Vorkurs Gruppen Jonas Müller 11. Oktober 2018 Für den Vorkurs der Fachschaft MathPhysInfo im Wintersemester 2018/19. Basierend auf den Vorträgen der letzten Jahre von Saskia Klaus. Inhaltsverzeichnis 1 Elementare Eigenschaften 2 2 Untergruppen und Nebengruppen 4 3 Der Satz von Lagrange 7 jj@mathphys.stura.uni-heidelberg.de 1
1 Elementare Eigenschaften Definition 1.1. Sei G eine nicht-leere Menge, e G ein (ausgezeichnetes) Element und : G G G eine Abbildung. Wir nennen das Tripel (G,, e) eine Gruppe, falls für beliebige a, b, c G gilt (i) (a b) c = a (b c) (ii) a e = a (iii) Es gibt d G mit a d = e wir nennen die Gruppe zusätzlich abelsch, falls gilt (iv) a b = b a (Assoziativität) (Ex. rechtsneutrales El.) (Ex. rechtsinverses El.) (Kommutativität) Beispiel 1.2. (i) (Z, +, 0) ist eine abelsche Gruppe (ii) (Q\{0},, 1) ist eine abelsche Gruppe (iii) ({1, 1},, 1) ist eine abelsche Gruppe (iv) (Z,, 1) ist keine Gruppe Beispiel 1.3. Sei M n := {1,..., n} und S n := { f : M n M n f bijektiv }. Dann ist (S n,, id) eine Gruppe, denn seien f, g und h S n und x M n beliebig, dann gilt (i) ( ) def (f g) h (x) = (f h) ( h(x) ) def = f (g ( h(x) )) ( f (g h) ) (x) = f ( (g h)(x) ) = f ( g ( h(x) )). Das heißt es gilt (f g) h = f (g h). 2
(ii) (f id)(x) = f(id(x)) = f(x), also f id = f. (iii) Nach der Vorlesung über Abbildungen existiert f 1 mit f f 1 = id. (iv) Für n 3 ist S n nicht abelsch. Lemma 1.4. Sei G eine Gruppe, a G und b G ein rechtsinverses von a, d. h. a b = e. Dann ist b auch ein linksinverses von a, also b a = e. Beweis. Sei c G rechtsinvers von b, also b c = e. Dann gilt: b a 1.1 (ii) = (b a) e b c=e = (b a) (b c) 1.1 (i) = b (a b) c = b e c 1.1 (ii) = b c n.v = e. a b=e Lemma 1.5. Sei G eine Gruppe, dann ist e G auch linksneutral, also für a G: e a = a. Beweis. Sei a G beliebig und b G, s. d., a b = e. Dann gilt: e a = (a b) a 1.1 (i) = a (b a) 1.4 = a e 1.1 (ii) = a n. V. Lemma 1.6. Sei G eine Gruppe. Dann ist e das einzige neutrale Element, d. h., für ẽ G ein neutrales Element gilt bereits e = ẽ. Beweis. Es gilt e = e ẽ = ẽ Lemma 1.7 (Kürzungsregel). Sei G eine Gruppe. a, b, c G mit a b = a c. Dann gilt b = c. 3
Beweis. Seien a, b, c G wie oben und d G mit d a = e, dann gilt: = e b 1.1 (iii) = (d a) b 1.1 (i) = d (a b) b 1.5 = d (a c) 1.1 (i) = (d a) c 1.1 (i)/(iii) = c n. V. Lemma 1.8. Sei G eine Gruppe, a G. Dann ist das zu a inverse Element eindeutig, d. h., für b, c G mit a b = e = a c gilt bereits b = c. Dieses bezeichnen wir mit a 1. Beweis. Denn es gilt a b = a c 1.7 = b = c 2 Untergruppen und Nebengruppen Definition 2.1. Sei G eine Gruppe und H G nicht-leer. Wir nennen H eine Unterguppe von G, falls für alle a, b H gilt (i) a b H (ii) a 1 H Beispiel 2.2. (i) {±1} Q \ {0} ist eine Untergruppe. (ii) 2Z = {2a a Z} Z ist eine Untergruppe. (iii) Für G eine Gruppe, ist {e} G eine Untergruppe. (iv) N Z ist keine Untergruppe. Lemma 2.3. Sei G eine Gruppe und H G eine Untergruppe. Dann gilt e H und (H, H H, e) ist mit der auf H eingeschränkten Verknüpfung selbst eine Gruppe. Gilt zusätzlich G abelsch, dann ist H abelsch. 4
Beweis. H ist nicht-leer, also gibt es a H. Damit ist a 1 H nach Definition 2.1. Dann gilt e = a a 1 H nach Definition 2.1. Die Abbildung H H H ist aufgrund von Definition 2.1 (i) wohldefiniert. Und es gilt außerdem (i) Assoziativ: Seien a, b, c H, dann gilt a, b, c G, also gilt (a b) c = a (b c) (ii) Rechtsneutrale Element: Es ist e H und für a H : a e = a (iii) Inverses Element: folgt aus Definition 2.1 (iv) Kommutativität: falls G abelsch ist, gilt für a, b H : a b = b a in G, also auch in H Lemma 2.4. Sei G Gruppe, H G, e H, (H, H H, e) Gruppe. Dann gilt H G Untergruppe. Beweis. 2.1 (i) gilt, da (H, H H, e) wohldefiniert 2.1 (ii) folgt aus Definition 1.1 Bemerkung 2.5. G eine Gruppe, a G. Für n Z definieren wir: es gilt n-mal {}}{ a a a n > 0 a n := e n = 0 } a 1 a 1 {{ a 1 } n < 0, n-mal a := { a n n Z } G ist eine Untergruppe. Wir nennen diese, die von a erzeugte Untergruppe. Beweis. Übungsaufgabe 5
Definition 2.6. G Gruppe, H G Untergruppe. Wir definieren eine Relation auf G via a H b : a 1 b H Beispiel 2.7. Wir betrachten G = Z und H = 2Z. Für a, b Z erhalten wir also a 2Z b b a 2Z Also muss die Differenz von a und b gerade sein. Das ist genau dann der Fall, wenn a und b beide gerade sind oder beide ungerade sind. Lemma 2.8. Die Relation aus 2.6 ist eine Äquivalenzrelation. Beweis. Seien a, b, c G beliebig (i) Reflexiv: a 1 a = e H, also a H a (ii) Symmetrie: Gelte a H b, also a 1 b H Es gilt (a 1 b) 1 = (b 1 a), denn: (a 1 b) (b 1 a) = a 1 (b b 1 ) a = a 1 a = e Also b 1 a = (a 1 b) 1 H, folgt aus 2.1 (ii), also b H a (iii) Transitiv: Gelte a H b und b H c. Dann gilt also a H c a 1 c = a 1 (b b 1 ) c = (a 1 b) (b 1 c) H }{{}}{{} H H Lemma 2.9. Sei G eine Gruppe und H G eine Untergruppe, a G. Dann ist die Äquivalenzklasse von a bezüglich H gegeben durch [a] = ah := { ah h H } Beweis. Sei b [a], also a b, also h := a 1 b H. Damit erhalten wir Also b ah. b = (a a 1 ) b = a (a } 1 {{ } b) = a h =h 6
Sei b ah, also b = ah für h H. Wir erhalten a 1 b = a 1 a h = h H Also a b und b [a]. Notation 2.10. Wir schreiben G/ H := G / H = { [a] a G } Beispiel 2.11. Z/2Z = { } {..., 4, 2, 0, 2, 4,...}, {..., 5, 3, 1, 1, 3, 5,...} 3 Der Satz von Lagrange Definition 3.1. Sei G eine Gruppe. Wir nennen G endlich, falls die Menge G nur endlich viele Elemente besitzt. Sei H G eine Untergruppe. Ist G/H eine endliche Menge, so nennen wir (G : H) := #( G / H ) den Index von H in G. Sei a G. Wir definieren die Ordnung von a durch ord(a) := min{n N a n = e} wobei min := Bemerkung 3.2. Sei G eine Gruppe, a G. Dann gilt ord(a) = # a Beweis. Übungsaufgabe Lemma 3.3. Sei G eine Gruppe, H G eine Untergruppe. Dann gilt (i) Je zwei Äquivalenzklassen sind disjunkt oder gleich 7
(ii) G ist die disjunkte Vereinigung der Äquivalenzklassen (iii) Je zwei Äquivalenzklassen sind gleichmächtig Beweis. (i) folgt da -Äquivalenzrelation (ii) folgt da -Äquivalenzrelation (iii) Es genügt für a G beliebig zu zeigen, dass #[a] = #[e]. Dafür betrachten wir f : H ah, b ab. Sei g : ah H, b a 1 b. Dann gilt für ah ah beliebig und für h H beliebig (f g)(ah) = f(a 1 ah) = f(h) = ah (g f)(h) = g(ah) = a 1 ah = h. Das heißt f ist bijektiv und somit gilt #H = #f(h) = #ah. Satz 3.4 (Lagrange). Sei G eine endliche Gruppe, H G eine Untergruppe. Dann gilt: #G = (G : H) #H Beweis. Sei n = # G/H (Definition 3.1) und a 1,..., a n G, so dass G/ H = {[a 1 ],..., [a n ]}. Nach Lemma 3.3 sind [a 1 ],..., [a n ] also disjunkt und es gilt G = i=1,...,n [a i ] und damit folgt #G = # [a i ] = i=1,...,n n #[a i ] i=1 3.3 = n #[e] = n #[e] = (G : H) #H i=1 8
Korollar 3.5. Sei G eine endliche Gruppe, a G. Dann gilt ord(a) ord(g) bzw. a #G = e 9