Auslöser und Therapie der Anaphylaxie Auswertung von mehr als 4 000 Fällen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz



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Transkript:

ORIGINALARBEIT Auslöser und Therapie der Anaphylaxie Auswertung von mehr als 4 000 Fällen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Margitta Worm*, Oliver Eckermann*, Sabine Dölle, Werner Aberer, Kirsten Beyer, Thomas Hawranek, Stephanie Hompes, Alice Koehli, Vera Mahler, Katja Nemat, Bodo Niggemann, Claudia Pföhler, Uta Rabe, Angelika Reissig, Ernst Rietschel, Kathrin Scherer, Regina Treudler, Franziska Ruëff Epidemiologie Zur Epidemiologie der Anaphylaxie gibt es zwar weltweit Daten, jedoch sind die Auslöser und ihre Häufigkeiten regional und in Abhängigkeit der erfassten Patienten verschieden (6, 7). Ein zentrales Problem ist, dass die ICD-10-Kodierung keine einzelne Ziffer für die verschiedenen Formen anaphylaktischer Reaktionen beziehungsweise für den anaphylaktischen Schock vorsieht. So müssen Erhebungen, die mit ICD-10-Diagnosen arbeiten, mehrere Kodierungsziffern berücksichtigen, um Anaphylaxien angemessen zu erfassen. Daten zur Epidemiologie der Anaphylaxie aus den USA geben eine Inzidenz von bis zu 40 50 Personen pro 100 000 Einwohner an pro Jahr (8), während die Zahlen beispielsweise für England mit 6 8 Fällen auf 100 000 Einwohner geringer ausfallen (9). In einer kürzlich publizierten Studie der eigenen Arbeitsgruppe zusammen mit den Berliner Notärzten ergab sich eine Inzidenz der Anaphylaxie von 2 3 Personen auf 100 000 Einwohner (10). Zwar sind die Daten je nach Erhebungsort, -zielgruppe und -krite- Allergie-Centrum- Charité, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Charité Universitätsmedizin Berlin: Prof. Dr. med. Worm, Dr. rer. medic. Dölle, Dr. rer. medic. Hompes ADAC Luftrettungs - zentrum Senftenberg: Eckermann Hautklinik, Universitätsklinikum Graz, Österreich: Prof. Dr. med. univ. Aberer Klinik für Pädiatrie m. S. Pneumologie und Immunologie, Charité Universitätsmedizin Berlin: Prof. Dr. med. Beyer, Prof. Dr. med. Niggemann Allergieambulanz, Universitätsklinik für Dermatologie, SALK, Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, Österreich: Dr. med. Hawranek Allergologie, University Children s Hospital Zurich, Zürich, Schweiz: Dr. med. Koehli Hautklinik, Universitätsklinikum Erlangen: Prof. Dr. med. Mahler Kinderpneumologie und Allergologie am Kinderzentrum Dresden-Friedrichstadt (Kid), Dresden: Dr. med. Nemat Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar: Prof. Dr. med. Pföhler ZUSAMMENFASSUNG Hintergrund: Die Anaphylaxie ist die schwerste Manifestation einer mastzellabhängigen Sofortreaktion und kann tödlich verlaufen. Daten aus dem Berliner Raum ergaben eine Inzidenz von 2 3 pro 100 000 Einwohner pro Jahr. Methoden: Ausgewertet wurden die Daten des Anaphylaxie-Registers in Bezug auf Auslöser, Symptome und Versorgung von 2006 2013 sowie der protokollierten Einsätze der ADAC-Luftrettung von 2010 2011. Ergebnisse: Im Register wurden 4 141 Patienten erfasst, bei der ADAC-Luftrettung 1 123 Fälle. Im Register wurden als Auslöser für die Anaphylaxie vorwiegend Insektengifte (n = 2 074; 50,1 %), Nahrungsmittel (n = 1 039; 25,1 %) und Medikamente (n = 627; 15,1 %) genannt. Innerhalb dieser Gruppen waren Wespen- (n = 1 460) und Bienenstiche (n = 412), Hülsenfrüchte (n = 241) und tierische Proteine (n = 225) sowie Schmerzmittel (n = 277) die häufigsten Ursachen. Erdnuss, Kuhmilch und Hühnerei waren bei Kindern am häufigsten Auslöser einer Nahrungsmittel-Anaphylaxie, während bei Erwachsenen Weizen und Schalentiere überwogen. Die relative Häufigkeit der Auslöser war altersabhängig. Eine Auswertung der Notarzteinsätze zeigte, dass Adrenalin bei Schweregrad 3 beziehungsweise 4 bei 14,5 % und 43,9 % der Patienten des Anaphylaxie-Registers sowie bei 19 % und 78 % der Patienten, die von der Luftrettung versorgt werden mussten, eingesetzt wurde. Schlussfolgerung: Wespen- und Bienengift, Hülsenfrüchte, tierisches Eiweiß sowie Schmerzmittel waren die häufigsten Auslöser einer Anaphylaxie. Ihre Häufigkeit war altersabhängig. Die Gabe von Adrenalin erfolgte zu selten, obwohl es gemäß der Leitlinien ab Schweregrad 2 empfohlen wird. Zitierweise Worm M, Eckermann O, Dölle S, Aberer W, Beyer K, Hawranek T, Hompes S, Koehli A, Mahler V, Nemat K, Niggemann B, Pföhler C, Rabe U, Reissig A, Rietschel E, Scherer K, Treudler R, Ruëff F: Triggers and treatment of anaphylaxis: an analysis of 4000 cases from Germany, Austria and Switzerland. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 367 75. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0367 Unter einer Anaphylaxie versteht man eine akute systemische Reaktion mit den Symptomen einer allergischen Sofortreaktion, die den gesamten Organismus erfassen kann und potenziell lebensbedrohlich ist (1 3). Die Anaphylaxie kann tödlich verlaufen oder zu bleibenden Schäden führen (3). Vor allem durch Nahrungsmittel und Insektengifte ausgelöste Anaphylaxien sind pathophysiologisch überwiegend IgE-vermittelte Typ-I-Allergien, in seltenen Fällen kann auch eine direkte Aktivierung der Mastzellen ursächlich sein. Bislang gibt es weltweit keine einheitliche Definition der Anaphylaxie. Ein mechanistischer Ansatz verwendet den Begriff Anaphylaxie für systemische Allgemeinreaktionen jeglichen Schweregrades (4). Die derzeit überwiegend verwendete Definition beschreibt die Anaphylaxie als schwere Allgemeinreaktion mit Symptomen an verschiedenen Organsystemen (Haut und Schleimhaut, Respirationstrakt, kardiovaskuläres System, Gastrointestinaltrakt) (5). Die Differenzialdiagnosen der Anaphylaxie sind vielfältig (Kasten). Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014 367

