Übungsfall 3. Fundstellen: BGHZ 155, 199 = BGH NJW 2003, 3345; ferner BGHZ 156, 350 = BGH NJW 2004, 214



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Transkript:

Insolvenzrecht Übungsfall 3 Prof. Dr. Florian Jacoby Die Bauunternehmung K.-GmbH (nachfolgend: Bauunternehmung) führte ein Bauvorhaben für die B.-GmbH aus und bezog zu diesem Zweck Baustoffe von der H.-GmbH (nachfolgend: Lieferantin). Zur Tilgung ihrer Verbindlichkeiten aus der Lieferung der Baustoffe trat die Bauunternehmung ihre Werklohnansprüche gegen die B.-GmbH an die Lieferantin am 21. Oktober 1999 ab. Über das Vermögen der Bauunternehmung wurde auf den am 3. Januar 2000 gestellten Insolvenzantrag hin das Insolvenzverfahren am 1. April 2000 eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Der Insolvenzverwalter will die Abtretung anfechten. Zur Zeit der Abtretung der Werklohnansprüche war die Bauunternehmung bereits zahlungsunfähig und die Lieferantin wusste davon. 1. Die B-GmbH hatte bislang noch nicht auf die Forderung gezahlt. Welche Ansprüche kann der Insolvenzverwalter gegen die B.-GmbH und die Lieferantin geltend machen? Hat es Einfluss auf die Rechtslage, wenn über das Vermögen der Lieferantin ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet wird? 2. Auf Grund des von der Bauunternehmung an die Lieferantin abgetretenen Anspruchs erhielt die Lieferantin zwischen dem 23. November 1999 und dem 3. Februar 2000 unmittelbar von der B.-GmbH insgesamt 74.429,32 DM. Der Insolvenzverwalter der Bauunternehmung nimmt wegen der Anfechtbarkeit der Abtretung die Lieferantin auf Auskehr dieses Betrages gerichtlich in Anspruch. Zur Beilegung des Rechtsstreits schließen Insolvenzverwalter und Lieferantin am 2. Februar 2001 einen Prozessvergleich. Darin verpflichtet sich die Lieferantin, an den Insolvenzverwalter 50.000 DM in fünf monatlichen Raten zu zahlen. Nachdem die Lieferantin eine Rate von 10.000 DM am 1. März 2001 gezahlt hatte, wurde auch über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter der Bauunternehmung verlangt nunmehr vom Insolvenzverwalter der Lieferantin Zahlung der restlichen 20.451, 68 (= 40.000 DM) aus der Insolvenzmasse. Mit Erfolg? Fundstellen: BGHZ 155, 199 = BGH NJW 2003, 3345; ferner BGHZ 156, 350 = BGH NJW 2004, 214

-2- Frage 1 A. Anspruch gegen die B-GmbH Zu prüfen ist zunächst, ob der Insolvenzverwalter für die Bauunternehmung den Werklohnanspruch ( 631 BGB) unmittelbar gegen die B-GmbH geltend machen kann. Ursprünglich stand dieser Anspruch der Bauunternehmung zu. Jedoch hat sie die Anspruchsberechtigung durch Abtretung ( 398 BGB) an die Lieferantin verloren. Maßgeblich ist daher, ob auf Grund der Insolvenzanfechtung die Bauunternehmung die Forderungsinhaberschaft zurückerlangt haben kann. So läge es, wenn die Insolvenzanfechtung wie die bürgerlich-rechtliche Anfechtung nach 142 BGB zur Nichtigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts führen würde. Der Insolvenzanfechtung kommt indessen keine solche dingliche Wirkung zu, sondern begründet nach 143 Abs. 1 InsO lediglich einen schuldrechtlichen Rückübertragungsanspruch. Daher kann der Insolvenzverwalter nicht unmittelbar gegen die B-GmbH vorgehen, sondern muss sich zunächst den Werklohnanspruch nach 143 Abs. 1 InsO zurückabtreten lassen. B. Anspruch gegen die Lieferantin Zu prüfen ist daher, ob der Insolvenzverwalter gestützt auf 143 InsO einen Anspruch gegen die Lieferantin auf Rückübertragung der abgetretenen Werklohnforderung geltend machen kann. Dabei ist zunächst der Anspruch gegen die ( gesunde ) Lieferantin zu prüfen und dann darauf einzugehen, wie dieser Anspruch gegen den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Lieferanten geltend gemacht werden kann. I. Anspruch aus 143 Abs. 1 InsO Ein Anspruch aus 143 Abs. 1 InsO auf Rückabtretung der Werklohnforderung setzt voraus, dass die Abtretung der Werklohnforderung gegen die B.-GmbH von der Bauunternehmung an die Lieferantin nach 129 ff. InsO anfechtbar ist. 1. Diese Abtretung stellt eine Rechtshandlung im Sinne von 129 InsO dar. 2. Diese Abtretung benachteiligte auch die Gläubiger der Bauunternehmung, weil sie die Masse dieser Gesellschaft um den Werklohnanspruch minderte.

