KOMMUNIKATION MIT VERSICHERTEN WAS LEHRT UNS DIE VERHALTENSÖKONOMIK?
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- Anneliese Hartmann
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1 KOMMUNIKATION MIT VERSICHERTEN WAS LEHRT UNS DIE VERHALTENSÖKONOMIK? Prof. Dr. Marlene Haupt 3. Sitzung der Facharbeitsgruppe Trägerübergreifende Vorsorgeinformation GVG, Berlin 17. November 2017
2 Gliederung 1. Verhaltensökonomik und Altersvorsorge und Kommunikation 2. Beeinflussung des Verhaltens 3. Relevante Nudges und Kommunikationshinweise 2
3 Verhaltensökonomik ist eine neuere Strömung der Wirtschaftswissenschaften (ab Ende der 1970er Jahre) stellt den Homo oeconomicus (rational, eigennützig, frei von Emotionen, vollständige Informationsaufnahme und -verarbeitung) als zentrale Annahme der Standard- Ökonomie in Frage ist relevant, da sie den erklärenden Charakter der Ökonomie durch die Bereitstellung eines realistischeren psychologischen bzw. sozialwissenschaftlichen Fundaments erhöht hilft durch die Untermauerung der Ökonomie mit diesen Erkenntnissen, theoretische Grundlagen, Prognosefähigkeiten und Elemente der Politikberatung zu verbessern und der Realität anzunähern 3
4 Verhaltensökonomik ist eine neuere Strömung der Wirtschaftswissenschaften (ab Ende der 1970er Jahre) stellt den Homo oeconomicus (rational, eigennützig, frei von Emotionen, vollständige Informationsaufnahme und -verarbeitung) als zentrale Annahme der Standard- Ökonomie in Frage ist relevant, da sie den erklärenden Charakter der Ökonomie durch die Bereitstellung eines realistischeren psychologischen bzw. sozialwissenschaftlichen Fundaments erhöht hilft durch die Untermauerung der Ökonomie mit diesen Erkenntnissen, theoretische Grundlagen, Prognosefähigkeiten und Elemente der Politikberatung zu verbessern und der Realität anzunähern 4
5 Verhaltensökonomik liefert Befunde für menschliche Realität begrenzte Rationalität begrenzte Willenskraft begrenzter Eigennutz ist in ihrer Methodik sehr stark durch die psychologische Forschung, also durch experimentelle Designs, geprägt setzt in der aktuelleren Forschung auch vermehrt andere Methoden und Techniken wie Felddaten, Computersimulationen und funktionelle Magnetresonanztomografie ein 5
6 Verhaltensökonomik und Altersvorsorge Meine diversifizierte Altersvorsorgestrategie 30 % Hoffnungen 30 % Wünsche 40 % Gebete Wenn Sie heute noch anfangen zu trinken, zu rauchen und sich ungesund zu ernähren reicht Ihr Vorsorgekapital sicherlich bis zum Lebensende 6
7 Verhaltensökonomik und Kommunikation Verletzung des Rationalitätsprinzips Verlustaversion und Informationspräsentation Bestätigungsirrtum Verletzung der intertemporalen Nutzenmaximierung Zeitinkonsistentes Verhalten und mangelnde Selbstkontrolle 7
8 Verlustaversion und Informationspräsentation (loss aversion) Viele Menschen sind übermäßig darauf bedacht, Verluste zu vermeiden Verluste wiegen im Urteil oft doppelt so schwer wie gleich große Gewinne Fixierung auf mögliche Verluste kann dafür sorgen, dass man sich langfristige Gewinne entgehen lässt Praxis: Beitragsraten sind höher, wenn die Entscheidung als Verlust formuliert wird ( Hören Sie auf, Geld zu verlieren ) als wenn sie als Gewinn dargestellt werden ( Beginnen Sie jetzt, Geld zu sparen ) 8
