2. Teil Der Tatbestand



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Transkript:

A. Allgemeines 2. Teil Der Tatbestand A. Allgemeines Ein Gesetz setzt sich immer aus Tatbestand und Rechtsfolge zusammen. Im Strafrecht besteht die Rechtsfolge aus der Strafe bzw. der Maßregel. Die Straftat ist ihrem Wesen nach Rechtsguts- und Pflichtverletzung. 1 Beim TB ist zwischen Handlungsunwert und Erfolgsunwert, s. RN 35, zu unterscheiden. Gegenstand des Handlungsunwerts ist bei den Fahrlässigkeitsdelikten, dass der Täter eine sorgfaltswidrige Handlung vornimmt, bei den Vorsatzdelikten ist es die auf den missbilligten Erfolg hin gesteuerte Handlung. 2 Der Unrechtsgehalt wird durch den Erfolgsunwert (bei Erfolgsdelikten, s. RN 35), und deren Handlungsunwert (die Art und Weise des Handlungsvollzugs) bestimmt. Der Schuldgehalt ergibt sich aus dem in der Tat zum Ausdruck kommenden Gesinnungsunwert, das ist die fehlerhafte Einstellung zu den Verhaltensnormen der Rechtsordnung und die mangelnde Rechtsgesinnung des Täters. Der Erfolgsunwert ist zb bei 211 die vorsätzliche Tötung, bei 222 die fahrlässige Tötung. Das Handlungsunrecht ist bei 211 zb in der Verwendung von gemeingefährlichen Mittel zu sehen. 3 Meist genügt aber eine beliebige Handlung, zb bei 212, 223, ohne dass ein besonderer Handlungsunwert vom TB vorausgesetzt wird. Der Besondere Teil des StGB (bzw. die Strafnebengesetze, zb 21 ff. VersammlG) enthält die eigentlichen Straftatbestände. Erfüllt der Täter einen TB, zb 212, ist aber noch nicht gesagt, dass er tatsächlich bestraft werden kann. Denkbar ist, dass sein Verhalten zb durch Notwehr, 32, gerechtfertigt oder dass er gemäß 35 entschuldigt ist. Auch können mehrere Personen zusammen eine Straftat begehen. Hier wird erkennbar, dass die oa Regelungen zu jedem einzelnen TB des BT gehören. Damit würde er aber unübersichtlich bzw. unnötige Wiederholungen wären erforderlich. Deswegen hat der Gesetzgeber einen Allgemeinen Teil geschaffen. Er enthält die allgemeinen Bestimmungen, die für jeden TB des BT (und der Strafnebengesetze) gelten. Sie sind quasi vor die Klammer 83 84 85 86 1 BGHSt 2, 364, 368. 2 SK-Rudolphi, Anh. zu 16 RN 9. 3 Wessels/Beulke, AT RN 15, s.a. Brodag, BT 9, 11, 25. 47

2. Teil Der Tatbestand gezogen: XYZA, XYZB, XYZC = X, Y, Z (A, B, C ). X, Y, Z stehen für allgemeine Bestimmungen und A, B, C für die des BT. Daraus folgt, dass Ausgangspunkt immer der TB des BT sein muss. So macht sich niemand wegen Versuchs oder Anstiftung strafbar, sondern nur wegen versuchten Totschlags oder wegen Anstiftung zum Totschlag. Die einzelnen TBe des Besonderen Teils sind nicht willkürlich zusammengestellt, ihnen liegt grds. ein ordnendes Prinzip zugrunde. So hat der Gesetzgeber die Delikte, die ein einheitliches Rechtsgut schützen, in Abschnitte zusammengefasst, zb Straftaten gegen das Leben usw., da Grundlage für die Bildung eines strafrechtlichen TBs ein zu schützendes Rechtsgut ist. B. Tatbestandsmerkmale 87 88 Ausgang der strafrechtlichen Betrachtung ist eine Handlung, die einen gesetzlichen TB erfüllt. Das Verhalten muss also tatbestandsmäßig sein, dh es muss mit der deliktstypischen Umschreibung des gesetzlichen TBs übereinstimmen. Verhalten: A reißt eine Zaunlatte aus Bs Zaun. TB 303: Wer eine fremde Sache beschädigt, begeht