ARBEITSGEMEINSCHAFT TESTAMENTSVOLLSTRECKUNG UND VERMÖGENSSORGE E.V. Stellungnahme

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Transkript:

Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT) e.v. zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und Verbraucherschutz für den Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein (Schreiben d. BMJ v. 04.03.2014, Az.: 9340/9-7-3 14 66/2014) Bonn, den 4. Juni 2014 Seite 1/9

Überblick I. Vorbemerkung... 3 II. Zusammenfassung... 3 1. Grundsätzliche oder eingeschränkte Zustimmung der AGT... 3 2. Bedenken der AGT... 4 3. Generelle Ablehnung der AGT... 4 III. Begründung der Ablehnung im Einzelnen... 5 1. Zu 343 FamFG-E (Örtliche Zuständigkeit)... 5 2. Zu Artikel 3 (Änderung der Auslandskostenverordnung)... 7 IV. Vorschlag der AGT zur Regelung der internationalen Zuständigkeit... 8 Seite 2/9

I. Vorbemerkung Die Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e.v. (AGT) ist ein Zusammenschluss natürlicher und juristischer Personen, die das Amt des Testamentsvollstreckers ausüben oder sich berufsbedingt häufig mit Fragen der Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge beschäftigen. Als einzige interdisziplinäre Vereinigung in Deutschland von Vertretern rechts- und wirtschaftsberatender Berufe sowie Privatpersonen mit besonderen Erfahrungen und Interessen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung zertifiziert sie Testamentsvollstrecker, die sich einem Qualifizierungsverfahren unterworfen haben und weist diese in der allgemein zugänglichen Testamentsvollstreckerliste nach. II. Zusammenfassung Die AGT geht davon aus, dass die unmittelbar geltende ErbVO, mag sie auch aus Sicht des nationalen deutschen Erbrechts stellenweise unglücklich sein, umgesetzt werden muss. Die Bewertung des Gesetzesentwurfs richtet sich deshalb im Folgenden allein danach, ob und inwieweit der verbliebene nationale Umsetzungsspielraum bestmöglich genutzt wurde. 1. Grundsätzliche oder eingeschränkte Zustimmung der AGT 1.1 Die AGT begrüßt den Entwurf eines Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein. Der Erlass eines solchen Gesetzes zur Anpassung des nationalen deutschen Rechts ist erforderlich, da sich die unmittelbar geltende ErbVO sonst nicht reibungslos und widerspruchsfrei in das deutsche Rechtssystem einfügen würde. 1.2 Die AGT begrüßt die Ausgliederung des Verfahrensrechts zur Erbscheinserteilung aus dem BGB in das FamFG, wo es aus systematischen Gründen besser verortet ist. Seite 3/9

2. Bedenken der AGT 2.1 Zu 31 FamFG-E (Entgegennahme von Erklärungen) Die Vorschrift setzt die Vorgaben der ErbVO konsequent um. Allerdings kann durch die Entgegennahme der Erklärung und die Ausstellung einer amtlichen Bescheinigung hierüber bei Erben der unzutreffende Eindruck erweckt werden, dass sie die Begrenzung ihrer Erbenhaftung durch einfache Erklärung vor dem Gericht ihres gewöhnlichen Aufenthalts bereits erreicht haben, auch wenn das auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht von ihnen verlangt, vor dem zuständigen Gericht eines anderen Mitgliedstaats ein besonderes Verfahren zu veranlassen (vgl. Erwägung 33 ErbVO). Die Vorschrift ist deshalb dahingehend zu ergänzen, dass die Nachlassgerichte, wenn sie Erklärungen annehmen und hierüber eine Bescheinigung ausstellen, die Erben zugleich durch ein Formblatt entsprechend belehren, dass für eine Begrenzung der Erbenhaftung ggf. weitere Schritte erforderlich sind. 3. Generelle Ablehnung der AGT 3.1 Zu Artikel 11 Nummer 2 ( 343 FamFG-E) Die in 343 Abs. 2 FamFG-E getroffene Regelung, wonach sich im Anwendungsbereich der ErbVO die internationale Zuständigkeit ausschließlich nach 2 und 31 IntErbRVG richtet, ist europarechtlich nicht geboten und in der Sache nicht praxisgerecht. 3.2 Zu Artikel 3 (Änderung der Auslandskostenverordnung) Die Höhe der Gerichtsgebühren für die Erteilung des ENZ ist unangemessen hoch. Seite 4/9

