Schutzgut muss präziser definiert werden



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Transkript:

13. April 2015 Ultima Ratio für Korruption im Gesundheitswesen Schutzgut muss präziser definiert werden Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbands zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen Impressum Verbraucherzentrale Bundesverband e.v. Markgrafenstraße 66 10969 Berlin Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände Verbraucherzentrale Bundesverband e.v.

1. Ziele und Inhalte des Gesetzes Korruption im Gesundheitswesen untergräbt das Vertrauen von Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen, führt zu überflüssigen, medizinisch nicht indizierten Eingriffen mit möglichen schädlichen Folgen, beeinträchtigt den erwünschten Wettbewerb um hohe Qualität und verteuert medizinische Leistungen. Seit der Entscheidung des Großen Senats des Bundesgerichtshofes vom 29. März 2012 1 steht fest, dass die Korruptionstatbestände des Strafgesetzbuches für niedergelassene Vertragsärzte grundsätzlich nicht anwendbar sind. Diese sind weder Amtsträger gemäß 11 Abs.1 Nr. 2 c des Strafgesetzbuches (StGB), noch Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen gemäß 299 StGB. Der Gesetzgeber schließt mit dem vorgelegten Gesetzentwurf jetzt die bestehende Gesetzeslücke, indem er mit dem neuen 299a einen eigenen Straftatbestand der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen einführt. Die neue Norm ist in der Struktur dem 299 StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr) nachgebildet und wird sachlogisch im Sechsundzwanzigsten Abschnitt des Strafgesetzbuches eingefügt, in dem es um Straftaten gegen den Wettbewerb geht. Übertragen wird auf die neue Norm auch der Regelungsinhalt des 300 StGB, der eine Strafrahmenverschiebung für besonders schwere Fälle vorsieht. Als Voraussetzung für die Strafverfolgung wird eine relative Antragspflicht 2 vorgegeben. Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen soll künftig mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden. Auch diejenigen, die bestechen, können für das Anbieten, Versprechen und für die Gewährleistung der Bestechung bestraft werden. Dem Tatbestand muss allerdings eine Unrechtsvereinbarung zugrunde liegen. Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung ist bei Vertragsärzten nach wie vor kein strafwürdiges Vergehen, wenn die Vereinbarung einer Gegenleistung nicht nachgewiesen werden kann. Adressiert wird außerdem das Berichtswesen der bei Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen eingerichteten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen, die nunmehr durch eine Regelung im Sozialgesetzbuch Fünf verpflichtet werden, abgestimmte Datenformate zu verwenden. 1 GSSt 2/11 2 Relative Antragsdelikte im deutschen Recht sind eine Mischung aus Antrags- und Offizialdelikt, die auch dann verfolgt werden können, wenn zwar kein Strafantrag vorliegt, die Staatsanwaltschaft jedoch das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Eine solche Mischform stellen im deutschen Recht unter anderem die einfache vorsätzliche und die fahrlässige Körperverletzung ( 223, 229, und 230 StGB) dar. 2

