DIJuF-Themengutachten



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Transkript:

DIJuF-Themengutachten Verjährung und Verwirkung von Unterhalt Häufig gestellte Fragen und die Antworten U 3.030 Dl/K 13.10.2011 aktualisiert am 05.09.2012 1. Wie lange dauert die regelmäßige Verjährungsfrist für Unterhaltsansprüche? Grundsätzlich verjähren Unterhaltsansprüche mit Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist des 195 BGB nach drei Jahren ( 197 Abs. 2 BGB). 2. Wann beginnt die Verjährungsfrist? Die Frist beginnt jeweils am Jahresende ( 199 Abs. 1 BGB). Ein im Jahr 2008 fällig gewordener Unterhaltsanspruch verjährt deshalb mit Ablauf des 31.12.2011. Das gilt unabhängig davon, ob der Unterhaltsanspruch vor seiner Fälligkeit tituliert wurde oder nicht. 3. Für welche Unterhaltsansprüche gilt eine längere Verjährungsfrist? Eine Ausnahme gilt für Unterhaltsansprüche, die bereits fällig waren, als ein Titel hierfür geschaffen wurde. Diese schon als Rückstände titulierten Forderungen verjähren nach 197 Abs. 1 Nr 3 BGB erst nach 30 Jahren, wobei die Frist mit der Schaffung des Titels beginnt;

- 2 - bei gerichtlichen Entscheidungen kommt es auf deren Rechtskraft an, bei Urkunden auf den Tag der Niederschrift ( 201 S. 1 BGB). Beispiel (ohne Berücksichtigung einer Verjährungshemmung) Am 01.09.2011 verpflichtetet sich ein Schuldner durch vollstreckbare Urkunde, dem Kind zu diesem Zeitpunkt bereits fällige Rückstände in Höhe von 2.400 EUR zu bezahlen, im Übrigen laufend den Mindestunterhalt. Die Rückstandsforderung verjährt mit Ablauf des 31.08.2041, der laufende Unterhalt aus 2011 mit dem Ende des Jahres 2014. Zur Klarstellung sei nochmals betont: Für die Frage, ob Unterhaltsansprüche nach dieser Vorschrift einer 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegen, kommt es auf die Titelerrichtung an. Nach diesem Zeitpunkt fällig gewordene Unterhaltsansprüche sind stets nach 197 Abs. 2 BGB zu behandeln und verjähren in drei Jahren. Das gilt auch dann, wenn der Titel später umgeschrieben wird. Denn die Umschreibung ist lediglich die Erteilung einer Vollstreckungsklausel an den Rechtsnachfolger. Sie ändert aber nichts an der rechtlichen Substanz der titulierten Forderung. Bezieht sich der Titel auf nach seiner Errichtung fällig werdende Unterhaltsleistungen isv 197 Abs. 2 BGB, werden diese nicht allein dadurch zu rechtskräftig festgestellten Ansprüchen nach Absatz 1 Nr 3, dass nunmehr eine Rechtsnachfolge geltend gemacht wird. 4. Können sich Eltern bei Fristablauf ohne weiteres auf die Verjährung von Kindesunterhalt berufen? Für Kinder im Verhältnis zu ihren Eltern gilt die Sondervorschrift des 207 Abs. 1 S. 2 Nr 2a BGB. Danach ist die Verjährung von wechselseitigen Ansprüchen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes gehemmt. Eine Hemmung der Verjährung bedeutet, dass die Frist nicht läuft, solange das Hindernis besteht. Sie beginnt zu laufen, sobald das Hindernis wegfällt ( 209 BGB). Die Verjährung von Kindesunterhalt beginnt somit erst mit der Vollendung des 21. Lebensjahres zu laufen.

