Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat B 23. zum Entwurf einer Änderung des Anwaltsgesetzes betreffend den Entzug des Anwaltspatentes



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Transkript:

Botschaft des Regierungsrates an den Kantonsrat B 23 zum Entwurf einer Änderung des Anwaltsgesetzes betreffend den Entzug des Anwaltspatentes 15. November 2011

Übersicht Der Regierungsrat beantragt dem Kantonsrat, mit einer Änderung des Anwaltsgesetzes die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ein Anwaltspatent entzogen und somit das Publikum vor fehlbaren Anwältinnen und Anwälten geschützt werden kann. Der Entzug soll einerseits möglich sein, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erteilung des Anwaltspatentes nicht mehr erfüllt sind. Andererseits soll ein Entzug auch dann möglich sein, wenn vorgängig eine disziplinarische Sanktion in Form eines dauernden Berufsausübungsverbotes ausgesprochen worden ist oder eine offensichtliche Zahlungsunfähigkeit vorliegt und dadurch die Vertrauenswürdigkeit für die Anwaltstätigkeit nicht mehr gegeben ist. Nebst einem erzwungenen Entzug soll auch der freiwillige Verzicht auf das Anwaltspatent möglich sein. Ebenfalls geregelt werden die Voraussetzungen für die Wiedererteilung des Anwaltspatentes.

Der Regierungsrat des Kantons Luzern an den Kantonsrat Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft einen Entwurf über eine Änderung des Anwaltsgesetzes mit dem Zweck, künftig auch den Entzug des Anwaltspatentes möglich zu machen. 1Ausgangslage Die Modalitäten für den Erwerb des Anwaltspatentes sind im Gesetz über das Anwaltspatent und die Parteivertretung (Anwaltsgesetz) vom 4. März 2002 (AnwG; SRL Nr.280) geregelt. Nach dessen 2 wird das Anwaltspatent Bewerberinnen und Bewerbern erteilt, wenn sie die Voraussetzungen der Artikel 7und 8Absatz 1a c des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte vom 23. Juni 2000 (Anwaltsgesetz, BGFA; SR 935.61) erfüllen und die Anwaltsprüfung bestanden haben. Nebst den fachlichen Voraussetzungen müssen die Bewerberinnen und Bewerber handlungsfähig sein. Es darf gegen sie keine strafrechtliche Verurteilung vorliegen wegen Handlungen, die mit dem Anwaltsberuf nicht zu vereinbaren sind. Es sei denn, diese Verurteilung erscheint nicht mehr im Strafregisterauszug für Privatpersonen. Ebenso wenig dürfen gegen sie Verlustscheine bestehen. Das kantonale Anwaltsgesetz regelt nicht, ob und unter welchen Voraussetzungen ein einmal erteiltes Anwaltspatent wieder entzogen werden kann. Zwar kann die Aufsichtsbehörde Disziplinarmassnahmen bis hin zu einem unbefristeten Berufsausübungsverbot aussprechen (Art. 17 BGFA), und die verfügten Disziplinarmassnahmen werden im Anwaltsregister publiziert (Art. 5 Abs. 2e BGFA). Gleichwohl darf aber die betroffene Person den Titel «Rechtsanwalt» oder «Rechtsanwältin» weiterhin führen. In der regierungsrätlichen Botschaft B 107 zum Anwaltsgesetz vom 18. September 2001 wurde ausgeführt, dass der Entzug des Anwaltspatentes nicht mehr vorzusehen sei, da dieses allein nicht mehr zur Parteivertretung berechtige.denn für die Zulassung zur Parteivertretung sei zusätzlich ein Eintrag in einem kantonalen Anwaltsregister erforderlich (vgl. Verhandlungen des Grossen Rates [GR] 2002, S. 278). Da das BGFA einen abschliessenden Katalog von Disziplinarmassnahmen enthalte, sei es den Kantonen verwehrt, weitere oder andere Massnahmen, wie beispielsweise den Entzug des Anwaltspatentes, vorzusehen (GR 2002 S. 283). Das BGFA selber sieht jedoch den Entzug des Anwaltspatentes nicht vor,da die Erteilung des Patentes Sache der Kantone ist. Mit Urteil 2P.274/2004 vom 13. April 2005 hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Kantone die Voraussetzungen für den Erwerb und damit auch für den Entzug des Anwaltspatentes auch nach dem Inkrafttreten des BGFA festlegen dürften. Der Entzug des Anwaltspatentes stelle keine Disziplinarmassnahme dar,