-3-3. Schließlich müsste auch noch ein Anfechtungsgrund gem. 130 ff. InsO gegeben sein. Mit der Abtretung erhielt die Lieferantin eine Deckung für ihre Kaufpreisforderung gegen die Bauunternehmung. Ob diese Deckung inkongruent oder kongruent war, kann dahinstehen, wenn die (engeren) Anfechtungsvoraussetzungen des 130 InsO für eine kongruente Deckung erfüllt wären. Nach 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Deckung anfechtbar, wenn sie in den letzen drei Monaten vor dem Insolenzantrag vorgenommen worden ist, der Schuldner zahlungsunfähig war und der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit kannte. Diese drei Voraussetzungen liegen vor. Die Abtretung wurde am 21. Oktober 1999 und damit weniger als drei Monate vor dem Insolvenzeröffnungsantrag am 3. Januar 2000 vorgenommen. Die Bauunternehmung war zu diesem Zeitpunkt auch schon zahlungsunfähig und die Lieferantin hatte Kenntnis davon. Also liegt ein Anfechtungsgrund gem. 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor. 4. Als Rechtsfolge hat die Lieferantin die anfechtbar erlangte Werklohnforderung nach 143 Abs. 1 InsO zurückzuübertragen. Also kann der Insolvenzverwalter einen entsprechenden Anspruch gegen die Lieferantin geltend machen. II. Auswirkungen der Insolvenz der Lieferantin Problematisch ist, in welcher Form der Insolvenzverwalter der Bauunternehmung in der Insolvenz der Lieferantin den Anfechtungsanspruch aus 143 Abs. 1 InsO geltend machen kann. Grundsätzlich gewähren schuldrechtliche Ansprüche nur die Möglichkeit, am Insolvenzverfahren als Insolvenzgläubiger ( 38 InsO) teilzunehmen. Nicht auf Geld gerichtete Forderungen werden umgerechnet ( 45 InsO). Zu überlegen ist allerdings, ob der Anspruch aus 143 Abs. 1 InsO den Insolvenzverwalter der Bauunternehmung zur Aussonderung ( 47 InsO) berechtigt. Umstritten ist (zum Streitstand Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, 3. Aufl., Tübingen 2002, Rn. 223 f.) ob der schuldrechtliche Anspruch aus 143 Abs. 1 InsO wie sonstige schuldrechtliche Verschaffungsansprüche lediglich einfache Insolvenzforderung ist (so die schuldrechtliche Theorie) oder ob er wie manche schuldrechtrechtliche Herausgabeansprüche (etwa aus 546 BGB) einen Aussonderungsanspruch ( 47 InsO) darstellt (sog. haftungsrechtliche Theorie).