eine Sachbeschädigung. Entsprechen sich also Verhalten und TB, begeht der Täter in der Regel Unrecht, da das Gesetz eine verbotene Verhaltensweise enthält. Nur in Ausnahmefällen (das kommt in dem Satz die Tatbestandsmäßigkeit indiziert die Rechtswidrigkeit, s. RN 249, zum Ausdruck; Ausnahme sog. offene Tatbestände wie die Nötigung, 240, s. Brodag, BT 11, 78) darf tatbestandsmäßig gehandelt werden, wenn nämlich ein Ausnahmetatbestand, ein Erlaubnistatbestand (Rechtfertigungsgründe), greift. Das Unwerturteil setzt somit ein tatbestandsmäßiges und rechtswidriges Verhalten voraus (Unrecht: tatbestandsmäßiges und rechtswidriges Verhalten). Es ist zwischen TB iws und ies zu unterscheiden. Tatbestand iws ist der Inbegriff aller Voraussetzungen der Strafbarkeit. Hierzu zählen die Tatbestandsmäßigkeit, die Rechtswidrigkeit, RN 170 ff., und die Schuld, RN 283 ff., sowie die objektiven Bedingungen der Strafbarkeit, RN 298. Nicht aber zb der Strafantrag, die Verjährung, da es sich um prozessuale Erfordernisse handelt. 4 Der Begriff hat für die Garantiefunktion des Strafgesetzes Bedeutung, RN 48 ff. Der Tatbestand ies bezeichnet den Unrechtstatbestand. Er bezieht sich auf die Merkmale, die dem jeweiligen Delikt das individuelle Gepräge verleihen und seinen typischen Unrechtsgehalt charakterisieren. 5 4 S. Brodag, StPO RN 11. 5 Wessels/Beulke, AT RN 118. 48

B. Tatbestandsmerkmale Er umfasst somit alle die Merkmale der Strafbestimmung, die das Unrecht begründen (Grundtatbestand), erhöhen (Qualifizierungen) oder mindern (Privilegierungen). Er trennt das tatbestandslose (irrelevante) Verhalten vom tatbestandsmäßigen (Auslesefunktion des TBs ies). 6 Dagegen umfasst der Gesamtunrechtstatbestand alle unrechtsbegründenden und -ausschließenden Merkmale, somit auch die der Rechtswidrigkeit, nicht aber die der Schuld und der objektiven Bedingungen der Strafbarkeit. Er beschreibt die Grenzen von Recht und Unrecht. 7 Daraus folgt der dreistufige Deliktsaufbau: Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit und Schuld. Der Begriff Gesamtunrechtstatbestand stützt sich auf die Lehre von den negativen TBMen, die die Voraussetzungen von Rechtfertigungsgründen als negative TBMe zum TB zählen (s. eingeschränkte Schuldtheorie, RN 138 ff.). Er führt zu einem zweistufigen Aufbau, Gleiches gilt, wenn man das Unrecht als Oberbegriff von Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit auffasst). 8 Der TB (ies) setzt sich aus den TBMen zusammen. Alle Merkmale muss der Täter erfüllen. Fehlt auch nur eines, entfällt der TB. Eine weitere strafrechtliche Erörterung erübrigt sich. Zu unterscheiden sind objektive und subjektive TBMe. Objektive sind äußerliche Tatbestandsmerkmale, subjektive sind solche, die sich auf das Innere des Täters beziehen. Sie sind dem psychisch-seelischen Bereich und der Vorstellungswelt des Täters zuzurechnen. Es handelt sich um solche Merkmale, die den Handlungsunwert (zb 242 Zueignungsabsicht ) der Tat und die besondere Art und Weise der Verletzungs- bzw. Gefährdungshandlung (zb 211 Mordlust, Befriedigung des Geschlechtstriebs ) näher kennzeichnen. 