Die Entstehung des Merkantilismus- Ökonomische und gesellschaftliche Veränderungen: Zunahme der Geldbeziehungen und des Fernhandels im 15. und 16. Jhdt. Ablöse des mittelalterlichen Denkens Staatsform des Absolutismus- Machtkonzentration beim Fürsten
Die Entstehung des Merkantilismus- Was ist der Merkantilismus? Auslöser für merkantilistische Wirtschaftspolitik war zunehmende Inflation in Europa Keine einheitliche Theorie, sondern eine Ansammlung an länderspezifischen wirtschaftspolitischen Überlegungen zu dem Zusammenhang von Edelmetallmenge und Preisänderungen. Kontextabhängig: unterschiedliche Ausprägung in unterschiedlichen Ländern (FR: Colbertismus, Dt. Staaten und Habsburgermonarchie: Kameralismus)
Die Wirtschaftspolitik des Merkantilismus Geld= Reichtum= Staatsmacht Wechselwirkung zwischen wirtschaftlicher Aktivität und Vermögensakkumulation des Staates. Reichtum= Anhäufung an Edelmetallen: das geschieht durch - die Ausbeutung der kolonialen Gold- und Silberminen - den Überschuss, der im Außenhandel erzielt wird (aktive Handelsbilanz)
Ausformungen des Merkantilismus: monetärer Merkantilismus: Überlegungen zur Funktion des Geldes Frühe Merkantilisten in England (Thomas Misselden, Gerald de Malynes) und Frankreich (Jean Bodin) Erhöhung der inländischen Geldmenge= Anstieg der Preise= Wirtschaft wächst Wirtschaftspolitische Empfehlungen Staat soll den Zustrom an Gold und Silber fördern und deren Abfluss verhindern handelspolitischer Merkantilismus: Überlegungen zur Funktion des Handels Saldo von Importen und Exporten ist ausschlaggebend für den Reichtum des Staates Wirtschaftspolitische Empfehlung: staatliche Förderung der Güterexporte und Beschränkung der Importe für Fertiggüter und Luxusgüter Geringer Inlandskonsum, damit mehr für den Export bleibt Koloniale Ausbeutung: dienen als Rohstofflieferant und Absatzmarkt für Fertigprodukte
Der Merkantilismus in der Praxis Colbertismus in Frankreich: Jean Baptiste Colbert Errichtung von Handelskammern, Subventionen an Handelsunternehmen, protektionistische Zölle Benachteiligung des inländischen Konsums Steuerlast der Bauern und Kleingewerbetreibende erhöht sich, Adel und Großgrundbesitzer genießen Steuerfreiheit Bildet die Grundlagen für die französische Revolution Cameralismus: dt. Länder, Habsburgermonarchie: Johann Joachim Becherer Sonderweg des Merkantilismus: Aufbau der Wirtschaft nach dem 30. jährigen Krieg vorrangig Förderung der Produktion unter voller Nutzung des Binnenmarktes steht im Vordergrund, weniger das Erzielen eines Handelsbilanzüberschusses
Pro und Kontra des Merkantilismus Kontra: Rolle der Preise bleibt widersprüchlich: Steigende Preise schaden der Exportwirtschaft Vernachlässigung der Inlandsnachfrage durch Geringhalten der Löhne Rolle des Handels bleibt widersprüchlich: Nicht alle Länder können hohe Exporte und niedrige Importe anstreben Pro: Erkannt wird erstmals die Rolle von Institutionen im Entwicklungsprozess: Schutzzollpolitik im Bereich des Handels als Notwendigkeit zur Entwicklung von Staaten Infrastrukturinvestitionen als Notwendigkeit zur kapitalistischen Entwicklung
Die Bedingungen für kapitalistische Entwicklung Überlegende Produktionstechnik: städtische Handelskapitalisten übernehmen tragende Rolle in der Produktion (Verlagswesen). Handwerker werden zu Kapitalisten. Existenz einer freien, besitzlosen Klasse: landflüchtige Bauern werden zu Arbeitern Ausreichend Absatzmärkte: Ausdehnung des Handels, Zunahme der Kapitaleinkommen, Export in die Kolonien
Die Physiokraten- wer war das? Eine Gruppe französischer Denker der Aufklärung mit Francois Quesnay (1694-1774) als Führerfigur. Kernaussagen der Physiokraten Gegner des Merkantilismus: Ökonomie soll man in ihrem natürlichen Zustand belassen. Staatliche Eingriffe in den Wirtschaftskreislauf führen zu Störungen und ökonomischem Desaster. Wirtschaftspolitisch fordern sie daher Freihandel und die Abschaffung staatlicher Monopolrechte und Handelsprivilegien sowie der fiskalischen Privilegien der Grundbesitzer, des Adels und des Klerus.