Fachabteilung Allergologie, Johanniter- Krankenhaus im Fläming Treuenbrietzen GmbH, Treuenbrietzen: Dr. med. Rabe Pneumologie & Allergologie, Klinik für Innere Medizin I, Universitätsklinikum Jena, Friedrich-Schiller- Universität, Jena: PD Dr. med. Reissig Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Pädiatrische Pneumologie und Allergologie, Universitätsklinikum Köln AöR, Köln: PD Dr. med. Rietschel Allergy Unit, Department of Dermatology, University Hospital Basel, Basel, Schweiz: PD Dr. med. Scherer Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universität Leipzig, Leipzig: Prof. Dr. med. habil. Treudler Allergie Zentrum, Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie, Ludwig- Maximilians-Universität, München: Prof. Dr. med. Ruëff * Die beiden Autoren teilen sich die Erstautorenschaft rien unterschiedlich, jedoch zeigen sie insgesamt, dass die Anaphylaxie als schwerste Manifestation einer Allergie ein seltenes Ereignis darstellt. Untersuchungen aus den USA und Australien legen nahe, dass die Zahl der Patienten mit Anaphylaxie in den letzten Jahrzehnten zugenommen hat (8, 11). Dies betrifft vor allem schwere allergische Reaktionen, die durch Nahrungsmittel oder Medikamente ausgelöst wurden (8). Therapie der Anaphylaxie Gemäß der aktuellen Leitlinie zur Akuttherapie der Anaphylaxie sollten Patienten mit schweren allergischen Reaktionen, die respiratorische und/oder kardiovaskuläre Symptome aufweisen, medikamentös primär mit Adrenalin intramuskulär behandelt werden (12) obgleich die Evidenzlage aufgrund des Fehlens kontrollierter Studien gering ist (13). Maßnahmen wie adäquate Lagerung, Zufuhr von Flüssigkeit (Blutvolumen) und die Gabe von Sauerstoff sind weitere essenzielle Bausteine der Therapie. Zusätzliche Medikamente, die in der akuten Situation appliziert werden sollten, sind H1- und H2-R-blockierende Antihistaminika und Kortikosteroide, wobei auch hier kontrollierte Studien zur Wirksamkeit bei der Therapie der Anaphylaxie fehlen (9). Bei asthmatischen Symptomen werden zusätzlich in ha - lative Beta-2-Sympathomimetika empfohlen. Eine Übersicht der derzeit empfohlenen Therapiemaßnahmen der Anaphylaxie gibt Tabelle 1. Fragestellung Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Auslöser der Anaphylaxie mit Hilfe der Daten aus dem Anaphylaxie-Register zu identifizieren und in Bezug auf das Alter der Patienten und ihrer relativen Häufigkeit darzustellen. Um die Versorgungssituation von Anaphylaxie-Patienten abzubilden, werden Daten zur Versorgung aus dem Anaphylaxie-Register vergleichend mit Primärdaten von Notärzten (exemplarisch für den Berliner Raum und deutschlandweit der ADAC- Luftrettung) vorgestellt. Methoden Es erfolgte eine retrospektive Auswertung der Daten des Anaphylaxie-Registers (dort werden Daten von Patienten mit schweren allergischen Symptomen erhoben, das heißt Haut- und Schleimhautsymptome sowie respiratorische und/oder kardiovaskuläre Symptome) in Bezug auf Auslöser, Symptome, Dia - gnostik, Begleiterkrankungen und Versorgung von 2006 2013 sowie der protokollierten Einsätze der ADAC-Luftrettung von 2010 2011. Die Daten aus der Befragung der Notärzte im Berliner Raum wurden bereits publiziert und werden für die hier verwendete Auswertung ausschließlich vergleichend für den Zeitraum 2010 2011 erneut herangezogen (10). Eine genaue Beschreibung der Methode und der statistischen Auswertung ist dem ekasten 1 zu entnehmen. Ergebnisse Die hier dargestellten Ergebnisse umfassen die an das Register gemeldeten Fälle vom 1. 1. 2006 bis 31. 3. 2013. Insgesamt 4 141 Fälle aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden nach Prüfung der Einschlusskriterien (Vorliegen eines hinreichenden Schweregrades und nicht länger als 12 Monate zurückliegende Reaktion) berücksichtigt. 2 173 Patienten waren weiblich und 1 968 männlich. In der Gesamtgruppe waren 3 168 Erwachsene (1 840 weiblich und 1 328 männlich) und 973 Kinder (333 weiblich und 640 männlich). Die Zuordnung der Patienten aufgrund der eingetragenen Symptome zu den Schweregraden nach Ring und Messmer (4) (Tabelle 2) zeigt, dass gemäß der Einschlusskriterien > 85 % der Reaktionen den Schweregraden II und III zuzuordnen waren. Schweregrad-IV-Reaktionen wurden selten gemeldet (n = 107). Bei Erwachsenen waren dies 3,1 % und bei den Kindern 0,9 % der Fälle (Grafik 1). Auslöserprofil Nahrungsmittel wurden überwiegend als Auslöser schwerer allergischer Reaktionen im Kindesalter (0 17 Jahre) genannt (Grafik 2). Bei Erwachsenen (> 18 Jahre) wurden die Insektengifte überwiegend als Auslöser schwerer allergischer Reaktionen gemeldet. Bezüglich des detaillierten Auslöserprofils zeigten weiterführende Analysen, dass Nahrungsmittelallergene wie Hühnerei und Kuhmilch sowie Baum- und Erdnüsse (14) überwiegend bei Kindern berichtet wurden (Grafik 3). Bei Erwachsenen fanden sich die Nahrungsmittel an dritter Stelle als Auslöser schwerer allergischer Reaktionen (Grafik 2), wenn die Daten aus dem Anaphylaxie-Register berücksichtigt wurden. Hier waren die überwiegend angegebenen auslösenden Nahrungsmittel Weizen, Sellerie, Soja sowie Krusten- und Schalentiere (Grafik 3). Die einzelnen Nahrungsmittel als Auslöser