Der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt die Zielsetzung des Gesetzentwurfs, mit der die Ultima Ratio des Strafrechts jetzt endlich auch Anwendung auf das Gesundheitswesen findet. Problematisch ist, dass die Priorisierung des Schutzgutes Wettbewerb nur in der Gesetzesbegründung von dem höherrangigen Schutzgut Vertrauen der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen flankiert wird. Der Verbraucherzentrale Bundesverband moniert ferner, dass die Strafverfolgung in der Regel einen Antrag voraussetzt. Anonyme Hinweise werden so nicht ausreichen, um die bei Korruptionsverdacht regelmäßig schwierigen Ermittlungen auszulösen. Korruption ist nur eine von vielen Fallkonstellationen, bei denen ökonomische Fehlanreize heilberufliche Entscheidungen der Leistungserbringer zu Lasten ihrer Patienten und/ oder zu Lasten des Systems beeinflussen. Aufgrund der mit dem vorgelegten Gesetzentwurf gewählten Dogmatik (Unrechtsvereinbarung) bleiben aber auch Sachverhalte außen vor, die im engeren Sinne korrumpierend wirken, wie zum Beispiel von der Pharmaindustrie bezahlte Kongressreisen oder Weiterbildungen. Solche im Gesundheitswesen häufigen Vorteilsnahmen und Vorteilsgewährungen können weiterhin bei Vertragsärzten nicht strafrechtlich verfolgt werden, obwohl sie bei Beamten und Krankenhausärzten im Öffentlichen Dienst strafbar sein können. 2. Allgemeine Einschätzung und Hintergrund Der BGH hatte sein o.g. Urteil mit dem Appell an den Gesetzgeber verbunden, Missstände, die allem Anschein nach gravierende finanzielle Belastungen des Gesundheitssystems zur Folge haben, mit Mitteln des Strafrechts effektiv entgegenzutreten. Noch deutlicher wird Prof. Dr. Fischer, Richter am Bundesgerichtshof in einem aktuellen Aufsatz: Dieses durch und durch widersprüchliche, verschwenderische und ineffektive System zieht kriminelle Energie geradezu an. Es führt dazu, dass ganz erhebliche Teile des unermesslichen Geldstroms, der aus der Produktivität der Menschen abgezweigt und dem Gesundheits -System (doch wohl eher Krankheits- System) zugeführt wird, in dunklen Kanälen versickert: In absurd überhöhten Renditen, in einer Arzneimittel-Forschung und -produktion, die einen Zusatznutzen fast nicht mehr generiert, sondern sich in der Hervorbringung weitgehend nutzloser neuer Präparate erschöpft und bedeutende Forschungsfelder mangels entsprechender Rendite gar nicht mehr bedient, und in einer Versorgung, die zwar die grundlegenden Hygiene-Vorschriften nicht einzuhalten vermag, weil sich damit kein Geld verdienen lässt, zugleich aber durch exzessive Verstreuung von teuren Antibiotika dafür sorgt, dass die 3

Bevölkerung möglichst schlecht vor den gravierenden tödlichen Bedrohungen durch multiresistente Keime geschützt ist.. 3 Insgesamt ist inzwischen das Bewusstsein der bedrohlichen Systemrelevanz ökonomischer Fehlanreize und Interessekonflikte an die Stelle optimistischer Parolen zu den Selbstheilungskräften des Systems beziehungsweise dem Jobwunder Gesundheitswesen getreten. Im Ergebnis kann Korruption im Gesundheitswesen nicht mehr als Kavaliersdelikt behandelt werden und eine eigenständige Norm im Strafgesetzbuch ist überfällig. Korruption im Gesundheitswesen hat für Patienten und Versicherte individuelle Folgen und für das System der Gesundheitsversorgung insgesamt weitreichende Auswirkungen. Die Versichertengemeinschaft trägt die finanziellen Kosten für das Fehlverhalten, wenn mehr oder teurere Leistungen erbracht werden als unter Beachtung medizinischer Erfordernisse notwendig und wünschenswert ist. Die Patienten hingegen bezahlen diese Missstände mit erhöhten Risiken bei der Behandlung: körperlichen Belastungen und Behandlungsrisiken bei unnötigen oder unnötig invasiven Interventionen oder auch damit, dass ihnen die Vorteile der angemessensten Behandlung (zu Gunsten der ökonomisch vorteilhafteren) verwehrt bleiben. Der Verbraucherzentrale Bundesverband befürwortet deshalb ausdrücklich alle Maßnahmen, die wirkungsvoll und mit vertretbarem Umsetzungsaufwand gegen Korruption im Gesundheitswesen bei allen Leistungserbringern, aber auch bei den Gebern der Zuwendungen vorgehen. 3. Einzelne Regelungen 3.1 Normadressat Der vzbv begrüßt, dass im Unterschied zum inhaltlich sonst weitgehend übereinstimmenden Gesetzentwurf des Freistaats Bayern keine Einschränkung auf verkammerte Heilberufe vorgesehen wird. Zwar sind Physiotherapeuten, Pflegekräfte oder Heilpraktiker (noch) kaum oder gar nicht ermächtigt, weitergehende Verordnungen von Gesundheitsleistungen vorzunehmen, dennoch geht es bei der Änderung des Strafgesetzbuches aktuell auch darum, das Unrechtsbewusstsein aller Leistungserbringer mit Blick auf die mögliche Korrumpierbarkeit ihres Handelns zu schärfen. Übereinstimmend mit Transparency International Deutschland plädiert der vzbv dafür, zusätzlich die Option einer förmlichen Verpflichtung für Vertragspartner der Gesetzlichen Krankenversicherung vorzusehen, damit die für Amtsträger bestehenden Korruptionstatbestände der 331 ff. StGB (zum Beispiel die Vorteilsnahme) auch für frei heilberuflich tätige Leistungserbringer gelten. Sie wären dann besonders Verpflichtete gemäß 11 Abs.1 Nr.4b 3 Prof. Dr. jur. utr. Thomas Fischer, VRiBGH: Korruptionsverfolgung im Gesundheitswesen dringender denn je!, in medstra, Zeitschrift für Medizinstrafrecht, 1/2015, S.1 4

StGB. Entsprechende Pflichten der Körperschaften der Selbstverwaltung sollten im Sozialgesetzbuch Fünf geregelt werden. Die Analogie zur Amtsträgerschaft ergibt sich aus dem Zwangscharakter der Beitragserhebung in der Gesetzlichen Krankenversicherung. Hier sollte keine andere Logik als bei der Verwendung von Steuergeldern gelten, nur weil zum Beispiel Vertragsärzte gleichzeitig auch Privatrechnungen stellen und insofern auch unternehmerisch und mit Gewinnerzielungsabsichten tätig sein können. Mit Blick auf die Mittel der Gesetzlichen Krankenversicherung sollen sie das nämlich gerade nicht. Hier geht es um das medizinisch Notwendige und um existentielle Daseinsvorsorge. 3.2 Schutzgut / Offizialdelikt Die Gesundheit der Patienten und ihr Vertrauen in das Gesundheitssystem sind das wichtigste Schutzgut bei korruptivem Verhalten. Der Wettbewerb oder die Interessen von Arbeitgebern und Krankenkassen wären nach Meinung des vzbv nicht an erster Stelle zu nennen, auch wenn es natürlich mehrere schutzwürdige Anliegen geben kann. Die Übertragung des 299 StGB auf gesetzlich geregelte Gesundheitsberufe gehtmit dieser Priorisierungsproblematik einher. Der Verbraucherzentrale Bundesverband plädiert daher dafür, 299a Abs.1 Nr.2 und Abs.2 Nr.2 StGB (neu) ausdrücklich um die Formulierung des Schutzgutes Patientenvertrauen zu ergänzen und zu formulieren: 299a Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen jeweils Abs.1 Nr.2 und Abs.2 Nr.2:.. in sonstiger Weise seine Berufsausübungspflichten verletze, insbesondere das Vertrauen in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen untergrabe, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Zur Begründung wird ergänzend darauf verwiesen, dass der Referentenentwurf an verschiedenen Stellen auf die doppelte Schutzfunktion des Straftatbestandes hinweist und dort beispielsweise postuliert: Ebenso schwer wiegt der durch sie verursachte Verlust an Vertrauen in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen. Im Gesundheitswesen betrifft der Vertrauensverlust insbesondere die an der gesundheitlichen Versorgung beteiligten Berufsgruppen. Dabei können schon einzelne Korruptionsfälle dazu führen, dass der ganze Berufsstand unter Generalverdacht gestellt wird und dass das Vertrauen in das Gesundheitssystem insgesamt Schaden nimmt. Der Entwurf führt in der Begründung zu dem Tatbestandsmerkmal in sonstiger Weise Berufsausübungspflichten verletze ( 299a Abs.1 Nr.2 und Abs.2 Nr.2) aus, dass durch diese Tatvariante der doppelte 5