9 Bestätigungsirrtum (confirmation bias) Neigung, Informationen so auszuwählen, zu ermitteln und zu interpretieren, dass diese die eigenen Erwartungen erfüllen Tritt oft unbewusst auf, z. T. wird aber auch bewusst versucht, die eigenen Einstellungen, Meinungen oder getroffenen Entscheidungen gegen neue konträre Informationen zu verteidigen Allein die Kenntnis des Effekts kann bereits dazu führen, dass er abgeschwächt wird Praxis: Frühzeitig informieren, damit sich Einstellungen gar nicht erst manifestiert haben; verschiedene Szenarien darstellen (konterfaktisches Denken), systematische Darstellung der Wahrscheinlichkeit des Eintretens 9
10 Zeitinkonsistentes Verhalten und mangelnde Selbstkontrolle (limited self-control) Man weiß, dass man im Alter Ersparnisse benötigt und will langfristig Konsumverzicht leisten, kurzfristig siegt jedoch die Versuchung, heute zu konsumieren (Urlaub, Essen gehen), statt für morgen vorzusorgen Entsteht durch ein Gefüge von lang- und kurzfristigen Präferenzen Der Macher hat einen kurzfristigen Zeithorizont und ist auf den gegenwärtigen Konsum fokussiert, während der Planer auf die Nutzenmaximierung über den Lebenszyklus ausgerichtet ist Praxis: Selbstbindung als Schutz vor mangelnder Selbstkontrolle durch Save more tomorrow Sparpläne, Christmas Club, aus dem Auge, aus dem Sinn, Become your future you -Kampagne 10
11 Instrumente zur Beeinflussung des Verhaltens 1) Ge- und Verbote (Sanktionen, Strafandrohung) 2) Finanzielle Anreize 3) Verhaltensanstöße (Nudges, kleine Stupser in die richtige Richtung, erleichtern gute Entscheidungen) Maßnahmen, die das Verhalten von Menschen verändern können und diese in eine bestimmte Richtung schubsen (libertärer Paternalismus) Ausdrücklich keine Anordnungen oder Verbote, schließt also keine Optionen aus, verändert keine wirtschaftlichen Anreize Müssen leicht und ohne Aufwand zu umgehen sein 11
12 10 wichtige Nudges nach Sunstein (2014) (1) Standardvorgaben und automatische Beitrittsregelung (2) Vereinfachung statt Komplexität (3) Ausnutzen sozialer Normen (4) Hürden abbauen (5) Verständliche und leicht zugängliche Informationen (6) Warnhinweise (7) Selbstbindung und Selbstverpflichtung (8) Erinnerung und Ermahnung (9) Appell an Vorsätze (10) Informieren über vergangene Entscheidungen 12
13 10 Kommunikationshinweise 1) Verbringen Sie Zeit mit Ihren Kunden, um deren Präferenzen, Konfliktpunkte und Ambivalenzen zu verstehen. Unterschätzen Sie dabei nie den Konflikt zwischen Macher und Planer. Sprechen Sie also Emotionen und Logik an. 2) Werden Sie sich des Wissensstandes Ihrer Kunden bewusst, um zu entscheiden, was kommuniziert wird. 3) Passen Sie Ihre Kommunikation an verschiedene Zielgruppen (Berufseinsteiger, Frauen, Geringverdiener ) an, um die Wirksamkeit der Informationen spezifisch zu erhöhen. 4) Vermeiden Sie die Überflutung mit Informationen. 13
14 5) Kreieren Sie Nudges, damit ihre Kunden leichte und richtige Entscheidungen treffen können. 6) Verstehen und nutzen Sie also auch die Relevanz der Informationspräsentation (Reihenfolge, Vergleich, Assoziation). 7) Zeigen Sie die Bedeutung bzw. die große Chance der Entscheidung auf. 8) Widmen Sie auch subtilen Details ihre sorgfältige Aufmerksamkeit. 9) Bringen Sie Leichtigkeit in den Entscheidungsprozess. 10) Und zu Schluss: Auf Kommunikation kommt es an!!! 14
15 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Kontakt: Prof. Dr. Marlene Haupt Speyerer Str München Tel.:
16 Back up 16
17 Möglichkeiten der Ausgestaltung ergänzender Altersvorsorge [Haupt 2014] 17
18 Exkurs: Der Prozess der freiwilligen Altersvorsorge Kosten-Nutzen-Analyse Vorsorgeplanung Absicht Umsetzung Vorsorgesparen Absicht Umsetzung Ergebnis: Kein freiwilliges Altersvorsorgesparen Ergebnis: Freiwilliges Altersvorsorgesparen Eigene Darstellung in Anlehnung an Leinert [2006] 18
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