schwerer allergischer Reaktionen im Gesamtkollektiv sind in Tabelle 3a dargestellt. Auch Medikamente waren Auslöser schwerer allergischer Reaktionen, insbesondere die nichtsteroidalen Antiphlogistika (Tabelle 3b). Hier fanden sich als auslösende Substanzen Diclofenac, Acetylsalicylsäure und Ibuprofen (Tabelle 3c). Eine weitere große Medikamentengruppe als Auslöser anaphylaktischer Reaktionen waren die Antibiotika, vor allem die Beta-Lactam-Antibiotika mit Penicillinen und Cephalosporinen. Bei den Insektengiften wurde als Auslöser vor allem Wespengift angegeben (1 460 = 70,4 %), seltener Bienengift (419 = 19,9 %) oder andere (Tabelle 3d). Notfallversorgung Die Daten zur Versorgung aus dem Anaphylaxie-Register werden aus Patientendaten generiert, dabei werden nicht immer Notfallprotokolle berücksichtigt. Daher haben die Autoren die Daten aus dem Anaphylaxie- Register im Vergleich zu Primärdaten von Notärzten aus der Berliner notärztlichen Versorgung und der ADAC-Luftrettung mitherangezogen. 368 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014

KASTEN Differenzialdiagnosen der Anaphylaxie Kardiovaskuläre Erkrankungen vasovagale Synkope andere Schockformen (z. B. hämorrhagisch, kardiogen) Herzrhythmusstörungen hypertone Krise Lungenembolie Capillary-Leak-Syndrom Endokrinologisch-metabolische Erkrankungen Karzinoidsyndrom Phäochromozytom thyreotoxische Krise Hypoglykämie Psychogene Erkrankungen Hyperventilation, vor allem mit Attacken Globus hystericus multiple Chemikaliensensitivität (MCS) Münchhausen-Syndrom (Anaphylaxie als Artefakt) Organische Erkrankungen Epilepsie Apoplexie Koma (ohne Anaphylaxie), z. B. metabolisch, traumatisch Atemwegserkrankungen Stimmbanddysfunktionssyndrom ( vocal cord dysfunction, psychogene Atemnot) tracheale/bronchiale Obstruktion (z. B. Fremdkörper, Tumor) Asthma (ohne Anaphylaxie) Pharmakologisch-toxische Effekte durch Pharmaka (z. B. Lokalanästhetika i. v.) durch Alkohol und Zufuhr von Stoffen mit Disulfiramwirkung (z. B. Griseofulvin, Sulfonylharnstoffe, bestimmte Speisepilze) (modifiziert nach Ring et al. [12]) Die Ergebnisse zeigen, dass der überwiegende Anteil der Patienten mit anaphylaktischen Reaktionen primär Antihistaminika und Kortikosteroide und zu einem geringen Prozentsatz Adrenalin im Rahmen der Notfallversorgung erhielt (Grafik 4). Hier ist zu berücksichtigen, dass die Daten aus dem Anaphylaxie-Register und der Berliner Notärzte Ergebnisse sind, die die Schweregrade II bis IV nach Ring und Messmer (4) beinhalten. Die Luftrettungsdaten wurden in einer retrospekti - ven Auswertung erhoben, in der auch Schweregrad I berücksichtigt wurde. Die Anwendungsfrequenz von TABELLE 1 Empfehlungen zur Notfallmedikation bei Anaphylaxie (nach Ring et al. [12]) Bestandteil Adrenalin Antihistaminikum Glukokortikoid optional β-mimetika z. B. Salbutamol Applikationsweg und Dosierung Autoinjektor zur intramuskulären Applikation, gewichtsadaptiert: > 10 kg 150 µg Adrenalin > 30 kg 300 µg Adrenalin nach Patientenalter und -präferenz oral als Flüssigkeit oder (Schmelz-)Tablette; die zugelassene Tagesdosis des jeweiligen Antihistaminikums kann als Einzeldosis empfohlen werden. Bei Dimetinden-Tropfen kann analog eine gewichtsadaptierte Dosierung der i.v.- Formulierung als oral einzunehmende Dosis empfohlen werden nach Patientenalter und -präferenz rektal oder oral (als Flüssigkeit oder Tablette) mit 50 100 mg Prednisolon - äquivalent bei bekanntem Asthma bronchiale: β2-sympathomimetikum; bei zu erwartender Obstruktion der Atemwege: inhalatives Adrenalin- Präparat mit Sprühkopf für Arznei - mittelfläschchen (extra vom Apotheker anfordern) Hinweis: Ein Notfallset zur Soforthilfe soll eine schriftliche Anleitung zur Anwendung der Bestandteile enthalten (z. B. Anaphylaxie-Pass und/oder Anaphylaxie- Notfallplan) Adrenalin als Medikament der ersten Wahl ab Schweregrad II gemäß nationaler und internationaler Leitlinien war innerhalb der Schweregrade unterschiedlich. Für Schweregrad III lag die Anwendungsquote bei 14,5 % für die Daten aus dem Anaphylaxie-Register, bei 25 % für die Berliner Notärzte und bei 19 % der Luftrettung. Für Schweregrad IV lagen die Anwendungsquoten bei 43,9 % für die Daten aus dem Anaphylaxie-Register, bei 100 % für die Berliner Notärzte und bei 78 % für die Luftrettung. Diskussion Mit Hilfe des Anaphylaxie-Registers ist es erstmals gelungen, für den deutschsprachigen Raum anhand einer standardisierten Erhebung klinisch-epidemiologische Daten von Patienten mit Anaphylaxie zu erhalten. Die Daten zu den Auslösern der Anaphylaxie zeigen, dass ihre Häufigkeit altersabhängig ist. Die führenden Auslöser sind Nahrungsmittel, Insektengifte und Medikamente. Vergleichbare Daten finden sich auch in anderen Untersuchungen Europas, beispielsweise aus Frankreich oder Spanien (15, 16). In der Literatur sind bei Kleinkindern Milcheiweiß und Hühnerei als häufige Auslöser einer Anaphylaxie beschrieben (14), während im Schulalter Erdnüsse und Baumnüsse (Haselnüsse, Walnüsse, Cashewnüsse, Paranüsse, Macadamia) als Auslöser einer Nahrungsmittelallergie nicht nur in Europa, sondern auch in den USA (17) häufig vorkommen. Dies entspricht auch den Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014 369