-4- In diesem Streit hat der BGH kürzlich entgegen seiner alten Rechtsprechung (BGH NJW 1990, 990, 992) dafür Stellung bezogen, dem Rückforderungsanspruch grundsätzlich die Kraft eines Aussonderungsrechts nach 47 InsO beizumessen [BGHZ 156, 350, 359 ff.]: 1. Für die Frage, ob dem Gläubiger in der Insolvenz des Schuldners ein Aussonderungsrecht zusteht, kommt es entscheidend darauf an, welchem Vermögen der umstrittene Gegenstand nach Inhalt und Zweck der gesetzlichen Regelung im maßgeblichen Zeitpunkt zuzuordnen ist. Zwar erfolgt die Zuordnung in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten, weil das dingliche Recht ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Jedoch können schuldrechtliche Ansprüche bei einer den Normzweck beachtenden Betrachtungsweise zu einer vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuweisung führen (BGH NJW 2003, 3345). Demzufolge hat die höchstrichterliche Rechtsprechung ein Aussonderungsrecht des Treugebers in der Insolvenz des Treuhänders anerkannt, sofern der Treuhänder das dingliche Recht - vom Treugeber oder einem Dritten - sogleich in einer seine Ausübungsbefugnis im Interesse des Treugebers einschränkenden Gestalt erhalten hat (BGH NJW 1959, 1223, 1224; ZIP 1993, 213, 214; WM 1996, 662, 663). Der Gesetzgeber kann eine solche Zuordnung auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass er dem Berechtigten unter bestimmten Voraussetzungen lediglich einen schuldrechtlichen Rückgewähranspruch einräumt, wie dies etwa in der Vorschrift des 25 Abs. 5 Satz 1 DMBilG geschehen ist (vgl. dazu BGH NJW 2003, 3345; MünchKomm- InsO/Ganter, 47 Rn. 429 ff) oder auch auf Gegenstände zutrifft, die der Auftraggeber dem Beauftragten zur Ausführung des Auftrags überlassen hat und nach Maßgabe des 667 BGB herausverlangen kann (vgl. BGH WM 2002, 1852, 1853). 2. Das dem Insolvenzverwalter eingeräumte Anfechtungsrecht bewirkt eine Änderung der Vermögenszuordnung in dem beschriebenen Sinne. Gegenstände, die aufgrund einer in den 129 ff InsO genannten Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden sind, müssen auf die Anfechtung des Verwalters hin der den Gläubigern haftenden Masse wieder zugeführt werden. Sie werden damit als ein dem Zugriff der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehendes Objekt der Vermögensmasse des insolventen Schuldners behandelt, obwohl sie schuld- und sachenrechtlich wirksam in das Eigentum des Anfechtungsgegners übergegangen sind (vgl. BGHZ 135, 140, 149; Kübler/Prütting/Paulus, 129 Rn. 2; Haas/Müller, ZIP 2003, 49, 57). Damit wird infolge der insolvenzrechtlichen Anfechtung das

-5- zunächst rechtmäßig begründete Eigentum des Erwerbers in ähnlicher Weise überspielt wie dasjenige des insolvent gewordenen Treuhänders. 3. Diese Wertung findet ihre Bestätigung auch in 145 Abs. 1 InsO. Mit der dort vorgeschriebenen Erstreckung des Anfechtungsrechts auf Gesamtrechtsnachfolger jeglicher Art hat der Gesetzgeber ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass die Zuordnung zur Haftungsmasse sich im allgemeinen unabhängig von der Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs durchsetzen soll. 4. Schließlich wird im Schrifttum (vgl. etwa Jaeger/Henckel, 29 KO Rn. 71; Kübler/Prütting/Paulus, 143 Rn. 33) zu Recht darauf hingewiesen, dass eine solche Vermögenszuordnung auch nach der Interessenlage der Beteiligten rechtlich geboten erscheint. Es wäre nicht einzusehen, warum die Gläubiger des insolvent gewordenen Anfechtungsgegners von Rechtshandlungen sollten profitieren können, die - im Hinblick auf die beiderseitige Insolvenz - als ungerechtfertigte Vermehrung der Vermögensmasse des Empfängers erscheinen. Nur die Änderung der Güterzuordnung mittels Anfechtung führt daher zu einem billigenswerten und interessegerechten Ergebnis. Auch aus diesem Grund ist der Anfechtung in der Insolvenz des Anfechtungsgegners Aussonderungskraft beizumessen. Auf dieser Grundlage ist daher davon auszugehen, dass der Rückübertragungsanspruch aus 143 Abs. 1 InsO zur Aussonderung nach 47 InsO berechtigt. Der Insolvenzverwalter der Bauunternehmung kann daher auch in der Insolvenz der Lieferantin den Anspruch auf Rückübertragung gegen den Insolvenzverwalter der Lieferantin (ggf. klageweise) geltend machen. III. Ergebnis Der Insolvenzverwalter der Bauunternehmung kann einen Anspruch aus 143 Abs. 1 InsO auf Rückabtretung der Werklohnforderung ungeachtet der Insolvenz der Lieferantin geltend machen. Frage 2

