Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Entziehung der elterlichen Sorge und ihre Auswirkungen auf die Arbeit der Jugendämter



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Transkript:

LVR-Dezernat Jugend LVR-Landesjugendamt Rheinland LVR-Fachbereich Jugend Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Entziehung der elterlichen Sorge und ihre Auswirkungen auf die Arbeit der Jugendämter Von Sandra Eschweiler und Antje Steinbüchel, LVR-Landesjugendamt Rheinland Im Jahr 2014 hat das BVerfG in acht Verfassungsbeschwerden gegen die (teilweise) Entziehung der elterlichen Sorge zugunsten der Eltern entschieden und die Entziehung als verfassungswidrig angesehen. * Dabei kritisiert das BVerfG zwar in erster Linie die Arbeit der Familiengerichte. Die Entscheidungen haben auch Auswirkungen auf die Arbeit der Jugendämter, da diese den Gerichten die entscheidungserheblichen Tatsachen liefern. Das BVerfG ging bei seiner Prüfung immer nach derselben Struktur vor. Es stellte zunächst heraus, dass ihm in Fällen des Sorgerechtsentzugs eine über den grundsätzlichen Umfang hinausgehende Prüfungskompetenz zusteht. In einem zweiten Schritt überprüfte es die Feststellung der Kindeswohlgefährdung. Schließlich entschied das BVerfG über die Verhältnismäßigkeit des Sorgerechtsentzugs. Prüfungskompetenz Ein Sorgerechtsentzug beeinträchtigt das elterliche Grundrechts aus Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz (GG) erheblich. Daher prüft das BVerfG in diesen Fällen nicht nur, ob die familiengerichtliche Entscheidung als solche das elterliche Grundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt, sondern insbesondere auch, ob das Familiengericht den Sachverhalt ordnungsgemäß ermittelt, festgestellt und rechtmäßig gewürdigt hat. Feststellung einer Kindeswohlgefährdung Eine Trennung der Kinder von ihren Eltern ist nur zulässig, wenn das elterliche Fehlverhalten ein solches Ausmaß erreicht, dass das Kind bei einem Verbleib in der Familie in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet ist. Voraussetzung für eine nachhaltige Kindeswohlgefährdung ist, dass entweder schon ein Schaden bei dem Kind eingetreten ist oder eine Gefahr gegenwärtig in LVR - Landschaftsverband Rheinland Kennedy-Ufer 2, 50663 Köln Telefon: 0221 809-0, E-Mail: post@lvr.de Internet: www.lvr.de Kontakt: Antje Steinbüchel Dezernat 4 - LVR-Fachbereich 43 - Jugend Antje.Steinbuechel@lvr.de

einem solchen Maße besteht, dass sich bei ihrer weiteren Entwicklung eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit vorhersehen lässt. Die Familiengerichte müssen diese Voraussetzungen sorgfältig prüfen. Dafür müssen sie alle Tatsachen kennen, um eine Kindeswohlgefährdung begründen zu können. Sie müssen darstellen, aus welchen Tatsachen sie eine (drohende) Gefahr ableiten und wie sie diese nach Art und Gewicht bewerten. Selbst im Eilverfahren sind hohe Anforderungen an die Sachverhaltsermittlung zu stellen. Ohne Sachverhaltsaufklärung ist dann ein Sorgerechtsentzug (nur) möglich, wenn die Gefahr wegen der Art der zu erwartenden Schädigung des Kindes und der zeitlichen Nähe des zu erwartenden Schadenseintritts sofortiges Einschreiten gebietet, etwa bei Hinweisen auf körperliche Misshandlungen, Missbrauch oder gravierende, gesundheitsgefährdende Formen der Vernachlässigung. Da eine gegenwärtige Gefahr vorliegen muss, müssen die Gerichte zur Feststellung einer Kindeswohlgefährdung vor allem aktuelle Ereignisse berücksichtigen und dürfen nicht ausschließlich Vorgänge aus der Vergangenheit heranziehen. Veränderte Umstände müssen in die Bewertung einfließen. Wünschen die Eltern eine Rückführung des Kindes aus der Pflegefamilie oder aus einer Einrichtung und soll ihnen deshalb das Sorgerecht entzogen werden, sind auch die Folgen der Trennung des Kindes von Pflegefamilie bzw. Betreuungsperson in der Einrichtung in die Beurteilung der Kindeswohlgefährdung mit einzubeziehen. Dabei darf der Umstand, dass die Trennung von seinen unmittelbaren Bezugspersonen regelmäßig eine erhebliche psychische Belastung für das Kind bedeutet, nicht dazu führen, dass die Rückführung immer schon dann ausgeschlossen ist, wenn das Kind in den Pflegeeltern seine sozialen Eltern gefunden hat. Ist das Kind in einer Einrichtung untergebracht, kommt dem Bindungsabbruch grundsätzlich weniger Bedeutung zu als bei Rückführung aus einer Pflegefamilie. Verhältnismäßigkeit des Sorgerechtsentzugs Hat das Familiengericht eine Kindeswohlgefährdung festgestellt, muss der Entzug der elterlichen Sorge verhältnismäßig sein. Das bedeutet, er muss geeignet, erforderlich und angemessen sein, um die Kindeswohlgefährdung zu beseitigen. Eine Maßnahme ist geeignet, wenn sie eine effektive Gefahrenabwehr gewährleistet. Dies liegt nicht vor, wenn das Kind nach dem Sorgerechtsentzug im elterlichen