TABELLE 2 Schweregradskala zur Klassifizierung anaphylaktischer Reaktionen Grad Haut- und subjektive Allgemeinsymptome Abdomen Respirationstrakt Herz-Kreislauf I Juckreiz Flush Urtikaria Angioödem II Juckreiz Flush Urtikaria Angioödem Nausea, Krämpfe, Erbrechen Rhinorrhö Heiserkeit Dyspnoe Tachykardie (Anstieg > 20/min) Hypotension (Abfall > 20 mm Hg systolisch) Arrhythmie III Juckreiz Flush Urtikaria Angioödem Erbrechen Defäkation Larynxödem Bronchospasmus Zyanose Schock IV Juckreiz Flush Urtikaria Angioödem Erbrechen Defäkation Atemstillstand Kreislaufstillstand (modifiziert nach Ring und Messmer 1977 [4]); Flush = plötzlich auftretendes Erythem Schweregrad - verteilung der gemeldeten Fälle im Anaphylaxie- Register nach Ring und Messmer (4) (n = 4 141), (1. 1. 2006 bis 31. 3. 2013); 95-%-KI, 95-%-Konfidenzintervall. Einschlusskriterien für das Register sind respiratorische und/oder kardiovaskuläre Symptome, daher ist Grad 1 in dieser Population unter - repräsentiert. GRAFIK 1 Prozent (95-%-KI) 60 50 40 30 20 gesamt: n = 4 141 Kinder/Jugendliche (0 17 Jahre): n = 937 Erwachsene (> 18 Jahre): n = 3 168 10 0 Grad I Grad II Grad III Grad IV Ergebnissen der vorliegenden Arbeit, in der die genannten Nahrungsmittelallergene überwiegend als Auslöser der schweren allergischen Reaktion im Kindesalter gemeldet wurden. Die Nahrungsmittelallergene als Auslöser einer Anaphylaxie wird auch von den Essgewohnheiten der Bevölkerung bestimmt, so sind beispielsweise Krustenund Schalentiere häufige Auslöser einer Anaphylaxie in Asien (18). Bei Erwachsenen dominieren im deutschsprachigen Raum Insektengifte als Auslöser der Anaphylaxie. Hier ist die Notwendigkeit einer geeigneten allergologischen Diagnostik und Therapieeinleitung besonders hervorzuheben, da die spezifische Immuntherapie eine kausale Behandlungsmöglichkeit darstellt, um einen hohen Schutz im Falle eines erneuten Stichs aufzubauen (19). 370 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014

GRAFIK 2 Prozent (95-%-KI) 70 60 50 40 30 Erwachsene (> 18 Jahre): n = 3 168 (100 %) Kinder/Jugendliche (0 17 Jahre): n = 937 (100 %) Relativer Anteil der häufigsten Auslösergruppen in Bezug auf das Alter der gemeldeten Patienten im Anaphylaxie-Register (n = 4 141), (1. 1. 2006 bis 31. 3. 2013) 95-%-KI, 95-%-Konfidenzintervall 20 10 0 Insektengifte Nahrungsmittel Medikamente sonstige unbekannt GRAFIK 3 Anzahl (95-%-KI) 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 Erdnuss Haselnuss Weizen Kuhmilch Hühnerei Kinder/Jugendliche (0 17 Jahre) Erwachsene (> 18 Jahre) Soja Fisch Sellerie Schalen-/ Krustentiere Walnuss Die 10 häufigen Nahrungsmittelallergene als Auslöser in verschiedenen Altersgruppen (n = 665, Kinder und Jugendliche 0 17 Jahre, Erwachsene ab 18 Jahre) der gemeldeten Fälle aus dem Anaphylaxie-Register (1. 1. 2006 bis 31. 3. 2013); 95-%-KI, 95-%-Konfidenzintervall Die Daten zu den Medikamenten als Auslöser zeigen hohe Reaktionszahlen, vor allem für Schmerzmittel und Antibiotika. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese Medikamente sehr verbreitet eingesetzt werden. Inwieweit hier zusätzliche Faktoren wie beispielsweise das Vorliegen einer aktiven Infektion für die Auslösung der Anaphylaxie bedeutsam ist, muss in zukünftigen Untersuchungen geklärt werden. Auch wenn Nahrungsmittel oder Medikamente Auslöser einer Anaphylaxie waren, sollte gemäß der Leitlinie zum Management der Anaphylaxie immer eine wei- tere allergologische Diagnostik einschließlich Haut- (bevorzugt als Pricktest), Blut- (sige-) und gegebenenfalls Provokationstestungen erfolgen, um eine entsprechende Beratung zu ermöglichen (12). Da bis zu einem Drittel der Patienten mit schweren allergischen Reaktionen wiederholt reagieren können (20), ist neben der Ausstellung eines Allergiepasses, in dem Zeitpunkt, Auslöser und Symptome der stattgehabten Reaktion dokumentiert werden, die Verordnung eines Notfallsets, bestehend aus Adrenalinautoinjektor, Antihistaminikum und Kortikosteroid, sowie eine ausreichende Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014 371

TABELLE 3a Nahrungsmittel als Auslöser einer Anaphylaxie (n = 1 039, Gesamtkollektiv 4 141) TABELLE 3c Schmerzmittel als Auslöser einer Anaphylaxie (n = 277, Gesamtkollektiv 4 141) Nahrungsmittel n % 95-%-KI* Schmerzmittel n % 95-%-KI* Hülsenfrüchte 241 23,2 20,7 25,9 Diclofenac 84 30,3 25,0 36,1 tierische Nahrungsmittel 225 21,7 19,2 24,3 Acetylsalicylsäure 48 17,3 13,1 22,3 Nüsse/Schalenfrüchte 199 19,1 16,8 21,7 Ibuprofen 44 15,9 11,8 20,7 Getreide 101 9,6 8,0 11,7 Metamizol 36 13,0 9,3 17,5 Obst 65 6,3 4,9 7,9 Mefenaminsäure 9 3,3 1,5 6,1 Gemüse 63 6,1 4,7 7,7 Paracetamol 6 2,2 0,8 4,7 Gewürze/Kerne 55 5,3 4,0 6,8 Propyphenazon 2 0,7 0,1 2,6 Zusatzstoffe sonstige 13 77 1,3 7,4 0,7 2,1 5,9 9,2 Schmerzmittel (nicht näher spezifiziert) 48 17,3 13,1 22,3 *95-%-Konfidenzintervall kalkuliert mit Clopper-Pearson-Intervall *95-%-Konfidenzintervall kalkuliert mit Clopper-Pearson-Intervall TABELLE 3b Medikamente als Auslöser einer Anaphylaxie (n = 627, Gesamtkollektiv 4 141) Medikamentengruppen Schmerzmittel Antibiotika Lokalanästhetika Röntgenkontrastmittel Protonenpumpenhemmer Muskelrelaxantien Narkotika Glukokortikoide Herz-Kreislauf-Medikamente (ACE-Hemmer, Betablocker) Biologika Volumenersatzmittel Chemotherapeutika Impfstoffe generelle Anästhetika sonstige Medikamente *95-%-Konfidenzintervall kalkuliert mit Clopper-Pearson-Intervall Aufklärung über deren Anwendung im Notfall erforderlich (12). Für die Insektengifte (Biene und Wespe) stehen geeignete Hauttestlösungen und spezifische IgE-Testverfahren zur Verfügung, während bei Medikamenten (Haut- und IgE-Test) und auch Nahrungsmitteln (vor allem Hauttest) die Diagnostik