-6- Die zulässige Klage wäre begründet, wenn der Kläger als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Bauunternehmung einen Anspruch gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter der Lieferantin auf Zahlung aus der Insolvenzmasse der Lieferantin geltend machen könnte. Mit der Klage macht der Kläger einen durch den Vergleich festgestellten Rückforderungsanspruch nach Insolvenzanfechtung geltend. Für die Begründetheit der Klage reicht nicht aus, dass der Bauunternehmung irgendein Zahlungsanspruch gegen die Lieferantin zusteht. Die Geltendmachung einer einfachen Insolvenzforderung ( 38 InsO) wäre nach 87 InsO sogar unzulässig. Dem Kläger muss entweder ein Aussonderungsrecht ( 47 InsO) oder eine Masseverbindlichkeit ( 53 ff. InsO) zustehen. I. Aussonderungsrecht Wie gerade zu Frage 1 unter B. II. für den Anspruch aus 143 Abs. 1 InsO geschehen, ist zu prüfen, ob der vom Insolvenzverwalter der Bauunternehmung geltend gemachte Zahlungsanspruch ein Recht zur Aussonderung nach 47 InsO begründet. Die Aussonderungskraft dieses Anspruchs kann sich nur aus den gerade zu 143 Abs. 1 InsO angeführten Gründen ergeben. Es können aber verschiedene Gründe dem entgegenstehen, das gerade zu 143 Abs. 1 InsO gewonnene Ergebnis auf den vorliegenden Zahlungsanspruch zu übertragen. Zum einen ist zu bedenken, dass die Beteiligten den Anspruch durch den Vergleichsschluss modifiziert haben, und zum anderen, dass der Anspruch nach Zahlung auf die Forderung nicht auf Rückübertragung der Forderung, sondern auf Auskehr des Erlöses gerichtet ist. 1. Charakter des Vergleichs Zu überlegen ist zunächst, ob die Aussonderungskraft des Zahlungsanspruchs schon deswegen ausgeschlossen ist, weil der Insolvenzverwalter der Bauunternehmung sich mit der Lieferantin über den Inhalt des Rückübertragungsanspruchs verglichen hat. Ein Aussonderungsanspruch wäre ausgeschlossen, wenn die Beteiligten durch den Vergleich einen neuen Schuldgrund geschaffen hätten, der einem Rückgriff auf den gesetzlichen Anspruch aus 143 InsO entgegenstände. Der Vergleich als neuer Schuldgrund könnte

