0,7 0,6 0,5 Welche Gerinnungsparameter außer FVIII sind zur Beurteilung der Plasmaqualität von Bedeutung? OD 0,4 0,3 0,2 0,1 0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1 1,2 Anti Fxa-Aktivität [IU/ml] Berlin, 21. November 2015 Birgit Bakowski-Enzian
Definition Die Hämostase ist ein Gleichgewicht von Wechselwirkungen der Blutzellen, Gefässsysteme, Plasmaproteine und niedermolekularer Substanzen. Perfekte Hämostase bedeutet: Keine Blutung und keine Thrombose
Zeitlicher Verlauf der Hämostase Verletzung Primäre Hämostase Sekundäre Hämostase Fibrinolyse Gefässkontraktion (sofort) Plättchenanhaftung (Sekunden) Plättchenaggregation (Minuten) Aktivierung der Gerinnungsfaktoren Fibrinbildung (Minuten) Aktivierung der Fibrinolyse (Minuten) Auflösung des Gerinnsels (Stunden)
Schematischer Verlauf des Wundverschlusses Primäre Hämostase Sekundäre Hämostase a) Gefäßkontraktion b) Plättchenanhaftung c) Fibrinbildung d) Retraktion Aus: Barthels M. & Poliwoda H. : Thieme 3. Aufl. [1987] S. 2
Verletzung Subendothel Tissue Factor Thrombozyten Adhäsion Aggregation PRIMÄRE HÄMOSTASE Gerinnungskaskade SEKUNDÄRE HÄMOSTASE Thrombozytenaktivierung Fibrinbildung Stabiles Gerinnsel
Hämostatisches Gleichgewicht Bildung FIBRIN Lyse fördernde Faktoren Inhibitoren fördernde Faktoren Inhibitoren Thrombose Blutung Aus: Jaenecke J.: Thieme 5.Edition [1996] Seite 12
Mitspieler der Gerinnung Faktoren Gerinnungsfaktoren Einzelfaktoren (meist Serinproteinasen, im Ruhezustand inaktiv als Proenzym) Kofaktoren Faktor V und VIII (Katalysatoren) Tissue Factor Substrate Fibrin(ogen)
Exogene Gerinnungsaktivierung Initiation Ausgangspunkt: Schädigung des Endothels Freisetzung von Tissue Factor Bildung des TF/FVII Komplexes
Exogene Gerinnungsaktivierung Initiation Aktivierung von FVII des Komplexes zu FVIIa Bildung von FXa Bildung von Thrombin
Exogene Gerinnungsaktivierung Endothelverletzung / aktivierte Plättchen TF / FVII-Komplex Faktor Xa Thrombin Fibrin
Exogene Gerinnungsaktivierung Amplifikation Aktivierung von FIX durch den TF / FVII- Komplex ( Josso-Schleife ) Ausbildung des Tenase-Komplexes Zusätzliche Generierung von Thrombin
Exogene Gerinnungsaktivierung Endothelverletzung / aktivierte Plättchen TF / FVII-Komplex FIXa Faktor Xa Thrombin Fibrin
Exogene Gerinnungsaktivierung Propagation Das durch Initiation und Amplifikation gebildete Thrombin aktiviert FXI zu FXIa Generierung zusätzlicher Tenase Verstärkte Bildung von Thrombin ( thrombin burst )
Exogene Gerinnungsaktivierung Propagation Zusätzliche Bereitstellung gerinnungsaktiver Oberflächen durch Thrombin als Plättchenaktivator Bildung großer Mengen Fibrin
Exogene Gerinnungsaktivierung FXIa Endothelverletzung / aktivierte Plättchen TF / FVII-Komplex FIXa Faktor Xa Thrombin Fibrin
Aktivierung der Gerinnung Kontaktaktivierung Kontakt mit unphysiologischen Oberflächen Physiologische Aktivierung Gewebeverletzung Arterosklerotische Plaques Stimulierte Zellen (Endothelium, Monozyten, Tumorzellen) FIX FXI a FIX a Verstärkung und Sicherung Tissue Faktor FVIIa FVIII a Ca 2+ PL FVIII i FX Prothrombin FX a FV a Ca 2+ PL FV i Thrombin Positives Feed-back Fibrinogen FIBRIN
