Immobilien Research Spezial 14. Mai 2008 Makro Research Chancen der sektoralen Diversifizierung Bei der Performance der verschiedenen Immobiliensektoren sind Einflüsse globaler Konjunkturtrends zwar erkennbar. Allerdings unterscheiden sich die Reaktionen verschiedener Immobiliensektoren auf konjunkturelle Entwicklungen erheblich. Wesentliche Gründe für die unterschiedlichen Zyklen sind a) unterschiedliche Entwicklung relevanter Nachfragetreiber (etwa Konsum für Einzelhandel, Außenbeitrag für ) und b) sektorspezifische Angebotsreaktionen. In manchen Sektoren hat das Angebot gegenüber der Nachfrage einen eigenen Zyklus. Die Risiko-Rendite-Relationen unterscheiden sich nicht nur zwischen Sektoren, sondern auch zwischen Ländern. Durch Beimischung verschiedener Länder und Sektoren lässt sich das Risiko-Rendite-Profil eines Immobilienportfolios verbessern. 1. Welche Chancen bietet die sektorale Diversifizierung in -, Einzelhandels-, - oder Hotelimmobilien dem Immobilieninvestor? Diese Frage erhält gerade jetzt einen noch höheren Stellenwert, da sich eine Rezession in den USA abzeichnet und Unsicherheit darüber besteht, inwieweit sich die Weltwirtschaft davon abkoppeln kann. Auf den ersten Blick scheint die Gefahr zu drohen, dass der konjunkturelle Abschwung auch die Gewerbeimmobilienmärkte in Breite erfasst, da die Entwicklung aller Sektoren des Gewerbeimmobiliensektors stark von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung beeinflusst wird. Über diese gemeinsamen Schwankungen hinaus entwickeln sich jedoch auch sektorspezifische Schwankungen. Diese entstehen durch unterschiedliches Verhalten der Angebots- und Nachfrageseite. Die Performance von Einzelhandelsimmobilien etwa sollte abhängig sein von der Entwicklung des privaten Konsums. flächen profitieren von starken Außenhandelsströmen, daher stellen das weltweite BIP-Wachstum und die konjunkturelle Lage der jeweiligen Handelspartner eine wichtige Determinante dar. flächen werden umso stärker nachgefragt, desto stärker Unternehmen Beschäftigung im Dienstleistungssektor aufbauen. Dieses wiederum korreliert stark mit den Anlageinvestitionen. Abbildung 1 zeigt am Beispiel der USA, wie sich die Wachstumstreiber der wirtschaftlichen Entwicklung im Zeitverlauf verändern. Leisteten die Anlageinvestitionen zwischen 2003 bis 2007 noch positive Wachstumsbeiträge, so wurden sie bereits 2007 zu einer Belastung. Dafür gewann der Außenbeitrag 2007 an Bedeutung. Und obwohl unangefochten wichtigster Wachstumstreiber, zeigen sich auch im Beitrag der privaten Konsumausgaben im Zeitverlauf deutliche Bewegungen. Unterschiedliche makroökonomische Treiber verursachen also einen Teil der unterschiedlichen Performance der Immobiliensektoren. Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt. Eine Gewähr für ihre Richtigkeit kann aber nicht übernommen werden.
2 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 0.5-0.5-1.0 Abb. 1: USA - Bruttoinlandsprodukt Wachstumsbeiträge (yoy, in PP) 0.37 3.2 0.60 0.79 0.5 6 1.7 1.9 2.0 1.1 0.26 2.6 1.1 0.9-0.1 0.14 0.32 0.36 2.3 2.2 2.1 0.1-0.6 0.1-0.2-0.5-0.5-0.9-0.9-0.7-0.2-0.5-0.3-2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Privater Konsum Staatskonsum Ausrüstungsinvestitionen Vorratsinvestitionen Außenbeitrag Quelle: DekaBank 2. Auch auf der Angebotsseite unterscheiden sich die Immobiliensektoren zum Teil deutlich. Während das Flächenangebot in einigen Bereichen recht schnell auf Marktveränderungen reagiert, kommt es in anderen Bereichen aufgrund von Planung- und Baulags zu deutlich verzögerten Reaktionen. Untersuchungen zeigen, dass Flächenausweitungen im -, Hotel- und überregionalen Shoppingcenter-Sektor mit großem zeitlichen Nachlauf auf eine steigende Nachfrage stattfinden, während der sektor schneller reagiert. Abbildungen 2 und 3 zeigen die Immobilienzyklen verschiedener Sektoren in den USA und UK. Deutlich ist zum einen die gemeinsame Schwankung im Konjunkturzyklus zu erkennen, aber auch die teilweise Abkopplung einzelner Sektoren. So erholte sich der Einzelhandelssektor in den USA nach der Krise 2001 deutlich früher als die anderen Sektoren, und in UK war die Krise am markt Anfang des Jahrtausends deutlich prolongierter als im - und Einzelhandelssektor. 35 Abb. 2: Immobilienzyklen: USA 50 Abb.3: Immobilienzyklen: UK Total Return, in % 30 25 20 15 10 5 0-5 Einzelhandel -10 Hotel -15 1980 19831986 19891992 19951998 20012004 2007 Quellen : NCREIF, DekaBank Total Return in % 40 30 20 10 0-10 Retail -20 1980 1983 19861989 1992 1995 19982001 2004 2007 Quellen: IPD, DekaBank