9 Aus der Überlegung, dass der Gesetzgeber zwischen Fahrlässigkeits- und Vorsatzdelikten insofern differenziert, als die Strafandrohung bei Vorsatzdelikten erheblich höher ist, ist zu folgern, dass der Vorsatz nicht allein das Tatunrecht skizziert, sondern auch das Maß der Schuld. Hieraus ist zu schließen, dass der Vorsatz eine Doppelfunktion hat, nämlich einmal als subjektives TBM den Tatbestandsverwirklichungswillen und als Schuldelement die mangelnde Einstellung zum Recht (Gesinnungsunwert), 10 zb 242: objektive TBM: fremd, beweglich, Sache, Wegnahme; subjektive: Vorsatz, s. 89 6 Wessels/Beulke, AT RN 118. 7 Wessels/Beulke, AT RN 123. 8 S. eingehender Sch/Sch-Lenckner/Eisele, Vorbem 13 ff. RN 15 ff. 9 Wessels/Beulke, AT RN 136. Ob diese Merkmale sich auf das Unrecht oder die Schuld beziehen, ist im Rahmen der einzelnen TBe umstritten, s. zb Brodag, BT 9, 11ff. zu den Mordmerkmalen, s. weiter RN 276. 10 Zu dem gleichen Ergebnis kommt die soziale Handlungslehre. Dagegen sieht die kausale Handlungslehre den Vorsatz als Schuldelement, s. RN 275. 49

2. Teil Der Tatbestand 90 RN 45, Zueignungsabsicht (die Rechtswidrigkeit der Zueignung ist dagegen objektives 11 Merkmal). Zu beachten ist aber, dass auch objektive TBM eine subjektive Komponente aufweisen können, das ist zb beim Gewahrsam(-sbruch), 12 242 und dem Irrtum, 13 263, der Fall. Zu unterscheiden sind auch deskriptive, das sind sinnlich wahrnehmbare, und normative 14 Tatbestandsmerkmale, das sind diejenigen, die nur mittels Wertungen beschrieben werden können, zb 242: beweglich, Sache sind deskriptive TBM, weil man sie sinnlich erfassen kann, dagegen ist fremd ein normatives Merkmal, weil es nur ermittelt werden kann, wenn man auf Vorschriften des BGB, zb 903, 929ff. BGB, zurückgreift. 15 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass auch bei deskriptiven TBM bestimmte Wertungen erforderlich sein können, zb die Frage, ob ein Tier eine Sache isd 242, 303 ist, ist nur unter Einbeziehung der 90, 90a BGB zu klären. C. Kausalität Fälle 4 Pollewitzer überfährt Marta. Sie erleidet einen Schädelbasisbruch. Nach einer Woche kann sie bereits Brühe zu sich nehmen, die die Krankenschwester Elli ihr einflößt. Krankheitsbedingt gelangt Brühe in Martas Lunge. Dies verursacht eine Lungenentzündung, an der Marta verstirbt (Fall nach OLG Stuttgart, NJW 1982, 295). 5 Fall wie 4, nur auf dem Weg zum Krankenhaus verschuldet der Fahrer des Krankenwagens einen Unfall, an dessen Folgen Marta verstirbt. 6 Karl vergiftet Franz. Noch ehe das Gift seine tödliche Wirkung entfalten kann, wird F von Ludwig erstochen. 7 Paul erschießt zwei Menschen und verletzt einen dritten. Erwin gibt dem Verletzten V den Todesschuss (Fall nach BGH, MDR/D 1956, 526). 91 Bei den Erfolgsdelikten, s. RN 35, muss zwischen Handlung und Erfolg ein Ursachenzusammenhang (Kausalität) bestehen. Die Kausalität ist im Strafgesetzbuch nicht definiert, was hierunter zu verstehen ist, ist Rechtsprechung und Wissenschaft überlassen. Im Strafrecht wird überwiegend eine natur- 11 S. weiter Brodag, BT 12, 50. 12 S. Brodag, BT 12, 32. 13 S. Brodag, BT 15, 9. 14 S. Engisch, S. 109ff. 15 S. Brodag, BT 12, 9 ff. 50