- 3-5. Seit wann gilt die Hemmung bis zum 21. Lebensjahr des Kindes? Die Ausdehnung der Hemmung auf die Vollendung des 21. Lebensjahres des Kindes wurde erst mit Wirkung vom 01.01.2010 eingeführt, nämlich durch Art. 1 Nr 3 des Gesetzes vom 24.09.2009 (BGBl I, 3142). Vorher war die Verjährung nur bis zum Eintritt der Volljährigkeit gehemmt. Für die Übergangsfälle ist zu beachten: Wurde ein Kind zb am 16.07.1989 geboren und demgemäß am 16.07.2007 volljährig, endete die Hemmung zunächst mit diesem Datum und begann die Verjährungsfrist zu laufen. Im Normalfall ohne die Gesetzesänderung wäre sie mit Ablauf des 15.07.2010 beendet gewesen. Hier ist aber die Gesetzesänderung betreffend die Ausdehnung der Hemmung auf die Vollendung des 21. Lebensjahres zu einem Zeitpunkt eingetreten, als die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen war. Damit greift im Unterhaltsverhältnis des jungen Volljährigen zu dem Schuldner die Vorschrift in ihrer jetzigen Fassung ein und schiebt den Beginn der Hemmung der Verjährung hinaus auf die Vollendung des 21. Lebensjahres, also den 16.07.2010. Anders wäre dies nur gewesen, wenn der Unterhaltsberechtigte vor dem Jahr 1989 geboren worden wäre. Denn dann hätte er sein 21. Lebensjahr spätestens im Jahr 2009 vollendet, also vor Eintritt der Gesetzesänderung bezüglich der Hemmung der Verjährung. 6. Kommt die Hemmung der Verjährung auch einem Rechtsnachfolger zugute? Der Grund für die Hemmung der Verjährung ist: Kinder wie Eltern sollen nicht allein durch einen drohenden Ablauf der Verjährungsfrist gezwungen sein, Ansprüche gerichtlich gegeneinander geltend zu machen. Dieses Pietäts -Argument entfällt aber, wenn der Unterhaltsanspruch des Kindes gesetzlich auf einen Rechtsnachfolger übergeht (OLG Düsseldorf FamRZ 1981, 308; OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 362). Wird hingegen diese Forderung wieder zb vom Land oder Sozialhilfeträger an das Kind zur Geltendmachung zurückübertragen, beginnt die Hemmung von neuem (AG Hamburg DAVorm 1973, 622; Diederichsen, in: Palandt, BGB, 70. Aufl. 2011, 207 Rn 1). Denn in diesem Fall wird das Kind erneut Gläubiger der zunächst gesetzlich übergegangenen Unterhaltsansprüche. Es ist befugt, diese im eigenen Namen

- 4 - wenngleich im wirtschaftlichen Interesse des Trägers gegenüber dem Schuldner geltend zu machen. Die Hemmung der Verjährung gem. 207 Abs. 1 S. 2 Nr 2a BGB wirkt sich hierbei indirekt auch zugunsten des Sozialleistungsträgers aus, weil diese Rechtsfolge auch für die rückübertragenen Forderungen gilt. Bei fehlender Rückübertragung verbleiben hingegen die zb gem. 7 Abs. 1 UVG übergegangenen Forderungen dem Land. Nur dieses kann Zahlungen anfordern und wirksam entgegennehmen. Insoweit gilt die allgemeine Verjährungsfrist des 195 BGB ohne die spezielle Hemmung nach 207 Abs. 1 S. 2 Nr 2a BGB. 7. Wie kann ein Rechtsnachfolger den Eintritt der Verjährung verhindern? a) Eine Hemmung der Verjährung kann durch bestimmte Maßnahmen der Rechtsverfolgung erreicht werden ( 204 Abs. 1 BGB). Als solche kommen nach Nr 1 bis 3 der Vorschrift für Unterhaltsgläubiger insbesondere in Betracht: - die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils, - die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger, - die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl EU Nr L 399 S. 1). Dieselbe Wirkung hat nach 204 Abs. 1 Nr 14 BGB die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein. Die Hemmung endet gem. 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

- 5 - b) Ein Neubeginn der Verjährung (früher Unterbrechung") wird gem. 212 Abs. 2 BGB durch folgende Maßnahmen erreicht: wenn der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird, Ausnahme: Der erneute Beginn der Verjährung gilt in letzterem Fall als nicht eingetreten, wenn die Vollstreckungshandlung auf Gläubigerantrag oder wegen Mangels gesetzlicher Voraussetzungen aufgehoben wird ( 212 Abs. 2 BGB); dem Antrag nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vollstreckungshandlung zurückgenommen wird oder die erwirkte Vollstreckungshandlung nach Absatz 2 aufgehoben wird ( 212 Abs. 3 BGB) 8. Wird vor einer Titelumschreibung geprüft, ob die Forderung verjährt ist? Die Erhebung der Einrede der Verjährung ist unabhängig von einer Titelumschreibung möglich. Vor der Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel kann der Schuldner angehört werden, das ist aber nicht zwingend ( 730 ZPO). Im Übrigen prüft der/die Rechtspfleger/in bzw die Urkundsperson beim Jugendamt vor einer Umschreibung nur, ob die Voraussetzungen nach 727 Abs. 1 ZPO vorliegen. Nicht geprüft wird, ob die titulierte Forderung materiell-rechtlich besteht oder ob ggf Einwendungen oder Einreden hiergegen erhoben werden können. Die Titelumschreibung ist nicht etwa davon abhängig, dass die Forderung auch materiell-rechtlich noch - besteht, also nicht zb durch Erfüllung oder Erlass erloschen ist (OLG Oldenburg FamRZ 1990, 899). Die entsprechende Einwendung muss der Schuldner ggf im Wege der Vollstreckungsgegenklage vorbringen, wenn der Rechtsnachfolger aus dem umgeschriebenen Titel vollstrecken sollte (vgl OLG Düsseldorf Rpfleger 1977, 67; OLG München FamRZ 1990, 653; Knittel, Beurkundungen im Kindschaftsrecht, 6. Aufl. 2005, Rn 418). Dasselbe gilt erst recht für die Einrede der Verjährung; denn ist eine Forderung verjährt, geht sie nicht etwa rechtlich unter. Der