4 sonderndienedemschutzderrechtsuchenden. Verschiedene Kantone (u.a. Thurgau und Zürich) sehen denn auch die Möglichkeit des Entzugs des Anwaltspatentes im heutigen Recht ausdrücklich vor. 2Revisionsbedarf Wenn die betroffene Person den Titel «Rechtsanwalt» oder «Rechtsanwältin» trotz eines Berufsausübungsverbotes weiterhin führen darf,kann dies zu einer Täuschung der Rechtsuchenden führen. Nur durch den Entzug des Anwaltspatentes kann das rechtsuchende Publikum wirksam vor fehlbaren Personen geschützt werden. Die Öffentlichkeit soll sich auf den Titel «Rechtsanwalt» oder «Rechtsanwältin» im Sinn eines Qualitätsmerkmals verlassen können. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren machte die Kantone unter anderem gestützt auf einen Hinweis des Schweizerischen Anwaltsverbandes darauf aufmerksam, dass das Publikum vor fehlbaren Anwältinnen und Anwälten zu schützen sei und dass betreffend den Entzug des Anwaltspatentes in allen Kantonen die gleiche Rechtssituation herrschen sollte.die Kantone wurden deshalb gebeten, ihre Gesetzgebung auf allfällige Lücken im Bereich des Entzugs von Anwaltspatenten zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Im Kanton Luzern soll der Entzug des Anwaltspatentes auf Ersuchen der Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte und des Luzerner Anwaltsverbandes (LAV) im Anwaltsgesetz vorgesehen werden. Gleichzeitig sind in diesem Gesetz noch ein paar weitere,eher technische Änderungen vorzunehmen. 3 Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens Am 15. März 2011 haben wir das Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) ermächtigt, den Entwurf einer Änderung des Anwaltsgesetzes bis zum 17. Juni 2011 in die Vernehmlassung zu geben. Zur Vernehmlassung eingeladen waren die im Kantonsrat vertretenen politischen Parteien, der LAV, die Demokratischen Juristinnen und Juristen Luzern, das Obergericht, das Verwaltungsgericht, alle Departemente und die Staatskanzlei. Alle eingegangenen Stellungnahmen stimmten dem Ziel und dem Anliegen der Vorlage weitgehend zu. Insbesondere wurde betont, dass die Möglichkeit eines Entzugs des Anwaltspatentes für den Schutz des Publikums notwendig sei. Der LAV und die beiden obersten Gerichte regten einzelne Korrekturen und Ergänzungen an, denen soweit angezeigt und mit der Stossrichtung der Revision vereinbar Rechnung getragen wurde.auf die Anregungen aus der Vernehmlassung gehen wir im Einzelnen im folgenden Kapitel 4ein.