C. Kausalität wissenschaftliche 16 Kausalität 17 vertreten (Bedingungs- oder Äquivalenztheorie conditio sine qua non ): 18 Ursächlich ist jede Bedingung, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. Schießt zb A den B ins Herz, B stirbt, gilt, hätte A den B nicht in das Herz geschossen, wäre B nicht gestorben. Bei diesem Beispiel ist die Kausalität unproblematisch, deswegen wird sie in einer Klausur nicht geprüft, s.fn 455. Im Fall 6 handelt es sich um einen Fall der überholenden Kausalität, das Gift hat den Tod nicht bewirkt. Somit hat sich K wegen versuchten (s. auch 224 I Nr. 1), F dagegen wegen vollendeten Totschlags strafbar gemacht. Dass im Fall 6 F ohnehin kurze Zeit später verstorben wäre, spielt keine Rolle, da Reserveursachen unberücksichtigt bleiben. Da immer auf den konkreten Erfolg abzustellen ist, das Opfer wäre nicht zu dieser Zeit, nicht in dieser Form gestorben. Hypothetische Kausalverläufe werden also nicht berücksichtigt. Ein Fall kumulativer Kausalität liegt vor, wenn sowohl A als auch B unabhängig voneinander C Gift in das Essen mischen, jede Menge für sich aber nicht ausreicht, den Tod zu bewirken. Beide haben sich grds. wegen vollendeten Totschlags strafbar gemacht. In diesen Fällen gilt: Ursächlich ist jede Bedingung, die zwar alternativ, nicht aber kumulativ hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. Zwischen Haupt- und Nebenursachen wird nicht entschieden. 19 Gleiches gilt, wenn jede Menge Gift für sich ausgereicht hätte 20 (Doppelkausalität). Beides sind hier Fälle der Nebentäterschaft, s. RN 333 f. Auch ein Fall der Doppelkausalität liegt vor, 92 93 94 16 ZT auch nur als Zurechnungskriterium gesehen. Dass es sich um eine naturwissenschaftliche Kausalität handele, wird teilweise bestritten, s. Dölling/Duttge/Rössner-M.Heinrich, Vor zu 13 RN 6. Diese Kausalität ist ein erster Einstieg, da sie einerseits zu weit gefasst, also kaum begrenzt, zt aber auch Schwierigkeiten bereitet, wenn die Ursache nicht zweifelsfrei nachzuweisen ist, wie das zb im medizinischen Bereich (Contergan-Fall) häufiger vorkommt. Die Lehre von der objektiven Zurechnung begrenzt den Zurechnungszusammenhang weiter, s. RN 97. 17 Im Zivilrecht wird überwiegend die Adäquanztheorie (im Strafrecht eine MM) vertreten, danach ist ursächlich jede Bedingung, die generell geeignet (dh atypische Geschehensabläufe werden ausgeschieden) ist, den Erfolg herbeizuführen. Dies ist aber eine wertende Entscheidung und damit ein Problem der Zurechnung. Daneben wird im Strafrecht auch die Relevanztheorie vertreten (s. Wessels/Beulke, AT RN 172). Hier wird zwischen Kausalität (hier Äquivalenztheorie) und Erfolgszurechnung unterschieden. Konsequent ist dieser Gedanke bei der objektiven Zurechnung durchgeführt, s. RN 97ff. Ohne ein anderes Ergebnis als die Äquivalenztheorie zu erzielen, geht die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung davon aus, dass ein Verhalten (jede Bedingung wird gleichwertig betrachtet) dann Ursache eines Erfolges ist, wenn dieser Erfolg mit diesem Verhalten durch eine Reihe von Veränderungen (in der Außenwelt) gesetzmäßig (physikalisch) verbunden ist, s. Sch/Sch-Lenckner/Eisele, Vorbem 13ff. RN 75. 18 BGHSt 1, 332, 333. 19 Dölling-Duttge-Rössner/M.Heinrich, Vor 13 RN 13. 20 BGH, NStZ 1993, 386. 51