III. Begründung der Ablehnung im Einzelnen 1. Zu 343 FamFG-E (Örtliche Zuständigkeit) Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip sollen durch die ErbVO die nationalen Erbnachweise nicht ersetzt werden (Erwägung 67). Deshalb bezieht sich die ausschließliche internationale Zuständigkeit nach der ErbVO zwar auf die Ausstellung des ENZ (durch die Gerichte), nicht hingegen auf den nationalen Erbschein. Für diesen ist eine nationale Zuständigkeitsregelung weiterhin möglich. Der europäische Verordnungsgeber wollte dies gerade nicht ausschließen. Dies zeigt sich auch an einem anderen Umstand. Obwohl dem Verordnungsgeber bewusst war, dass in einigen Mitgliedsstaaten die Erbnachweise von den Notaren ausgestellt werden (so etwa in Belgien, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal, Spanien usw.), hat er lediglich eine ausschließliche internationale Gerichtszuständigkeit vorgesehen, nicht aber eine ausschließliche internationale Notarzuständigkeit. Ein Nebeneinander von europäischen und nationalen Erbnachweisen hat er damit bewusst in Kauf genommen (vgl. Erwägung 36). Es besteht ein dringendes Bedürfnis, in grenzüberschreitenden Fällen parallel zum ENZ für Erben, Testamentsvollstrecker und Vollstreckungsgläubiger der Erben weiterhin nationale Dokumente wie den deutschen Erbschein zuzulassen und eine diesbezügliche innerstaatliche Zuständigkeit vorzusehen. Befand sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers in einem anderen Mitgliedstaat, müsste zwingend ein ENZ beantragt werden, selbst wenn der Erbe den Erbnachweis lediglich dazu benötigt, sich in Deutschland einem Geschäftspartner, bspw. einer Bank gegenüber zu legitimieren. Hierdurch werden unnötige Hürden aufgebaut: Mit der Beantragung des ENZ in einem anderen Mitgliedstaat sind sprachliche und räumliche Barrieren sowie Verzögerungen verbunden. Gerade in der Anfangszeit wird das ENZ im Rechtsverkehr auf wenig Akzeptanz stoßen. Dies liegt nicht zuletzt darin begründet, dass derjenige, der mit dem im ENZ ausgewiesenen Erben gutgläubig Geschäfte macht, bereits bei grober Fahrlässigkeit nicht mehr geschützt wird. Beim (deutschen) Erbschein hingegen schadet nur positive Kenntnis. Seite 5/9

Auch Testamentsvollstrecker sollten die Möglichkeit haben, anstelle eines ENZ ein nationales Testamentsvollstreckerzeugnis beantragen zu können. So macht es für die betroffenen Testamentsvollstrecker wenig Sinn, ein ENZ in einem Mitgliedstaat zu beantragen, wenn nur (noch) Nachlassgegenstände in Deutschland abzuwickeln oder zu verwalten sind. Es entspricht den gängigen Gestaltungsempfehlungen der anwaltlichen und notariellen Praxis, bei gemischt nationalen und internationalen Nachlässen Testamentsvollstreckungen auf das deutsche Inlandsvermögen zu beschränken oder für Inlands- und Auslandsvermögen eines Erblassers jeweils unterschiedliche Testamentsvollstrecker zu wählen. Daher muss davon ausgegangen werden, dass zumindest für die nächsten ein bis zwei Jahrzehnte noch eine Vielzahl von Nachlässen auf Grundlage dieser Empfehlungen abzuwickeln sein werden. Da aufgrund eingetretener erbrechtlicher Bindungswirkung (insbes. bei Erbverträgen und gemeinschaftlichen Testamenten) oder faktischen Umständen (bspw. nach Testierung eingetretener Testierunfähigkeit) eine Anpassung der letztwilligen Verfügung an diese geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen regelmäßig nicht mehr möglich sein und in den übrigen Fällen die Notwendigkeit einer Änderung seitens der Erblasser nicht erkannt werden wird, sollte der Testamentsvollstreckerpraxis zumindest eine langjährige Übergangsfrist eingeräumt werden, sich auf die zu erwartenden Erschwernisse bei der Vollstreckung einzustellen. Darüber hinaus besteht ein unerlässliches Bedürfnis nach einem unbegrenzt gültigen Nachweis in Fällen der Dauertestamentsvollstreckung. Hier müsste nach den bisherigen Vorschlägen alle sechs Monate ein neues ENZ beantragt werden. Die Dauertestamentsvollstreckung ist ein in der Praxis sehr weit verbreitetes Instrumentarium zum Schutz minderjähriger, unerfahrener oder behinderter Erben. Nach den Erfahrungen der AGT ist es schon heute nicht leicht, für diesen besonders verantwortungsvollen Bereich der Testamentsvollstreckung einen kompetenten Testamentsvollstrecker zu finden. Wird die Durchführung einer solchen Testamentsvollstreckung mit weiteren formalen Aufgaben belastet, muss insbesondere die nachlassgerichtliche Praxis in Zukunft mit noch mehr Schwierigkeiten bei der Auswahl von Testamentsvollstreckern rechnen. Ebenso sollten Vollstreckungsgläubiger weiterhin befugt sein, einen nationalen Erbschein zu beantragen, wie dies bislang in 792 ZPO vorgesehen ist. Hierfür besteht ein dringendes Bedürfnis. Ein ENZ kann in diesen Fällen nicht beantragt werden, da Vollstreckungsgläubiger nicht zu dem in Art. 65 Abs. 1 i.v.m. Art. 63 Abs. 1 ErbVO abschließend aufgezählten Personenkreis gehören. Seite 6/9