5 4Die Änderungen im Einzelnen 2Erteilung des Anwaltspatentes Im Sinn einer inhaltlichen Bereinigung kann der in 2 enthaltene Hinweis auf Artikel 7 BGFA (Erfordernis der fachlichen Voraussetzungen) weggelassen werden. Im Kanton Luzern werden gemäss 3 ohnehin nur Bewerberinnen und Bewerber zur Anwaltsprüfung zugelassen, welche die Voraussetzungen von Artikel 7 Absatz 1 BGFA erfüllen. Somit genügt es, in 2 als Voraussetzungen für die Erteilung des Anwaltspatentes das Erfüllen der in Artikel 8Absatz 1a c BGFAgenannten persönlichen Voraussetzungen 1 sowie eine bestandene Anwaltsprüfung aufzuführen. Das Obergericht hat darauf hingewiesen, dass das Anwaltspatent in der Praxis durch die Prüfungskommission erteilt werde,wobei sich die Prüfungskommission bei der Erteilung auf ihre Entscheidbefugnis gemäss 5 Absatz 5 AnwG stütze. Diese Praxis soll im Gesetz verankert werden. Ebenfalls gesetzlich geregelt wird in einem neuen Absatz 2 die heutige Praxis, wonach die Prüfungskommission die erteilten Anwaltspatente im Kantonsblatt publiziert. 5aEntzug des Anwaltspatentes (neu) Hier wird geregelt, dass die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte das Anwaltspatent entziehen kann. Der Entzug soll einerseits in denjenigen Fällen möglich sein, in denen eine oder mehrere der Voraussetzungen gemäss 2nicht mehr erfüllt sind. Andererseits soll ein Entzug auch dann möglich sein, wenn vorgängig eine disziplinarische Sanktion in Form eines dauernden Berufsausübungsverbotes (Art. 17 Abs.1eBGFA) ausgesprochen worden ist oder eine offensichtliche Zahlungsunfähigkeit (z.b. mehrfacher Rückkauf von Verlustscheinen über hohe Beträge) vorliegt und dadurch die Vertrauenswürdigkeit für die Anwaltstätigkeit nicht mehr gegeben ist. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit wird demnach kumulativ zum dauernden Berufsausübungsverbot oder der offensichtlichen Zahlungsunfähigkeit vorausgesetzt. Damit wird signalisiert, dass der Entzug des Anwaltspatentes die Funktion eines letzten Mittels (Ultima Ratio) hat, wenn dieser zum Schutz des rechtsuchenden Publikums und der Rechtspflege nötig ist und andere Massnahmen nicht erfolgversprechend sind. Es ist darauf hinzuweisen, dass gegen den Entzug des Anwaltspatentes die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Obergericht zulässig ist, welches auch das Ermessen überprüft ( 13 Abs. 1 AnwG). Das Verfahren richtet sich gemäss 13 Absatz 2 AnwG nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (VRG; SRL Nr.40). 1 Für den Registereintrag müssen die Anwältinnen und Anwälte folgende persönliche Voraussetzungen erfüllen: a. sie müssen handlungsfähig sein; b. es darf keine strafrechtliche Verurteilung vorliegen wegen Handlungen, die mit dem Anwaltsberuf nicht zu vereinbaren sind, es sei denn, diese Verurteilung erscheine nicht mehr im Strafregisterauszug für Privatpersonen; c. es dürfen gegen sie keine Verlustscheine bestehen;

6 5bVerzicht auf das Anwaltspatent (neu) Nebst einem erzwungenen Entzug soll auch der freiwillige Verzicht auf das Anwaltspatent möglich sein. Ein solcher Verzicht ist gegenüber der Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte schriftlich zu erklären. 5cWiedererteilung des Anwaltspatentes (neu) In Absatz 1 wird geregelt, dass der Entzug des Anwaltspatentes nicht definitiv sein muss.die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte kann das Anwaltspatent wieder erteilen, wenn die betroffene Person nachweist, dass die Entzugsgründe nicht mehr gegeben sind. Zusätzlich muss auch sichergestellt sein, dass der Schutz des rechtsuchenden Publikums und der Rechtspflege die Wiedererteilung zulässt. Es wäre grundsätzlich möglich, für die Wiedererteilung wie für die ursprüngliche Patenterteilung die Prüfungskommission vorzusehen.allerdings handelt es sich bei der Wiedererteilung im Unterschied zur Erteilung gemäss 2 Absatz 1 um einen Entscheid, bei welchem ein relativ grosser Ermessensspielraum besteht, der über die Prüfung eines bestimmten Fachwissens weit hinausgeht. Bei der Wiedererteilung des Anwaltspatentes geht es zudem um die Anpassung eines Entscheides, den die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte mit dem Entzug des Anwaltspatentes getroffen hat. Es ist deshalb gerechtfertigt, für die Wiedererteilung diese Behörde als zuständig zu erklären. Der Entscheid der Aufsichtsbehörde kann beim Obergericht angefochten werden, welchem nach 13 Absatz 1 AnwG auch die Ermessenskontrolle zusteht. Wie beim Entzug des Anwaltspatentes ( 5a) richtet sich auch hier das Verfahren nach den Bestimmungen des VRG. Im Vernehmlassungsverfahren wurde verschiedentlich angeregt, für die Wiedererteilung eine Mindestfrist von zwei beziehungsweise fünf Jahren vorzusehen. Begründet wurde dies hauptsächlich damit, dass die Wiedererteilung voraussetze, dass die Entzugsgründe nicht mehr gegeben seien und das Publikum wieder Vertrauen in die Tätigkeit der betroffenen Person haben könne.letzteres bedinge eine bestimmte Zeit des Wohlverhaltens. Zudem könne mit einer Mindestfrist vermieden werden, dass sich die Aufsichtsbehörde mit zu früh gestellten Gesuchen auseinandersetzen müsse.unser Rat vertritt hingegen die Ansicht, dass die Ausgestaltung als Kann-Bestimmung sowie das Erfordernis,dass der Schutz des rechtsuchenden Publikums und der Rechtspflege die Wiedererteilung zulassen muss, genügend Spielraum für eine Überprüfung des Wohlverhaltens und somit für eine sachgerechte Abwägung im Einzelfall lässt. Wir können durchaus nachvollziehen, dass es für die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte bemühend und zeitaufwendig ist, sich mit zu früh gestellten Gesuchen auseinandersetzen zu müssen. Andererseits ist zu beachten, dass der Entzug des Anwaltspatentes einen besonders schweren Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit darstellt (vgl. Urteil 2P.274/2004 des Bundesgerichtes vom 13. April 2005, E. 2) und dass nach Artikel 36 Absatz 3 der Bundesverfassung solche Eingriffe verhältnismässig sein müssen. Zudem besteht hier die Möglichkeit, den Aufwand mittels Gebührenerhebung auf die Betroffenen zu überwälzen. Aus den genannten Gründen ist davon abzusehen, eine bestimmte Mindestfrist für die Wiedererteilung einzuführen.

