DE R E U R O: F AKT E N F Ü R DE U T SCH L AN D



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Transkript:

DE R E U R O: F AKT E N F Ü R DE U T SCH L AN D 3 0. A u g u s t 2 0 1 3 F O L GE I X : D E U T SC H E C H AN C E N U N D R I SI KE N von Dr. Holger Schmieding, Chefvolkswirt Berenberg Nach über drei Jahren Euro-Rettungspolitik geht es Deutschland wirtschaftlich besser denn je zuvor. Um Europa zu schützen und den eigenen Aufschwung gegen gefährliche Turbulenzen abzusichern, ist Deutschland erhebliche Haftungsrisiken eingegangen. Bisher hat es damit nur Gewinn gemacht. Dank einer klugen Euro-Politik nimmt die Gefahr, dass der Haftungsfall eintreten könnte, immer mehr ab. Ohne diese Euro- Politik hätte Deutschland sich noch weit größeren Risiken ausgesetzt. Um Europa zu schützen und sein eigenes Geld gegen gefährliche Spekulationsattacken abzusichern, hat Deutschland in der Euro-Krise erhebliche Haftungsrisiken von bisher maximal 131 Mrd. übernommen. Die Diskussion über diese Risiken wird jedoch oftmals ohne großen Sachverstand geführt. Eine echte Analyse muss neben der reinen Höhe hypothetischer Risiken auch drei weitere Fragen betrachten: 1) Welche Chancen ergeben sich aus der Übernahme solcher Risiken? Antwort: Diese Chancen sind erheblich. Die Kredite werden verzinst. Bisher hat Deutschland Gewinn gemacht. Und mit seinen Krediten stützt Deutschland einen Reformprozess, der auf Dauer die Eurozone insgesamt stärken kann, zum Wohle auch des größten Mitglieds dieser Zone. 2) Welche Risiken wäre Deutschland mit einer anderen Politik eingegangen? Antwort: die Risiken wären um ein Vielfaches höher gewesen. Denn Finanz- und Wirtschaftskrisen, die nicht rechtzeitig eingegrenzt werden, können sehr sehr teuer werden. 3) Wie entwickelt sich die Wahrscheinlichkeit, dass der Haftungsfall überhaupt eintritt? Antwort: dank der klugen Euro-Politik aller demokratischen Parteien in Berlin und des Sicherheitsnetzes der Europäischen Zentralbank ist die Gefahr, dass einige der hypothetischen Risiken eintreten könnten, bereits drastisch gesunken. Auch die einst aufgeblähte EZB-Bilanz normalisiert sich rasch (Grafik). Das Risiko ist schon fast vorbei: EZB-Bilanzsumme in % des BIP 32 29 26 Der Euro: Wenige Themen bewegen die Öffentlichkeit so sehr wie unsere Gemeinschaftswährung und ihre Krise. Nicht immer nimmt die Debatte Rücksicht auf die Fakten. Deshalb präsentieren wir hier in lockerer Folge wichtige Fakten über den Euro und seine Mitglieder. Bisher erschienen 1) Wie stabil ist der Euro? 23. Mai 2013 2) Treibt der Euro die Schulden? 30. Mai 2013 3) Geldpolitik vor Gericht 13. Juni 2013 4) Euro als Reformmotor 24. Juni 2013 5) Außenbilanz der Reformländer 12. Juli 2013 6) Reformländer holen auf 30. Juli 2013 7) Wie steht es um Italien? 2. August 2013 8) Fortschritte in Athen 22. August 2013 9) Chancen und Risiken 30. August 2013 23 20 Jan 09 Jan 10 Jan 11 Jan 12 Jan 13 Bilanzsumme der Europäischen Zentralbank in % des jährlichen BIP der Eurozone. Quelle: EZB, Eurostat

Deutschland geht es blendend was wäre die Alternative? Nach über drei Jahren Euro-Rettungspolitik geht es Deutschland wirtschaftlich so gut wie nie zuvor. Die Zahl der Beschäftigten bricht alle Rekorde, die Inflation ist gering (1,5% im August 2013), der Euro stark und der deutsche Staatshaushalt weist einen kleinen Überschuss auf ( 8,5 Mrd. im ersten Halbjahr 2013). Wir müssten bis zu Kaisers Zeiten zurückgehen, um für ein vereintes Deutschland einen ähnlich günstigen Datenkranz zu finden. Der deutsche Erfolg ist auch das Ergebnis einer klugen Euro-Politik, mit