(Früh-)Diagnostik der Demenz. Prof. Dr. Andreas Fellgiebel Universitätsmedizin Mainz Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie 20.11.



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Transkript:

(Früh-)Diagnostik der Demenz Prof. Dr. Andreas Fellgiebel Universitätsmedizin Mainz Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie 20.11.2013

Altersspezifische Häufigkeit der Demenz 15% <2%

Demenzformen vaskuläre Demenz 10% gemischte Demenz 15% Lewy-body Demenz 5-10% Demenz sonstige 10-15% Frontotemporale D., Parkinson, Multisystem Atrophie, Normaldruck Hydrocephalus etc. Alzheimer-Demenz 55%

Warum eigentlich Demenz-Frühdiagnostik? (bei heute noch fehlenden kausalen Therapieoptionen) Die meisten Patienten der Gedächtnisambulanz erhalten nicht die Diagnose einer Alzheimer-Erkrankung und können diesbezüglich beruhigt werden! andere Ursachen für geistigen Abbau Altersdepression normaler geistiger Abbau wird als krankhaft empfunden durch frühe Therapie bleibt Selbständigkeit bleibt länger erhalten in frühen Stadien haben Pat. noch eher die Fähigkeit, rationalen Argumenten zu folgen die Familie kann geschult, auf die Erkrankung vorbereitet werden Überlastung der Angehörigen kann vorgebeugt werden

Wer sollte sich untersuchen lassen? Bei nachlassender geistiger Leistungsfähigkeit im Alter, die zu Schwierigkeiten bei der Alltagsbewältigung führt und/oder mit Befürchtungen einer Demenz einhergeht, sollte eine diagnostische Abklärung erfolgen. Wo Frühdiagnostik? Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt, der selbst (einen Teil) der Untersuchungen durchführen kann und ggfs. an einen in Diagnostik versierten Facharzt (Psychiatrie/Neurologie) oder eine Gedächtnisambulanz überweisen kann.

Ein typisches Beispiel: leichte Alzheimer-Demenz 70jähriger Patient, seit 1,5 Jahren zunehmende Merkfähigkeits- u. Wortfindungsstörungen. Konzentrationsstörung, zeitliche Orientierungsstörung, Antriebsschwäche (Apathie) leichte Reizbarkeit. Anlass der Untersuchung: Verlaufen in fremder Umgebung Diagnose?

Alzheimer-Erkrankung Entwicklung der kognitiven Symptome: Kurzzeitgedächtnis, Merkfähigkeit Traurigkeit, Affektlabilität Wortfindung Aufmerksamkeit zeitliche Orientierung planendes Denken und Handeln räumliche Orientierung Urteilsvermögen, abstraktes Denken situative Orientierung Demenzschwelle

Ein typisches Beispiel: leichte Alzheimer-Demenz 70jähriger Patient, seit 1,5 Jahren zunehmende Merkfähigkeits- u. Wortfindungsstörungen. Konzentrationsstörung, zeitliche Orientierungsstörung, Antriebsschwäche (Apathie) leichte Reizbarkeit. Anlass der Untersuchung: Verlaufen in fremder Umgebung Neuropsychologisches Screening: MMSE: 24 von 30 Punkten, DemTect: 9 von 18 Punkten. Keine Depression, keine anticholinergen Medikamente, keine Benzodiazepine, keine vask. Risikofaktoren. Neurologischer Status: Normalbefund. V.a. Alzheimer-Demenz Notwendige Zusatzuntersuchungen zur Ausschlußdiagnostik: MRT-Schädel oder cct Labor: Schilddrüse, E lyte, Leber-, Nierenfunktion, Vit.B12 Alzheimer-Demenz

Beispiel II, 75jährige Patientin Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Beispiel II Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Beispiel II Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie MRT-Schädel: ausgedehnter Hirntumor. Diagnose: Demenzielles Syndrom bei Hirn-TU

Zusammenfassung und Fazit Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tauchen im Alltag Probleme auf aufgrund verminderter geistiger Leistungsfähigkeit im Alter, sollte man sich untersuchen lassen. Symptomatische Demenzformen sollten erkannt und behandelt werden. Bei früher Diagnostik der Alzheimer-Demenz besteht eine bessere Möglichkeit, dass der Patient bei der Gestaltung der zukünftigen Versorgung mitreden kann, dass ressourcenorientierte Aktivierung und Stützung der Familie/Partnerschaft besser funktionieren, dass die Stressbelastung der Angehörigen vor deren Erschöpfung reduziert werden kann und eine dauerhafte häusliche Versorgung möglich ist.