Denkbar, aber in der Praxis wohl eher selten ist auch eine Wiedererteilung des Anwaltspatentes nach einem freiwilligen Verzicht darauf. Die Wiedererteilungsgründe nach einem Entzug wären für einen solchen Fall analog anwendbar,das heisst, die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte müsste überprüfen, dass keine Entzugsgründe (mehr) gegeben sind und dass der Schutz des rechtsuchenden Publikums und der Rechtspflege die Wiedererteilung zulässt. Die Möglichkeit der Wiedererteilung nach einem freiwilligen Verzicht wird in Absatz 2geregelt. 13Absatz 1 Das geltende Recht verweist bezüglich der Prüfungsentscheide auf 5 Absatz 4. Im Rahmen der Änderung des Anwaltsgesetzes vom 6. November 2007, in Kraft seit dem 1. Februar 2008 (vgl. laufende Gesetzessammlung des Kantons Luzern 2008, S. 1), wurde allerdings der bisherige Absatz 4 des 5 zuabsatz 5. Dementsprechend muss derverweis in 13Absatz 1angepasst werden, was bei der Änderung vom 6. November 2007 unterblieben ist. 17Absatz 1 Analog zur Veröffentlichung der durch die Prüfungskommission erteilten Anwaltspatente ( 2Abs. 2) sollen auch der durch die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte verfügte Entzug des Anwaltspatentes und der freiwillige Verzicht auf das Anwaltspatent sowie die Wiedererteilung des Anwaltspatentes im Kantonsblatt veröffentlicht werden. Die Gerichte haben im Vernehmlassungsverfahren auf das Urteil des Bundesgerichts 2C_183/2010 vom 21. Juli2010 hingewiesen. Indiesem UrteilhatdasBundesgericht die Frage erörtert, ob die Aufsichtsbehörde des Kantons St. Gallen einen Patententzug den andern kantonalen Aufsichtsbehörden zu Recht mitteilte oder ob dafür keine gesetzliche Grundlage bestand. Das Bundesgericht kam in seinen Erwägungen unter Ziffer 4.4 zum Schluss, dass eine hinreichende Gesetzesgrundlage bestehe.denn Artikel 18 Absatz 2 BGFA, der gemäss Artikel 1Absatz 3 des St. Galler Anwaltsgesetzes sachgemäss angewendet werde,sehe für das in seinen Auswirkungen vergleichbare befristete Berufsausübungsverbot eine entsprechende Meldung ausdrücklich vor.die fragliche Mitteilung lässt sich gemäss dem Bundesgericht auf Artikel 18 Absatz 2 BGFA abstützen. Um Klarheit über die sach- beziehungsweise sinngemässe Anwendung von Artikel 18 Absatz 2 BGFA im Kanton Luzern zu schaffen, wird vorgeschlagen, für entsprechende Mitteilungen eine ausdrückliche Regelung im Anwaltsgesetz zu treffen. Zu diesem Zweck soll in 17 ein neuer Absatz 3 eingefügt werden. Der bisherige Absatz 3wird neu zu Absatz 4. Nicht übernommen haben wir den Wunsch des LAV, wonach ihm die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte und das Obergericht die Entscheide, mit denen Disziplinarmassnahmen gegen Anwältinnen und Anwälte verfügt werden, mitteilen sollen. Eine solche Mitteilung erachten wir aus Daten- und Persönlichkeitsschutzgründen als heikel, da es sich beim LAVnicht um eine staatliche Organisation, sondern um einen privatrechtlichen Verein handelt, dem nicht alle im Anwaltsregister des Kantons Luzern eingetragenen Anwältinnen und Anwälte angehören. Zudem 7