Haushalt verbleibt. An der Geeignetheit fehlt es auch, wenn die Trennung des Kindes von seinen Eltern die Situation des Kindes in der Gesamtbetrachtung verschlechtert. Der Entzug ist erforderlich, wenn es keine mildere Alternative gibt, um die Kindeswohlgefährdung abzuwenden. Mildere Alternativen können etwa ambulante Maßnahmen oder die Einrichtung einer Umgangspflegschaft sein. Im Rahmen der Rückführung besteht eine erhöhte Verpflichtung der Jugendämter und Gerichte, Maßnahmen in Betracht zu ziehen, mit denen ein Zueinanderfinden von Kind und Eltern gelingen kann. Die Eltern sind im Rahmen des Rückführungsprozesses in besonderem Maße durch öffentliche Hilfen zu unterstützen. Die Verpflichtung des Staates zur Unterstützung der Eltern kann hier nach Art und Maß über das hinausgehen, was der Staat üblicherweise zu leisten verpflichtet ist. Mit solchen milderen Möglichkeiten muss sich das Familiengericht auseinandersetzen und gegebenenfalls darlegen, weshalb sie nicht erfolgversprechend sind. An die Einschätzung des Jugendamtes ist das Gericht nicht gebunden. Auswirkungen auf die Arbeit der Jugendämter Auf der Jahrestagung der ASD-Leitungen im Rheinland im Oktober 2014 wurden die Entscheidungen intensiv diskutiert. Im Vordergrund stand die Frage, welche Konsequenzen sie auf die Arbeit der Allgemeinen Sozialen Dienste haben sollten. Aus den Entscheidungen lassen sich für die Begründungen der Gerichte und somit indirekt für die Stellungnahmen der Jugendämter sowie auch für die Prüfung einer Rückkehroption durch die Jugendämter einige wichtige Hinweise entnehmen: Anforderungen an die Stellungnahmen des Jugendamtes Die Stellungnahme des Jugendamtes ist in der Regel die erste - und in Eilverfahren manchmal die einzige - Grundlage für die Einschätzung durch das Familiengericht. Bei der Darlegung der konkreten Gefährdung sollte die schon eingetretene oder prognostizierte Schädigung so genau wie möglich beschrieben und falls möglich belegt werden. Insbesondere bei einer Prognose sollten die Art der befürchteten Schädigung, ihre Schwere, die Wahrscheinlichkeit und die zeitliche Nähe (Gegenwärtigkeit) der Gefahr möglichst konkret benannt werden. Bei der Empfehlung von geeigneten Maßnahmen scheint es sinnvoll, ausführlich auf die vom BVerfG benannten Kriterien der Verhältnismäßigkeit einzugehen. Zum einen

