Emissionshandel in der Landwirtschaft

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Deutsche Zusammenfassung

Transkript:

Emissionshandel in der Landwirtschaft Uwe Latacz-Lohmann Institut für Agrarökonomie Universität Kiel

Das große Bild: Kyoto Protokoll (1997) Zusatzprotokoll zur Ausgestaltung der Klimarahmenkonvention schreibt Zielwerte (2012) für Ausstoß von Treibhausgasen vor Vertragsstaaten sichern Reduktion um 5,2% unter Niveau von 1990 zu EU will Emissionen bis zur Verpflichtungsperiode 2008 2012 um 8% senken, Deutschland um 21%.

Vereinbarte und tatsächlich erreichte Treibhausgas-Reduktion Stand 2007

Instrumente zur Zielerreichung Emissionsrechtehandel (Emissions trading) Cap and trade System für ca. 11000 Anlagen in der EU Handel zwischen Staaten Zwischen Firmen innerhalb der EU Gemeinsame Umsetzung (Joint implementation) Ein Land setzt eigene Sparmaßnahme in einem anderen Vertragsland (mit Reduktionsverpflichtung) um Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung (Clean development mechanism) Sparmaßnahme wird in Entwicklungsland umgesetzt Lastenteilung (Burden sharing) Spezielles Instrument für EU zur regionalen Umverteilung der Einsparung (innerhalb EU-Staaten)

Emissionsrechtehandel (EU-ETS) Betrifft ca. 11000 Anlagen in der EU-27 aus energieintensiven Branchen Erfasst ca. 40% der gesamten THG-Emissionen der EU und 8% weltweit. Seit 1.1.2012 Luftverkehrsunternehmen eingeschlossen 1. Handelsphase (2005 2007) Kostenlose Zuteilung der Zertifikate Preisverfall durch Überallokation von Zertifikaten 2. Handelsphase (2008 2012) Seit 2010: 10 15 % der Zertifikate werden an der Börse versteigert Einnahmen speisen den Energie- und Klimafonds der Bundesregierung 3. Handelsphase (2013 2020) Versteigerung wird EU-weit zum Hauptzuteilungsinstrument Zertifikatpreise zurzeit auf historischem Tiefstand Waldklimafonds mit nur 7 Mio. ausgestattet

Landwirtschaft und Emissionshandel Substitute für fossile Energieträger Quelle: Osterburg (2012)

Einbeziehung der Landwirtschaft in den Emissionshandel zwei Modelle 1. Volleinbeziehung (Cap and Trade-System) Setzung einer Emissionsobergrenze für den Sektor Jeder Landwirt muss Zertifikate für seine Emissionen nachweisen (durch Zuteilung, Kauf, Verkauf, Vermeidung) 2. Projektbezogene Einbeziehung (Baseline and Credit-Modell) Freiwillige Generierung von Zertifikaten durch zertifizierte Emissionsreduzierungs- oder Sequestrierungsmaßnahmen Verkauf der Zertifikate an der EEX oder an privaten Kohlenstoffmärkten Refinanzierung der Vermeidungskosten

Cap and Trade-System in der Landwirtschaft kaum umsetzbar und nicht zielführend Kaum umsetzbar Große Anzahl der Landwirte hohe Administrationskosten Keine justitiable Messbarkeit der Emissionen Upstream/downstream-Implementierung Ungenauigkeit Berichtbarkeit (für Kyoto-Protokoll) fraglich Landwirtschaft aus NZ ETS wieder herausgenommen Nicht zielführend Berechnung der Emissionen = Aktivitätsumfang x Emissionsfaktor zu grob Fehlende Anreize zur Emissionsminderung je ha oder Produkteinheit Leakage bei unilateraler Implementierung

Unsicherheit bei der Ermittlung der Emissionen aus verschiedenen Quellen Emissionsquelle THG Unsicherheitsfaktor in % Enterische Fermentation CH 4 10 Bodenemissionen N 2 O 79-163 Wirtschaftsdüngermanagement N 2 O 54 Verbrennung Erdgas CO 2 5 Verbrennung Kohle CO 2 10 Verbrennung Abfall CO 2 12