2. Zu Artikel 3 (Änderung der Auslandskostenverordnung) Eine gerichtsgebührenmäßige Gleichstellung der Erteilung des ENZ mit der Erteilung eines Erbscheins ist nicht sachgerecht. Gebühren müssen einen Bezug zu der konkreten Amtshandlung haben. Sie sollen einerseits die hierdurch veranlassten Kosten abdecken und andererseits die dem Betroffenen zugeflossenen Vorteile ausgleichen. Sie dienen hingegen nicht der allgemeinen, von der Amtshandlung losgelösten Einnahmeerzielung. Ausweislich der Entwurfsbegründung stehen dem jährlichen Erfüllungsaufwand der Länder i.h.v. 1.445.500 EUR erwartete Gebührenmehreinnahmen von 1.750.000 EUR p.a. gegenüber. Dies entspricht einer Kostenüberdeckung von 21 Prozent. Diese rechtfertigt sich insbesondere nicht dadurch, dass dem Betroffenen durch die ENZ-Erteilung ein besonders großer Vorteil zufließen würde. Denn das ENZ ist anders als ein nationaler Erbschein grds. nur sechs Monate lang gültig, was die Abwicklung von Nachlässen mit Auslandsbezug, wofür das ENZ gerade gedacht ist, erschwert. Umgehungseffekte, dass aus Kostengründen anstelle des nationalen Erbscheins verstärkt europäische Nachlasszeugnisse auch für rein nationale Sachverhalte beantragt werden, sind nicht zu erwarten. Zum einen wird das ENZ zur Verwendung in einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt (vgl. Art. 62 ErbVO), so dass die Erteilung bei offensichtlich rein nationalen Sachverhalten abgelehnt werden kann. Zum anderen bietet der nationale Erbschein bei rein nationalen Sachverhalten mehrere Vorzüge. Neben der unbefristeten Geltungsdauer ist dies insbesondere die breitere Akzeptanz, nicht zuletzt aufgrund des weitergehenden Gutglaubensschutzes, bei dem lediglich positive Kenntnis schadet. Seite 7/9

IV. Vorschlag der AGT zur Regelung der internationalen Zuständigkeit In 343 FamFG-E sollte bezogen auf Erbscheine und Testamentsvollstreckerzeugnisse klargestellt werden, dass sich die internationale Zuständigkeit auch unter Geltung der ErbVO nach den deutschen Vorschriften des FamFG richtet. Hierdurch wird erreicht, dass in Fällen, in denen der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers im Ausland war, sich jedoch Nachlassgegenstände in Deutschland befinden, Erben weiterhin die fakultative Möglichkeit haben, vor einem deutschen Gericht einen gegenständlich beschränkten Erbschein zu beantragen (vgl. 352c FamFG-E), welcher lediglich die in Deutschland befindlichen Nachlassgegenstände umfasst. Über 792 ZPO gilt dies dann ebenso für die Vollstreckungsgläubiger der Erben. Eine Sonderregelung muss für Testamentsvollstrecker geschaffen werden. Jedenfalls für den in Deutschland belegenen Nachlass sollte es bei dem bisherigen unbeschränkten Testamentsvollstreckerzeugnis verbleiben. Eine Differenzierung zwischen Dauer- und Abwicklungsvollstreckung erscheint nach den Erfahrungen der AGT nicht sinnvoll, da auch eine Abwicklungsvollstreckung regelmäßig mehr als sechs Monate in Anspruch nimmt. Die vorgeschlagenen Modifizierungen ergeben weiteren Änderungsbedarf, damit verhindert wird, dass mehrere, sich widersprechende Erbnachweise in der Welt sind. Hierzu ist 352c FamFG-E ein dritter Absatz hinzuzufügen: Ein derartiger Antrag ist nur zulässig, soweit nicht bereits ein denselben Nachlass betreffendes ENZ beantragt wurde. Wird ein solches ENZ später beantragt, ist das Erbscheinserteilungsverfahren bis zum Abschluss des ENZ-Verfahrens auszusetzen. Ein zu dem ENZ in Widerspruch stehender Erbschein darf nicht erteilt werden. Entsteht ein solcher Widerspruch später, ist der Erbschein einzuziehen. Diesbezüglich sei noch angemerkt, dass sich das Problem, dass mehrere, sich widersprechende europäische und nationale Erbnachweise existieren, so oder so stellen wird. In vielen Mitgliedstaaten sind nämlich nicht die Nachlassgerichte, sondern die Notare für die Erteilung der Erbnachweise zuständig. In der ErbVO ist indes lediglich ein ausschließlicher Seite 8/9

internationaler Gerichtsstand für die Gerichte vorgesehen. Dies bedeutet, dass in den betreffenden Mitgliedstaaten die Notare für die Ausstellung der nationalen Erbnachweise auf der Grundlage nationalen Rechts weiterhin zuständig bleiben (vgl. hierzu die Erwägungen 21 und 36). Bonn, den 4. Juni 2014 Verwendete Abkürzungen: IntErbRVG Internationales Erbrechtsverfahrensgesetz ErbVO Verordnung (EU) Nr. 650/2012 ENZ Europäisches Nachlasszeugnis Seite 9/9