8 werden die Berufsausübungsverbote durch die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte im Kantonsblatt publiziert ( 17 Abs. 1b AnwG), sodass der LAV auf diesem Weg davon Kenntnis erhält. Diese Regelung ist vergleichbar mit der Regelung von Artikel 6Absatz 3 BGFA, wonach die Aufsichtsbehörde die Eintragungen ins Anwaltsregister in einem amtlichen kantonalen Publikationsorgan veröffentlicht. Hingegen sieht das Bundesrecht nicht vor,dass die Aufsichtsbehörden die Eintragungen dem Anwaltsverband des betroffenen Kantons mitzuteilen haben. Im Übrigen steht es dem LAV frei, in seine Statuten eine Verpflichtung aufzunehmen, wonach die Mitglieder ihm alle Entscheide betreffend verfügte Disziplinarmassnahmen mitzuteilen haben. 5Antrag Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir beantragen Ihnen, unserem Entwurf einer Änderung des Anwaltsgesetzes zuzustimmen. Luzern, 15. November 2011 Im Namen des Regierungsrates Der Präsident: Marcel Schwerzmann Der Staatsschreiber: Markus Hodel

Entwurf Nr. 280 Gesetz über das Anwaltspatent und die Parteivertretung (Anwaltsgesetz) Änderung vom Der Kantonsrat des Kantons Luzern, nach Einsicht in die Botschaft des Regierungsrates vom 15. November 2011, beschliesst: I. Das Anwaltsgesetz vom 4. März 2002 wird wie folgt geändert: 2 Erteilung des Anwaltspatentes 1 Die Prüfungskommission gemäss 5erteilt das Anwaltspatent Bewerberinnen und Bewerbern, welche die Voraussetzungen des Artikels 8Absatz 1a c des Bundesgesetzes über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte (BGFA) vom 23. Juni 2000 erfüllen und die Anwaltsprüfung bestanden haben. 2 Sie veröffentlicht die Erteilung des Anwaltspatentes im Kantonsblatt. 5a (neu) Entzug des Anwaltspatentes Die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte kann das Anwaltspatent entziehen, wenn a. die Voraussetzungen gemäss 2Absatz 1nicht mehr gegeben sind oder b. ein dauerndes Berufsausübungsverbot gemäss Artikel 17 Absatz 1e BGFAoder eine offensichtliche Zahlungsunfähigkeit besteht und dadurch die Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben ist.

10 5b (neu) Verzicht auf das Anwaltspatent Der Inhaber oder die Inhaberin des Anwaltspatentes kann mit schriftlicher Erklärung gegenüber der Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte auf das Anwaltspatent verzichten. 5c (neu) Wiedererteilung des Anwaltspatentes 1 Nach einem Entzug gemäss 5akann die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte das entzogene Anwaltspatent wieder erteilen, wenn a. der Gesuchsteller oder die Gesuchstellerin nachweist, dass die Entzugsgründe nicht mehr gegeben sind und b. der Schutz des rechtsuchenden Publikums und der Rechtspflege dies zulässt. 2 Absatz 1gilt sinngemäss auch für die Wiedererteilung des Anwaltspatentes nach einem freiwilligen Verzicht gemäss 5b. 13 Absatz 1 1 Gegen die in Anwendung dieses Gesetzes oder des BGFAergangenen Entscheide ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Obergericht zulässig.dem Obergericht steht auch die Ermessenskontrolle zu, ausgenommen bei Beschwerden gegen Prüfungsentscheide gemäss 5Absatz 5. 17 Absätze1c e und 3(neu) 1 Die Aufsichtsbehörde über die Anwältinnen und Anwälte veröffentlicht im Kantonsblatt c. die Entzüge von Anwaltspatenten, d. die Verzichte auf das Anwaltspatent, e. die Wiedererteilungen von Anwaltspatenten. 3 Sie teilt Entzüge,Verzichte sowie Wiedererteilungen gemäss Absatz 1den Aufsichtsbehörden der anderen Kantone mit. Der bisherige Absatz 3wird neu zu Absatz 4.

11 II. Die Änderung tritt am in Kraft. Sie unterliegt dem fakultativen Referendum. Luzern, Im Namen des Kantonsrates Der Präsident: Der Staatsschreiber: