Denn sie wissen nicht, was sie tun. Anstöße für mehr nachhal9gen Konsum

Ähnliche Dokumente
Nudging. Die Gestaltung einer gesunden Entscheidungsarchitektur

MIT NUDGING KLIMAFREUNDLICHES VERHALTEN ANSTOSSEN Jahreskongress der Energieagentur Rheinland-Pfalz

ein alternativer Regulierungsansatz

Wie die Verhaltenswissenschaften Verhalten verändern zur aktuellen Diskussion. Ralph Hertwig

Ethik und Technikbewertung

Nachhaltiger Konsum und verhaltensbasierte Verbraucherpolitik

Verantwortung in Zeiten der Ratlosigkeit

Ordnungspolitische Probleme von Nudging und staatlicher Verbraucherschutzpolitik

Konsum und Moral Wie steht es um die Verantwortung des Verbrauchers?

Das mediale Angebot ist vielfältig (1) Internet- Portale

Konsum: Zwischen Egoismus und Verantwortung

10. Internationale Energiewirtschaftstagung an der TU Wien IEWT 2017

Clausthal University of Technology IEWT Wien,

Erweitere Verantwortung des Konsumenten in der kollaborativen Ökonomie? Jahrestagung von IÖW und VÖW, 08./ Dr.

Welche Moral hätten Sie denn gern?

Zur Akzeptanz von Tierwohl -Produkten - Neue Formen der Einstellungsmessung beim Konsum von Fleisch und Wurst

Von Hürden und Abkürzungen

13. Februar 2017 Der Wert von Versorgungssicherheit mit Strom: Evidenz für deutsche Haushalte

Instrumente auf Unternehmensebene

Wahrnehmung und Reaktion von Verbrauchern auf den Carbon Footprint

Fairness aus Sicht der Laien

Freiheit und Selbstbestimmung Zur Philosophie Harry G. Frankfurts

Wie nachhaltig ist der Nachhaltigkeitstrend für die Weinwirtschaft in Rheinhessen?

Future Room. Entecken Sie die Zukunft Ihres Unternehmens

a. Univ. Prof. Dr. Georg Hans Neuweg Konturen moderner Verbraucherbildung

Impulse zur Verhaltensänderung

Ziele und konkrete Ansatzpunkte einer nachhal4gen und kreislauffähigen Produktgestaltung aus Sicht des Produktdesigns

ANUGA Köln Veranstaltung des Forums Nachhaltiger Kakao e.v. FOTODOKUMENTATION. 12. Oktober 2015 I Koelnmesse

Der Product Carbon Footprint: ein Schritt auf dem Weg zum nachhaltigen Wirtschaften?

Globalisierung, Nachhaltigkeit, Zukunft

WIR ÜBER UNS: Leitbild und Unternehmensphilosophie von HOSTI (MuAergesellschaE der Tedeco- Gizeh GmbH)

Konsum Zwischen Egoismus und Verantwortung

Ergebnisdokumentation: C1 Nachhaltiger Konsum: Die Bedeutung der Rebound-Effekte in der Wirtschaft

3 PPP als innovativer Ansatz im Kampf gegen HIV/AIDS in Südafrika: Der konzeptionelle Rahmen 62

forum wirtschaftsethik online-zeitschrift des dnwe Ausgabe 2/2014

Ethik in der Wirtschaftskommunikation. Wo liegen die moralischen Grenzen von modernem Customer Marketing?

Entwicklung, Erprobung und Verbreitung von Konzepten zum nachhaltigen Produzieren und Konsumieren in der Außer-Haus-Verpflegung

Corporate & Consumer Responsibility

Martin G. Kocher (LMU) Verhaltensökonomik. Theorien der Sozialpolitik auf dem Prüfstand Darmstadt, 19. November 2015

Hauptsache billig!? Verbraucherverhalten zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Nachhaltige Konsumstile Möglichkeiten der Beeinflussung. Univ.-Prof. Dr. Ingo Balderjahn. Universität Potsdam

Rechtliche Aspekte der Werbung mit Carbon-Footprint-Labeln

KOMMUNIKATION MIT VERSICHERTEN WAS LEHRT UNS DIE VERHALTENSÖKONOMIK?

Sojagranulat wie nachhaltig ist es wirklich?

UNIVERSITÄT HOHENHEIM. Matthias Mueller

Postwachstumsgesellschaft. Ringvorlesung Postwachstumsökonomie, Universität Oldenburg Angelika Zahnt,

CSR-Kommunikation für Konsumentenverantwortung

Nachhaltige Entwicklung im Europarecht

NACHHALTIGKEIT PHILOSOPHISCH HINTERFRAGT

Informationsveranstaltung PEF Erkenntnisse aus der BAFU Beteiligung an der Pilotphase Frank Hayer, Abteilung Ökonomie und Innovation, BAFU

Attraktiv. Nachhaltig. Gesund.