- 6 - Schuldner kann lediglich nach Erhebung der entsprechenden Einrede die Leistung verweigern ( 214 Abs. 1 BGB). Deshalb kann der Rechtsnachfolger in eine Unterhaltsforderung die nunmehr erhobene Einrede der Verjährung nicht mit dem Einwand unterlaufen, der Schuldner hätte diese bereits vor der Titelumschreibung geltend machen müssen. 9. Was bedeutet Verwirkung? Grundsätzlich schließt die Hemmung der Verjährung nicht aus, dass im selben Zeitraum Verwirkung eintreten kann. Denn Unterhaltsansprüche können selbst bei noch nicht abgelaufener Verjährungsfrist auch verwirkt werden, wenn der Gläubiger über längere Zeit hinweg die Forderung nicht geltend macht und beim Schuldner das begründete Vertrauen hervorruft, er werde hierfür nicht mehr in Anspruch genommen (BGH FamRZ 1999, 1422; OLG Stuttgart FamRZ 1999, 859, 860; OLG-Report München 2002, 68; Gerhardt, in: Wendl /Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl. 2008, 6 Rn 135). Eine Verwirkung kommt nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde. Insofern gilt für Unterhaltsrückstände nichts anderes als für andere in der Vergangenheit fällig gewordene Ansprüche (BGHZ 84, 280, 281; BGH FamRZ 2002, 1698). Die Verwirkung ist eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben gem. 242 BGB und enthält den Vorwurf einer illoyal verspäteten Rechtsausübung an den Gläubiger. Sie setzt neben dem Zeitmoment, dh dem Ablauf eines längeren Zeitraums wofür bei Unterhalt bereits ein Zeitraum von ein bis drei Jahren genügen kann (BGH aao; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 972; JAmt 2001, 376, 377) auch ein Umstandsmoment voraus: Der Schuldner muss aus dem Verhalten des Gläubigers das berechtigte Vertrauen darauf ableiten können, dass dieser seinen Anspruch nicht mehr geltend machen werde (vgl hierzu Looschelders/Olzen, in: Staudinger, BGB, 2009, 242 Rn 306 m. umfangr. Nachw.).

- 7-10. Kann Verwirkung schon nach einjähriger Untätigkeit des Unterhaltsgläubigers eintreten? Der BGH hat in einem Urteil vom 10.12.2003 (XII ZR 155/01 = FamRZ 2004, 531) bereits den Ablauf von nur einem Jahr für ausreichend erachtet, wobei er betont hat, dass dies unterschiedslos für titulierte wie auch für nicht titulierte Forderungen gelte: Wie der Senat bereits wiederholt zu nicht titulierten Unterhaltsrückständen entschieden hat (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 = FamRZ 2002, 1698, 1699), spricht viel dafür, bei derartigen Ansprüchen an das Zeitmoment der Verwirkung keine strengen Anforderungen zu stellen. Von einem Unterhaltsgläubiger muß eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, daß er sich zeitnah um die Durchsetzung des Anspruchs bemüht. Anderenfalls können Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. Abgesehen davon sind im Unterhaltsrechtsstreit die für die Bemessung des Unterhalts maßgeblichen Einkommensverhältnisse der Parteien nach längerer Zeit oft nur schwer aufklärbar. Diese Gründe, die eine möglichst zeitnahe Geltendmachung von Unterhalt nahelegen, sind so gewichtig, daß das Zeitmoment der Verwirkung auch dann erfüllt sein kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen. Denn nach den gesetzlichen Bestimmungen der 1585 b Abs. 3, 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB verdient der Gesichtspunkt des Schuldnerschutzes bei Unterhaltsrückständen für eine mehr als ein Jahr zurückliegende Zeit besondere Beachtung. Diese Erwägungen treffen im wesentlichen auch auf titulierte Unterhaltsansprüche zu, die, wie im vorliegenden Fall, erst nach ihrer Titulierung fällig geworden sind. Zwar spielt es, sobald Unterhaltsansprüche tituliert sind, keine Rolle, daß die Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ablauf längerer Zeit oft nur schwer aufklärbar sind. Dabei handelt es sich aber nicht um ein besonders gewichtiges Argument, das für eine Verkürzung des Zeitmoments der Verwirkung bei nicht titulierten Unterhaltsforderungen spricht. Entscheidend ist vielmehr der Schuldnerschutz. Von einem Unterhaltsgläubiger, dessen Ansprüche bereits vor ihrer Fälligkeit tituliert sind, kann mindestens ebenso wie von einem Berechtigten, der über keinen Titel verfügt, erwartet werden, daß er seine Ansprüche zeitnah durchsetzt (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Juni 1999 - XII ZA 3/99 - FamRZ 1999, 1422). In beiden Fällen können ansonsten Unter-