Faktor VIII Wirksam erst nach Aktivierung zum Faktor VIIIa durch Thrombin (Abspaltung vom vwf) Keine eigene Enzymaktivität Beschleunigung der Aktivierung von Faktor X zum Faktor Xa fi Regulator bzw. Kofaktor Inaktivierung durch das Protein C-System
Synthese von Faktor VIII Leber A1 A2 B A3 C1 C2 Inaktive Vorstufe A1 A2 B A3 C1 C2 Prozessierung A1 A2 B A3 C1 C2 Aktiver Faktor VIII Me ++ nach Oldenburg
Faktor VIII in der Blutbahn Komplex mit von Willebrand-Faktor Me ++ A1 A2 B A3 C1 C2 Halbwertszeit ca. 12 h vwf
Faktor VIII in der Blutbahn Ohne von Willebrand-Faktor Me ++ A1 A2 B A3 C1 C2 Halbwertszeit ca. 1 h
Regulation der Faktor VIII-Aktivität Aktivierung Abspaltung des von Willebrand-Faktors durch Thrombin Inaktivierung Protein C-System Plasmin
Faktor VIII Indikator für die Stabilität des Plasmas Da Faktor VIII eine geringe Halbwertszeit hat
DIAGNOSTIK
Diagnostik Gerinnungsteste Chromogene Methoden Immunologische Methoden
Globalteste Exogene Gerinnung Thromboplastinzeit TPZ (Prothrombinzeit PT, Quickwert) Endogene Gerinnung aktivierte partielle Thromboplastinzeit aptt Umwandlung Fibrinogen zu Fibrin Thrombinzeit TZ
Einzelfaktorbestimmungen Messprinzip - Verdünnte Probe + Überschuß Mangelplasma - Messung der Gerinnungszeit - Verlängerung der Gerinnungszeit ist abhängig von der Faktor-Konzentration
Einzelfaktorbestimmungen Exogene Faktoren: II, V, VII, X Quickwert Endogene Faktoren: VIII, IX, XI, XII aptt
Diagnostik Gerinnungsteste Chromogene Methoden Immunologische Methoden
Typische Konzentrationen Normalwerte im Plasma FVIII 50-150 % 0,5-1,5 IU/ml 0,1 mg/l FVII 60-170 % 0,6-1,7 E/ml 0,5 mg/l FVIIa 0,5 8,4 ng/ml ca. 1 % des inaktiven FVII (Aktivität) ca. 0,025 ng/ml (Antigen) FIX 90 100 % ca. 5 mg/l FIXa gebunden an Rezeptoren FXI 70 120 % 0,7 1,2 E/ml 4 6 mg/l FXIa Autokatalytische Aktivierung FX 70 120 % 0,7 1,2 E/ml 8 10 mg/l
Prinzip der Messung H 2 N ENZYM Spaltstelle pna COOH Synthetisches Substrat Natürliches Substrat
Chemische Struktur Natürliches Substrat Synthetisches Substrat Messung der FXa-Aktivität mit dem chromogene Substrat S-2222
Vergleich chromogene / Gerinnungsmethode Faktor VIII Gerinnungsmethode (one-stage) Probe + Mangelplasma PL, Ca 2+, Aktivator Gerinnungszeit Vorteil: Nachteil: Weitverbreitete Methode Schnelle, einfache Messung Störfaktoren beeinflussen Richtigkeit und Präzision Sensitiv für voraktivierte Proben Falsch-hohe Werte bei Konzentraten Hoher Verbrauch von Mangelplasma
Vergleich chromogene / Gerinnungsmethode Faktor VIII Chromogene Methode Faktor X Faktor IXa, PL, Ca 2+ Faktor VIII (Probe) Faktor Xa Faktor Xa S-2765 Peptid + pna (gelb) Hohe Präzision European Pharmacopeia: Messung von Konzentraten Kein Mangelplasma erforderlich Messbereich: 0,005 1,5 IU/ ml (0,5 150 %)
Diagnostik Gerinnungsteste Chromogene Methoden Immunologische Methoden
Immunologische Methoden Latex-Agglutination Beschichtung von Latex-Partikeln mit spezifischen Antikörpern Bindung des gesuchten Antigens der Probe Ł Agglutination der Latex-Partikel Latex-verstärkte Immunoassays Nachweisgrenze: Beispiel: Faktor XIII 2 %, ca. 0,02 IU/ml
Immunologische Methoden Turbidimetrische Messung Die Lichtabsorption der gebildeten Antikörper- Antigen-Komplexe ist höher als die der freien Antikörper bzw. Antigene. Nachweisgrenze: Beispiel: Lp(a) - 2,2 mg/dl 0,022 mg/ml Nephelometrische Messung Immunkomplexe zeigen höhere Lichtstreuung.
