Diplomklausur im Fach Marketing und Handel (BWL) Klausur im Fach Marketing und Handel (Magisterstudiengänge) Sommersemester 2000 Univ.-Prof. Dr. Hendrik Schröder 1 Ihnen stehen vier Themengruppen (A bis D) zur Auswahl, die auf dieser Seite im Überblick aufgeführt sind. Es ist nur eine Themengruppe zu bearbeiten. Eine Kombination von Aufgaben verschiedener Themengruppen ist nicht möglich. Kennzeichnen Sie bitte deutlich, welche Themengruppe Sie bearbeiten, und lassen Sie ausreichend Korrekturrand frei. Einschließlich dieser Seite umfaßt der Aufgabentext 7 Seiten. Aufgabengruppe A: Wormland - Fallstudie zum Bekleidungseinzelhandel (4 Std. = 120 Punkte) S. 2 Aufgabengruppe B: 1. Käuferverhalten (2 Std. = 60 Punkte) S. 5 2. Handelsmanagement, Handelscontrolling (2 Std. = 60 Punkte) S. 5 Aufgabengruppe C: 1. Marketing-Management (2 Std. = 60 Punkte) S. 6 2. Marketing-Rechts-Management, Marketing-Forschung, Käuferverhalten (2 Std. = 60 Punkte) S. 6 Aufgabengruppe D: 1. Käuferverhalten, Marketing-Forschung, Marketing-Instrumente (2 Std. = 60 Punkte) S. 7 2. Marketing-Rechts-Management (2 Std. = 60 Punkte) S. 7 Viel Erfolg! Sie haben eine Einlesezeit von 15 Minuten!
2 Aufgabengruppe A: Wormland - Fallstudie zum Bekleidungseinzelhandel (4 Std. = 120 Punkte) 1. Die Entwicklung der Wormland Herrenmode GmbH & Co. KG Theo Wormland, 1907 in Gladbeck geboren, gelernter Textilkaufmann, gründet 1935 sein erstes eigenes Geschäft für Männermode in Hannover. 1939 erwirbt er das Geschäftshaus am Kröpcke, das noch heute die Zentrale der Wormland-Unternehmensgruppe ist. Heute hält die 1983 noch vom Firmengründer ins Leben gerufene Theo Wormland-Stiftung GmbH, München, 100% des Kapitals der Firma. Entgegen dem Branchentrend konnte Wormland im Geschäftsjahr 1998/99 (Stichtag: 31.3.) flächenbereinigt einen um 12,23% höheren Nettoumsatz erwirtschaften. Fast deckungsgleich mit dem Umsatz entwickelten sich die Margen. Der Netto-Rohgewinn stieg um 11,8%. Die Nettoumsatzrendite nach Steuern konnte sich im Berichtszeitraum auf 4% verdoppeln. Die Flächenleistung ist deutlich angewachsen: Pro qm Verkaufsfläche wurden im Schnitt 14.000 DM umgesetzt (Vorjahr: 12.400 DM). Die Lagerumschlagsgeschwindigkeit konnte um 10% auf einen Wert von 3,1 nach oben geschraubt werden. Das Credo Theo Wormlands ist bis heute das Leitmotiv des Unternehmens: Mode mit Stil und eine wegweisende, kompromisslose Ausrichtung des Sortiments an den Wünschen der Kunden. Wormland umfasst heute 16 Filialen - 14 x Wormland, 2 x THEO - in fast allen wichtigen deutschen Städten und ein Online-Angebot im Internet. Durch die konsequente Unternehmenspolitik ist die Wormland-Unternehmensgruppe in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen (Bruttoumsatz 1998: rd. 150 Mio. DM) und zählt heute zu den größten Fachgeschäften für Männermode in Deutschland. 2. Das Angebotskonzept Verkauft werden u.a. Marken wie BOSS, JOOP!, Cinque, Jaques Britt, G-Star, Replay, Diesel und die Eigenmarken Caesar, Dex, TW Theo Wormland und THEO, die rund 45% des Sortiments ausmachen. Hinter Caesar verbirgt sich hauptsächlich Sportswear, Dex umfasst Jeanswear, die klassische Großkonfektion nennt sich Theo Wormland. 1999 eröffnete man Wormland-Vollsortimentshäuser in Berlin, Düsseldorf und Stuttgart.