- 8 - haltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. Der Schuldnerschutz verdient es somit auch im Falle der Titulierung künftig fällig werdender Unterhaltsforderungen, besonders beachtet zu werden, weshalb auch in diesen Fällen das Zeitmoment bereits nach dem Verstreichenlassen einer Frist von etwas mehr als einem Jahr als erfüllt anzusehen sein kann. Dieser Bewertung entspricht auch die gesetzliche Regelung der Verjährung von Unterhaltsansprüchen, die wie die Verwirkung unter anderem dem Schuldnerschutz dient. Danach verbleibt es nämlich gemäß 218 Abs. 2 i.v. mit 197 BGB a.f. (jetzt 197 Abs. 2 BGB i.v. mit 195 BGB) auch im Falle der Titulierung von zukünftig fälligen Unterhaltsansprüchen bei der kurzen Verjährungsfrist des 197 BGB a.f., um das Anwachsen von Rückständen zu verhindern, die den Schuldner wirtschaftlich gefährden würden, was der Fall wäre, wenn auch diese künftigen Ansprüche der gewöhnlichen 30-jährigen Verjährung titulierter Ansprüche unterlägen. 11. Muss sich der Schuldner ausdrücklich auf eine Verwirkung berufen? Anders als die Verjährung, welche als Einrede nur dann zu berücksichtigen ist, wenn sich der Schuldner ausdrücklich auf ein Leistungsverweigerungsrecht beruft ( 214 Abs. 1 BGB), muss die Verwirkung ggf auch von Amts wegen durch ein im Streitfall mit der Unterhaltsforderung befasstes Gericht berücksichtigt werden, also unabhängig davon, ob sich die begünstigte Partei darauf beruft (st. Rspr vgl BGHZ 3, 94, 103 f; 54, 222; BGH NJW 1966, 343, 345). Pfändet beispielsweise der Unterhaltsgläubiger wegen der aufgelaufenen Rückstände Arbeitslohn des Schuldners und zahlt der Arbeitgeber nicht, muss das Arbeitsgericht im Rahmen der Drittschuldnerklage jedenfalls bei offenkundigen Anhaltspunkten hierfür auch von sich aus prüfen, ob die Geltendmachung der Forderung durch den Gläubiger nicht wegen Verwirkung treuwidrig isv 242 BGB ist. 12. Wer trägt im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast für eine Verwirkung? Die Darlegungs- und Beweislast für die konkreten Voraussetzungen der Verwirkung seitens des Gläubigers trägt grundsätzlich der Schuldner (hierzu Looschelders/Olzen, in: Staudinger aao Rn 332). Allerdings muss der Gläubiger nach entsprechendem Beklagtenvortrag seinerseits substanziiert darlegen, wann und unter welchen Um-