Immunologische Methoden Enzymimmunoassays Enzyme Linked Immuno Sorbent Assay (ELISA) - Sandwich-ELISA - ELSA Nachweisgrenze: Beispiel: Faktor VIII ELISA 0,008 IU/ml 0,8 % Faktor VII und FXI ELISA < 0,01 IU/ml - < 1 %
Plasmaqualität Faktor VIII wichtiger Kofaktor ABER Beteiligung vieler Gerinnungsfaktoren
Plasmaqualität Die Gerinnungsfaktoren liegen als Profaktoren im Plasma vor. Nicht aktivierter Zustand! Im aktiven Zustand findet sofort Gerinnungsaktivierung statt.
Plasmaqualität Präanalytik Blutentnahme Zu langer venöser Stau - Aktivatoren der Fibrinolyse werden freigesetzt - Faktor VIII und Fibrinogen steigen an
Plasmaqualität Präanalytik Blutentnahme Verzögerte Blutentnahme und kleinlumige Kanüle - Thrombinspuren Gerinnungsaktivierung Beispiel: 1. Blutentnahme: 40 Sek. Nach mehreren Entnahmen: 32 Sek.
Plasmaqualität Präanalytik Blutentnahme Schaumbildung - Proteine und somit auch Gerinnungsfaktoren werden entzogen - Oberflächenaktivierung
Plasmaqualität Präanalytik Rekonstitution von lyophilisiertem Kalibrations- und Kontrollmaterial Kälteaktivierung des Faktor VII - z. B. durch Kühlzentrifugation
Plasmaqualität Präanalytik Ab Hämatokritwerten von > 60 % erreicht der Citratanteil eine kritische Grenze: - Gerinnungszeiten werden verlängert - pathologische Verhältnisse werden vorgetäuscht
Plasmaqualität Präanalytik Bei zu hohem Citrat-pH Vorzeitiger Aktivitätsverlust der Faktoren VIII und V - Gerinnungszeiten werden verlängert - pathologische Verhältnisse werden vorgetäuscht
Plasmaqualität Bei der Plasmalagerung und auch Bearbeitung kann es zu Veränderung der Salzkonzentration und auch Temperaturveränderungen kommen. > Denaturierung der Proteine > Ausfällung > Veränderung der Gerinnungsfaktoren
Plasmaqualität In den Plasmapräparaten gibt es noch Reste von den zellulären Bestandteilen des Blutes > Leukozyten > Erythrozyten > Thrombozyten
Plasmaqualität Diese Zellen enthalten eine Vielzahl von weiteren Enzymen Serinproteasen z. B. Kollagenasen, Elastase, andere Proteasen (Cathepsin B, Granzyme) Diese reagieren mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und führen zu Gewebeschäden.
Plasmaqualität Bei der langsamen Infusion von Plasmapräparaten (z. B. Immunglobuline) kann es unter Umständen zur Aktivierung von Gerinnungsfaktoren kommen! Faktor VIIa Faktor IXa Faktor XIa Thrombin
Plasmaqualität Das Vorliegen von kleinsten Mengen dieser aktivierten Faktoren kann somit zur Gerinnungsaktivierung führen.
Aktivierung der Gerinnung Kontaktaktivierung Kontakt mit unphysiologischen Oberflächen Physiologische Aktivierung Gewebeverletzung Arterosklerotische Plaques Stimulierte Zellen (Endothelium, Monozyten, Tumorzellen) FIX FXI a FIX a Verstärkung und Sicherung Tissue Faktor FVIIa FVIII a Ca 2+ PL FVIII i FX Prothrombin FX a FV a Ca 2+ PL FV i Thrombin Positives Feed-back Fibrinogen FIBRIN
Plasmaqualität Zur Sicherung der Plasmaqualität bzw. der daraus entstehenden Produkte könnte man über die Bestimmung anderer aktivierter Gerinnungsfaktoren bzw. Enzyme / Proteasen diskutieren!
Mögliche Kandidaten FVIIa FIXa FXIa Thrombinaktivität F1+2 DDimer Granzyme Cathepsin B
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!