Durch grüne Produkte zu umweltbewussteren Konsumentinnen und Konsumenten? Wie man umweltfreundliche Produkte nachhaltig erfolgreich macht

Inhalt. Eine 8ergerechte nachhal8ge Produk8on, die den Gesetzen und Kundenerwartungen gerecht wird: Die Quadratur des Kreises?

Nachhaltiger Konsum: Wirksamkeit und Effekte von Einflussoptionen

Virtual Economies. Bernhard Müller. Virtual Economies Bernhard Müller Seite 1

Ursachen von Veränderungsprozessen im Gartenbau und verändertes Konsumentenverhalten. Stephan Meyerding

Vom politischen Neutrum zum Rebellen?

ADVICE PARTNERS Strategie Kommunikation Management. Der Faktor Mensch: Mehr IT-Sicherheit durch Problembewusstsein

Modul Ethik in der Biologie

Green and Sustainable Remediation - Stand der Entwicklung Dr. Thomas Held

Verhaltensökonomik und Gesundheitsökonomik. Eine Gegenüberstellung

LOCAL HEROES & GLOBAL PLAYERS Geschäftsmodelle der Sharing Economy zwischen Gewinn und Gemeinsinn Dr. Rahel Falk

Innova&onen für Nachhal&gkeit Mit Design Thinking Mitarbeiterpotenziale wecken. Webinar am 4. Mai 2018

Das Profilfach»Konsumentenverhalten«

Nudging in der Verbraucherpolitik

Einführung in die Naturschutzethik

6. Februar 2019 Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung Dresden

3. Forum Klimaökonomie Gerechter Klimaschutz - Geht das? Gerechtigkeit und Vorreiter in der internationalen Klimapolitik. 4.

Herausforderungen für die Entkoppelung von Naturverbrauch und Wirtschaftswachstum

FÜHRUNGSKRÄFTEMANGEL IN LANDWIRTSCHAFTLICHEN UNTERNEHMEN: EINE GESCHLECHTSSPEZIFISCHE ANALYSE DER ER- WARTUNGEN UND ZIELE VON NACHWUCHSKRÄFTEN

Mehr Effizienz durch Energieeffizienz-Netzwerke. Jan-Hinrich Späth & Michael Bruns

Studie: PsyConversion!

Alternative Geldanlagen (ethisches Investment)

Vera Fricke. CSR-Kommunikation für. Konsumentenverantwortung. Chancen und Risiken. für einen nachhaltigen Konsum

Nachhaltigkeit im Handel

Der Verbraucher im Energiemarkt - das unbekannte, überforderte Wesen?

Konsumentenentscheidungen in der Welt der Erneuerbaren

EINKAUF VON BIO- LEBENSMITTELN IN ÖSTERREICH

Nachhal&gkeit, Lebenswelt und Hochschule. David Löw Beer Präsenta2on im Forum Nachhal2gkeit der TU Clausthal 18. September 2012

Die Geschichte vom Blumentopf und dem Bier. Golfbälle lle und Bier wir über Suffizienz reden? Und die Moral von der Geschicht?

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

Das Profilfach»Konsumentenverhalten«

Der Ökologische Fußabdruck im Unterricht

Bedeutung einer Nachhaltigkeitsstrategie im globalen Wettbewerb

Einführung in die Naturschutzethik

Personalmanagement 2020

Einladung zur Auftaktveranstaltung 2014 von Forum Zukunft, Baden-Baden, e.v.

Fachtagung: Kommunale Finanzpolitik zwischen Verantwortung, Partizipation und Parteienkonkurrenz

Ethische Fragen im Kontext der Digitalisierung der Kinder- und Jugendhilfe. Prof. Dr. Nadia Kutscher Köln 25. November 2017

Nachhaltiger Konsum. Welche Rolle neue Technologien dabei spielen können

Grund- und Menschenrechte > Wirtschaftsfreiheiten. Wirtschaftsfreiheiten > Grund- und Menschenrechte

Judith Blickle. Unternehmerische Verantwortung in. einer globalisierten Welt

Ludger Heidbrink Vorträge und Tagungen (Auswahl)

Soziale Normen nachhaltiger Ernährung und Chancen für Veränderungen von Alltagpraktiken. Jana Rückert-John

Vom Wünschen, Wollen und Umsetzen. Motivation und Selbstregulation für Umweltverhalten

Schulcurriculum für das ab dem Schuljahr 18/19 neu eingeführte Fach Wirtschaft, Berufs- und Studienorientierung (WBS), Klasse 8

Mehr Wert(e): Nachhaltige Innovationen für nachhaltigen Konsum. Stephan Füsti-Molnár 31. August 2015