- 9 - ständen er sein Recht geltend gemacht hat (BGH NJW 1958, 1188, 1189; Roth, in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2007, 242 BGB Rn 315; Baumgärtel Anm. zu BGH 13.12.1984, III ZR 20/83 = JZ 1985, 540). 13. Wie kann der Gläubiger den Eintritt der Verwirkung verhindern? Gegen eine Verwirkung im jeweiligen Einzelfall spricht, wenn der Gläubiger den Schuldner nachweislich durch periodische Mahnungen an seine ausstehende Zahlungspflicht erinnert hat. Es genügt also, wenn er ihm jährlich eine Aufstellung über die jeweils bestehenden Rückstände übermittelt und sinngemäß zum Ausdruck bringt, dass deren Begleichung weiterhin erwartet werde. Diese Zustellung einer derartigen Aufforderung durch Einschreiben mit Rückschein kann als Vorsichtsmaßnahme im Einzelfall angezeigt sein, wenn mit einem Bestreiten des Zugangs durch den Schuldner gerechnet werden muss. Nicht erforderlich ist, dass insoweit die Zwangsvollstreckung versucht wird, obwohl ein solches Vorgehen im Regelfall nahe liegt, es sei denn, sie erscheint derzeit aussichtslos. Auch Zahlungen des Schuldners auf die bestehenden Rückstände sprechen gegen die Annahme einer Verwirkung. Dasselbe gilt dann, wenn er etwa bei einer Vorsprache im Jugendamt erneut ausdrücklich seine Tilgungsverpflichtung bezüglich der Rückstände anerkennt und unter sinngemäßer Bitte um weitere Stundung hierfür eine Zahlungsmodalität anbietet. 14. Können nur Vollstreckungsmaßnahmen oder auch Mahnungen die Verwirkung hindern? a) Mitunter wird die Meinung vertreten, nur Zwangsvollstreckungsmaßnahmen seien geeignet, das Umstandsmoment der Verwirkung zu vermeiden. Sonstige Formen der Geltendmachung des titulierten Unterhalts, namentlich Mahnungen oder eine ausdrückliche Stundungserklärung, reichten nicht aus. Diese Auffassung kann auf Gerhardt (in: Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Aufl. 2011, 6 Rn 146) berufen:

- 10 - Beim Umstandsmoment ist auf die Untätigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen abzustellen; ist eine Vollstreckung ohne weiteres möglich, weil der Pflichtige in einem geregelten Arbeitsverhältnis steht, ist das Umstandsmoment zu bejahen, wenn nichts unternommen wird (Fn. 23: OLG München FamRZ 2002, 68). In der zitierten Entscheidung, deren Fundstelle im Übrigen in dem Zitat nicht korrekt angegeben ist (OLG München 29.08.2001, 12 UF 1043/01 = OLG-Report München 2002, 68) wird wörtlich dargelegt: [3] Das FamG hat zu Recht ausgeführt, dass die Vollstreckung eines Teils des titulierten Kindesunterhaltsrückstandes aus dem Gesichtspunkt der illoyal verspäteten Rechtsausübung verwirkt ist (BGH v. 16.6.1999 - XII ZA 3/99, FamRZ 1999, 1422). Der für eine Verwirkung nach 242 BGB erforderliche Zeit- und Umstandsmoment ist vom Grundsatz her gegeben (vgl. BGH v. 13.1.1988 - IVb ZR 7/87, MDR 1988, 481 = FamRZ 1988, 370). [4] Die Beklagte hat zwar zutreffend ausgeführt, dass hierfür den Kläger die Darlegungs- und Beweislast trifft, nachdem es sich um eine rechtsvernichtende Einwendung handelt. Der Sachverhalt ist insoweit aber unstreitig. Nachdem es sich um eine Verwirkung der Vollstreckung aus einem Titel handelt, ist allein maßgebend, ob die Beklagte, bzw. das Kind, das sich ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters nach 278 BGB anrechnen lassen muss, in der Zeit ab Einstellung der Unterhaltsleistung 1993 Vollstreckungsversuche unternommen hat. Dies war bis Mai 2000 unstreitig nicht der Fall. [5] Wie der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 25.10.2000 zeigt, wäre eine Zwangsvollstreckung aber ohne weiteres möglich gewesen, nachdem der Kläger in einem festen Arbeitsverhältnis steht. Damit ist sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment gegeben. b) Die Auffassung, dass nur Zwangsvollstreckungsmaßnahmen den Eintritt der Verwirkung hindern können, ist aber nicht überzeugend und auch keineswegs unbestritten. So hat das OLG Celle (10.04.2008, 17 UF 217/07 = FamRZ 2008, 2230) bemerkt: [14] Entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung lässt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Verwirkung titulierter Unterhaltsrückstände und der darin gebrauchten Wendung über die Durchsetzung mit Hilfe des Titels (BGH Beschluss vom 16. Juni 1999 - XII ZA 3/99 - FamRZ