3 Kasten 1: Market Total Returns versus Portfolio Total Return Zur Analyse von Gesamterträgen können entweder so genannte Market Total Returns verwendet werden oder aber Portfolio Total Returns. Market Total Returns beruhen auf den am Markt beobachteten Transaktionen. Für Europa ziehen wir die Angaben von PMA heran, da sie auf einer für alle Märkte vereinheitlichten Datenaufbereitungsmethode beruhen. Die Angaben zu Spitzenmieten und -renditen beziehen sich auf die in den jeweiligen Quartalen abgeschlossenen Verträge. Anders werden die Erträge von Portfolien gemessen. Diese beruhen auf den tatsächlichen Objektrenditen der in den Portfolien gehaltenen Immobilien. Diese sind zum einen durch länger laufende Mietverträge gekennzeichnet, zum anderen handelt es sich um Objekte unterschiedlicher, auch schlechterer Qualitätsklassen. Abb. 4 zeigt exemplarisch die Total Returns für UK, Central London (IPD) und London City. Der Gleichlauf fällt sofort ins Auge, charakteristisch ist auch die höhere Schwankung der Market Total Returns. In den USA ist der Zusammenhang etwas loser, aber dennoch deutlich zu erkennen. Aufgrund der zentralistischen Strukturen vieler europäischer Länder ist zudem die Korrelation zwischen den Erträgen in den Hauptstädten und den Landeswerten sehr ausgeprägt. Auch in dieser Hinsicht verhalten sich die Immobilienmärkte in den USA aufgrund ihrer dezentralen Struktur anders. 50 Abb. 4: Average vs. Prime Total Returns (London und UK) 4 Abb. 5: Portfolio vs. Market Total Returns (USA) 25 2 0-25 UK (IPD) London City (Prime) Central London (IPD) -50 1985 1990 1995 2000 2005 Quelle: IPD, PM A, DekaBank TWR OFF NCREIF OFF -2 Mrz 86 Mrz 91 Mrz 96 Mrz 01 Mrz 06 Quellen: NCREIF, TWR, DekaBank 3. Aufgrund der unterschiedlichen zyklischen Eigenschaften ist zu erwarten, dass die Renditebeziehungen zwischen den einzelnen Sektoren im Zeitverlauf nicht stabil sind, sondern schwanken. In den Schaubildern 6 und 7 haben wir rollierende 10-Jahres-Korrelationen zwischen Renditen des Einzelhandelssektors und den anderen Sektoren abgetragen. Deutlich erkennbar sind die im Zeitverlauf stark schwankenden Korrelationen zwischen dem Einzelhandel und anderen Nutzungsarten. Sowohl in den USA und UK sank die Korrelation zwischen Einzelhandel und um das Jahr 2000 auf Werte um 0, zeigt in den vergangenen Jahren aber wieder leicht nach oben.
4 1.2 1.0 0.8 0.6 0.2-0.2 Abb.6: Rollierende 10-Jahres- Korrelationen der Renditen, USA Retail vs. Retail vs. Retail vs. Hotel - 1990 1993 1996 1999 2002 2005 Quellen: NCREIF, DekaBank 1.0 0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.3 0.2 0.1 Abb. 7: Rollierende 10-Jahres- Korrelationen der Renditen, UK Retail vs. Retail vs. 1990 1993 1996 1999 2002 2005 Quellen: IPD, DekaBank 4. Die beschriebenen sektoralen Unterschiede führen zu unterschiedlichen Risiko-Rendite-Profilen der verschiedenen Sektoren. Abbildung 8 zeigt für die USA, dass in den letzten 10 Jahren der - und der Einzelhandelssektor ein günstigeres Rendite-Risiko-Profil aufwiesen als der Hotel-Sektor. Auch der sektor brachte im Durchschnitt eine niedrigere Performance als der Einzelhandels-Sektor bei gleichzeitig höherer Volatilität der Erträge. UK weist allgemein niedrigere Renditen und höhere Risikowerte auf. Dort zeigte sich in den letzten 10 Jahren der -Sektor als hochprofitabler Gewerbeimmobiliensektor, der Einzelhandels-Sektor wies wie in den USA eine günstigere Risiko-Rendite-Struktur auf als der sektor. Rendite Abb. 8: Rendite-Risiko-Matrix USA, 10 Jahre 14.0 Retail 13.5 13.0 12.5 12.0 Hotel 11.5 4.0 5.0 6.0 7.0 8.0 9.0 Quellen: NCREIF, DekaBank Risiko Rendite 12.6 12.4 12.2 12.0 11.8 11.6 11.4 Abb. 9: Rendite-Risiko-Matrix UK, 10 Jahre Retail 11.2 6.0 6.5 7.0 7.5 8.0 Quellen: IPD, DekaBank Risiko