Klassische politische Ökonomie- Adam Smith (1723-1790) Hauptwerk The wealth of nations Kernaussagen: Reichtum= Arbeit= Arbeitsteilung: Nicht Anhäufung von Edelmetallen, sondern Arbeit bzw. Arbeitsteilung und die dadurch hervorgerufene Steigerung der Produktion sind für den Reichtum der Nationen bestimmend Arbeitsteilung erhöht den materiellen Wohlstand: Arbeitsteilung= höhere Produktivität= höhere Einkommen= mehr Kaufkraft= Ausdehnung des Marktes Tausch ist essentielle Grundlage für die Arbeitsteilung
Adam Smith- das einfache System der natürlichen Freiheit Kernaussage: Freiheit und Wohlstand können gemeinsam verwirklicht werden. Voraussetzung dafür ist, dass den Menschen vollkommene Handlungsfreiheit gestaltet wird mit der Ausnahme einiger festgelegter Rahmenbedingungen Die unsichtbare Hand des Marktes : Das individuelle Handeln fördert das Allgemeinwohl, auch wenn es den einzelnen AkteurInnen nicht bewusst ist. Wirtschaftspolitische Forderungen: Abschaffung aller Konkurrenzbeschränkungen, besonders im Bereich des Außenhandels (absolute Kostenvorteile ausschlaggebend). Keine staatlichen Förderungen /Privilegien, da diese gegen das Interesse der Allgemeinheit stehen und die privilegierte Position von einigen fördert. Kritik: auch ohne staatliche Eingriffe kann es zu Monopolstellungen kommen Freihandel/individuelles Handeln führen nicht unbedingt zu verstärktem Wohlstand
David Ricardo (1772-1823) und die Weiterführung der Freihandelsidee Theorem der komparativen Kostenvorteile: Nicht die absoluten Kostenvorteile, sondern schon die komparativen Kostenvorteile machen Freihandel vorteilhaft für alle Länder. Auch wenn ein Land zwei Güter absolut effizienter als ein anderes Land produzieren kann, lohnt sich trotzdem der Handel mit dem anderen Land. Annahmen: zwei Länder, zwei Güter, freier Warenhandel, keine Transportkosten, Produktionsfaktor nur Arbeit, konstante Skalenerträge, Vollbeschäftigung, mobile Arbeitskraft Wein Tuch Summe Wein* Tuch* Summe* England 120 100 220-200 200 Portugal 80 90 170 160-160 Summe 200 190 390 160 200 360
Kritik an David Ricardos Freihandelsmodell Annahme der konstanten Skalenerträge falsch (Skalenerträge: Erhöhung der Produktionsmenge führt zu Verringerung der Stückkosten) Vernachlässigung der Transportkosten, zwei Länder- zwei Güter- Modell unrealistisch Arbeitskraft ist nicht mobil und es herrscht keine Vollbeschäftigung Unterschiedliche Interessen von Individuen und der Nation werden außer Acht gelassen.
Friedrich List (1789-1846) und die Wiederaufnahme des Merkantilismus Hauptwerk (1823): Das natürliche System der politischen Ökonomie Entwicklungsökonom: Frage: welche Strategie-. Freihandel oder Schutzzölle- eignet sich am besten um nachholende Entwicklung zu gewährleisten Grundlagen seiner Entwicklungstheorie: Weltmarkt ist durch Hierarchisierung geprägt (Dominanz Englands), die zur Peripherisierung der restlichen Länder führt. Dieser Peripherisierungsdruck entsteht durch den Freihandel. Die klassischen Ökonomen unterscheiden nicht zwischen entwickelten und unterentwickelten Ländern. Freihandel ist aber erst ab einer bestimmten Entwicklungsstufe möglich und nützlich Nicht das Individuum, sondern die produktiven Kräfte (vom Arbeiter bis zum Unternehmer) sind ausschlaggebend für den Reichtum der Nationen Als Grundlage für Wohlstand steht nicht das individuelle Gewinnstreben, sondern der Bestand einer Nation, eines geordneten Rechtssystems, Demokratie, Moralität und ein politisch beeinflusstes Wirtschaftswachstum
Die Stufentheorie der Entwicklung und die Rolle von Handel und Protektionismus bei Friedrich List Stufenschema der nationalökonomischen Entwicklung und die Rolle des Handels wilder Zustand Agrarstaat: keine Industrie, Freihandel erwünscht (Export von Agrarprodukten- Import von Industriegütern) aber nicht zu lange da sonst der Zustand des verkrüppelten Agrarstaates eintritt. Agrar- Industriestaat: Industrie und Landwirtschaft. Kein reiner Freihandel, sondern Einführung von Erziehungszoll (differenzierter Schutzzoll) notwendig. Keine Zölle auf Agrarimporte oder die Einfuhr von höherwertigen Industrieprodukten, aber Schutzzölle auf den Import von Massenkonsumgüter, die im eigenen Land erzeugt werden. Agrar- Industrie- Handelsstaat: höchste Stufe der Entwicklung. Es werden mehr Industriegüter erzeugt, dass exportiert werden kann. Reiner Freihandel ohne Schutzzölle ist hier vorteilhaft.
Kritik an Friedrich List Stufentheorie ist zu statisch und erfasst nicht alle Phänomene der Entwicklung Funktionsfähigkeit der damaligen Staaten noch nicht gegeben Kein Entwicklungspotential für so genannte Länder der Dritten Welt