- 11-1999, 1422; vgl. auch BGH Urteil vom 10. Dezember 2003 - XII ZR 155/01 - FamRZ 2004, 531, 532) weder unmittelbar noch zwischen den Zeilen das Erfordernis entnehmen, dass der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum ausschließlich durch eine Tätigkeit des zuständigen Vollstreckungsorgans beendet werden könnte. Die Durchsetzung mit Hilfe des Titels kann in diesem Sinne schon mit der ernsthaften außergerichtlichen Aufforderung an den Schuldner beginnen, die titulierte Forderung zu zahlen; dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie es im vorliegenden Fall unzweifelhaft der Fall gewesen ist - der außergerichtlichen Aufforderung zeitnah eine Vollstreckungsmaßnahme folgt. Denn anders als im Falle von Verjährung und Ausschlussfristen muss der Gläubiger bei der Verwirkung nicht darum besorgt sein, innerhalb bestimmter Fristen konkrete prozessuale Handlungen vorzunehmen, sondern es kommt für ihn allein darauf an, beim Schuldner kein berechtigtes Vertrauen dahingehend entstehen zu lassen, dass sich der Gläubiger mit der Nichtzahlung endgültig abgefunden habe. Es ist für den Senat kein sachlich gerechtfertigter Grund ersichtlich, warum zur Abwendung der Verwirkungsfolgen für den Gläubiger eines nicht titulierten Unterhaltsanspruchs jede geeignete außergerichtliche Tätigkeit hinreicht, während von einem Titelgläubiger in jedem Falle eine Kosten auslösende Einzelvollstreckungsmaßnahme erwartet werden sollte. c) Noch weitergehend wird in obergerichtliche Rechtsprechung die Verwirkung schon dann ausgeschlossen, wenn der Gläubiger im maßgebenden Zeitrahmen den Schuldner nur gemahnt hat, ohne anschließend zur Vollstreckung zu schreiten. Ein Beispiel ist das Urteil des OLG Naumburg (01.12.2009, 3 UF 71/09 = FamRZ 2010, 1090 [Ls]): [41] Unter den hier vorgefunden Umständen kann entgegen der Auffassung des Klägers von einer Verwirkung des titulierten (und außergerichtlich vereinbarten) Unterhalts durch den Beklagten nicht ausgegangen werden; weder Zeit- noch Umstandsmoment lassen einen derartigen Schluss zu. Denn der Beklagte hat - und das bestreitet der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr - im Laufe der Jahre wiederholt unter nachvollziehbarer Darstellung des gezahlten und nichtgezahlten Unterhalts auf die Rückstände hingewiesen und an diesen appelliert, den laufenden Unterhalt ordnungsgemäß zu entrichten und hierneben auf die Rückstände angemessene Zah-

- 12 - lungen zu erbringen. Das war schon 1999 (Schreiben vom 21.12.1999 Blatt 103 II d.a.) und im Jahre 2000 (Schreiben vom 18.01.2000 und 13.07.2000) der Fall und ging weiter mit Schreiben vom15.07.2004, 22.07.2004 und 05.08.2004 sowie 15.02.2005 und 22.04.2005 sowie letztmalig vor Einleitung der Zwangsvollstreckung nach Eintritt der Volljährigkeit des Beklagten am 12.01.2006. [42] Angesichts der dortigen Darstellung - zu keinem Zeitpunkt hat der Kläger etwa den Darstellungen widersprochen oder den Einwand der Verwirkung gegen den Beklagten angebracht - musste es für den Kläger als stark säumigen, um die nicht unerheblichen Rückstände wissenden Unterhaltsschuldner klar sein, dass der Beklagte darauf nicht verzichtet hat und er sich auch nicht darauf einstellen konnte, dass die Rückstände nicht gefordert werden. Diese Umstände lassen also den Schluss auf Verwirkung gerade nicht zu. [43] Dass der Beklagte in manchen an den Kläger gerichteten Schreiben nicht stets seine Forderungen wiederholt hat, steht dem nicht entgegen, noch dazu - wie ausgeführt- eine kritische Reaktion des Klägers auf die übrigen Schreiben unterblieben ist. [44] Dem steht mit Blick auf das Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 12.01.2006 auch nicht das Schreiben des M. -Kreises vom 16.11.2005 entgegen, dass sich ohnehin nur zum Unterhaltsvorschuss verhält. [45] Da auch, wie dargestellt, aus der zeitlichen Abfolge der Forderungen ein Schluss auf eine Verwirkung nicht möglich ist, greift der Verwirkungseinwand des Klägers insgesamt nicht. Dass der Beklagte im Hinblick auf das negative Zahlungsverhalten des Klägers nicht schon früher die Vollstreckung eingeleitet hat, lässt die Sache nicht in einem anderen Licht erscheinen. Denn einerseits reicht es, wie das Oberlandesgericht Celle unter dem 10.04.2008 ausführt (vgl. OLG Celle FamRZ 2008, 2230), dass der Unterhaltsgläubiger den Unterhaltsschuldner außergerichtlich wiederholt und ernsthaft - wie hier - auffordert, zu zahlen, so dass bei diesem nicht der Eindruck entstehen kann, auf die Forderungen werde verzichtet. d) Auch die nachfolgenden Entscheidungen gehen in dieselbe Richtung: OLG Brandenburg 12.07.2011, 10 UF 115/10 = FamRZ 2012, 1223 OLG Brandenburg 20.09.2007, 9 UF 107/07 = FamRZ 2008, 906

- 13 - OLG Saarbrücken 09.09.2010, 6 UF 29/10 = MDR 2011, 168 Anmerkung: In diesen Entscheidungen ist jeweils die Rede davon, dass es für den Ausschluss der Verwirkung ausreichen könne, den Schuldner mit den Rückständen zu konfrontieren, ggf durch Gespräche (OLG Brandenburg 12.07.2011 aao) bzw ihn zur Zahlung aufzufordern (OLG Brandenburg 20.09.2007 aao) oder ihm Zahlungsaufforderungen bzw Mahnungen zukommen zu lassen (OLG Saarbrücken 09.09.2010). e) Nach alldem überzeugt es schon vom Ansatzpunkt her nicht, nur Vollstreckungsmaßnahmen als Verwirkungshindernisse gelten zu lassen. Das wird in maßgeblicher obergerichtlicher Rechtsprechung anders beurteilt und lässt sich auch nicht etwa aus Erkenntnissen des BGH ableiten, wie das OLG Celle aao dargelegt hat. Dass bei Rückständen, die über zwei bis höchstens drei Jahre hinausgehen in dem zitierten Fall des OLG München ging es um mehr als acht Jahre sich mit jedem weiteren Monat die Frage dringlicher stellt, weshalb es der Gläubiger jeweils bei bloßen Saldenmitteilungen und Zahlungsaufforderungen belassen hat, anstatt bei gegebener Möglichkeit hierzu und anhaltender Zahlungsverweigerung des Schuldners diesen auch durch einen Vollstreckungsantrag Nachdruck zu verleihen, muss klar gesehen werden. Ein dennoch weiterhin untätiger Gläubiger hat somit keine Gewähr dafür, dass im späteren Streitfall nicht doch das Umstandsmoment der Verwirkung bejaht werden könnte, wenn der Schuldner sinngemäß vorbringt, er habe die offenbar zahnlosen Mahnungen letztlich nicht mehr als Ausdruck eines vorhandenen Durchsetzungswillens der Gläubigerseite aufgefasst. Dass es hierbei jeweils auf die Gegebenheiten des Einzelfalls ankommen kann, braucht nicht hervorgehoben zu werden. f) Wenn ein Unterhaltsschuldner erklärt, sein Einkommen sei so gering, dass er nicht einmal den laufenden Unterhalt in voller Höhe zahlen könne und der Gläubiger im Hinblick darauf von Vollstreckungsmaßnahmen bezüglich der Rückstände absieht wobei er ausdrücklich sein weiteres Interesse an deren späterer Einziehung zum Ausdruck bringt überzeugt es in keiner Weise, hierin eine illoyale Verspätung der Rechtsausübung zu sehen, wie die gängige Umschreibung der Verwirkung lautet. Vielmehr ist dann die Einschränkung zu beachten, die Gerhardt (aao) wie folgt formuliert:

- 14 - Ist eine Vollstreckung dagegen nicht erfolgsversprechend, weil der Pflichtige unbekannten Aufenthalts ist, laufend den Arbeitsplatz wechselt oder kein pfändbares Einkommen hat, wird das Umstandsmoment regelmäßig zu verneinen sein. Dem ist jedenfalls der Fall gleichzustellen, dass das pfändbare Einkommen des Schuldners nach eigenem Bekunden so gering ist, dass nicht einmal der laufende Unterhalt in voller Höhe gezahlt werden könnte, geschweige denn, dass Rückstände eingezogen werden könnten. 15. Gelten diese Grundsätze auch für einen Rechtsnachfolger? Da der Anspruch im Fall einer gesetzlichen Rechtsnachfolge nicht seinen rechtlichen Charakter als Unterhaltsforderung verliert, gelten diese Grundsätze unabhängig davon, ob der ursprüngliche Gläubiger oder der Rechtsnachfolger es unterlassen hat, den Anspruch zeitnah geltend zu machen bzw zu vollstrecken. Wesentlich ist allein, ob sowohl das Zeitmoment als auch das Umstandsmoment der Verwirkung erfüllt sind, sodass ein schutzwürdiges Vertrauen des Schuldners darauf, für den betreffenden Unterhaltszeitraum nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, bejaht werden kann. Darauf wird auch in Nr 7.3.3. der UVG-RL, letzter Absatz, wie folgt hingewiesen: Verwirkung Bereits vor der Verjährung des Unterhaltsanspruchs kann es zu dessen Verwirkung ( 242 BGB) kommen. Deshalb muss das Rückgriffsverfahren mit der Antragstellung beginnen (vgl. RL 7.). Anderen falls droht die Verwirkung des Anspruchs, wenn der Gläubiger durch sein Verhalten beim Schuldner den nachvollziehbaren Eindruck hervorruft, er wolle den Anspruch nicht mehr geltend machen. Gerade bei Unterhaltsansprüchen sind an den Zeitraum der Nichtverfolgung des Anspruchs keine großen Anforderungen zu stellen, da der Unterhaltsgläubiger grundsätzlich lebensnotwendig auf Unterhaltsleistungen angewiesen ist. Der BGH geht davon aus, dass eine Verwirkung nahe liegt, wenn der Unterhaltsgläubiger den Unterhaltsanspruch für Zeitabschnitte, die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen, nicht geltend macht (BGH vom 10.12.2003 - XII ZR 155/01). Dies gilt

- 15 - für die Geltendmachung von noch nicht titulierten Ansprüchen und für die Vollstreckung eines vorhandenen Unterhaltstitels. 16. Kommen verwirkungssauschließende Mahnungen des Kindes für seinen eigenen Unterhalt auch einem Rechtsnachfolger für den übergegangenen Unterhaltsanspruch zugute? Wenn ein Kind ohne das Bestehen einer treuhänderischen Rückübertragung eigene ihm verbliebene Unterhaltsrückstände anmahnt, kann dies nicht den Eintritt der Verwirkung bezüglich anderer, auf einen Rechtsnachfolger übergegangener Unterhaltsforderungen verhindern, wenn dieser insoweit untätig bleibt. Es wäre also verfehlt, wenn UVG-Stelle, Jobcenter usw sich jeweils darauf verlassen würden, dass das Kind zb über seinen Beistand seine eigenen Unterhaltsansprüche geltend mache und selbst deshalb über längere Zeit hinweg von der Einziehung gesetzlich übergegangener Ansprüche absehen würden. Diese getrennte Betrachtung gilt selbstverständlich auch im umgekehrten Fall: Mahnt die UVG-Stelle den Schuldner wegen gem. 7 Abs. 1 UVG übergegangener Ansprüche, kommt dies nicht dem Kind zugute, wenn es seine eigenen Unterhaltsforderungen gegenüber dem Schuldner nicht geltend macht. Anders ist dies im Fall treuhänderischer Rückübertragung: Da sämtliche Forderungen wieder in der Hand des Kindes vereint sind, erfasst eine entsprechende Zahlungsaufforderung seines gesetzlichen Vertreters an den Schuldner sämtliche Rückstände, unabhängig davon, ob sie dem Kind selbst oder dem Übergangsgläubiger zustehen. 17. Können Forderungen auch dann verwirkt sein, wenn der Gläubiger aus rechtlichen Gründen etwa während des Insolvenzverfahrens oder der Wohlverhaltensperiode an einer Vollstreckung gehindert ist? Es erscheint bereits fraglich, ob der Gläubiger, der wegen eines gesetzlichen Verbots gar nicht vollstrecken darf, sich treuwidrig in diesem Sinne verhalten kann, solange im Einzelfall dieses Verbot gilt. Jedenfalls ist ein Gläubiger aber auf der sicheren Seite, wenn er dem Schuldner innerhalb der für das Zeitmoment der Verwirkung unterhaltsrechtlich maßgebenden

- 16 - Jahresfrist jeweils routinemäßig, zb durch entsprechende Schreiben, zu verstehen gibt, dass er nach wie vor an der Einziehung der bestehenden Forderung interessiert ist und diese (falls sie nicht aus anderen Gründen wie etwa die erteilte Restschuldbefreiung erloschen ist) wieder geltend machen wird, sobald das Vollstreckungshindernis entfällt.