5 5. Internationale und intersektorale Portfolio-Optimierung Die dargestellten Chance-Risiko-Profile können zur Konstruktion verbesserter Immobilien-Portfolien ausgenutzt werden. Da Länder, Märkte und Sektoren in den meisten Fällen nicht perfekt und in manchen Fällen sogar negativ korreliert sind, kann die Volatilität eines Gesamtportfolios systematisch verringert werden. Tabelle 1: Korrelationsmatrix zwischen US- und UK-Immobiliensektoren US Office US Hotel US Retail US Industrial UK Industrial UK Office UK Retail US Office 1 US Hotel 0.77 1 US Retail 6 9 1 US Industrial 0.94 0.73 0.14 1 UK Industrial 5 0.25 0.17 0.26 1 UK Office 7 3 9 0.65 0.83 1 UK Retail -0.13 0.24 4 7 0.89 0.58 1 Exemplarisch seien die Diversifikationseffekte wiederum am Beispiel von US-amerikanischen und britischen Immobilienmärkten dargestellt. Abb. 10a zeigt die so genannte Effizienzlinie eines reinen portfolios. Die Erträge und Korrelationen beruhen auf historischen Zehnjahresdurchschnitten. Durch einen Kombination von US-immobilien und immobilien in UK können alle Risiko-Rendite-Mischungen auf der roten Linie erreicht werden. Kombinationen mit einem hohen Anteil an britischen immobilien - gestrichelt dargestellt - sind allerdings wenig sinnvoll, da durch einen höheren Anteil von US-Immobilien das Portfolio sowohl weniger schwankt als auch höhere Renditen abwirft. Entscheidend ist: Obwohl UK sowohl schwächer rentiert als auch stärker schwankt als US, kann eine Beimischung zu einem US-portfolio das Risiko- Portfolio - wird mit ca. 30% UK-Anteil erreicht. Ertrag (%) 14 Abb. 10a: Effizienzlinie portfolio 100% USA / 0% UK 13 12 Minimum-Varianz-Portfolio: 70% USA 30% UK Ertragsprofil verbessern. Das Portfolio mit der geringsten Volatilität - das so genannte Minimum-Varianz- - Portfolio 0% USA / 100% UK 11 2 4 6 Risiko (%) 8 Durch sektorale Diversifikation lässt sich die Portfoliostruktur weiter verbessern. Abb. 10b zeigt die effizienten Risiko-Rendite-Relationen eine Portfolios, das -, Einzelhandels- und -Märkten in den USA und UK mischt. Hotelmärkte wurden vernachlässigt, da für UK keine vergleichbaren Daten verfügbar waren. Werden alle Sektoren und Länder kombiniert, können Portfolien auf der blauen Effizienzlinie realisiert werden. Durch die Mischung von US Einzelhandel, US und UK kann ein Portfolio konstruiert werden, das eine vergleichbare Rendite wie US aufweist (13,3%), aber mit einer Volatilität von 3,2% weniger schwankt als US Industrial (3,9%).
6 Ertrag (%) 14 13 Mischung aller Sektoren Abb 10b: Effizienzlinie Immobilienportfolio - Portfolio 12 11 2 4 6 Risiko (%) 8 Bei multinationalen Allokationsentscheidungen sind die Diversifikationseffekte noch größer. Abb. 11 zeigt die Effizienzlinie eines internationalen portfolios. Riskantester und renditeträchtigster Markt ist Südafrika, am niedrigsten schwankt und rentiert Portugal. Da Portugals märkte mit allen anderen Märkten stark negativ korreliert sind, lässt sich mit diesem Markt das Risiko des Gesamtportfolios drastisch reduzieren (Abb. 12). Selbst bei einer Portfoliorendite von z.b. 15% beträgt der Anteil von Portugal an der Gesamtallokation noch 17%. 20% Abb. 11: Effizienzlinie eines internationalen portfolios Anteil 100% Abb. 12: Ländergewichte je Portfoliorendite () Rendite 16% 12% 8% PT NL FR US UK SW IR SA 75% 50% 25% 4% 0% 0% 5% 10% 15% Risiko 0% 9% 11% 13% 15% 17% SA NL UK PT IR SW US Rendite 6. Fazit Die unterschiedlichen makroökonomischen Determinanten von Immobilienmärkten erzeugen teils ausgeprägte Unterschiede bei den Zyklen einzelner Immobiliensektoren. Länder, Märkte und Sektoren unterscheiden sich daher hinsichtlich ihrer Risiko-Rendite-Eigenschaften. Wie aus der Portfoliokonstruktion im Wertpapierbereich bekannt, kann auch bei Immobilien das Risiko eines Gesamtportfolios durch Mischung von Märkten und Sektoren gegenüber einzelnen Märkten deutlich verringert und das Risiko-Rendite-Verhältnis entsprechend den Investorenpräferenzen gesteuert werden. Dr. Claus Becher, Tel.: 069/7147-1137, E-Mail: claus.becher@dekabank.de Dr. Stefan Subroweit, Tel.: 069/7147-2304, E-Mail: stefan.subroweit@dekabank.de