2. Teil Der Tatbestand 95 96 wenn zb der Täter zwei tödliche Schüsse in einem zeitlichen Abstand abgibt, aber nur den ersten mit Tötungsvorsatz. Er erfüllt dann die TBe der 212 (211), 222. 222 tritt aber hinter 212 zurück. 21 Es gilt der Grundsatz in dubio pro reo, schießen A und B unabhängig auf C und sind beide Schüsse tödlich, aber es ist nicht festzustellen, wer den ersten tödlichen Schuss abgegeben hat, können beide nur wegen versuchten Totschlags bestraft werden. Atypische Geschehensabläufe werden erst bei der objektiven Zurechnung, s. RN 98, berücksichtigt, zb A schlägt B leicht auf den Kopf, dessen Schädeldecke bricht, weil er eine zu dünne Schädeldecke hat. Er verstirbt. Die Opfersituation, zb Bluterkrankheit, entlastet nicht. 22 Das Eingreifen Dritter oder des Verletzten in den Kausalverlauf ist unerheblich, soweit die früher gesetzte Folge fortwirkt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Dritte an die vorhergehende Bedingung anknüpft. So ist im Fall 7 auch Paul ursächlich für den Tod des V geworden, weil Anknüpfungspunkt für Erwins Tat Pauls Verhalten war, ohne dies hätte Erwin nicht geschossen. Die früher gesetzte Folge wirkte also fort. 23 Auch im Fall 4 liegt Kausalität vor. Hätte P die M nicht überfahren, wäre sie nicht in das Krankenhaus gekommen, wäre keine Brühe in ihre Lunge gelangt und wäre sie nicht an einer Lungenentzündung verstorben. Gleiches gilt für Fall 5, s. aber RN 98, denn jede Bedingung wird gleichwertig (äquivalent) berücksichtigt. Eine Unterbrechung des Kausalverlaufs bzw. ein Regressverbot greift nicht. 24 D. Objektive Zurechnung Fälle 8 Vater V wirft sein Kind K aus einem brennenden Haus, um es vor dem sicheren Flammentod zu retten. K. wird verletzt, womit V rechnete (Flammentodfall nach BGH, JZ 1973, 173). 9 Paul fährt im fahruntüchtigen Zustand. An einer Kreuzung verletzt er einen Fahrradfahrer, weil dieser die Vorfahrt missachtet. Es lässt sich nicht mehr feststellen, ob P im fahrtüchtigen Zustand den Unfall hätte vermeiden können. 21 BGH, NStZ 1993, 386. 22 BGHSt 14, 52. 23 S. a. BGH, NStZ 2001, 29 Pflegemutterfall sowie BGH, NJW 1971, 152 Rötzelfall, und Brodag, BT 10, 51. 24 S. zb OLG Stuttgart, NStZ 1997, 190: Vermieter beseitigt nicht Renovierungsabfälle, Brandstifter benutzt diese für Brandstiftung. Das Gericht nimmt Kausalität an, verneint aber die Pflichtwidrigkeit, weil es sich um ein sozial-adäquates Verhalten handele. Eine Unterbrechung des Kausalverlaufs könnte in diesem Fall angenommen werden, weil vorsätzliches Verhalten eine neue Kausalkette hervorruft soweit dieses nicht an den Gefahren verursachenden TB anknüpft wie im Fall 7, s.a. RN 96. 52

D. Objektive Zurechnung 10 Brinks kocht Stechapfeltee und bietet ihn Müller an, der die Wirkung kennt. M kommt ums Leben, weil er zu viel davon trinkt und deswegen auf dem Heimweg in einem Bach ertrinkt (Fall nach BGH, NStZ 1985, 25). 11 Im Rahmen einer Wehrtauglichkeitsuntersuchung unterlässt es der Arzt Maier, den Rekruten R zu untersuchen, weil er Feierabend hat. Sechs Monate darauf erkrankt R an einer Gelbsucht, die er schon bei seiner Musterung hatte. Hätte M. ihn untersucht, wäre seine Infektion festgestellt worden. Sie hätte sofort behandelt werden können und wäre weniger intensiv verlaufen ( Hepatitisfall nach BGH, JR 2004, 33). Die Äquivalenztheorie vermag die Haftung nicht ausreichend zu begrenzen, wie zb Fall 8 zeigt, V hat ursächlich im Hinblick Körperverletzung gehandelt. Auch Gesichtspunkte wie Vorhersehbarkeit, s. RN 129 f., oder Rettungswille vermögen das nicht immer. Diese notwendige Korrektur