Emission = Emissionsfaktor * Aktivitätsniveau Aktivität Einheit Emissionen/Einheit in t Aktivitätslevel CO 2 CH 4 N 2 O Summe der Emissionen in CO2-Äquivalenten Zahl der benötigten CO2-Zertifikate Weizen ha X1 CO2 X1 CH4 X1 N2O X1 X1 CO2äq Z1 Gerste ha X2 CO2 X2 CH4 X2 N2O X2 X2 CO2äq Z2 Raps ha X3 CO2 X3 CH4 X3 N2O X3 X3 CO2äq Z3 Grünland ha X4 CO2 X4 CH4 X4 N2O X4 X4 CO2äq Z4 Färsenmast GV X5 CO2 X5 CH4 X5 N2O X5 X5 CO2äq Z5 Milchkühe GV X6 CO2 X6 CH4 X6 N2O X6 X6 CO2äq Z6 Total Xi Zi Nach Perez und Britz (2003)

Baseline and Credit-Modell wäre machbar Generierung von Zertifikaten im Rahmen von zertifizierten Emissionsminderungs- oder Sequestrierungsprojekten Prinzip bereits etabliert im internationalen Emissionshandel in Form des CDM und der JI Freiwillige Teilnahme, keine Reduktionsverpflichtung Projekte müssten best. Kriterien erfüllen (Zusätzlichkeit) Einspeisung der Credits in den Zertifikatshandel Bisher nicht berichtbar Gibt es schon in den USA im privatwirtschaftlichen Emissionshandel

Ordnungsrecht Alternative Politikinstrumente Bestimmte Emissionsminderungsmaßnahmen werden per Gesetz vorgeschrieben (Güllelagerabdeckung, Gülleeinarbeitg.) Maßnahmen im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums zu dulden Auch für Vermeidungs-Hotspots (z.b. Moore) denkbar, dann aber mit Entschädigung Cross Compliance / Greening Bestimmungen zum Grünlandumbruch und zum GLÖZ sind klimawirksam Ergänzung der Liste von CC-Maßnahmen um klar definierte THG-Minderungsmaßnahmen denkbar (aber nicht empfehlenswert)

Vertragsklimaschutz Alternative Politikinstrumente In Anlehnung an Vertragsnaturschutz Bezahlung für die Implementierung von THG-reduzierenden oder CO 2 sequestrierenden Maßnahmen (z.b. Ansaat von Dauergrünland, KUP, Aufforstung, Moorschutz) freiwillige Teilnahme hohe Akzeptanz bei den Betroffenen Vertragsvergabe evtl. über Ausschreibungsverfahren Konzentration auf Maßnahmen mit günstigem Verhältnis aus Vermeidungsleistung und Produktionswirkung, sonst Leakage Finanzierung aus Mitteln der Gemeinsamen Agrarpolitik Evtl. Refinanzierung aus Verkauf von Zertifikaten

Eingriffsintensität Eine möglicher Politikmix Vertragsklimaschutz mit oder ohne Refinanzierung über Zertifikatsverkauf Förderung von Investitionen zur THG-Minderung Ordnungsrecht mit Entschädigung (Moorschutz) Cross Compliance: Grünlanderhalt, GLÖZ, weitere? Ordnungsrecht (Sozialpflichtigkeit) N-Steuer, N-Überschussabgabe? Information, Beratung, gesamtbetrieblicher Klimaschutzcheck 100% LuF-Fläche

Fazit Volleinbeziehung der Landwirtschaft in den EU-ETS nicht sinnvoll Teileinbeziehung über projektbasierte Umsetzung möglich Politikmix aus erprobten Instrumenten wahrscheinlicher Kombination von Vertragsklimaschutz und Baseline and Credit- Modell erprobenswert N-Steuer für Klimaschutz nicht empfehlenswert (Leakage!) Cross Compliance auch nicht Plädoyer: Umwidmung von Mitteln der 1. Säule in gezielte Klimaschutzprojekte der 2. Säule

Emissionshandel in der Landwirtschaft Uwe Latacz-Lohmann Institut für Agrarökonomie Universität Kiel