-7- nämlich wie jeder mit dem Insolvenzschuldner vor Verfahrenseröffnung geschlossene schuldrechtliche Vertrag, einen Aussonderungsanspruch nicht begründen. Es ist aber nicht Sinn und Zweck eines Vergleichs, einen neuen Schuldgrund zu schaffen. Die Parteien wollen mit einem Vergleich im Wege gegenseitigen Nachgebens Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigen. Nur bei abstrakten Schuldverträgen wie abstraktem Schuldanerkenntnis ( 780 f BGB), Schuldverschreibung ( 793 ff. BGB), Scheck (ScheckG) oder Wechsel (WG) soll ein neuer Schuldgrund geschaffen werden. Hier verschafft der Schuldner dem Gläubiger zur Durchsetzung (Leistung erfüllungshalber, 364 Abs. 2 BGB) einer (unstreitigen) Forderung einen neuen Schuldgrund, der die Durchsetzung erleichtern soll. Der Vergleich indessen hat nicht eine einheitliche Rechtsnatur. Sein Inhalt bestimmt sich im Wege der Auslegung immer danach, wie die Parteien ihr Ziel, Streit oder Ungewissheit zu beseitigen, möglichst umfassend erreichen können. Mit dem hier geschlossenen Vergleich war aber keinesfalls beabsichtigt, die Rechtsstellung des Klägers zu verschlechtern und ihm die Aussonderungskraft seines Anspruchs zu nehmen. Wie der BGH zutreffend ausführt, war das auch nicht deswegen notwendig, weil die Beteiligten den Vergleich in Form eines Prozessvergleichs schlossen [BGH NJW 2003, 3345, 3346]: Ein Vergleich im Sinne von 779 BGB wirkt regelmäßig nicht schuldumschaffend (BGH, Urt. v. 7. März 2002 - III ZR 73/01, NJW 2002, 1503). Das gilt grundsätzlich auch für Prozessvergleiche im Sinne von 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Zwar haben diese zusätzlich zur Regelung der materiellen Rechtslage zum Ziel, ein anhängiges Verfahren zu beenden und für die Zukunft einen Vollstreckungstitel zu schaffen. Dazu ist es aber im Zweifel ebensowenig wie bei einem streitmäßigen Urteil nötig, eine neue, selbständige Grundlage für das Rechtsverhältnis zu schaffen. Vielmehr ist jeder titulierte Anspruch gleichermaßen nachträglichen Einwendungen ausgesetzt, die zu Vollstreckungsgegenklagen ( 767 ZPO), Abänderungsklagen ( 323 ZPO) oder auch weiterführenden Feststellungs- oder sogar erneuten Leistungsklagen führen können. Der Einfluss derartiger späterer Veränderungen wird sich meist nur unter Berücksichtigung auch des ursprünglichen Schuldgrundes zutreffend beurteilen lassen. Erst recht spricht nichts dafür, dass ein Gläubiger rechtliche Vorteile, die insbesondere einem Anfechtungsanspruch zukommen - z.b. den Schutz gegen eine Aufrechnung mit bloßen Insolvenzforderungen ( 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO), gegen den Einwand des Bereicherungswegfalls ( 143 Abs. 1 Satz 2 InsO) oder die Möglichkeit der

-8- Anfechtung gegen Rechtsnachfolger ( 145 InsO) - durch einen Vergleichsschluss einbüßen will. Abreden zwischen Kläger und Lieferantin, die eine andere Auslegung des Vergleichs rechtfertigen, liegen nicht vor. Daher hat der Vergleich keinen neuen Schuldgrund erzeugt. Der Abschluss des Vergleichs steht somit einem Aussonderungsanspruch des Klägers aus 143 Abs. 1 InsO nicht entgegen. 2. Charakter des Anspruchs aus 143 Abs. 1 InsO nach Zahlung Maßgeblich kommt es also auf den Charakter des Anspruchs an, über den sich die Beteiligten verglichen haben. Um diesen zu bestimmen, ist danach zu fragen, welchen Inhalt der Anspruch aus 143 InsO hatte, nachdem die B-GmbH auf den Werklohnanspruch an die Lieferantin gezahlt hatte. 143 Abs. 1 S. 2 InsO verweist auf die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung ( 818 BGB), so dass im einzelnen folgendes gilt: a) In erster Linie ist nach 143 Abs. 1 S. 1 InsO der anfechtbar erlangte Gegenstand herauszugeben. Die anfechtbar auf die Lieferantin übertragene Werklohnforderung ist durch die Zahlungen der B.-GmbH aber gem. 362 BGB erloschen. Also kann diese Forderung nicht herausgegeben werden. b) Ferner ist nach 143 Abs. 1 S. 2 InsO, 818 Abs. 1 BGB herauszugeben, was der Anfechtungsgegner auf Grund eines anfechtbar erlangten Rechts erworben hat. Darunter fällt, was die Lieferantin von der B.-GmbH auf die abgetretenen Forderungen erhalten hat. Aber auch dieser Erlös befindet sich nicht mehr unterscheidbar im Vermögen der Lieferantin, sondern ist mit den anderen Bar- oder Buchgeldwerten der Lieferantin vermischt worden. Also kann auch dieses Surrogat nicht herausgegeben werden. c) Folglich kann sich der Anspruch nur gem. 143 Abs. 1 S. 2 InsO, 818 Abs. 2 InsO auf Wertersatz richten. Diesem Wertersatzanspruch kann aber abweichend zu den Ausführungen oben zu Frage 1 A. II. keine Aussonderungskraft zukommen; es fehlt an einem konkreten Gegenstand, der aussonderungsfähig ist. Es liegt wie im Falle der Ersatzaussonderung nach 48 InsO, die auch nur dann greift, wenn das Surrogat noch unterscheidbar in der Masse vorhanden ist. Es besteht also nur ein Wertersatzanspruch nach 143 Abs. 1 S. 2 InsO, 818