der Berlin im Konsens aller demokratischen Parteien die Katastrophe abgewendet hat, die uns beim Platzen unseres eigenen Geldes getroffen hätte. Natürlich können wir nicht genau wissen, was passiert wäre, wenn wir unsere Währung, den Euro, in einer ausufernden Spekulationswelle hätten untergehen lassen. Aber die Geschichte anderer Finanzkrisen gibt uns einige Hinweise auf die Risiken, die wir durch die Euro-Rettungspolitik vermieden haben. Im September 2008 hatte die US-Regierung sich geweigert, eine strauchelnde Bank ordnungsgemäß abzuwicklen, da dies den kurzzeitigen Einsatz einer Staatsgarantie erfordert hätte. Stattdessen wurde Lehman Brothers einfach geschlossen. Der abrupte Ausfall der weltweit vernetzten Bank löste die schlimmste Finanzmarktpanik seit 1929 mit anschließender Mega-Rezession aus. Gemessen am Anstieg der deutschen Staatsschulden, der sich direkt auf diese Rezession und die sich anschließenden Finanzprobleme zurückführen läßt, hat dies den deutschen Steuerzahler etwa 300 Milliarden gekostet. Nicht im Sinne von hypothetischen Haftungsrisiken, sondern als echte Verluste. Lehman war weit weg, jenseits des Atlantiks. Die Euro-Krise ist ganz nah. Ein Platzen unseres eigenen Geldes mit einer Serie von Staatsbankrotten und Bankpleiten, die in so einer Katastrophe mit einer Kettenrekation der Märkte wohl auch Italien und Frankreich erreicht hätte, hätte eine weit schlimmere Rezession bei uns auslösen können. Die Kosten für uns hätten leicht doppelt so hoch sein können wie im Falle Lehman, also über 600 Mrd statt 300 Mrd. Eine derart ausufernde Krise wäre das einzig denkbare Ereignis, das auch Deutschland mit seinem aktuell soliden Staatshaushalt in die Nähe eines Staatsbankrotts bringen könnte. Den Deutschen geht es wirtschaftlich besser als je zuvor Was wäre die Alternative dazu? Lehman hat gezeigt: Finanzkrisen können sehr sehr teuer sein Eine eskalierende Krise bei uns könnte noch viel mehr kosten als die Mega-Rezession nach Lehman Die deutsche Chance: ein dynamischeres Europa Deutschland kann nur blühen, wenn es auch seinen Nachbarn gut geht. Als großes und weltoffenes Land der Mitte in Europa ist es besonders darauf angewiesen, dass seine Freunde und Handelspartner nicht einer eskalierenden Vertrauenskrise zum Opfer fallen. Bis 2004 war Deutschland die mit Abstand schwächste Volkswirtschaft in Europa. Seit es die Früchte der Agenda 2010 Reformen erntet, ist es zum Stabilitätsanker des Kontinents geworden. Gemeinsam mit anderen Ländern Kerneuropas sichert Deutschland heute durch seine Hilfskredite und Garantien einen Reformprozess, der in Portugal, Spanien, Griechenland und Irland weit über die Agenda 2010 hinausgeht. Reformen tun weh. Und sie brauchen Zeit. Aber auch Deutschland hat viel zu gewinnen, wenn seine Partner nach erfolgreichen Reformen zu neuem und nicht mehr kreditgetriebenem Wachstum finden. 2 Deutschland hat sich im Euro reformiert Heute sichert es erfolgversprechende Reformen in Randeuropa ab

Die deutschen Risiken in Zahlen Seit dem ersten Hilfspaket für Griechenland im Mai 2010 hat Deutschland erhebliche Haftungsrisiken übernommen. Aus den bisher von Europa an Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern ausgezahlten Beträgen ergibt sich ein deutsches Gesamtrisiko von 130,8 Mrd. Dies entspricht 4,7% der deutschen Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr. Rechnen wir die weiteren Beträge dazu, die diese Krisenländer bei hinreichendem Reformfortschritt über ihre laufenden Hilfsprogramme in Anspruch nehmen können, erhöht sich dieses rechnerische Risiko auf 