Unter THEO fällt das gesamte neue Filialkonzept, das im Unterschied zu den 1.200 bis 1.600 qm großen Wormland-Häusern, die auch den Ansprüchen einer mehr klassisch orientierten Kundschaft gerecht werden, auf den jüngeren, modebewußten Mann zielt. Unter dem Motto, Trendiger, sportiver und preiswerter will Wormland in das wachstumsträchtige Segment der speciality stores vorstoßen. Mit dem Konzept THEO will der Filialist in Zukunft 80% seines Wachstums realisieren, und der Firma ein Expansionspotential eröffnen, das aufgrund des geringeren Kapitaleinsatzes für die nur 300 bis 600 qm Verkaufsfläche umfassenden Läden entsprechend schnell erschlossen werden kann. Wormland sieht ein Potential von 15 bis 20 Theo-Läden in Deutschland. Die Multiplikation soll nach einer Testphase auch über Franchising erfolgen. Mit zwei Kundenkarten, eine mit 3% Rabattgewährung und eine mit Zahlungsfunktion, sowie der Kundenzeitschrift Theo versucht man die Kundenbindung zu steigern. Mit dem fast 50 Seiten umfassenden Heft, das auch als Katalog dient, will Wormland erste Erfahrungen im Mail-Order-Geschäft sammeln. Im Internet ist Wormland mit einem Online-Shop vertreten, in dem der Kunde die Möglichkeit hat, an einem virtuellen Modell Kleidung zu kombinieren und auch zu ordern. 3 3. Die aktuelle Situation Im September 1999 meldete die TW (Textilwirtschaft): Der HAKA-Filialist Wormland, Hannover, will im kommenden Jahr eine separate DOB-Schiene starten. Ladenbau und Sortimentsstruktur sollen sich im Falle der Realisierung der Pläne an die HAKA anlehnen. Das Sortiment wird aus Eigenmarken und etwa einem halben Dutzend profilierten Kernmarken von Fremdfirmen bestehen. Sie sollten eher aus der Business-Ecke kommen und in den Freizeitbereich ausstrahlen als umgekehrt, definiert Geschäftsführer Klaus Siebert. Das Konzept wird an separaten Standorten verwirklicht, am liebsten in der Nähe bestehender Wormland-Häuser. Die endgültige Realisierung hängt davon ab, ob man die richtigen Standorte bekommt und ob die Lieferanten in der von Wormland gewünschten Form kooperieren können. Zur Zeit sondieren wir, so Siebert. Im Januar 2000 meldete die TW: Wormland ist zum Ende des Jahres 1999 nicht zufrieden mit den bislang erzielten Umsätzen. Der Umsatzverlust liege prozentual im einstelligen Minusbereich, so Geschäftsführer Ewald Hinz zur TW. Durch das außerordentlich erfolgreiche Geschäftsjahr 1998/99 sei es schwer gefallen, die guten
Vorgaben erneut zu erfüllen. Ende 1999 verfügte Wormland über 12 Wormland- Häuser und 5 Theo-Läden. Die Häuser in München und Hamburg hätten sich gut entwickelt. An Standorten wie Köln und Bremen, wo neue Wettbewerber hinzugekommen sind, spürte man dies beim Umsatz. Im Geschäftsjahr 1998/99 erzielte Wormland ein flächenbereinigtes Umsatzplus von 16,1 Mill. DM und kam auf 153,7 Mill. DM. Für 2000 plant Hinz die Ausweitung des jüngeren THEO-Konzepts um zwei neue Geschäfte auf dann 7 Läden. Man befinde sich derzeit in intensiven Verhandlungen mit Vermietern. Das Pilotprojekt Dressous mit Herrenunterwäsche in Hannover ist nach Angaben von Hinz erfolgreich angelaufen und wird fortgeführt. 