Plattformverbote zwischen Wettbewerbsbeschränkungen und Effizienzgewinnen L&A Wettbewerbstag 2016 14. Januar 2016 Hamburg
Agenda 1. Kurzvorstellung Markenverband 2. Selektiver Vertrieb 3. Plattformverbote 4. Schlussbemerkung 2
Agenda 1. Kurzvorstellung Markenverband 2. Selektiver Vertrieb 3. Plattformverbote 4. Schlussbemerkung 3
1. Kurzvorstellung Markenverband Der Markenverband: Der starke Bund für Markenzukunft Starke Marken starker Verband 4
1. Kurzvorstellung Markenverband Der Markenverband: Der starke Bund für Markenzukunft Der Markenverband ist die einzige Organisation, die sich über die Bedeutung der Marke definiert die Spitzenorganisation der deutschen Markenwirtschaft seit 1903 die größte Markenorganisation weltweit der Botschafter der Marke als Wertelieferant der Ansprechpartner und Meinungsführer in allen relevanten Fragen rund um die Marke und die Markenwirtschaft Der Markenverband vertritt rund 400 Mitgliedsunternehmen aus vielfältigen Branchen von Automobil, Finanzen, Nahrungs- und Genussmittel über Telekommunikation bis hin zu Luxus und Lifestyle mit einem Umsatz von ca. 500 Mrd. in Konsumgüterindustrie und Dienstleistungswirtschaft und rund 1,5 Mio. Arbeitsplätzen in Deutschland verdeutlicht daher die Relevanz der Marke als Wertelieferant für Gesellschaft, Verbraucher und Unternehmen ermöglicht einen Austausch quer über Kategorien und Warengruppen, der der gegenseitigen Befruchtung dienen soll setzt sich für Rahmenbedingungen ein, die Marke sich entfalten lässt und Markengestaltung ermöglicht 5
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2. Selektiver Vertrieb Selektiver Vertrieb erleichtert für Hersteller und Händler wettbewerblichen Erfolg Verhältnis der Parteien Konsistenter Marktauftritt Kunden-Services Nutzen gewährleisten Beibehaltung der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit Abgestimmte Sortimentsgestaltung Einheitliche Warenpräsentation Pre-Sales: Beratung After-Sales: z.b. Installation, Schulung, Kundendienst Diskriminierungsfreie Anwendung geschlossenes System Komplexe Zusammenarbeit Selektive Vertriebssysteme als Form partieller vertikaler Integration 7
2. Selektiver Vertrieb Klare rechtliche Rahmenbedingungen für selektiven Vertrieb im stationären Handel Bereits kein Verstoß gegen Art.101 Abs. 1 AEUV = keine Freistellung notwendig [selektive Vertriebssysteme] fallen mangels wettbewerbswidriger Auswirkungen grundsätzlich nicht unter das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern sie drei Voraussetzungen erfüllen. Erstens muss die Beschaffenheit des fraglichen Produktes einen selektiven Vertrieb bedingen, d. h., ein solches Vertriebssystem muss ein rechtmäßiges Erfordernis zur Wahrung der Qualität und zur Gewährleistung des richtigen Gebrauchs des betreffenden Produkts sein. Zweitens müssen die Wiederverkäufer aufgrund objektiver Kriterien qualitativer Art ausgewählt werden, die einheitlich festzulegen, allen potentiellen Wiederverkäufern zur Verfügung zu stellen und unterschiedslos anzuwenden sind. Drittens dürfen die aufgestellten Kriterien nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist. Quelle: Vertikalleitlinien Tz 175 8
2. Selektiver Vertrieb Mit E-Commerce verändern sich die Gegebenheiten für Hersteller und Händler Bedingung Stationär E-Commerce Raum Begrenzt Entgrenzt Marketing Massenansprache Individuelle Ansprache Kommunikationshoheit Hersteller/Handel Konsument Kaufprozess/Fulfillment Gleichzeitigkeit, Zeitlich und Anwesenheit räumlich getrennt Produktion/Logistik Große Losgrößen Individualisierung Was bedeutet Gleichwertigkeit von Anforderungen Welche Leistungen der Händler kann der Hersteller wie honorieren oder incentivieren? Welchen Einfluss hat der Hersteller auf die Gestaltung der Absatzstätte? 9
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3. Plattformverbote Verständnis von Plattformverboten als Wettbewerbsbeschränkung nicht eindeutig OLG Karlsruhe Keine Wettbewerbsbeschränkung, da Metro I-Kriterien eingehalten OLG München, KG, OLG Schleswig Bezweckte Wettbewerbsbeschränkung, da selektive Vertriebssysteme immer Einfluss auf Wettbewerb haben (AEG) 11
3. Plattformverbote Die Einordnung eines Plattformverbots in Kernbeschränkungen bisher mit deutlichen Unterschieden Auseinandersetzung mit Art. 4 b) VertikalGVO OLG München OLG Schleswig KG Keine Kernbeschränkung, da Portalkunden keine abgrenzbare Kundengruppe Abgrenzbare Kundengruppe nicht erforderlich, da Beschränkung ausreichend = Zugang zu Kunden wird schwieriger Erschwert wird jedenfalls der Zugang zu Kunden, die ausschließlich oder zumindest überwiegend auf Plattformen einkaufen Kernbeschränkung kann aber im Rahmen diskriminierungsfrei angewandter selektiver Vertriebssysteme gerechtfertigt sein 12
3. Plattformverbote bei deutlicher Verschiebung hin zu einer Beschränkung des Internetvertriebs generell Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: Die Möglichkeiten des Internets stellen Hersteller wie Händler vor neue Herausforderungen. Unsere Aufgabe ist es, in diesem dynamischen Umfeld Märkte und Chancen zugunsten von Händlern und Verbrauchern offenzuhalten. Selbstverständlich dürfen Hersteller bei der Auswahl ihrer Händler bestimmte Qualitätsanforderungen stellen. Nach europäischem wie deutschem Kartellrecht ist es aber nicht erlaubt, wesentliche Vertriebskanäle wie den Online-Handel weitgehend auszuschalten.. [Der Vertrieb über offene Online-Markplätze] ist gerade für kleine und mittlere Sportfachhändler auch in Anbetracht rückläufiger Kundenfrequenzen eine wichtige Möglichkeit, ihren Kundenkreis zu erweitern. Auch die Verbraucher profitieren hiervon ganz unmittelbar. Wenn Hersteller ihren Vertragshändlern verbieten, Preisvergleichsmaschinen und Verkaufsportale zu nutzen oder die Verwendung der jeweiligen Markenzeichen für eigene Suchmaschinenwerbung ausgeschlossen wird, kann der Verbraucher gerade die kleineren Händler im Internet de facto nicht mehr finden. Quelle: PM BKartA v. 02.07.2014 und v. 27.08.2015 (Hervorhebungen jeweils hinzugefügt) 13
3. Plattformverbote Einordnung von Plattformverboten als Kernbeschränkung nicht überzeugend Art. 4 b) VertikalGVO Art. 4 c) VertikalGVO Rechtfertigung Quantifizierung widerspricht Anerkennung selektiver Vertriebssysteme Argumentation kommt selbst nicht ohne Kundengruppe aus Erforderlich: Erschwerung des Vertriebs an Kunden unabhängig vom Vertriebskanal Gleichwertigkeit der Kriterien mit legitimen Offline- Verpflichtungen Art. 4 bestimmt, das die Freistellung entfällt. Einzelfreistellung bleibt theoretisch möglich 14
3. Plattformverbote Mögliche Preiswirkung von Plattformverboten benachteiligt entgegen BKartA Verbraucher nicht BKartA Im Ergebnis könnten sich durch ein Verbot der Plattformnutzung die Suchkosten der Verbraucher erhöhen. Auch eine unmittelbare Erhöhung der Endverkaufspreise ist denkbar. Beides dürfte Verbraucher schlechter stellen... AEG-Rechtsprechung / Inderst-Gutachten Preiswirkungen sind selektiven Vertriebssystemen inhärent. Sie sind hinzunehmen, wenn sie nicht auf ein bestimmtes Preisniveau zielen, sondern sich in Folge der Händlerkosten für erforderliche Pre- oder After-Sales Services ergeben. Preis kann ein valides Signal für die Qualität von Produkten sein; die Aufrechterhaltung eines hohes Preisniveaus ein Anreiz für Hersteller, hohe Qualität zu gewährleisten. Ein Automatismus, niedriger Preis bedeutet höhere Konsumentenwohlfahrt, besteht nicht. 15
3. Plattformverbote Drei wiederkehrende Argumente werden als Begründung für ein Plattformverbot herangezogen 1 2 3 Flohmarktimage Fehlende vorrangige Erkennbarkeit des Händlers Fehlender aktiver Markenschutz 16
3. Plattformverbote Fortbestehendes Flohmarktimage von Online-Plattformenkann produkt- und markenadäquate Präsentation beeinträchtigen Arten von Flohmärkten Die professionell organisierten Flohmärkte finden meist in einem deutlich kleineren Rahmen als die traditionellen Flohmärkte statt. Das Verkaufsangebot besteht aus oft minderwertiger Neuware und von Profis angebotener Ware. Verstärkt bieten Haushaltsauflöser Ware feil. Die Veranstalter professionell organisierter Märkte erschließen immer neue Parkplätze, Uferstraßen und Brachflächen. Gelegentlich werden von den Besuchern Eintritt oder Parkgebühren erhoben.. Alternativen Durch Internet-Auktionsplattformen wie ebay haben sich in den letzten Jahren das Angebot und die Möglichkeiten des Absatzes von Gebrauchtwaren erhöht. Solche Internet-Auktionsseiten kommen dem traditionellen Flohmarkt-Gedanken insofern entgegen, als das dortige Angebot ein zielloses Stöbern und zielgerichtetes Suchen nach Besonderheiten und Sammelsurien wie auf einem Flohmarkt ermöglicht. Tina Müller, Opel, zur Kampagne Umparken im Kopf : diese 15 Jahre hängen in den Köpfen wie eingebrannt. Das Marken-Image hinkt den neuen, hervorragenden Produkten immer noch hinterher. Quelle: Wikipedia (Zugriff: 06.01.2016), W&V 10/2014 17
3. Plattformverbote Händleridentität muss gerade bei Serviceorientierung im Vertrieb im Vordergrund stehen können Bewertungsmöglichkeit der Plattform sichert nicht Servicequalität jenseits der Transaktion Quelle: www.lebensmittelzeitung.net, Zugriff März 2013; ebay.de, Zugriff 06.01.2016 18
3. Plattformverbote Markenschutz in den AGBs und Grundsätzen von ebay unterliegt einem langsamen Wandel Eigenwilliges Verständnis von Markenschutz im Frühjahr 2014 Quelle: ebay.de 19
3. Plattformverbote Markenschutz in den AGBs und Grundsätzen von ebay unterliegt einem langsamen Wandel Deutliche Veränderung im Januar 2016 Quelle: ebay.de 20
3. Plattformverbote Das Bekenntnis der großen Plattformen beschränkt sich im Kern auf Vermeidung eigener Markenverletzungen Das Prinzip Notice and Take Down dominiert Markenverletzung durch Plattformbetreiber Prüfpflichten in Abhängigkeit von der konkreten Rolle Unverzügliche Löschung rechtsverletzender Inhalte nach Kenntniserlangung Hohe Anforderungen an Bestimmtheit von Hinweisen des Rechteinhabers Ausschluss des rechtsverletzenden Nutzers Identifizierung von Nutzern/Anbietern im geschäftlichen Verkehr Keine pro-aktive Überwachungspflicht 21
3. Plattformverbote Plattformverbote stellen nicht Plattformen in Frage, sondern die erzwungene Zusammenarbeit von Hersteller und Plattform Muss Adidas zusammenarbeiten? Quelle ebay.de, Zugriff am 06.01.2016 22
3. Plattformverbote Plattformverbote stellen nicht Plattformen in Frage, sondern die erzwungene Zusammenarbeit von Hersteller und Plattform Muss Adidas zusammenarbeiten? ALT Quelle ebay.de, Zugriff am 02.03.2014 23
Agenda 1. Kurzvorstellung Markenverband 2. Selektiver Vertrieb 3. Plattformverbote 4. Schlussbemerkung 24
4. Schlussbemerkung OLG Frankfurt stützt sich in der Deuter-Entscheidung zu Recht auf Tz 54 der Vertikalleitlinien Befindet sich die Website des Händlers zum Beispiel auf der Plattform eines Dritten, könnte der Anbieter verlangen, dass Kunden die Website des Händlers nicht über eine Website aufrufen, die den Namen oder das Logo dieser Plattform tragen. Im Gegensatz zu den Preissuchmaschinen erscheine bei Amazon auch bei Händlershops das Produktangebot als ein solches von Amazon und nicht als ein solches des Fachhändlers. Dem Hersteller werde damit ein Händler untergeschoben, mit dem der Hersteller keine Vertragsbeziehung unterhalte und auf dessen Geschäftsgebaren er keinen Einfluss habe. Die Tatsache, dass der Vertrieb über Amazon-Marketplace für kleine Händler die Wahrnehmbarkeit und Auffindbarkeit erheblich erhöhe, stehe dem nicht entgegen. Der Hersteller könne nicht zu einer aktiven Förderung des Wettbewerbs kleiner und mittlerer Unternehmen im Internet-Handel durch die Zulassung eines Verkaufs über Amazon verpflichtet werden. Vertikalleitlinien, Tz 54; PM OLG Frankfurt v. 22.12.2015 25
4. Schlussbemerkung Appell an die Diskussion Internetökonomie als dynamischer Prozess Suchendes Vortasten der Unternehmen Entdeckungsverfahren als Wettbewerb Wettbewerbspolitische Zurückhaltung Wirkungen des Internets Diskussionen über Beschränkungen in der Internetökonomie weniger als wettbewerbs-, sondern vornehmlich wirtschaftspolitische Bevorzugung des Internets und seiner Player ist politisch nicht gerechtfertigt 26
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Markenverband e.v. Unter den Linden 42 D-10117 Berlin Dr. Andreas Gayk Leiter Vertriebspolitik/Handelsbeziehungen, Compliance Officer Telefon +49 (0)30 206 168 30 Telefax +49 (0)30 206 168 730 a.gayk@markenverband.de http://www.markenverband.de