kann über die objektive Zurechnung 25 erreicht werden. Man spricht von objektiver Zurechnung, weil sie bereits beim objektiven TB geprüft wird. Wird bei der Frage der Kausalität von der Handlung zum Erfolg gedacht, so wird bei der objektiven Zurechnung vom Erfolg zur Handlung zurückgedacht, um anhand normativer Kriterien wertend zu ermitteln, ob der Erfolg tatsächlich das Werk des Täters ist, er ihm wirklich zuzurechnen ist. 26 Die Kausalität ist also notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung der Zurechnung des Erfolges. Objektiv zurechenbar ist ein Erfolg, wenn der Täter eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen hat, die sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert. 27 Folgende Gesichtspunkte sind bei der Zurechnung zu berücksichtigen (die einzelnen Kriterien lassen sich nicht scharf gegeneinander abgrenzen, da sie sich teilweise überschneiden; da das Ergebnis das Gleiche ist, ist das auch nicht erforderlich): 1. Atypische Schadensverläufe und Geschehensabläufe, die außerhalb der menschlichen Erfahrung liegen (weil das Risiko, das der Täter geschaffen hat, sich nicht verwirklicht hat), 28 zb Fall 5, s. RN 96. 2. Atypische Geschehen außerhalb des menschlichen Beherrschungsvermögens, 29 zb jemanden zu einer Skifahrt überreden, in der Hoffnung, er werde von einer Lawine getötet, was auch geschieht (zu berücksichtigen ist aber, ob nicht eine Haftung aus anderen Gesichtspunkten erfolgen kann, nämlich, ob der Täter über überlegenes Wissen verfügt, zb konkrete 97 98 25 Der BGH erkennt diesen Gesichtspunkt an, s. BGHSt 11, 1, 3, prüft ihn aber fälschlich als Problem der Kausalität; s. auch Brodag, BT 10, 51f. 26 Wessels/Beulke, AT RN 154. 27 Wessels/Beulke, AT RN 179. 28 Offen gelassen in BGHSt 1, 332, 334; Wessels/Beulke, AT RN 196. 29 Wessels/Beulke, AT RN 183. 53

2. Teil Der Tatbestand Lawinengefahr in diesem Gebiet) oder jemanden überreden bei Gewitter spazieren zu gehen, damit der Blitz ihn treffe. 3. Der Erfolg darf nicht außerhalb des Schutzbereichs der Norm liegen. Das Verbot, zb die Geschwindigkeit nicht zu überschreiten, soll nicht davor schützen, zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht an einem bestimmten Ort zu sein, anders bei Eintritt in die kritische Phase, 30 in dieser soll zb ein Fußgänger dann abschätzen können, ob er es noch schafft, die Fahrbahn zu überqueren; oder, im Fall 11 soll die Untersuchung verhindern, dass andere Soldaten, die mit R in Berührung kommen, nicht infiziert werden bzw. dass er durch seinen Dienst selbst keinen Schaden erleidet. Sie dient aber nicht dazu, dass Krankheiten, die ausschließlich ihn berühren, weniger intensiv verlaufen. Somit liegt keine fahrlässige Körperverletzung vor (die Gesundheitsschädigung wäre in der Intensivierung der Krankheit zu sehen). 