171,3 Mrd. (6,2% des BIP). Bei einem hypothetischen dritten Paket für Griechenland von 12 Mrd. stiegen die deutschen Gewährleistungen um weitere 5 Mrd. auf dann 6,4% des deutschen BIP. Aus den Hilfskrediten des Internationalen Währungsfonds an Euro-Krisenländer (deutscher rechnerischer Anteil bisher 4,8 Mrd) ergeben sich unter realistischen Annahmen keine echten Risiken für Deutschland. Der deutsche Haftungsrahmen gibt keine klaren Hinweise auf die möglichen Kosten für Deutschland. Selbst bei Staatspleiten, wie sie in Entwicklungs- und Schwellenländern immer wieder auftreten, gehen fast nie die gesamten Mittel verloren. Der Abschreibungsbedarf beträgt typischerweise zwischen 50 und 70%. Nähmen wir für das gesamte bisherige deutsche Engagement von 130,8 Mrd. einen Verlust von 60% an, wären dies 78,5 Mrd. (2,8% des deutschen BIP). Die Wahrscheinlichkeit solcher Verluste ist extrem gering und zudem rasch rückläufig. Aus den bisher ausgezahlten Hilfen ergeben sich Haftungsrisiken von 4,7% des BIP Im Ernstfall wären die echten Verluste weit geringer Weitere Einzelheiten zu den deutschen Risiken erläutern wir im Anhang auf S. 6. Risiken in der EZB-Bilanz? EZB-Bilanzsumme Gerade in Deutschland wird oft über vermeintliche Risiken in der Bilanz der Europäischen Zentralbank (EZB) diskutiert. Die EZB ist, gemeinsam mit ihren nationalen Ablegern wie der Deutschen Bundesbank, unsere eigene Zentralbank. All ihre Gewinne und Verluste, die sich aus ihren Aktivitäten für den Euroraum ergeben, werden auf die Mitgliedsstaaten umgelegt nach einem Kapitalschlüssel mit 27% für Deutschland (bzw. die Deutsche Bundesbank). Nach der Eskalation der Euro-Krise im Sommer 2011 hat die EZB ihr Liquiditätsangebot massiv ausweiten müssen, um der Rezession in der Eurozone und der Stagnation der deutschen Wirtschaft entgegenzuwirken. Nach mehreren erfolglosen Versuchen, die Turbulenzen an den Finanzmärkten und die sich verschärfende Wirtschaftskrise zu beenden, hat die EZB es Ende Juli 2012 endlich geschafft, die verschreckten Anleger zu beruhigen. Sie hat angekündigt, ihrer Geldpolitik notfalls mit weiteren und vorab nicht begrenzten Ankäufen von Staatsanleihen Durchschlagskraft verleihen zu wollen. Seitdem hat sich die Lage soweit beruhigt, dass die Bilanzsumme der EZB kräftig geschrumpft ist (siehe Grafik auf Seite 1). Relativ zur Euro-Wirtschaftsleistung ist die Bilanzsumme nicht mehr weit von der Situation vor der heissen Phase der Euro-Krise entfernt. Gewinne und Verluste der EZB werden auf alle Mitglieder verteilt Seit die EZB wieder eine wirksame Geldpolitik betreibt, geht ihre Bilanzsumme rasch zurück 3

Target-Falle? Die Lage entspannt sich rasch Target-Salden in Mrd. 200 0 Target-Falle? Blanker Unsinn -200-400 -600 Target-Saldo der Euro-Peripherie -800-1,000 Jan 2005 Jan 2007 Jan 2009 Jan 2011 Jan 2013 Saldo der Krisenländer Italien, Spanien, Griechenland, Portugal und Irland im Target2-Verrechnungssystem der Euro-Zentralbanken. Das deutsche Risiko ist der Anteil der Bundesbank an einem hypothetischen Totalverlust. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verlustes ist nahe Null. Quelle: EZB, Universität Osnabrück, Berenberg EZB-Anleihekäufe Die Europäische Zentralbank hat in zwei Wellen vom Mai 2010 bis März 2011 sowie von August 2011 bis Februar 2012 Staatsanleihen europäischer Krisenstaaten gekauft. Einige dieser Titel wurden bereits fällig und verzinst zurückbezahlt. Deshalb ist der Betrag der von der EZB noch gehaltenen Staatsanleihen von 220 Mrd. im Februar 2012 auf noch 190 Mrd. am 23. August 2013 zurückgegangen. Da die tatsächlichen Gewinne und hypothetischen Verluste aus diesen Käufen nach dem EZB-Kapitalschlüssel verteilt werden, beträgt damit das hypothetische deutsche Risiko aus diesem Bilanzposten der EZB 51,7 Mrd. Aus Zinsen und realisierten Kursgewinnen hat die EZB auf ihre Staatsanleihen bisher einen geschätzten Gewinn von etwa 25-30 Mrd. einstreichen können, von dem sie zuletzt einen kleinen Teil an Griechenland weitergereicht hat. Auch die Deutsche Bundesbank hat von diesen Gewinnen nach EZB-Kapitalschlüssel profitiert und damit vor allem ihre Risikovorsorge massiv aufstocken können. Target2-Salden Im internen Verrechnungssystem der Euro-Zentralbanken namens Target 2 schlagen sich vor allem die Ungleichgewichte nieder, die sich aus Kapitalflucht innerhalb der Eurozone ergeben. Aus Angst vor einem Platzen des Euro haben viele Anleger in der heissen Phase der Euro-Krise ihre Vermögenswerte in den Krisenländern abgestoßen und ihr Geld nach Deutschland gebracht. Seit die EZB mit ihrem Machtwort vom 26. Juli 2012 den Anlegern diese Angst weitgehend genommen hat, fliesst Kapital zurück. Die Fehlbeträge der Euro-Peripherie im Target-Verrechnungssystem bilden sich zurück (siehe Grafik oben). Die Risiken, die sich hypothetisch für Deutschland aus solchen Fehlbeträgen ergeben, sind deutlich geringer als die teils hitzige deutsche Debatte über das Thema Target vermuten liesse. Erstens müsste Deutschland von allen hypothetischen Ausfällen laut EZB-Kapitalschlüssel ja nur 27% tragen. Zweitens stehen allen Verbindlichkeiten in den Bilanzen der Euro-Zentralbanken auch Vermögenswerte gegenüber, aus denen notfalls Ansprüche zu einem erheblichen Teil gedeckt werden könnten. Sofern es nicht zu einem nahezu vollständigen 4 Auch der Bestand der EZB an Staatsanleihen geht zurück Das Ende der großen Kapitalflucht Nur bei einem weitgehenden Zusammenbruch kämen echte Lasten auf Deutschland zu

Zusammenbruch des gesamten Euro und seiner Zentralbanken käme, solange es also eine noch halbwegs intakte EZB gäbe, die Geld an Banken ausleiht und dafür Zinsen kassiert, könnte diese EZB mögliche Verluste aus Einzelpositionen durch Gewinne aus anderen Teilen ihrer Bilanz ausgleichen, ohne dass sie den deutschen Staat und ihre anderen Anteilseigner um einen Verlustausgleich bitten müßte. Haftungsfall wird immer unwahrscheinlicher Noch wichtiger als die Frage nach der Höhe deutscher Haftungsrisiken ist die Frage, wie sich die Wahrscheinlichkeit entwickelt, dass ein Haftungsfall überhaupt eintritt. In den über drei Jahren seit dem ersten Hilfspaket hat es noch keinen echten Haftungsfall gegeben. So gesehen hat der deutsche Fiskus bisher über die Zinsen auf die gewährten Hilfskredite nur gute Gewinne gemacht. Die Randländer Europas werden ihre Hilfskredite dann voll bedienen und zurückzahlen können, wenn sie (1) ihre Staatshaushalte sanieren, (2) ihre Wirtschaftskraft durch Reformen stärken und wenn (3) die Eurozone eine erneute Massenpanik der Anleger, die die ganze Region in eine teure Rezession stürzen könnte, wirksam unterbindet. In früheren Folgen dieser Serie zu Euro-Fakten haben wir Spar- und Reformerfolge der Krisenländer aufgezeigt ( Euro als Reformmotor, 24. Juni 2013; Außenbilanz der Reformländer, 12. Juli 2013; Reformländer holen auf, 30. Juli 2013; Fortschritte in Athen, 22. August 2013). Die Fortschritte sind beachtlich. Um das Ziel zu erreichen, müssen sowohl Kerneuropa als auch die Krisenländer Kurs halten. Deutschland und die EZB müssen den Reformprozess in Randeuropa durch ihre Garantien gegen das Risiko von Turbulenzen absichern, die Randländer müssen ihre Reformen weiterführen. Für Irland, Portugal und Spanien sind die Risiken, dass sie mit einem solchen Reformkurs ihre Verbindlichkeiten nicht voll bedienen könnten, außerordentlich gering. Mit jedem Vierteljahr, in dem die Länder an ihrem Kurs festgehalten haben, nehmen die Risiken weiter ab. Entsprechend haben sich die Renditeaufschläge auf Staatsanleihen dieser Länder gegenüber Bundesanleihen kräftig zurückgebildet. Griechenland mit einer Staatsschuldenquote, die Ende 2013 wohl bei 175% des BIP ihren Höhepunkt erreichen wird, ist ein schwierigerer Fall. Aber auch Griechenland braucht keinen Schuldenschnitt mit entsprechenden Verlusten für seine öffentlichen Geldgeber. Allerdings braucht es die Bereitschaft seiner Partner, das Land solange für weitere Reformen durch günstige Zins- und Tilgungskonditionen zu belohnen, bis es bei wieder anspringender Konjunktur seine Schuldenquote hinreichend gesenkt und so das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewonnen hat. Das wird noch einige Jahre dauern. Seit dem Machtwort der EZB vom 26. Juli 2012 haben die Turbulenzen in der Eurozone erheblich nachgelassen. Die Geldpolitik beginnt zu wirken. Seit April 2013 wächst die Euro-Wirtschaft wieder. Die Frühindikatoren der Konjunktur deuten auf eine langsam zunehmende Dynamik hin. Sie zeigen auch, dass die Peripherie ihren konjunkturellen Rückstand zu den Kernländern erheblich verringern kann. Nach aktuellem Stand dieser Indikatoren werden alle Peripherieländer (mit Ausnahme des Zwerges Zypern) noch vor Ende des Jahres 5 Bisher noch kein Haftungsfall Spar- und Reformpolitik vermindert die Risiken Fortschritte in Randeuropa Kurs halten Auch Griechenland kann es schaffen braucht aber günstige Kreditbedingungen Mit dem Wachstum nehmen die Risiken weiter ab

wieder einen Zuwachs ihrer Wirtschaftsleistung zum Vorquartal vermelden können. Damit steigt ihre Fähigkeit, ihre Schulden zu tragen. Dies kann wiederum das Wirtschaftsklima, die Investitionsbereitschaft der Unternehmen und damit das Tempo des Aufschwungs verbessern. Zudem klettern mit der Konjunktur auch die Kurse der Vermögenswerte, die beispielsweise die EZB als Kreditsicherheiten aus diesen Ländern in ihrer Bilanz hat. Anhang: Die deutschen Finanzrisiken im Einzelnen Griechenland I: 15,2 Mrd Vom ersten Rettungspaket für Griechenland hat die Eurozone zwischen Mai 2010 und Anfang 2012 52,9 Mrd ausgezahlt. Der deutsche Anteil von 15,2 Mrd. kommt als verzinster Kredit von der bundeseigenen KfW, mit einer Garantie des Bundes. Vorläufiger Rettungsschirm EFSF: 86,0 Mrd Für das zweite Rettungspaket für Griechenland sowie für Irland und Portugal hat der EFSF bis Ende Juli 2013 168,5 Mrd als verzinste Kredite ausgezahlt. Einschließlich eines Liquiditätspuffers für den EFSF betragen die deutschen Gewährleistungen nach Angaben des Bundesfinanzministeriums bisher 86,0 Mrd. Werden die vereinbarten weiteren Tranchen bei entsprechenden Reformfortschritten der Empfängerländer ausbezahlt, erhöhen sich der Gesamtbetrag auf 203,3 Mrd. und die deutschen Gewährleistungen auf 95,3 Mrd. Der deutsche Anteil an den Gewährleistungen geht über den rechnerischen Anteil Deutschlands an der Eurozone bzw. den deutschen Anteil am EZB-Kapitalschlüssel hinaus. Er berücksichtigt de facto das hypothetische Risiko, dass Länder wie Italien, die bisher selbst Garantien und Kredite an andere Krisenländer wie Griechenland vergeben haben, im Ernstfall als Garantiegeber ausfallen könnten. Dauerhafter Rettungsschirm ESM: 20,8 Mrd Der dauerhafte Rettungsschirm ESM wird mit 700 Mrd. Stammkapital ausgestattet, davon 80 Mrd. an eingezahltem Kapital und 620 Mrd. an abrufbarem Kapital. Nach dem EZB-Kapitalschlüssel mit 27,15% für Deutschland beträgt der deutsche Anteil 22 Mrd. beim eingezahlten und 168 Mrd. beim abrufbarem Kapital. Der ESM soll damit ein maximales Ausleihvolumen von 500 Mrd. erreichen. Bisher hat der ESM 41,4 Mrd. and Spanien und 3,0 Mrd an Zypern ausgezahlt. Unterstellen wir einen hypothetischen Anteil deutscher Gewährleistungen am Gesamtbetrag wie beim EFSF, ergäbe sich bisher ein Betrag von 20,8 Mrd. Nähme Spanien den grundsätzlich zugesagten Betrag von bis zu 100 Mrd. zum Rekapitalisieren seiner Banken voll in Anspruch statt der 41,4 Mrd bisher und erhält Zypern die weiteren Tranchen seines 9 Mrd. Hilfspakets, erhöht sich der vom ESM ausgeliehene Betrag auf 109 Mrd. Dem liesse sich ein deutscher Anteil an Gewährleistungen von bis zu 51,1 Mrd zurechnen. Allerdings ist dies sehr hypothetisch. Da der ESM über eigenes Kapital verfügt und Deutschland für die Finanzierungsgeschäfte des ESM keine Gewährleistungen in Form von Garantien mehr übernimmt, läßt sich streng genommen für einzelne Programme kein 6 Am Anfang war die KfW Dann kam der vorläufige Rettungsschirm dem der dauerhafte Rettungsschirm folgte ESM hat bisher 44,4 Mrd. ausgezahlt

deutscher Gewährleistungsanteil zurechnen. Die von uns hier genannten Zahlen zur hypothetischen deutschen Gewährleistung sind so gewählt, dass sie das deutsche Risiko eher überzeichnen als unterzeichnen. Würden wir alternativ das deutsche Risiko über den Kapitalschlüssel von 27,15% berechnen, ergäbe sich aktuell für Deutschland ein hypothetisches Risiko von 12,1 Mrd statt der hier genannten 20,8 Mrd. Für die beiden Rettungsschirme hat der Deutsche Bundestag den maximalen deutschen Gewährleistungsrahmen auf insgesamt 211 Mrd. begrenzt (StabMechG). EU-Fazilität: 8,8 Mrd Irland und Portugal erhalten neben den Krediten aus den Euro-Rettungsschirmen zusätzlich Mittel aus einem Stabilisierungsfonds der EU. Dieser EFSM mit einem Gesamtvolumen von bis zu 60 Mrd. wird vom EU-Haushalt garantiert, in den alle 28 Mitgliedsländer einzahlen. Aus dem EFSM sind 48,5 Mrd. für Irland und Portugal zugesagt, von denen bis Ende Juli 2013 bereits 43,8 Mrd. ausgezahlt wurden. Bei einem deutschen Anteil am EU-Haushalt von etwa 20% lassen sich davon 8,8 Mrd. Deutschland zurechnen, die auf 9,7 Mrd. anwachsen könnten. IWF: 4,2 Mrd. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat bisher insgesamt 72 Mrd an Griechenland, Irland und Portugal ausgezahlt. Bei entsprechenden Reformfortschritten sind für diese Länder sowie für Zypern weitere Tranchen im Gesamtumfang von 27,2 Mrd zugesagt. Deutschland trägt 5,8% zum Kapital des IWF bei. Daraus ergibt sich ein hypothetischer deutscher Anteil an den IWF- Krediten von bislang 4,2 Mrd., der mit den weiteren Tranchen auf 5,8 Mrd. steigen könnte. Allerdings ist der IWF in einer Vielzahl von Ländern engagiert. Er hast sich wie auch in Europa bisher immer den Status eines bevorzugten Gläubigers gesichert und kaum jemals nennenswerte Verluste einstreichen müssen, auch nicht bei Schuldenschnitten in IWF-Programmländern. Hypothetische Verluste in einigen europäischen Ländern könnte der IWF durch Einnahmen aus den Krediten an andere Länder im Zeitablauf ausgleichen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland durch die IWF-Kredite an europäische Länder echte Verluste entstehen könnten, ist verschwindend gering. Einige Mittel direkt von der EU Eine sichere Bank: der IWF Die Wahrscheinlichkeit von Verlusten über den IWF ist verschwindend gering 7