nur eingeschränkt möglich ist. Die weitere Diagnostik nach einer Anaphylaxie sollte immer durch entsprechend ausgewiesene ärztliche Kollegen erfolgen. n 277 135 60 26 20 19 15 8 7 5 5 4 3 1 42 % 44,2 21,5 9,6 4,1 3,2 3,0 2,4 1,3 1,1 0,8 0,8 0,6 0,5 0,2 6,7 95-%-KI* 40,2 48,2 18,4 25,0 7,4 12,1 2,7 6,0 2,0 4,9 1,8 4,7 1,3 3,9 0,6 2,5 0,5 2,3 0,3 1,9 0,3 1,9 0,2 1,6 0,1 1,4 0,0 0,9 4,9 8,9 TABELLE 3d Insektengifte als Auslöser einer Anaphylaxie (n = 2 074, Gesamtkollektiv 4 141) Insektengift Wespe Biene Hornisse Hummel Bremse Mücke Insekten unspezifisch *95-%-Konfidenzintervall kalkuliert mit Clopper-Pearson-Intervall Die Daten zur Notfallversorgung von Patienten mit schweren allergischen Reaktionen zeigen eine Diskrepanz zwischen den aktuell in den Leitlinien genannten Behandlungsempfehlungen (Adrenalineinsatz ist ab Schweregrad II empfohlen) und der tatsächlichen Versorgung von Patienten (12, 21). Diese Diskrepanz wird besonders deutlich, wenn die Daten stadienunabhängig betrachtet werden. In der Gesamtbetrachtung wurden 12,3 % der Patienten aus dem Anaphylaxie-Register, 8,6 % der Patienten der Luftrettung und 21,6 % der Patienten der Berliner Notärzte mit Adrenalin behandelt. Wird jedoch der Schweregrad IV berücksichtigt, findet sich eine Zunahme der Anwendungsfrequenz von 43,9 % (Anaphylaxie-Register) und 78 % (Luftrettung) zu 100 % (Berliner Notärzte). Hier ist zu erwähnen, dass bislang an das Anaphylaxie-Register 7 Todesfälle gemeldet wurden (6 Fälle aus Deutschland, 1 Fall aus Österreich, davon waren dreimal Nahrungsmittel die Auslöser, dreimal Wespengift und einmal ein Medikament). Zwar ergibt sich rechnerisch eine hohe Überlebensrate, jedoch n 1 460 412 93 5 4 4 96 % 70,4 19,9 4,5 0,2 0,2 0,2 4,6 95-%-KI* 68,4 72,4 18,2 21,6 3,6 5,5 0,1 0,6 0,1 0,5 0,1 0,5 3,8 5,6 372 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014

GRAFIK 4 Prozent 100 90 80 70 60 Notarzt Berlin Notarzt ADAC Anaphylaxie-Register Therapievergleich Notarzteinsätze: Bodengebundener Notarzt Berlin (n = 120), ADAC-Luftrettung (n = 994), Anaphylaxie-Register (n = 1 123) (1. 1. 2010 bis 31. 12. 2011) 50 40 30 20 10 0 21,60 % 8,60 % 12,30 % 47,50 % 61,40 % 5,40 % 90,00 % Notarzt ADAC keine Angabe 53,90 % 95,00 % 43,00 % 58,00 % Adrenalin Sauerstoff Antihistaminika Kortikosteroide 67,50 % 55,10 % Volumen 18,30 % werden an das Anaphylaxie-Register in der Regel Patienten gemeldet, die aktiv ein Allergie-Zentrum zur Diagnostik und Therapie aufsuchen. Die Evidenz für einen positiven Einfluss der Verabreichung von Adrenalin auf das Überleben eines Anaphylaxie-Patienten ergibt sich aus früheren Studien (13, 22, 23). Aufgrund dieser Studienergebnisse wird Adrenalin in den Leitlinien zur Akuttherapie schwerer allergischer Reaktionen als Medikament der Wahl empfohlen (12), obwohl prospektive kontrollierte Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit von Adrenalin in der Behandlung der Anaphylaxie fehlen. Es wurde gezeigt, dass Patienten, die zwei Adrenalingaben vor Erreichen in der Notaufnahme erhalten hatten, weniger häufig hospitalisiert wurden als Patienten, die die zweite oder beide Gaben erst in der Notaufnahme bekommen hatten. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass es sich bei dieser Kohorte um kleine Fallzahlen (n = 58) handelt. Umgekehrt wurde bei Personen, die infolge einer Anaphylaxie gestorben waren, beobachtet, dass Adrenalin nicht oder verspätetet eingesetzt worden war (23). Für den zurückhaltenden Einsatz von Adrenalin in der Akuttherapie vor allem der Schweregrade II und III können verschiedene Faktoren ursächlich sein. Adrenalin besitzt ein enges therapeutisches Fenster, und es wurde in der Vergangenheit von kardiovaskulären Komplikationen bei entsprechend vorerkrankten Patienten berichtet (24, 25). Auch eine Überdosierung kann fatale Folgen haben (23). Demgegenüber ist zu berücksichtigen, dass bei betroffenen Kindern und jungen Erwachsenen das Risiko des Auftretens kardiovaskulärer Nebenerscheinungen wie einer Tachyarrhythmie als gering einzustufen ist. Adrenalin wurde von den Berliner Notärzten im Vergleich zu den Notärzten vom ADAC häufiger und vor allem in Stadium IV in 100 % der Fälle gegeben. Hier ist wahrscheinlich bedeutsam, dass durch die schulungsähnliche Projektvorstellung bei den Berliner Notärzten im Vorfeld der Datenerhebung ein positiver Effekt bezüglich des Erkennens und der konsekutiven Adrenalinanwendung entstanden sein kann. Künftige Aktivitäten zielen darauf ab Ärzte und Patienten bezüglich der Notfallversorgung standardisiert zu schulen. Auch andere Arztfachrichtungen, wie beispielsweise Allgemeinmediziner, Radiologen oder Onkologen sowie weitere Berufsgruppen (Rettungsassistenten), die Patienten bei einem Notfall betreuen, sollten geschult werden. Limitationen Limitierend bezüglich der vorgelegten Daten ist, dass das Anaphylaxie-Register ausschließlich Daten von Allergiezentren und/oder von im Schwerpunkt allergologisch tätigen Praxen erhält. Da nicht alle Patienten diese medizinische Fachbetreuung nach Auftreten einer schweren allergischen Reaktion aufsuchen, ergibt sich hier ein Bias. So fanden die Autoren der vorliegenden Arbeit beispielsweise in der Primärerhebung durch Notärzte eine andere Verteilung bezüglich der Auslöser (am häufigsten wurden hier Nahrungsmittel bei Kindern und Erwachsenen als mögliche Auslöser angegeben) (10). Eine weitere frühere Analyse bei niedergelassenen Ärzten zeigt, dass die Häufigkeit der Auslöser durch die Fachrichtung der meldenden Kollegen maßgeblich mitbestimmt wird (zum Beispiel Chemotherapeutika durch Onkologen) (26). Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014 373

Zwar ist eine große Anzahl der teilnehmenden Zentren innerhalb des Anaphylaxie-Registers aktiv, jedoch werden nicht alle schweren allergischen Reaktionen, die in Allergiezentren in Deutschland gesehen werden, berücksichtigt. Aufgrund der hohen Anzahl der teilnehmenden Zentren innerhalb des Registers ist jedoch ein Sentinel-Charakter anzunehmen. Resümee Es ist zu hoffen, dass durch die Daten aus dem Anaphylaxie-Register in Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften und anderen Facharztgruppen sowie durch eine Etablierung standardisierter Patientenschulungen die Versorgungssituation von Anaphylaxie-Patienten mit schweren allergischen Reaktionen in Deutschland verbessert wird. Dies ist nicht zuletzt deshalb erforderlich, da es sich um die schwerste und potenziell tödliche Manifestation einer mastzellabhängigen Reaktion handelt. Danksagung Die Autoren danken allen beteiligten Zentren für die aktive Zusammenarbeit (siehe ekasten 2 sowie www.anaphylaxie.net/index.php?id=968). Die Arbeit wurde zum Teil durch den Förderpreis der Kanert-Stiftung sowie von NORA e. V. (Network für Online Registration of Anaphylaxis) unterstützt. Interessenkonflikt Prof. Worm wurde honoriert für Beratertätigkeit von den Firmen ALK-Abello, Allergopharma, Bencard, Hal Allergy, Meda Pharma, Novartis und Thermo Fisher Scientific. Sie bekam Vortragshonorare von den Firmen Allergopharma, ALK-Abello und Meda Pharma. Studienunterstützung (Drittmittel) wurde ihr zuteil von den Firmen ALK-Abello und Meda Pharma. Prof. Beyer bekam Honorare für Beratertätigkeit und Vorträge, Kongressgebühren- sowie Reisekostenerstattung von den Firmen ALK-Abello und Meda Pharma. Dr. Hawranek wurde für Beratertätigkeit honoriert von der Firma ALK-Abello. Er bekam Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung sowie Vortragshonorare von den Firmen ALK-Abello und Meda Pharma. Dr. Hompes erhielt Reisekostenerstattung von der Firma Meda Pharma. Dr. Koehli wurde für Beratertätigkeit (Advisory Board) honoriert und bekam Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung von der Firma ALK-Abello. Sie wurde für Vorträge honoriert von der Firma Meda Pharma. Dr. Nemat bekam Vortragshonorare von den Firmen Thermo Fisher Scientific, Nutricia, Novartis und Hal Allergy. Prof. Pföhler erhielt Vortragshonorare von den Firmen Bencard, Hal Allergy, ALK-Abello und Stallergenes. Dr. Rabe bekam Vortragshonorare von der Firma Meda Pharma. PD Dr. Rietschel wurde honoriert für Beratertätigkeit (Advisory Board) und Vorträge von der Firma Meda Pharma. Prof. Treudler bekam Kongressgebühren- und Reisekostenerstattung sowie Vortragshonorare von den Firmen ALK-Abello und Meda Pharma. Studienunterstützung wurde ihr zuteil von den Firmen ALK-Abello, Thermo Fisher Scientific. Prof. Mahler wurde für Vorträge honoriert von der Firma Meda Pharma. Prof. Ruëff bekam Kongressgebühren erstattet von der Firma ALK-Abello. Reisekosten wurden für sie übernommen von den Firmen ALK-Abello, HAL Allergy und Bencard. Sie erhielt Vortragshonorare von den Firmen ALK-Abello, HAL Allergy, Bencard, Novartis, Interplan und Agentur Herzberg. Studienunterstützung wurde ihr zuteil von den Firmen ALK-Abello, HAL Allergy, Pierre Fabre, Bencard und Thermo Fisher Scientific. Herr Eckermann, Dr. Dölle, Prof. Aberer, Prof. Niggemann, PD Dr. Reissig und PD Dr. Scherer erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht. KERNAUSSAGEN Nahrungsmittel, Insektengifte und Medikamente sind die häufigsten Auslöser einer Anaphylaxie. Das Auslöserprofil der Anaphylaxie ist alters - abhängig. Erdnüsse sind unter Nahrungsmitteln häufig Auslöser einer Anaphylaxie im Kindesalter. Nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAID) und Antibiotika sind führende Auslöser bei der Medikamenten-induzierten Anaphylaxie. Die Notfallversorgung der Anaphylaxie sollte leitliniengerecht durchgeführt werden. Manuskriptdaten eingereicht: 19. 4. 2013, revidierte Fassung angenommen: 24. 3. 2014 LITERATUR 1. Johansson SG, Bieber T, Dahl R, et al.: Revised nomenclature for allergy for global use: Report of the Nomenclature Review Committee of the World Allergy Organization, October 2003. J Allergy Clin Immunol 2004; 113: 832 6. 2. Ring J, Grosber M, Mohrenschlager M, Brockow K: Anaphylaxis: acute treatment and management. Chem Immunol Allergy 2010; 95: 201 10. 3. Simons FE, Ardusso LR, Bilo MB, et al.: World Allergy Organization anaphylaxis guidelines: summary. J Allergy Clin Immunol 2011; 127: 587 93. e1 22. 4. Ring J, Messmer K: Incidence and severity of anaphylactoid reac - tions to colloid volume substitutes. Lancet 1977; 1: 466 9. 5. Sampson HA, Munoz-Furlong A, Campbell RL, et al.: Second symposium on the definition and management of anaphylaxis: summary report-second National Institute of Allergy and Infectious Disease/ Food Allergy and Anaphylaxis Network symposium. 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Kinder- und Jugendärzte Deutschlands (BVKJ), der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI), der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI), der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie (DGP), der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Medizin (DGPM), der Arbeitsgemeinschaft Anaphylaxie Training und Edukation (AGATE) und der Patientenorganisation Deutscher Allergie- und Asthmabund (DAAB). Allergo J 2014; 23: [in press]. 13. Dhami S, Panesar SS, Roberts G, et al.: Management of anaphylaxis: a systematic review. Allergy 2014; 69: 168 75. 14. Dölle S, Hompes S, Grünhagen J, Worm M: Nahrungsmittelassoziierte Anaphylaxie. Hautarzt 2012; 63: 294 8. 15. Moneret-Vautrin DA, Kanny G, Morisset M, Rance F, Fardeau MF, Beaudouin E: Severe food anaphylaxis: 107 cases registered in 2002 by the Allergy Vigilance Network. Eur Ann Allergy Clin Immunol 2004; 36: 46 51. 16. Tejedor Alonso MA, Moro Moro M, Mugica Garcia MV, et al.: Incidence of anaphylaxis in the city of Alcorcon (Spain): a populationbased study. Clin Exp Allergy 2012; 42: 578 89. 17. Sicherer SH, Munoz-Furlong A, Godbold JH, Sampson HA: US prevalence of self-reported peanut, tree nut, and sesame allergy: 11-year follow-up. J Allergy Clin Immunol 2010; 125: 1322 6. 18. Lee AJ, Thalayasingam M, Lee BW: Food allergy in Asia: how does it compare? Asia Pac Allergy 2013; 3: 3 14. 19. Przybilla B, Rueff F, Walker A, et al.: Diagnose und Therapie der Bienen- und Wespengiftallergie. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI), des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (ÄDA), der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI) und der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI). Allergo J 2011; (20): 318 39. 20. Vetander M, Ly DH, Hakansson N, et al.: Recurrent reactions to food among children at paediatric emergency departments: epidemiology of allergic disease. Clin Exp Allergy 2014; 44: 113 20. 21. Grabenhenrich L, Hompes S, Gough H, et al.: Implementation of anaphylaxis management guidelines: a register-based study. PloS one 2012; 7: e35778. 22. Huang F, Chawla K, Jarvinen KM, Nowak-Wegrzyn A: Anaphylaxis in a New York City pediatric emergency department: triggers, treatments, and outcomes. J Allergy Clin Immunol 2012; 129: 162 8. e1 3. 23. Pumphrey RS, Gowland MH: Further fatal allergic reactions to food in the United Kingdom, 1999 2006. J Allergy Clin Immunol 2007; 119: 1018 9. 24. Khoueiry G, Abi Rafeh N, Azab B, et al.: Reverse Takotsubo cardiomyopathy in the setting of anaphylaxis treated with high-dose intravenous epinephrine. J Emerg Med 2013; 44: 96 9. 25. Simons FE, Gu X, Simons KJ: Epinephrine absorption in adults: intramuscular versus subcutaneous injection. J Allergy Clin Immunol 2001; 108: 871 3. 26. Worm M, Kostev K, Hompes S, Zuberbier T: Versorgungsprofil von Patienten mit schweren allergischen Reaktionen. Allergologie 2011; 34: 285 393. Anschrift für die Verfasser Prof. Dr. med. Margitta Worm Allergie-Centrum-Charité Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie Charité Universitätsmedizin Berlin Charitéplatz 1 10117 Berlin margitta.worm@charite.de Zitierweise Worm M, Eckermann O, Dölle S, Aberer W, Beyer K, Hawranek T, Hompes S, Koehli A, Mahler V, Nemat K, Niggemann B, Pföhler C, Rabe U, Reissig A, Rietschel E, Scherer K, Treudler R, Ruëff F: Triggers and treatment of anaphylaxis: an analysis of 4000 cases from Germany, Austria and Switzerland. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 367 75. DOI: 10.3238/arztebl.2014.0367 @ ekasten: www.aerzteblatt.de/14m0367 oder über QR-Code The English version of this article is available online: www.aerzteblatt-international.de Berichtigung In dem Beitrag Intensivierte Hämodialyseverfahren bei Erwachsenen und im Kindes- und Jugendalter von Julia Thumfart und Koautoren im Deutschen Ärzteblatt vom 4. 4. 2014 (Heft 14) stimmt in der Tabelle 2 in der Spalte für Phosphat die im Tabellenkopf angegebene Einheit mg/dl nicht für die Werte aus den Studien von Fischbach et al., Hoppe et al. und Bergman et al. Die Einheit für die Zahlen aus diesen Studien lautet mmol/l. MWR Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014 375

ORIGINALARBEIT Auslöser und Therapie der Anaphylaxie Auswertung von mehr als 4 000 Fällen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz Margitta Worm*, Oliver Eckermann*, Sabine Dölle, Werner Aberer, Kirsten Beyer, Thomas Hawranek, Stephanie Hompes, Alice Koehli, Vera Mahler, Katja Nemat, Bodo Niggemann, Claudia Pföhler, Uta Rabe, Angelika Reissig, Ernst Rietschel, Kathrin Scherer, Regina Treudler, Franziska Ruëff ekasten 1 Methoden 2006 wurde im deutschsprachigen Raum (Deutschland, Österreich, Schweiz) mit der Datenerhebung für das Anaphylaxie-Register begonnen. Die beteiligten Zentren geben mit Hilfe eines Passwort-geschützten Fragebogens die Daten ihrer Anaphylaxie-Patienten pseudonymisiert und standardisiert ein. Die erhobenen Parameter umfassen Auslöser und Begleitumstände anaphylaktischer Reaktionen sowie Angaben zur Akutversorgung der Patienten. Eingeschlossen werden Patienten mit anaphylaktischen Reaktionen, bei denen Symptome des Herz-Kreislauf-Systems oder/und des Respirationstrakts während der anaphylaktischen Reaktion aufgetreten sind. Daten von Patienten, bei denen sich die Symptome auf die Haut beschränken, sowie Meldungen von Patienten, deren Anaphylaxie länger als ein Jahr bei Erstvorstellung im Zentrum zurückliegt, werden in der Auswertung nicht berücksichtigt. Die Ethikkomission und der Datenschutzbeauftragte der Charité haben der Erhebung zugestimmt (EA1/079/06). Für die Befragung der Notärzte im Berliner Raum wurde ein aus dem Anaphylaxie-Register generierter verkürzter einseitiger Fragebogen verwendet. Die erhobenen Daten umfassen Informationen zu Geschlecht Alter Symptomen Ort der Reaktion Ausgang der Reaktion auslösenden Faktoren durchgeführten Notfallmaßnahmen. Die ausführlichen demografischen und klinischen Daten aus diesem Projekt wurden bereits publiziert und werden für die hier verwendete Auswertung ausschließlich vergleichend für den Zeitraum 2010 bis 2011 erneut herangezogen (10). Dies betrifft 120 von insgesamt 375 gemeldeten Fällen. Zu Beginn des Projektes wurden die Notärzte über das Projektvorhaben und die Erhebungsparameter informiert. Während des Projektes wurden die erfassten Daten in vierteljährlichen Abständen an die Notärzte als Informationsbrief kommuniziert. Vergleichend zur Befragung der Notärzte im Berliner Raum erfolgte eine retrospektive Auswertung der digital protokollierten Notarzteinsätze (2010 2011) der ADAC-Luftrettung zum Stichwort Anaphylaxie (2010 2011, n = 994) im gesamten deutschen Raum. Dabei sind alle Einsatzprotokolle der ADAC-Luftrettung im genannten Zeitraum, die unter der notärztlichen Diagnose Anaphylaxie geführt wurden, analysiert worden. Es wurden die demografischen Daten zum Patienten, die standardmäßig erfassten Symptome zur Vigilanz sowie zum respiratorischen und kardiovaskulären Zustand des Patienten und die Therapieangaben ausgewertet. Statistische Auswertung Das Datenmanagement und die deskriptive Analyse wurden mit SPSS für Windows Version 19.0 und die multinominale logistische Regression mittels STATA Version 11 durchgeführt. Für kontinuierliche Daten (z. B. Alter) wurden Mittelwert ± SD, Median und Bereich ermittelt; für kategoriale Daten wurden die absolute und die relative Häufigkeit berechnet. Die Daten sind rein deskriptiv. Weitere statistische Analysen wurden nicht durchgeführt. 10 Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014

ekasten 2 Wir danken allen beteiligten Zentren für die aktive Zusammenarbeit: Deutschland: Universitätsklinik Aachen, Dermatologie; Universitätskinderklinik Aachen; Vital Klinik Alzenau, Dermatologie; Klinik f. Dermatologie, Allergie-Centrum Charité, Berlin; Klinik f. Pädiatrie, Allergie-Centrum Charité, Berlin; Klinikum Spandau Berlin, Dermatologie u. Allergologie; Pädiatrische Allergologie, DRK-Kliniken Berlin I Westend; Ruhr-Universität Bochum, Dermatologie; Ruhr-Universität Bochum, Kinderklinik; St.-Marien-Hospital Bonn, Jugendmedizin; Ev. Kliniken Bonn, HNO-Abteilung; Universitätsklinik Bonn, Dermatologie; Universitätsklinik Bonn, Kinderheilkunde; Elbe Klinikum Buxtehude, Dermatologisches Zentrum; Universitätsklinikum TU Dresden, Jugendmedizin; Universitätsklinikum TU Dresden, Dermatologie; Städt. KH Dresden-Neustadt, Jugendmedizin; Ev. Krankenhaus Düsseldorf, Kinderkardiologie, Jugendmedizin; Klinikum Barnim Eberswalde, Kinder- u. Jugendmedizin; Universitätsklinikum Erlangen, Dermatologie; Universitätsklinik Essen, Hautklinik; A.-L.-Universität Freiburg, Jugendmedizin; Klinikum Fürth, Klinik f. Kinder- u. Jugendliche; Georg-August-Universität Göttingen, Göttingen; EMA-Universität Greifswald, Jugendmedizin; M.-L.-Universität Halle- Wittenberg, Dermatologie; Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift Hamburg, Pädiatrische Dermatologie; Universitätsklinikum Hamburg, Dermatologie; Medizinische Hochschule Hannover, Dermatologie; Medizinische Hochschule Hannover, Jugendmedizin; Universität Heidelberg, Hautklinik; Uniklinik Heidelberg, Kinderheilkunde III; Uniklinikum d. Saarlandes, Homburg, Dermatologie; Friedrich-Schiller-Universität Jena, Innere Medizin I; Universitätsklinik Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Hautklinik; Universitätsklinikum Köln, Hautklinik; Universitätsklinikum Köln, Jugendmedizin; Uniklinik Leipzig, Päd. Pneumologie u. Allergologie, Kinder- u. Jugendmedizin; Universitätsklinikum Leipzig, Dermatologie; Universitätsklinik Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Dermatologie, Zentrum f. Pneumologie; Universitätsklinik Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, Jugendmedizin; LMU München, Dermatologie; Technische Universität München, Dermatologie; Friedrich-Ebert-Krankenhaus Neumünster, Jugendmedizin; Klinikum Oldenburg, Kinder- u. Jugendmedizin; Christl. Kinderhospital Osnabrück, Kinder- u. Jugendmedizin, Pneumologie, Allergologie; Kinderklinik III. Orden, Allergologie u. Päd. Pneumologie Passau; Mathias-Spital Rheine, Kinder- u. Jugendmedizin; Klinik für Kinder-und Jugendmedizin Rüsselsheim; Fachkrankenhaus Kloster Grafschaft, Schmallenberg; Asklepios Klinikum Uckermark, Schwedt, Hautklinik; Johanniter-KH Treuenbrietzen, Pneumologie; Klinikum Niederberg, Velbert, Kinder- u. Jugendmedizin; Fachklinik Wangen, Allgäu, Kinder- u. Jugendmedizin; Universitätsklinikum Wiesbaden, Rhinologie; Niedergelassene Allergologen in Aachen, Hamburg, Stade, Würzburg. Österreich: Universitätshautklinik Graz; Allergologie, Universitätsklinik f. Jugendheilkunde Graz; Med. Universität Innsbruck, Dermatologie; Privatuniversität Salzburg, Dermatologie; Ambulatorium f. Allergie u. Klinische Immunologie Wien; Med. Universität Wien, Dermatologie; Med. Universität Wien, Kinder- u. Jugendheilkunde. Schweiz: Kinderklinik Aarau, Pädiatrische Allergologie u. Pneumologie; Universitätsspital Basel, Allergologische Poliklinik; Kinderspital Luzern, Allergologische Poliklinik, Pädiatrische Klinik, Pädiatrische Allergologie u. Pneumologie; Universitätskinderklinik Zürich; Universitätsspital Zürich, Dermatologie; Stadtspital Triemli, Zürich, Kinderklinik. Deutsches Ärzteblatt Jg. 111 Heft 21 23. Mai 2014 11