4 a. Erläutern Sie anhand von Ausprägungen der Marketing-Instrumente, mit welchem Angebotskonzept die Wormland Herrenmode GmbH & Co. KG im deutschen Bekleidungseinzelhandel vertreten ist, und arbeiten Sie heraus, welche Kundengruppen erreicht werden sollen! (30 min. = 15 Punkte) b. Führen Sie für die Wormland Herrenmode GmbH & Co. KG eine SWOT-Analyse durch (Stärken/Schwächen, Chancen/Risiken)! Gehen Sie dabei insbesondere auf die Bedrohung durch ausländische Anbieter und neue Angebotskonzepte im Bekleidungseinzelhandel ein! (60 min. = 30 Punkte) c. Arbeiten Sie den Informationsbedarf heraus, der sich bei der Entscheidung über die Einführung der DOB-Schiene stellt, und schlagen Sie - mit Begründung - Instrumente der Marketing-Forschung vor, die geeignet sind, diesen Informationsbedarf zu decken! (60 min. = 30 Punkte) d. Entwickeln Sie ein System von geeigneten Größen zur Steuerung der Wormland- Filialen! Diskutieren Sie Vor- und Nachteile der von Ihnen genannten Steuerungsgrößen! Arbeiten Sie anschließend heraus, welche Bedeutung diesen Größen bei der Multiplikation des Konzeptes THEO im Rahmen des Franchising zukommt! (60 min. = 30 Punkte) e. Zeigen Sie auf, unter welchen Voraussetzungen es im Bekleidungseinzelhandel sinnvoll ist, Hersteller- durch Handelsmarken zu ersetzen! Gehen Sie dabei auf konkrete Entscheidungskriterien ein! (30 min. = 15 Punkte)
5 Aufgabengruppe B: 1. Käuferverhalten (2 Std. = 60 Punkte) a. Beschreiben Sie zunächst die Prozesse der Marken- und der Einkaufsstättenwahl! Begründen Sie nun auf der Basis der Theorie des Käuferverhaltens, wann es bei diesen Prozessen zu Konfliktsituationen kommen kann! (50 min. = 25 Punkte) b. Man kann zwischen Qualitätskäufern, Schnäppchenjägern, Smart-Shoppern und Convenience-Shoppern unterscheiden! Arbeiten Sie systematisch heraus, wodurch sich die Verhaltensweisen dieser Konsumententypen auszeichnen! (50 min. = 25 Punkte) c. Nehmen Sie zu der These Stellung: Schnäppchenjäger werden keine Schnäppchen mehr finden, wenn der Überbesatz an Einzelhandelsbetrieben abgebaut worden ist! (20 min. = 10 Punkte) 2. Handelsmanagement, Handelscontrolling (2 Std. = 60 Punkte) Das wesentliche Kriterium, in dem sich Filialsysteme von kooperierenden Gruppen des Handels unterscheiden, ist die Bindung der Einzelhandelsstufe an Weisungen der Zentrale. Während die Einzelhandelsstufe in Filialsystemen grundsätzlich vollständig an die Weisungen der Zentrale gebunden ist, sind die Mitglieder einer kooperierenden Gruppe rechtlich und in gewissen Grenzen auch wirtschaftlich selbständig. Abweichend hiervon bleibt es jeder Zentrale eines Filialsystems freigestellt, ihren Betrieben mehr oder weniger große Entscheidungsspielräume zu geben. Ebenso können die Mitglieder einer Handelskooperation gegenüber der Zentrale vertragliche Verpflichtungen eingehen, die ihre Handlungsspielräume einschränken. a. Arbeiten Sie heraus, wie sich die konstitutiven Unterschiede der oben genannten Handelssystemtypen auf die Konzeption und die Durchführung des Handelscontrolling auswirken können! (50 min. = 25 Punkte) b. Welche Maßgrößen würden Sie heranziehen, um Handelsmarken zu führen? Begründen Sie Ihre Entscheidung! (40 min. = 20 Punkte) c. Welche Probleme können in Filialsystemen und kooperierenden Gruppen des Handels auftreten, die die von Ihnen genannten Maßgrößen verwenden wollen? (30 min. = 15 Punkte)
