffekt), d.h. es darf kein Zwang angewandt werden. Ausnahmsweise hat ein Rechtsbehelf hat keine aufschiebende Wirkung gem. 80 Abs. 2 Satz 1 VwGO bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten durch Verwaltungsakt, in spezialgesetzlich geregelten Fällen (z.b. im Ausländerrecht), wenn die sofortige Vollziehung des Verwaltungsakts im öffentlichen Interesse von der Behörde angeordnet wurde, die den Verwaltungsakt erlassen und bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten. Als solche sind die präventiv-polizeilichen Standardmaßnahmen regelmäßig anzusehen, es sei denn, sie können ausnahmsweise warten, ohne dass der Zweck der Maßnahme gefährdet wird.

4 c. Die Androhung Zwangsmittel sind - wie erwähnt - gemäß 53 Abs. 1 Satz 1 anzudrohen. Für die Androhung von unmittelbarem Zwang gilt daneben 58 HSOG. Die Androhungspflicht ist eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips, denn die Androhung soll der Person, deren entgegenstehender Wille überwunden werden soll, die Chance gegeben, dem Verwaltungsakt ohne weitere Beeinträchtigungen nachzukommen, hat also eine Warnfunktion. Es ist das Zwangsmittel zu benennen und eine angemessene Frist zu setzen. Ausnahme von der Androhungspflicht gelten nach 53 Abs. 1, 58 Abs. 1 HSOG nur, wenn die Umstände die Androhung nicht zulassen, insbesondere weil die sofortige Anwendung des Zwangsmittels zur Abwendung einer Gefahr erforderlich ist. Von der Androhung des Schusswaffengebrauchs darf nur unter den erscherten Voraussetzungen des 58 Abs. 2 HSOG abgesehen werden. Bei Sperren und Dienstpferden kann jedoch immer von der Androhung abgesehen werden. d. Die einzelnen Zwangsmittel aa) Ersatzvornahme Die Ersatzvornahme ist die ersatzweise Vornahme einer vertretbaren Handlung durch eigene Mittel der Ordnungs- und der Polizeibehörde (Selbstvornahme) oder eine beauftragte dritte Person (Fremdvornahme)an Stelle und auf Kosten der handlungspflichtigen Person. Erforderlich ist also, dass der Verwaltungsakt auf eine vertretbare Handlungen gerichtet ist. Eine solche liegt vor, wenn es für die erlassende tatsächlich und wirtschaftlich gleichgültig ist, ob die pflichtige Person oder ein andere Person die Leistung vornimmt. Vertretbare Handlungen sind somit nur positive Handlungen, nicht jedoch Unterlassungen, Duldungen, das Verlassen eines Platzes aufgrund, das Erscheinen aufgrund einer Vorladung, die Beantwortung einer Frage. Auch bei der Verpflichtung zur Herausgabe eines Führerscheins handelt es sich um eine vertretbare Handlung. Der praktisch wichtigste Anwendungsfall der Ersatzvornahme ist das Abschleppen rechtswidrig geparkter Kraftfahrzeuge. Die Abgrenzung zur unmittelbaren Ausführung ist strittig; entscheidendes Merkmal dürfte der (hypothetisch) entgegenstehende Wille sein; vgl. auch G I zur sog. Verkehrszeichenrechtsprechung

5 bb) Zwangsgeld Das Zwangsgeld ist regelmäßig das passende Mittel zur Durchsetzung einer Grundverfügung, die die betroffene Person zu einer bestimmten vertretbaren oder unvertretbaren Verhaltensweise zu veranlassen, die ausschließlich von dem Willen dieser Person abhängt. Es darf nicht mit einer Strafe oder Geldbuße verwechselt werden. Soll mit dem Zwangsgeld eine Duldung oder eine Unterlassung erzwungen werden, so kann das Zwangsgeld für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedroht und festgesetzt werden. Eine wiederholte Androhung von Zwangsgeld ist dann unzulässig, wenn nicht zu erwarten ist, dass sie zum angestrebten Erfolg führt, oder wenn die Androhung der pflichtigen Person einen größeren Nachteil zufügen würde als ein härteres Zwangsmittel. Wichtige Anwendungsbereiche sind die Vollstreckung einer Vorladung ( 30 HSOG), die Herausgabe von Sachen und die Durchsetzung einer Antwortpflicht ( 12 Abs. 2 HSOG). Für die Höhe des Zwangsgeldes sind die Umstände entscheidend; in die Ermessenentscheidung einzubeziehen sind - die Bedeutung der Sache (Wichtigkeit des verfolgten Zwecks), - die Intensität des geleisteten Widerstandes - die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der betreffenden Person. Mit der Zwangsgeldfestsetzung ist die Zwangsvollstreckung beendet; der Betreffende schuldet nun das Zwangsgeld. Dieses wird nach 50 Abs. 2, 3 Satz 1 HSOG im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach 1 Abs. 2, 15 ff. Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz (HVwVG) beigetrieben, wenn es die betroffene Person nicht zahlt. Wenn die betroffene Person unter Verstoß gegen die Grundverfügung die verbotene Handlung vorgenommen oder dem Duldungsgebot zuwidergehandelt hat ist, das Zwangsgeld grundsätzlich festzusetzen und beizutreiben. Dies gilt jedoch nicht, wenn zukünftige Zuwiderhandlungen nicht zu erwarten sind. Wird die Pflicht nach der Beitreibung des Zwangsgeldes befolgt, so wird das Zwangsgeld nicht zurückerstattet. Die Ersatzzwangshaft ( 51 HSOG) ist kein selbständiges Zwangsmittel, sondern nur ein Ersatzzwangsmittel bei Uneinbringlichkeit des Zwangsgeldes. Sie darf nicht zur Ezwingung der Abgabe von Erklärungen eingesetzt werden ( 136a StPO).

6 cc) Unmittelbarer Zwang Unmittelbarer Zwang ist nach der Legaldefinition des 55 Abs. 1 HSOG die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch ihre Hilfsmittel oder durch Waffen. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs kann erfolgen in Form einfacher körperlicher Gewalt unter den Voraussetzungen des 52 Abs. 1, durch Hilfsmittel unter den Voraussetzungen des 52 Abs. 1 mit den in 55 Abs. 3 aufgezählten Hilfsmittel (keine abschließende Aufzählung); für die Fesselung müssen zusätzlich die Voraussetzungen des 59 vorliegen, durch Waffen unter den Voraussetzungen des 52 Abs. 1 mit den in 55 Abs. 4 aufgezählten Waffen (abschließende Aufzählung); für den Schusswaffengebrauch müssen zusätzlich die Voraussetzungen des 60-62 vorliegen, Gemäß 3 Abs. 2 HSOG finden die 55 ff. auch auf die Durchsetzung repressiver Maßnahmen Anwendung. Die Voraussetzungen des Schusswaffengebrauchs lassen sich verkürzt wie folgt zusammenfassen: (1) Ultima Ratio - keine andere Möglichkeit, (2) Präventiv: Erforderlich zur Abwehr einer gegenwärtigen Leibes- oder Lebensgefahr. (3) Repressiv: Erforderlich zum Anhalten oder Festnehmen bei einem Verbrechen oder Vergehen mit derzeitigem Mitführen einer Schusswaffe. und - außer bei gegenwärtiger Lebensgefahr - (4) Androhung - auch durch Warnschuss möglich - und (5) keine Gefährdung Dritter, keine offensichtlich minderjährige Person