in Bezug auf die Eignung der Trennung, so sollten die Folgen der Trennung von den Eltern und die Folgen des Verbleibs bei den Eltern gegenüber gestellt werden. Analog sollten bei Verfahren bezüglich der Rückführung eines Kindes die voraussichtlichen Folgen der Trennung des Kindes von der Pflegefamilie bzw. Betreuungsperson in der Einrichtung aufgezeigt werden. Zum anderen sollte hinsichtlich der Erforderlichkeit der Trennung dargelegt werden, warum keine milderen Mittel wie ambulante Hilfen oder eine Unterbringung bei Verwandten ausreichen. Sind solche Hilfen im Vorfeld gescheitert, sollten die Gründe des Scheiterns benannt werden. Wenn sie aus Sicht des Jugendamtes nicht geeignet sind, sollte dies nachvollziehbar begründet werden. Bei vorherigen längeren Hilfeverläufen kann es sinnvoll sein, der Stellungnahme eine historische Falldarstellung beizufügen. Die Stellungnahme sollte sich zudem auf die aktuelle Situation beziehen, bei Veränderungen der familiären Situation während des Verfahrens sollte eine entsprechende Unterrichtung des Gerichts erfolgen. Anforderungen an die Klärung der Rückkehroption Der vom BVerfG benannten Verpflichtung, Maßnahmen für ein Zueinanderfinden von Kind und Eltern in Betracht zu ziehen und durch öffentliche Hilfe zu unterstützen, entsprechen die Vorgaben des 37 Abs. 1 SGB VIII. Demnach soll bei stationären Hilfen darauf hingewirkt werden, dass die Pflegepersonen oder die Bezugsbetreuer mit den Eltern zusammenarbeiten. Die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie sollen innerhalb eines für das Kind vertretbaren Zeitraums so verbessert werden, dass eine Rückführung möglich ist. Ist eine nachhaltige Verbesserung nicht erreichbar, soll eine auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet werden. Die Entscheidungen des BverfG unterstreichen die Notwendigkeit einer möglichst frühzeitigen Klärung und Entscheidung, ob eine Rückführung möglich ist oder nicht. Hier scheint es bei stationären Hilfen mit Rückführungswunsch seitens der Eltern im Interesse der Kinder und Jugendlichen geboten, Hilfen mit intensiver Elternarbeit und einer diesbezüglichen Diagnostikphase verstärkt zu nutzen oder zu weiterzuentwickeln. Zudem können vorhandene Angebote in den Bereichen Familienbildung, Frühe Hilfe und Erziehungsberatung auch für Eltern von Kindern in stationären Hilfen genutzt werden (etwa Erziehungskompetenztrainings).

Zusammenfassung und Ausblick Die dargestellten Anforderungen sind keine neuen, sondern entsprechen den Regeln der fachlichen Kunst. Die Entscheidungen unterstreichen die Notwendigkeit, sich deren Anwendung und Umsetzung immer wieder zu vergewissern - nicht zuletzt im Interesse der betroffenen Kinder, Jugendlichen und Familien. Darüber hinaus wird nochmals deutlich, wie wichtig die strukturelle Kooperation zwischen dem Jugendamt und dem Familiengericht ist, insbesondere im Austausch über die Inhalte von Stellungnahmen oder die Durchführung gemeinsamer Fortbildungsveranstaltungen. Der häufige Erfolg von Verfassungsbeschwerden gegen Sorgerechtsentzüge in einem kurzen Zeitraum könnte als Tendenz zur Stärkung der Elternrechte interpretiert werden. Ein Blick auf die Zahlen relativiert dies jedoch. Die Stattgaben des BVerfG nehmen sich im Verhältnis zu den Verfahren eher gering aus: 2013 gab das BVerfG nur vier von 82 Verfassungsbeschwerden statt, die sich gegen eine Fremdunterbringung oder eine für zu restriktiv befundene Umgangsregelung mit fremduntergebrachten Kindern richteten, für 2014 wurden prognostisch vier Stattgaben bei 70 Eingängen gezählt (Britz: Entscheidungen des BVerfG zu Fremdunterbringungen in Zahlen, JAmt Heft 11/2014, S. 550 ff.). Stand: Februar 2015 * BVerfG, Beschluss vom 17. März 2014, Az. 1 BvR 1695/13; BVerfG, Beschluss vom 24. März 2014, Az. 1 BvR 160/14; BVerfG, Beschluss vom 7. April 2014, Az. 1 BvR 3121/13; BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2014, Az. 1 BvR 2882/13; BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2014, Az. 1 BvR 3190/13; BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2014, Az. 1 BvR 725/14; BVerfG, Beschluss vom 27. August 2014, Az. 1 BvR 1822/14; BVerfG, Beschluss vom 19. November 2014, Az. 1 BvR 1178/14.