Annika Schudak. Nutzergenerierte. Produktbewertungen im Web 2.0. Eine verbraucherpolitische Betrachtung

Transkript:

Denn sie wissen nicht, was sie tun. Anstöße für mehr nachhal9gen Konsum Forum Zukun* Wege in eine Kultur der Nachhal8gkeit Baden- Baden, 29.3.2014 Prof. Dr. Ludger Heidbrink Lehrstuhl für Praktische Philosophie Philosophisches Seminar Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Leibnizstr. 4 24118 Kiel heidbrink@philsem.uni-kiel.de

Übersicht 1. Zur Lage des moralischen Konsums 2. Die Hartnäckigkeit der FortschriIsidee 3. Verzerrtes Entscheidungsverhalten: Warum Menschen vorhersehbar irra8onal handeln 4. Nachhal8ge Gesellscha*sgestaltung und libertärer Paternalismus 5. Drei Wege zu nachhal8gerem Konsum 6. Eigenverantwortliche Selbstbindung: Odysseus oder der Großinquisitor 7. Schluss: Konsumentenleitbild und Konsumpoli8k

"! Making Sustainable Lives Easier. Sustainable Development Commission, GB 2012.

Backup

Eigene Verhaltensweisen ändern

Anders konsumieren Strukturen ändern Solargenossenschaft Essen eg

Andere Konsumenten mitnehmen

Alterna9ven schaffen Strukturen ändern Solargenossenschaft Essen eg

Unternehmen poli9sch beeinflussen

Social Commerce

Nachhal9ge Informa9on

Sharing Consump9on

Moralischer Konsum Immer mehr Verbraucher setzen sich mit den Folgen ihres Alltagskonsums auseinander ( Moralisierung der Märkte ). In 2011 haben 41 % der Verbraucher angegeben, häufig ethische Waren zu kaufen, während es 2009 noch 26 % waren (OIo Group Trendstudie 2011). Aber: Realer Marktanteil von sozialen und ökologischen Produkten liegt bei 4-8 % Zwischen der Einstellung und dem Handeln der Konsumenten exis8ert eine KluQ ( Mind Behaviour Gap )

Konsumentenverhalten Ursachen aus Sicht der neoklassischen Ökonomie Budget- Restrik8onen Mangelnde Alterna8ven Informa8onsasymmetrien Fehlanreize und Externalisierung von Kosten Zeitknappheit

Konsumentenverhalten Verhaltensökonomische Ursachen: Trägheit und Willensschwäche Prokas8na8on und Diskon8erung Überforderung durch Informa8onen und Op8onen Herdeneffekt (sozialer Einfluss) Verlustangst (Status Quo Bias)

Normen der Konsumentenverantwortung Norm der sozialen Verträglichkeit Norm der ökologischen Verträglichkeit Fürsorgepflicht der Konsumenten für sich selbst (Neuner 2008)

Verantwortungsbereiche von Konsumenten Prak8sche Ebenen der Konsumentenverantwortung Wirtscha*liche Materialströme dienen der Bedürfnisbefriedigung der Konsumenten (Marktverantwortung) Abs8mmung durch Produktwahl: Welches Angebot bleibt am Markt bestehen? Buy- und BoykoI vs. Schnäppchenmentalität Energieverbrauch bei der Nutzung, Rebound, Auswirkungen auf DriIe Wegwerfgesellscha*, z.b.lebensmiiel, die im Müll landen, Recycling, usw. Nachfrageverantwortung Nutzungsverantwortung Entsorgungsverantwortung

Konsequenzen Verändertes Verbraucherleitbild: vom souveränen Konsumenten zum überlasteten, zeitknappen, wenig kompetenten, bedingt interessierten, nicht immer disziplinierten Verbraucher (BMLV 2010) WirtschaQspoli9sche Maßnahmen: Verbraucherbildung Verbraucherinforma8on Verbraucherpar8zipa8on - Verbraucherlenkung Libertärer Paternalismus: Nudging durch Choice- Architecture (Sunstein/Thaler 2008, Sunstein 2014)

Maßnahmen 1. Informing Choice und Salience: Signifikante Informa8onen und einfache Feedback- Signale (z.b. Carbon Footprint, Smartmeter, Energie- Label) 2. Default Rules: Standardsetzungen mit Op8ng- Out (z.b. kommunaler Ökostrom, Sparmodus) 3. Social Norms: Einfluss von Peergroups und Wirksamkeit von Beobachtungssitua8onen (z.b. Role Models, Nachbarscha*sweIbewerbe, Verbreitung ökologischer Lebenss8le)

Fazit Ökonomische Konsumenten- souveränität Marktgrenzen und Verhaltens- defizite Moralische Konsumenten- souveränität