Prof. Dr. Michael Stoiber Axel Dabitsch Frank Wittmann. Demokratie, Demokratisierung, demokratische. kultur- und sozialwissenschaften



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Prof. Dr. Michael Stoiber Axel Dabitsch Frank Wittmann Demokratie, Demokratisierung, demokratische Qualität kultur- und sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis 3 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung...6 2 Was ist Demokratie?...10 2.1 Die Idee demokratischer Herrschaft...10 2.2 Das Kongruenzprinzip...12 2.3 Das Verhältnis von Demokratie und Individuum...14 3 Demokratietheorien...19 3.1 Zum Aufbau der Kurseinheit...19 3.2 Die Demokratie in der Antike...20 3.2.1 Grundprinzipien demokratischer Ordnung in der Antike...22 3.2.2 Institutionen und Prozesse der antiken Demokratie...24 3.2.3 Kongruenzprinzip und Individuum in der antiken Demokratie...27 3.3 Republikanismus...30 3.3.1 Grundprinzipien der Demokratie im Republikanismus...32 3.3.2 Kongruenzprinzip und Individuum im Republikanismus...37 3.4 Liberalismus...40 3.4.1 Grundprinzipien des Liberalismus...41 3.4.2 Kongruenzprinzip und Individuum im Liberalismus...52 3.5 Pluralismus...55 3.5.1 Grundprinzipien der Demokratie im Pluralismus...56 3.5.2 Kongruenzprinzip und Individuum im Pluralismus...58 3.6 Komplexe Demokratietheorie...60 3.6.1 Grundprinzipien der komplexen Demokratietheorie...60 3.6.2 Kongruenzprinzip und Individuum in der komplexen Demokratietheorie...63 4 Demokratisierung: Transformation zur und Konsolidierung der Demokratie 66 4.1 Zum Aufbau der Kurseinheit...66 4.2 Begriffsklärungen...67 4.3 Was fördert, was hindert Demokratisierung?...70 4.3.1 Zum aktuellen Stand der weltweiten Demokratisierung...70 4.3.2 Transformation zur Demokratie...72 4.3.3 Konsolidierung der Demokratie...84 4.4 Zur Bedeutung der Mikro-Ebene...95

4 Inhaltsverzeichnis 4.4.1 Das Individuum in der Transformationsforschung... 95 4.4.2 Das Individuum in der Konsolidierungsforschung... 98 4.5 Demokratisierung in Ägypten förderliche und hemmende Faktoren. 100 4.5.1 Zum Untersuchungsdesign... 100 4.5.2 Abgeschlossene demokratische Transformation?... 100 4.5.3 Stand und Probleme der Konsolidierung... 100 5 Demokratische Qualität... 101 5.1 Zum Aufbau der Kurseinheit... 101 5.2 Von der Demokratiemessung zur demokratischen Qualität... 103 5.3 Dahls Polyarchie - der Klassiker der Demokratiemessung... 114 5.3.1 Das Demokratieverständnis bei Dahl... 114 5.3.2 Die Messung der Polyarchie... 117 5.3.3 Die Rolle des Individuums in der Polyarchie... 121 5.4 Polity-Scores (Jaggers/Gurr)... 124 5.4.1 Das Demokratieverständnis des Polity Projekts... 124 5.4.2 Die Messung der Polity-Scores... 126 5.4.3 Bewertung der Messung... 130 5.5 Freedom House - die Erfassung der Verfassungsrealität... 132 5.5.1 Das Demokratieverständnis des Freedom House Index... 132 5.5.2 Die Messung der Freedom House Indizes... 134 5.5.3 Bewertung der Messung... 138 5.6 Das Konzept der defekten Demokratie... 140 5.6.1 Das Demokratieverständnis im Konzept der defekten Demokratie 140 5.6.2 Die Messung der defekten Demokratie... 143 5.6.3 Die Rolle des Individuums in der defekten Demokratie... 148 5.7 Das kontextualisierte Modell nach Stoiber... 150 5.7.1 Das Demokratieverständnis des kontextualisierten Modells... 150 5.7.2 Die Messung des kontextualisierten Modells... 152 5.7.3 Die Rolle des Individuums im kontextualisierten Modell... 158 6 Fazit... 160