6 Aufgabengruppe C: 1. Marketing-Management (2 Std. = 60 Punkte) Jochen Becker faßt Marktfeld-, Marktstimulierungs-, Marktparzellierungs- und Marktarealstrategien unter verbraucherorientierten Basisstrategien zusammen. a. Stellen Sie die Entscheidungen dar, vor denen ein bislang ausschließlich national tätiger Hersteller von Konsumgütern steht, der seine Unternehmensergebnisse im nationalen Markt nicht steigern kann! (30 min. = 15 Punkte) b. Arbeiten Sie die Zielsetzungen und die konkrete Strategiekombination dieses Herstellers für einen von Ihnen gewählten situativen Kontext heraus! Begründen Sie die einzelnen Entscheidungen! (70 min. = 35 Punkte) c. Erläutern Sie Gegenstand, Vorteile und Probleme des Lead Country Konzeptes! (20 min. = 10 Punkte) 2. Marketing-Rechts-Management, Marketing-Forschung, Käuferverhalten (2 Std. = 60 Punkte) Die EU-Richtlinie 97/55/EG sieht vor, daß vergleichende Werbung zulässig ist, wenn sie u.a. nicht irreführend ist, Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung vergleicht, objektiv eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften dieser Waren und Dienstleistungen vergleicht, zu denen auch der Preis gehören kann, keine Verwechslung auf dem Markt zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber verursacht, wenn durch sie weder die Marken eines Mitbewerbers herabgesetzt noch verunglimpft werden und wenn sie den Ruf einer Marke nicht in unlauterer Weise ausnutzt. Aufgabe: Gehen Sie zunächst darauf ein, welche konkreten Fragestellungen Gegenstand einer empirischen Untersuchung sein können, die zur Klärung der Zulässigkeit einer vergleichenden Werbung durchgeführt wird! Erläutern Sie anschließend an ausgewählten Beispielen, welches Untersuchungsdesign Sie entwickeln würden, um die zuvor angesprochenen Fragen zu beantworten! Berücksichtigen Sie bei Ihren Überlegungen Erkenntnisse aus der Theorie des Käuferverhaltens! Stellen Sie Ihren Ausführungen eine Gliederung voran! (120 min. = 60 Punkte)
7 Aufgabengruppe D: 1. Käuferverhalten, Marketing-Forschung, Marketing-Instrumente (2 Std. = 60 Pkte) Unter kooperativem Category Management versteht man die Planung und Steuerung von strategischen Sortimentseinheiten im Handel. Hersteller und Handel versuchen gemeinsam, durch Erhöhung des Kundennutzens das Marktpotential besser auszuschöpfen. a. Zeigen Sie Ansatzpunkte auf, um durch Category Management den Nutzen der Kunden in der Einkaufsstätte zu erhöhen! Begründen Sie Ihre Ausführungen mit Argumenten aus der Theorie des Käuferverhaltens! Verdeutlichen Sie Ihre Überlegungen am Beispiel der Lebensmittelbranche! (40 min. = 20 Punkte) b. Welche Instrumente der Primär- und Sekundärforschung würden Sie einsetzen, um Entscheidungen über die Restrukturierung von Warengruppen vorzubereiten? Begründen Sie Ihren Vorschlag! Diskutieren Sie dabei, inwieweit die Informationen aus Haushalts- und Handelspanels geeignet sind, Warengruppen im Sinne des Category Management Ansatzes zu restrukturieren! (40 min. = 20 Punkte) c. Arbeiten Sie heraus, wie sich die Restrukturierung von Warengruppen auf den Einsatz der Marketing-Instrumente von Herstellern und Händlern auswirken kann, die gemeinsam eine Category bewirtschaften! (40 min. = 20 Punkte) 2. Marketing-Rechts-Management (2 Std. = 60 Punkte) Marketing-Rechts-Probleme können (1) Ausgangspunkt und (2) Gegenstand der Strategieplanung sowie (3) antizipierte und (4) unvorhergesehene Konsequenzen der Strategiedurchführung sein. a. Zeigen Sie für jede Kategorie dieser Marketing-Rechts-Probleme Beispiele aus zwei Instrumentalbereichen des Konsumgütermarketing auf! (60 min. = 30 Punkte) b. Erläutern Sie an einem selbst gewählten Beispiel, wie die Zusammenarbeit von Juristen und Marketing-Experten bei der Planung und Durchführung einer Marketing-Strategie gestaltet werden kann! (30 min. = 15 Punkte) c. Welche Bedeutung haben EU-Richtlinien für die Gestaltung von Marketing- Maßnahmen? (30 min. = 15 Punkte)