STRAF-, VERWALTUNGS- UND ZIVILVERFAHREN GEGEN ANGEHÖRIGE DER ETH ZÜRICH



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Transkript:

RECHTSDIENST Rämistrasse 101 ETH Zentrum CH-8092 Zürich STRAF-, VERWALTUNGS- UND ZIVILVERFAHREN GEGEN ANGEHÖRIGE DER ETH ZÜRICH INHALT I. Angehörige der ETH Zürich 1. Begriff 2. Angehörige im Arbeitsverhältnis II. III. IV. Übernahme von Verfahrenskosten durch die ETH Zürich 1. Grundlagen und Verfahren 2. Kriterien Strafverfahren 1. Einleitung des Strafverfahrens 2. Notwendigkeit der Ermächtigung zur Strafverfolgung 3. Verfahren zur Erteilung der Ermächtigung 4. Ermächtigung bei Ehrverletzungs- und Persönlichkeitsklagen Haftung für Schäden (Verantwortlichkeitsgesetz) 1. Haftung der ETH Zürich für durch ETH-Angehörige Dritten zugefügten Schaden 2. Rückgriff der ETH Zürich auf ETH-Angehörige 3. Persönliche Haftung der ETH-Angehörigen für einen der ETH Zürich unmittelbar zugefügten Schaden 4. Verfahren V. Haftung gemäss Privatrecht VI. Berufs-, Geschäfts- und Amtsgeheimniswahrung 1. Grundsatz 2. Rechtsverfahren Seite 1/8

I. ANGEHÖRIGE DER ETH ZÜRICH 1. Begriff Angehörige der ETH Zürich sind gemäss Art. 13-16 ETH-Gesetz vom 4.10.1991 1 : - die Dozenten (ordentliche und ausserordentliche Professoren, Assistenzprofessoren, Privatdozenten und Lehrbeauftragte); - die Assistenten, die wissenschaftlichen Mitarbeiter und die Doktoranden; - die Studierenden und die Hörer; - die administrativen und die technischen Mitarbeiter. 2. Angehörige im Arbeitsverhältnis Der vorliegende Text betrifft nur jene Personen, die an der ETH Zürich in einem Arbeitsverhältnis stehen. Der Begriff ETH-Angehörige bezieht sich im folgenden auf diese Personen. Es sind dies: a) Professoren: ordentliche, ausserordentliche und Assistenzprofessoren; b) Assistenten; c) wissenschaftliche Mitarbeiter; d) administratives und technisches Personal. Mit Privatdozenten und Lehrbeauftragten besteht hinsichtlich ihres Lehrauftrages kein Anstellungsverhältnis. 2 Auch Doktoranden, die nicht als Assistenten oder sonstige Mitarbeiter eingesetzt werden, und Studierende sowie Hörer stehen in keinem Arbeitsverhältnis zur ETH. II. ÜBERNAHME VON VERFAHRENSKOSTEN DURCH DIE ETH ZÜRICH 1. Grundlagen und Verfahren a) Die ETH Zürich vergütet ihren Angehörigen, die infolge der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit in ein Zivil-, Verwaltungs- oder Strafverfahren verwickelt werden oder ein solches berechtigterweise anstrengen, die Verfahrens- und Parteikosten, sofern sie ein Interesse an der Prozessführung hat oder die Handlung nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde. Bis zur Fällung des Gerichtsentscheides erfolgt eine blosse Kostengutsprache. 3 b) Der Präsident der ETH Zürich entscheidet, ob die Kosten übernommen werden. 4 1 SR 414.110 2 Art. 13 ETHZ-ETHL-Verordnung vom 13.11.2003 (SR 414.110.37) 3 Art. 48 Personalverordnung ETH-Bereich vom 15.3.2001 (SR 172.220.113) 4 Art. 29 Abs. 2 ETH-Gesetz vom 4.10.1991 Seite 2/8

2. Kriterien Beim Entscheid über die Kostenübernahme ist namentlich zu beachten: a) Ist der Beizug eines Anwalts wegen eines komplizierten Sachverhalts, schwieriger Rechtsfragen oder möglicher schwerwiegender strafrechtlicher Sanktionen angezeigt? b) Treffen den ETH-Angehörigen Verschulden und Verantwortung? c) Hat die betroffene Person das Verfahren z.b. durch ehrverletztende Äusserungen selbst provoziert oder sonst (mit-)verursacht? d) Wurde ihr eine Prozessentschädigung zugesprochen? Beispiele: - In einem Labor der ETH Zürich ereignet sich eine Explosion mit Todesfolge, die eine strafrechtliche Untersuchung nach sich zieht. Es erfolgt Anklageerhebung durch den Bezirksanwalt gegen einen ETH-Angehörigen beim Bezirksgericht Zürich. Ob dem Angeklagten die Verfahrenskosten auferlegt werden, hängt vom Ausgang des Verfahrens (Schuldspruch oder Freispruch) ab. - Gegen den ETH-Angehörigen X. wurde Strafanzeige wegen Tierquälerei erstattet und eine Strafuntersuchung eröffnet. Die Strafuntersuchung wurde anschliessend eingestellt und X. eine Prozessentschädigung zugesprochen. Die ETH Zürich übernahm die Anwaltskosten, soweit sie nicht durch die Prozessentschädigung gedeckt waren. III. STRAFVERFAHREN 1. Einleitung des Strafverfahrens Ein Strafverfahren wird in der Regel durch eine Strafanzeige gegen den mutmasslichen Täter bei der Polizei oder der Bezirksanwaltschaft eingeleitet. Nur der Leiter der Abteilung Sicherheit und Umweltschutz der ETH Zürich ist befugt, im Namen der ETH Strafanzeige zu erstatten. Wenn jedoch Strafanzeige gegen ETH-Angehörige erstattet werden soll, so entscheidet der Präsident 5. 5 Art. 14 Geschäftsordnung der Schulleitung der ETH Zürich vom 10.8.2004 (RSETHZ 202.3) Seite 3/8

2. Notwendigkeit der Ermächtigung zur Strafverfolgung a) Eine Strafverfolgung gegen Angehörige der ETH Zürich und andere Personen, die von der ETH Zürich mit öffentlichrechtlichen Aufgaben betraut sind, bedarf der Ermächtigung zur Strafverfolgung, falls die Straftat im Zusammenhang mit ihrer Aufgabenerfüllung steht. Über die Erteilung der Ermächtigung entscheidet die Bundesanwaltschaft. Nicht erforderlich ist die Ermächtigung hingegen bei Widerhandlungen im Strassenverkehr. 6 b) Die Ermächtigung zur Strafverfolgung ist auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich. c) Die Ermächtigung darf nur verweigert werden, wenn ein leichter Fall (Bagatelle) vorliegt und eine disziplinarische Massnahme die Tat genügend ahndet. 7 Merke: Soll gegen ETH-Angehörige wegen einer Tätigkeit für die ETH Zürich ein Strafverfahren durchgeführt werden, so müssen sie die kantonalen Strafverfolgungsbehörden auf die Notwendigkeit aufmerksam machen, die Ermächtigung der Bundesanwaltschaft einzuholen. 3. Verfahren zur Erteilung der Ermächtigung Die Ermächtigung ist grundsätzlich durch die kantonalen Strafverfolgungsbehörden bei der Bundesanwaltschaft einzuholen. 8 Diese holt ihrerseits, soweit ETH-Angehörige betroffen sind, vor dem Entscheid die Stellungnahme des Präsidenten der ETH Zürich ein. 9 Liegt bei Verletzung einer Arbeitspflicht durch einen ETH-Angehörigen möglicherweise eine strafbare Handlung vor, die keine Bagatelle ist, so übermittelt die ETH Zürich der Bundesanwaltschaft die Akten und nimmt Stellung zur Frage, ob die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt werden soll. Die Bundesanwaltschaft entscheidet dann über die Einleitung eines Strafverfahrens. Eine nachträgliche Erteilung der Ermächtigung nach bereits durchgeführten Untersuchungshandlungen kann den Verfahrensmangel heilen. 10 Beispiele: - Erteilt wird die Ermächtigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen drei ETH-Angehörige betreffend Warenfälschung sowie Inverkehrbringen gefälschter 6 Art. 1 Abs. 1 Bst. e und f, Art. 2 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1 und 2 Verantwortlichkeitsgesetz vom 14.3.1958 (VG; SR 170.32); Art. 7 Abs. 1 Verordnung zum VG vom 30.12.1958 (VGV; SR 170.321). 7 Art. 15 Abs. 3 VG; BGE 106 Ib 273 ff.; Roland Hauenstein, Die Ermächtigung in Beamtenstrafsachen des Bundes, Diss. Bern 1995, S. 151 ff. (Der Autor schöpft aus seinen Erfahrungen als Adjunkt der Bundesanwaltschaft.) 8 Art. 15 Abs. 2 VG; Art. 7 Abs. 1 VGV 9 Art. 7 Abs. 1 VGV 10 Hauenstein S. 88 ff. Seite 4/8

Waren. Verweigert wird die Erteilung der Ermächtigung im Falle eines vierten ETH- Angehörigen, den gemäss den Erwägungen der Bundesanwaltschaft keine Geschäftsherrenhaftung trifft. - Auf Anfrage der Bundesanwaltschaft beantragt die ETH Zürich, keine Ermächtigung zur Strafverfolgung des ETH-Angehörigen T. zu erteilen, da seine Verfehlung (unterlassene Verlängerung einer Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung) als Bagatelldelikt mit disziplinarischen Massnahmen angemessen geahndet werden kann. In der Folge wird die Ermächtigung verweigert, worauf das zuständige Polizeirichteramt das Verfahren einstellt. 4. Ermächtigung bei Ehrverletzungsklagen nach 173 ff. StGB und bei persönlichkeitsrechtlichen Klagen nach Art. 28 ff. ZGB a) Ehrverletzungsklagen sind mit Ausnahme von Ehrverletzungen durch die Presse in der Regel beim Friedensrichter anhängig zu machen und bedürfen grundsätzlich keiner Ermächtigung, da im Rahmen einer solchen Sühnverhandlung keine Strafen verhängt werden und ein allfälliger Vergleich unter den Beteiligten aus freien Stücken vereinbart wird. Jedoch ist die Frage der Ermächtigungspflicht in Sühnverhandlungen strittig, da der Schutz der ETH-Angehörigen bei querulatorischen Ehrverletzungsklagen bereits in diesem Verfahrensabschnitt angezeigt erscheint. b) Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft ist bei Gerichtsverfahren wegen Verletzung in den persönlichen Verhältnissen 11 keine Ermächtigung nötig, da das Verantwortlichkeitsgesetz eine Ermächtigung nur für Strafverfahren, nicht aber für Zivilverfahren auf Grund des Zivilgesetzbuches verlange. Beispiel: Ein ETH-Angehöriger zieht öffentlich das fachliche Können eines Wissenschafters in Zweifel und weist dabei auf dessen Familienverhältnisse hin. Der Betroffene gelangt wegen widerrechtlicher Verletzung in den Persönlichkeitsverhältnissen an den Zivilrichter. IV. HAFTUNG FÜR SCHÄDEN (VERANTWORTLICHKEITSGESETZ) 1. Haftung der ETH Zürich für durch ETH-Angehörige Dritten zugefügten Schaden Fügt ein ETH-Mitarbeiter oder eine andere Person, die von der ETH Zürich mit öffentlichrechtlichen Aufgaben betraut ist, in Ausübung amtlicher Tätigkeit einem Dritten widerrechtlich Schaden zu, so haftet dafür die ETH Zürich ohne Rücksicht auf das Verschulden des Verursachers. 12 Gegen den Verursacher selbst steht dem 11 Art. 28 ff. ZGB 12 Kausalhaftung; Art. 3 Abs. 1 VG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 Bst. a VG Seite 5/8

Geschädigten kein Anspruch zu 13 (sog. direkte Staatshaftung). Ist der Anspruch streitig, so erlässt die ETH Zürich darüber eine Verfügung. 14 2. Rückgriff der ETH Zürich auf ETH-Angehörige Hat die ETH Zürich dem Geschädigten Ersatz geleistet, so steht ihr der Rückgriff (Regress) auf den ETH-Mitarbeiter zu, der den Schaden vorsätzlich oder grobfahrlässig verschuldet hat, und zwar auch nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses. 15 3. Persönliche Haftung der ETH-Angehörigen für einen der ETH Zürich unmittelbar zugefügten Schaden Der ETH-Mitarbeiter haftet der ETH Zürich für den Schaden, den er ihm durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung seiner Arbeitspflicht unmittelbar zugefügt hat. 16 a) Vorsätzlich wurde ein Schaden herbeigeführt, den der Verursacher mit Kenntnis gewollt hat, wenn der Schaden also wissentlich und willentlich verursacht wurde. b) Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Verursacher nicht nur unsorgfältig gehandelt, sondern darüber hinaus die elementaren Vorsichtsgebote verletzt und das ausser Acht gelassen hat, was jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen hätte einleuchten müssen. Merke: Diese Regelung entspricht einem im Versicherungsrecht allgemein geltenden Grundsatz: Für absichtlich herbeigeführte Schäden haftet der Versicherer nicht und bei grober Fahrlässigkeit darf der Versicherer seine Leistung entsprechend dem Verschulden des Versicherungsnehmers kürzen 17. 4. Verfahren Über den Rückgriff sowie über die Haftung des Verursachers erlässt der Präsident der ETH Zürich eine Verfügung, welche der Beschwerde an die Eidgenössische Personalrekurskommission unterliegt. 18 Beispiel: In ein Gebäude der ETH Zürich ist eingebrochen worden. Dabei wurden aus einem Tresor Bargeld und Copycards im Gesamtwert von rund Fr. 19'000.- entwendet. Der 13 Art. 3 Abs. 3 VG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 Bst. a VG 14 Art. 19 Abs. 3 VG 15 Art. 7 VG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 Bst. a VG 16 Art. 8 VG 17 Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (SR 221.229.1) 18 Art. 7 VG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 1 Bst. a VG; Art. 5 Abs. 1 und 2 VGV Seite 6/8

zuständige Hausdienstleiter hatte im Vorjahr den Verlust eines Schlüssels zum fraglichen Tresor pflichtwidrig nicht gemeldet. Er musste sich an der Schadensdeckung mit Fr. 2000.- beteiligen. V. HAFTUNG GEMÄSS PRIVATRECHT Nicht alle Tätigkeiten der ETH Zürich haben amtlichen Charakter. Die Haftung für Schäden, die durch eine privatrechtliche Handlung der ETH Zürich oder einer mit den Aufgaben der ETH Zürich betrauten Person verursacht werden, richtet sich nach den Vorschriften über die unerlaubte Handlung (Art. 41 ff. OR), die Geschäftsherrenhaftung (Art. 55 OR) und die Organhaftung (Art. 55 ZGB). 19 Die Haftung der ETH Zürich erfolgt somit nach Zivilrecht; den Geschädigten steht aber kein Anspruch gegenüber den fehlbaren ETH-Angehörigen zu. 20 Auch hier besteht eine direkte Staatshaftung. Der Geschädigte muss sich an die ETH Zürich halten, welcher wiederum das Rückgriffsrecht auf den Verursacher zusteht. 21 VI. W AHRUNG DES BERUFS-, GESCHÄFTS- UND AMTSGEHEIMNISSES 1. Grundsatz Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zur Verschwiegenheit über berufliche und geschäftliche Angelegenheiten verpflichtet, die nach ihrer Natur oder gemäss besonderer Vorschrift geheim zu halten sind. 22 2. Rechtsverfahren a) ETH-Angehörige dürfen sich bei Einvernahmen und in Gerichtsverfahren als Partei, Zeuge oder Sachverständiger über ihre dienstlichen Wahrnehmungen nur dann äussern oder entsprechende Akten herausgeben, wenn sie dazu ermächtigt worden sind. 23 Die Ermächtigung darf bei überwiegenden Landesinteressen oder einer wesentlichen Beeinträchtigung der Verwaltungsaufgaben verweigert werden. Sie ist in jedem Fall vorgängig einzuholen. b) Das Gesuch um Erteilung der Ermächtigung ist auf dem Dienstweg an den Rechtskonsulenten der ETH Zürich zu richten 24, bei Professoren an den Präsidenten der 19 Art. 11 Abs. 1 VG; U. Häfelin/G. Müller, Allg. Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Zürich 2002, Randziff. 2269 20 analoge Anwendung von Art. 11 Abs. 2 VG 21 analoge Anwendung von Art. 11 Abs. 3 VG 22 Art. 57 Abs. 1 Personalverordnung ETH-Bereich vom 15.3.2001 (PVO; SR 172.220.113) 23 Art. 57 Abs. 3 PVO 24 Art. 13 Abs. 3 Geschäftsordnung der Schulleitung der ETH Zürich vom 10.8.2004 (RSETHZ 202.3) Seite 7/8

ETH Zürich. Die Ermächtigung ist auch nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses notwendig. 25 Beispiel: Die Bezirksanwaltschaft ermittelt im November im Zusammenhang mit einem Unfall an der ETH Zürich. Der Unfall hat sich im Juni ereignet. Der ETH-Angestellte X, der Ende September aus der ETH Zürich ausgetreten ist, hat den Unfall beobachtet. Er darf nur als Zeuge aussagen, wenn ihn der Rechtskonsulent der ETH Zürich dazu ausdrücklich ermächtigt. Rechtsdienst ETH Zürich September 2005 25 Art. 57 Abs. 2 PVO Seite 8/8