Inhaltsverzeichnis 5 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Analyserahmen als Mikro-Makro-Modell 16 Abb. 2: Schaubild Antike Demokratie 29 Abb. 3: Embedded Democracy nach Merkel 86 Abb. 4: Mehrebenenmodell der demokratischen Konsolidierung 90 Abb. 5: Mikro-Makro-Link bei der Konsolidierung der Demokratie 99 Abb. 6: Die Bestimmung demokratischer Qualität nach Diamond/Morlino (2004) 110 Abb. 7: Das Konzept von Diamond / Morlino als Kausal- und Bedingungsmodell 112 Abb. 8: Messung der Polyarchie nach Dahl (1971) 118 Abb. 9: Konstruktion der Democracy und Autocracy Scores 129 Abb. 10: Länderbericht Argentinien 130 Abb. 11: Politische Rechte und bürgerliche Freiheiten 134 Abb. 12: Bewertung der Subindizes 135 Abb. 13: Zeitreihen anhand ausgewählter Länder (2000-2010) 136 Abb. 14: Typen und Teilregime defekter Demokratie 142 Abb. 15: Das kontextualisierte Modell 155 Abb. 16: Der Zusammenhang von Kontextvariablen und Beteiligungsarten 156 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Anteil freier, teilweise freier und nicht freier Staaten nach Freedom House 71 Tab. 2: Faktoren der Transformation 83 Tab. 3: Ranking von 38 Ländern anhand der Dimensionen Wettbewerb und Partizipation 120 Tab. 4: Teilregime A: Wahlregime 143 Tab. 5: Teilregime B: Politische Teilhaberechte 144 Tab. 6: Teilregime C: Bürgerliche Freiheitsrechte 145 Tab. 7: Teilregime D: Gewaltenkontrolle 146 Tab. 8: Teilregime E: Effektive Herrschaftsgewalt - Zivile Kontrolle über die Streitkräfte in der Demokratie 146

6 Einleitung 1 Einleitung Dieser Kurs soll in die vergleichende Demokratieforschung einführen. Dieses Forschungsfeld innerhalb der Vergleichenden Politikwissenschaft ist einerseits kein neues, erfreut sich andererseits aber auch aktuell einer hohen Beliebtheit. Das mag wohl am Untersuchungsgegenstand selbst liegen. Die Demokratie hat immer einen besonderen Reiz auf die Politikwissenschaft ausgeübt, was an ihrem normativen Gehalt und ihrer empirischen Bedeutung festgemacht werden kann. Sie verbindet viele Teilbereiche der Politikwissenschaft: die Politische Theorie widmet sich den normativen Grundlagen, während die anderen Teildisziplinen einen empirisch motivierten Zugang haben. So interessieren sich die Internationalen Beziehungen vor allem für die Funktionschancen der Demokratie in einer globalisierten und transnationalen Welt. Die policy-analyse widmet sich dagegen konkreten politischen Prozessen der Politikgestaltung, also dem demokratischen Regieren. Die vergleichende Politikwissenschaft hingegen widmet sich der Demokratie klassischerweise über die Struktur- und Akteursebene auf der Ebene des Nationalstaates. Dieser Blickwinkel soll auch in diesem Kurs eingenommen werden. Das erklärt auch die Fokussierung auf die Bereiche der Demokratisierungsforschung und der vergleichenden Analyse demokratischer Qualität von Staaten. Jedoch möchten wir mit zwei Perspektiven mehr bieten als eine reine Zusammenschau dieser Felder. Erstens ist uns die Verknüpfung mit den normativen Grundlagen der empirischen Demokratieforschung wichtig. Ohne eine Fundierung in der Demokratietheorie sind empirische Analysen demokratischer Prozesse nicht möglich. Zweitens werden wir einen Analyserahmen präsentieren, der über die strukturelle Perspektive hinausgeht und bei der Berücksichtigung der Akteure explizit die Ebene des individuellen Bürgers / der Bürgerin heranzieht. Warum wir diesen Blickwinkel heranziehen, möchten wir in Kap. 2 begründen. Dort adressieren wir eine Frage, mit der sich schon Generationen von Philosophen, Staatsrechtlern und Politikwissenschaftlern auseinandergesetzt haben: Was ist Demokratie? Auch wir können weder eine umfassende noch eine endgültige Antwort anbieten. Jedoch kommen wir mit unseren Überlegungen zu einem Verständnis, welches das Kongruenzprinzip und kollektive Entscheidungsprozesse ins Zentrum stellt (Kap. 2.2). Aus diesem Verständnis heraus wenden wir uns der