-9- Abs. 2 BGB, der nicht zur Aussonderung berechtigt, wie der BGH [BGHZ 155, 199, 202 f.] ebenfalls ausführt: Demgegenüber weist der vorliegende Fall die Besonderheit auf, dass die Lieferantin von vornherein nur auf Wertersatz gemäß 143 Abs. 1 Satz 2 InsO haftete: Nach den insoweit unangefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Bauunternehmung als spätere Insolvenzschuldnerin ihren Anspruch gegen die B. GmbH an die Lieferantin abgetreten, und diese hat die Ansprüche bei der B. GmbH als Drittschuldnerin eingezogen. Damit sind die abgetretenen Ansprüche erloschen ( 362 Abs. 1 BGB) und konnten in Natur ( 143 Abs. 1 Satz 1 InsO) selbst nicht mehr zurückgewährt werden. Der an die Stelle tretende Wertersatzanspruch nach 143 Abs. 1 Satz 2 InsO ist eine gewöhnliche Geldforderung, die sich gegen das gesamte Vermögen des Anfechtungsgegners richtet und insoweit keine Aussonderungskraft außerhalb oder innerhalb einer Insolvenz des Anfechtungsgegners mehr hat. 3. Ergebnis Also besteht kein Anspruch mit Aussonderungskraft. II. Masseverbindlichkeit nach 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO Als Grundlage dafür, den Anspruch gem. 143 Abs. 1 InsO, 818 Abs. 2 BGB als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren, könnte man allein eine ungerechtfertigte Bereicherung der Masse gem. 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO in Betracht ziehen. Indessen setzt diese Bestimmung eine Bereicherung der Masse nach Insolvenzeröffnung voraus. Da es daran fehlt, scheidet wie der BGH ebenfalls zutreffend ausführt [BGHZ 155, 199, 205] auch das Vorliegen einer Masseverbindlichkeit aus: Ein Anspruch des Klägers wegen Massebereicherung scheidet hier von vornherein aus, weil die Zahlungen der Lieferantin schon vor der Insolvenzeröffnung über ihr Vermögen zugeflossen sind. 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO setzt statt dessen voraus, dass die Insolvenzmasse erst nach der Verfahrenseröffnung bereichert worden ist (MünchKomm-InsO/Hefermehl, 55 Rn. 203, 206 f; Uhlenbruck/Berscheid, InsO 12. Aufl. 55 Rn. 74; Heidelberger Kommentar zur InsO/Eickmann, 55 Rn. 24; vgl. BGH ZIP 1997, 1551, 1552 m.w.n.; ZIP 2000, 244, 245).

-10- III. Ergebnis Der Insolvenzverwalter der Bauunternehmung als Kläger kann also weder einen Aussonderungsanspruch noch eine Masseverbindlichkeit geltend machen, so dass die Klage unbegründet ist und keine Aussicht auf Erfolg hat.