Rechtsgüterschutz zum Ausdruck gebracht und verdeutlicht werden (soll), dass korruptive Verhaltensweisen nicht nur den Wettbewerb schädigen, sondern auch Patienten- und Allgemeinwohlinteressen betreffen können. Um diesem Anliegen gerecht zu werden, bedarf es nach Auffassung des vzbv einer eindeutigen Benennung des Schutzgutes bei diesem Tatbestandsmerkmal, das durch die vorgeschlagene Formulierung adäquat zum Ausdruck gebracht werden kann. Der Entwurf macht die Strafverfolgung grundsätzlich von einem Strafantrag abhängig. Nur bei besonderem öffentlichem Interesse soll von Amts wegen ermittelt werden. Der vzbv präferiert an dieser Stelle den Straftatbestand als Offizialdelikt auszugestalten. Unter Berücksichtigung des gleichwertigen Schutzgutes des Patientenvertrauens liegt in der Korruption zu Lasten der Patienten und der Versicherten ein strafwürdiges Verhalten, das eine nachhaltige Störung des Arzt-/Patientenverhältnisses und somit des gesamten Gesundheitssystems bewirken sowie gesundheitliche Schädigungen hervorrufen kann. Soweit die Strafverfolgung nicht ohnehin als Offizialdelikt eigeninitiativ durch die Staatsanwaltschaft erfolgt eine Lösung, die der Verbraucherzentrale Bundesverband eindeutig präferiert sollen unter den antragsberechtigten Parteien auch Verbraucher- und Patientenverbände aufgelistet werden. Hier ist auch ein Handlungsrahmen für kollektivrechtliche Vorgehensweisen der Verbraucherzentralen und für Gruppenklagen zu schaffen. 3.3 Berichtswesen/ Transparenz Der Verbraucherzentrale Bundesverband begrüßt, dass das Berichtswesen und die Zusammenarbeit der Stellen zur Verfolgung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen auch organsiationsübergreifend verbessert werden sollen, bezweifelt aber dass eine Kann-Regelung ausreicht und moniert, dass die Berichte des GKV-Spitzenverbandes und der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigung nicht veröffentlicht werden müssen. Der Mangel an Transparenz ist immer auch Nährboden für das korruptive Verhalten Einzelner. Zudem besteht sowohl individuell wie auch öffentlich ein großes Interesse, dass Missstände abgestellt werden. Nur ein umfassender Ansatz kann die vielbeschworenen Selbstheilungskräfte im System in ausreichender Weise stimulieren: Transparenz berufsrechtlicher Sanktionen: Die berufsrechtlichen Organisationen und kassenärztlichen Vereinigungen müssen verpflichtet werden, Hinweisen nachzugehen, bei bewiesenem Fehlverhalten Konsequenzen zu verhängen und über ihr Vorgehen gegen Korruption in transparenter Weise öffentlich zu berichten. Transparenz zwischen Institutionen: Zwischen den Ermittlungsbehörden sowie den Kammern und den Kassenärztlichen Vereinigungen bis hin zu den 6

Stellen zur Bekämpfung des Fehlverhaltens im Gesundheitswesen müssen klare Vorgaben geschaffen werden, die den Austausch von Informationen nicht nur ermöglichen, sondern zur Obliegenheit machen. German Sunshine Act: Sämtliche Zahlungen der Industrie an Leistungserbringer oder deren Verbände oder für Zwecke, die Leistungserbringern oder Krankenkassen zu Gute kommen (zum Beispiel gesponserte Fortbildungen) sollten in einem zentralen Register erfasst und unter Nennung der Adressaten sowie der Begründung veröffentlicht werden. Dieses Register ist von einer geeigneten unabhängigen Bundesoberbehörde zu führen. Whistleblower-Gesetz: Der Schutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Fehlverhalten ihrer Arbeitgeber zur Anzeige bringen, muss verbessert werden. Hierzu sei auf den Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Whistleblower-Schutzgesetz BT-Drs. 17/9782 verwiesen. 7