Bedeutung des Individuums zu und übertragen das Mikro-Makro-Modell zur Analyse kollektiver Entscheidungen von James S. Coleman (1990) auf demokratische Prozesse (Kap. 2.3). Auf Basis dieser Überlegungen folgen die drei eigentlichen Kurseinheiten zur Demokratietheorie (Kap. 3), zur Demokratisierung (Kap. 4) und zur demokratischen Qualität (Kap. 5). In diesen Kurseinheiten sollen einerseits der aktuelle Forschungsstand dargestellt als auch unser Mikro-Makro-Modell als Referenzrahmen genutzt werden, um die Bedeutung des Individuums in den einzelnen Forschungsfeldern herauszuarbeiten.

Einleitung 7 Die erste Kurseinheit (Kap. 3) widmet sich der Theorie der Demokratie. Es werden Demokratietheorien vorgestellt, die einerseits als Fundament für die weiteren Kapitel dienen, andererseits aber auch eine kurze generelle Einführung sein sollen, um so eine erste Antwort auf die vielschichtige Frage, was Demokratie denn nun ist, zu geben. Bei einem solch komplexen Untersuchungsgegenstand überrascht es nicht, dass die erste Antwort auf die genannte Frage zumeist mit Es hängt davon ab beginnt. Ähnlich ist es auch im Fall der Demokratietheorien. Je nachdem, welcher Theorie man sich widmet, bekommt man eine andere Antwort. Eine Aufgabe der Kapitel ist es daher, diese unterschiedlichen Antworten darzulegen und deren Grundannahmen herauszuarbeiten. Darüber hinaus soll mithilfe des vorgestellten Analysekonzepts geprüft werden, welche Rolle das Individuum spielt und inwiefern die dargestellten Theorien die Erfüllung des Kongruenzprinzips gewährleisten. Die Auswahl der betrachteten Theorien wurde vor dem Hintergrund getroffen, dass diese eine Grundlage für das Verständnis und die Operationalisierung der folgenden Konzepte zur Demokratisierung als auch zur Bemessung demokratischer Qualität bilden sollen. Insofern wurde darauf geachtet, dass die Theorien eine logische Verknüpfung mit den anschließenden Konzepten haben und der Weg geebnet ist, die Theorien aufs Gelände der Empirie zu überführen. Dieser Entscheidung zum Opfer gefallen sind insbesondere die partizipatorische und die deliberative Demokratietheorie, da diese zwar stringente theoretische Konzepte darstellen, aber hinsichtlich der Operationalisierung und empirischen Prüfbarkeit noch große Lücken aufweisen. Die Analysegegenstände werden chronologisch behandelt. Zu unterscheiden sind dabei klassische und moderne Demokratietheorien. Der Schwerpunkt liegt hier auf den Klassikern, um die Entwicklung der Grundprinzipien der Demokratie zu skizzieren und somit die Basis für das Verständnis moderner Theorien zu schaffen. Der Start der kurzen Reise durch die Demokratiegeschichte ist Athen, das sozusagen die Wiege der Demokratietheorie darstellt (Kap. 3.2). Mit der antiken oder attischen Demokratietheorie, widmet sich das Kapitel dann auch der Urform demokratischer Herrschaft. Ausgehend von den historischen Begebenheiten wird das damalige Demokratiemodell erläutert und dessen Verträglichkeit mit dem Kongruenzprinzip analysiert. Anschließend werden die klassischen Theorien des Republikanismus (Kap. 3.3) und Liberalismus (Kap. 3.4) erläutert, die gerne als Gegensatzpaar bezeichnet werden. Deren Analyse zeigt jedoch, dass beide auch durchaus Gemeinsamkeiten besitzen. Von hier wird der Sprung in die Moderne gewagt, wobei zunächst die pluralistische Demokratietheorie analysiert wird, die auch als Grundlage der unterschiedlichen Modelle der Demokratiemessung gesehen werden kann (Kap. 3.5). Der abschließenden Fokus fällt auf die komplexe Demokratietheorie fällt, die mit den Dimensionen der input- und output- Legitimation einen wichtigen Rahmen für empirische Anwendungen darstellt (Kap. 3.6).

8 Einleitung Nachdem die demokratietheoretischen Grundlagen gelegt wurden, soll in der Folge der empirische Gehalt des Konzepts Demokratie analysiert werden. In dieser Kurseinheit (Kap. 4) steht dabei die Demokratisierung von Staaten im Zentrum. Doch bevor die realen Phänomene und Prozesse der Demokratisierung in den Fokus rücken, bedarf es einer Begriffsklärung dessen, was Demokratisierung überhaupt bedeutet und umfasst (Kap. 4.2). Auch wenn der Begriff Demokratisierung in der Literatur tendenziell auf die Phase der Transformation reduziert bleibt, wird hier auch die Konsolidierung berücksichtigt, da die Analyse dieser Phase direkt überleiten kann zur Analyse der demokratischen Qualität von Staaten. In Kap. 4.3 wird zunächst (Kap. 4.3.1) ein Blick auf den momentanen Stand der weltweiten Demokratisierung gelegt, auch um die These des unabwendbaren Siegeszuges der Demokratie als Regierungsform kritisch zu prüfen. Die Transformationstheorien (Kap. 4.3.2) bieten einen breiten Fundus an unterschiedlichen Ansätzen zur Erklärung erfolgreicher und misslungener Transformationen. Es gilt eine große Menge an internen Faktoren zu systematisieren. Jedoch wird in diesem Kapitel auch thematisiert, dass die Forschung bislang die Bedeutung externer Faktoren vernachlässigt hat. Zum Abschluss der Analyse des Forschungsstandes wird ein Analyseschema für eigene empirische Anwendungen angeboten. Die theoretisch-konzeptionellen Überlegungen zur Konsolidierung sind nicht so breit gefächert wie zur Transformation. In Kap. 4.3.3 wird auf die zentralen Ansätze von Linz/Stepan (1996) und Merkel (2007, 2010) eingegangen, die mit ihrem breiteren Verständnis von Konsolidierung einen Rahmen für empirische Analysen aufspannen können. In Kap. 4.4 wird auf unser übergreifendes Analysemodell des Makro-Mikro-Links zurückgegriffen. Dabei wird deutlich, dass insbesondere bei den Transformationstheorien die Bedeutung der Mikro-Ebene eher nachgeordnet ist (Kap. 4.4.1). Es besteht zwar in vielen Theorien eine implizite Berücksichtigung der mikrobasierten Handlungslogik, eine explizite Diskussion dieser Grundlagen fehlt jedoch in der Regel. Auch ist klar, dass bei akteursbasierten Ansätzen der Zugriff über die Mikro-Ebene näher liegt als bei Strukturtheorien. Demgegenüber erfahren die Konzepte zur Analyse der Konsolidierung eine explizite Erweiterung um die Ebene der individuellen Bürger (Kap. 4.4.2). Eine Fallstudie schließt diese Kurseinheit ab. In Kap. 4.5 wird Ägypten als aktuelles Beispiel ausgewählt, um das Analyseraster aus Kap. 4.3.2 empirisch anzuwenden. Dabei ist forschungspragmatisch problematisch, dass die Entwicklung der Demokratisierung noch lange nicht abgeschlossen ist, bzw. es noch nicht einmal sicher ist, dass es zu einer tatsächlichen Demokratisierung kommen wird. Während zum Jahreswechsel 2012/2013 zumindest konstatiert werden kann, dass es zu einem Regimewechsel gekommen ist und die meisten Indikatoren für den Abschluss einer demokratischen Transformation als zumindest weitgehend erfüllt angesehen werden können, ist die Phase Konsolidierung der Demokratie höchstens am Anfang.

Einleitung 9 Eng verknüpft mit den Fragen, denen sich die Transformationsforschung widmet, ist das Feld der Erfassung der demokratischen Qualität von politischen Systemen. Von Relevanz wird in dieser Kurseinheit (Kap. 5), wie demokratisch ein Land tatsächlich ist bzw. wie hoch die demokratische Qualität ist. Grundlage der Analysen ist, dass verschiedenste Demokratiemessungen erhebliche Varianzen in der Qualität der politischen Systeme aufzeigen. Diese Varianzen sind insbesondere für den vergleichenden Politikwissenschaftler von Interesse. Es lassen sich ebenso Anknüpfungspunkte zu den diskutierten Demokratietheorien identifizieren. So ist im Hinblick auf die tatsächliche Messung der Demokratie von Relevanz, welche Definition von Demokratie zu Grunde liegt. Die Demokratiedefinition gibt Auskunft über die Dimensionen, die im Rahmen der Demokratiemessung erfasst werden. Die Thematik der Demokratiemessung begründet damit ein ebenso interessantes und wichtiges Forschungsfeld wie die Demokratisierungsforschung und schließt den Kreis von den Anfängen der Demokratie über die Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen bis hin zur Qualität von Demokratien. Zunächst wird das Forschungsfeld in seiner allgemeinen Entwicklung von klassischer Demokratiemessung zur Bestimmung der demokratischen Qualität skizziert (Kap. 5.2). Um einen Überblick zu diesem Forschungsfeld zu schaffen, werden anschließend verschiedene Demokratiemessungen vorgestellt. Zum einen werden solche Messungen analysiert, die als grundlegend für dieses Forschungsfeld betrachtet werden können. Zum anderen richtet sich die Auswahl nach der Anwendbarkeit. Es werden daher Konzepte vorgestellt, die sich zur empirischen Anwendung eignen, da eine Datenerfassung überwiegend bereits stattgefunden hat. Die Vorstellung beginnt mit der Demokratiemessung nach Robert Dahl, die auf dem Konzept der Polyarchie basiert und die wohl meist beachtete Messung in diesem Forschungsfeld darstellt (Kap. 5.3). Im Anschluss werden die polityscores nach Jaggers und Gurr präsentiert, die in Form einer eindimensionalen Messung ein Kontinuum der demokratischen Qualität bilden (Kap. 5.4). Daraufhin schließt die Darstellung des Freedom House Index an, wenngleich hier eher die Erfassung von Freiheitsrechten als die Evaluierung der demokratischen Qualität im Mittelpunkt steht (Kap. 5.5). Mit dem Konzept der Defekten Demokratie wird darüber hinaus eine Messung vorgestellt, die vorwiegend einem qualitativen Ansatz folgt und fünf verschiedene Teilregime bereitstellt, die zur Erfassung einer Demokratie herangezogen werden (Kap. 5.6). Abschließend wird mit dem kontextualisierten Modell eine Messung vorgestellt, die in ihrem konzeptionellen Zugriff dem Zusammenhang von Institutionen und gesellschaftlichem Kontext besondere Beachtung bei der Bestimmung der demokratischen Qualität schenkt (Kap. 5.7).