4. Der Rechtswidrigkeits- oder Pflichtwidrigkeitszusammenhang besagt, dass der Erfolg (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) auf dem Sorgfaltspflichtverstoß beruhen muss 31 (somit gilt nicht die versari in re illicita, dh dass derjenige, der etwas Verbotenes tut, für alles daraus Entstehende haften müsse). Dieser Grundsatz spielt insbesondere bei den Fahrlässigkeitsdelikten eine Rolle. Er bedeutet, dass sich das Risiko, das durch das sorgfaltswidrige Verhalten des Täters entstanden ist, auch im Erfolg niederschlagen muss. Das ist nicht der Fall, wenn der Erfolg auch bei pflichtgemäßen Alternativverhalten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten wäre. So im Fall 9, da der Grundsatz in dubio pro reo anzuwenden ist und deswegen für P. die günstigere Situation angenommen werden muss. Diese Einschränkung folgt aus dem Gesichtspunkt, dass der Normbefehl bei Fahrlässigkeitsdelikten nicht lautet vermeide den Erfolg, sondern vermeide den Erfolg durch pflichtgemäßes Verhalten. Die Risikoerhöhungslehre 32 kommt dagegen zu einem anderen Ergebnis. Sie prüft, ob die Verletzung der Sorgfaltspflicht eine gegenüber der normalen Gefahr erheblich gesteigerte Gefährdung des Schutzguts herbeigeführt, das Risiko des Erfolgseintritts sich also gegenüber dem erlaubten Risiko deutlich erhöht hat. 33 Im Fall 9 hat das Täterverhalten das Risiko für einen Schadenseintritt erhöht, somit ist der Erfolg Paul zuzurechnen. Diese Lehre schränkt den Grundsatz in dubio pro reo stark ein und deutet die Verletzungsdelikte contra legem in Gefährdungsdelikte um und ist von daher abzulehnen. 30 BGH, MDR 1985, 157. 31 BGHSt 11, 1, 3. 32 Begründet von Roxin, ZStW 74 [1962], 411 33 Fischer, Vor 13 RN 26. 54

D. Objektive Zurechnung 5. Im Rahmen der Risikoverringerung wirkt ein Dritter am Erfolg dergestalt mit, dass ein schwerer Schaden (Erfolg), dem ein Rechtsgut bereits droht, abgemildert wird, zb A will B mit einem Knüppel auf den Kopf schlagen, C fällt A in den Arm, sodass B nur an der Schulter getroffen wird, 34 im Fall 8, str., s.u. In diesen Fällen entfällt der TB aber nur, wenn Wirkungen Dritter bzw. Schadensereignisse nur abgeschwächt werden, nicht dagegen, wenn dadurch eine eigenständige andersgeartete Gefahr begründet wird, 35 zb Fall 8 nicht die Auswirkungen des Feuers werden gemindert, sondern eine neue Gefahr wird durch den Wurf verursacht. In diesen Fällen wäre zb auf 34 oder mutmaßliche Einwilligung abzustellen. 36 Im Einzelnen ist auch hier Vieles eine Wertungsfrage. 6. Allgemeines Lebensrisiko und erlaubtes Risiko. Das Leben in einer Gesellschaft ist nicht risikofrei. Geht eine Gefährdung nicht darüber hinaus, ist eine Zurechnung zu verneinen. Ist jemand erkältet, so bewegt er sich im Rahmen des erlaubten Risikos, wenn andere angesteckt werden, eine Körperverletzung entfällt, anders dagegen, wenn er sich an einer lebensgefährlichen hochinfektiösen Krankheit infiziert hätte. 37 Hierunter kann man auch die Unbeherrschbarkeit von Kausalverläufen fassen. 7. Prinzip der Eigenverantwortung. Jeder Mensch ist grds. für sich selbst verantwortlich. Erst dann, wenn jemand nicht für sich einstehen kann, wächst Verantwortung anderen zu. Bedeutung hat dies Prinzip im Rahmen von Selbstgefährdungen wie zb bei dem Konsum von BtM. Ist die Selbstgefährdung die Folge eines bewussten, eigenverantwortlich gewollten und verwirklichten Handelns, trägt jeder selbst die Verantwortung, Fall 10. Es sei denn, der Dritte verfügt über überlegenes Wissen. So im Fall 10, wenn Müller sich mit den Wirkungen nicht auskennt. Die Anforderungen, die an die Eigenverantwortlichkeit zu stellen sind, bestimmt sich nach den Regeln der Einwilligung, 38 str. Die Gegenauffassung bestimmt sie nach den Regeln der Exkulpation, dh sie entfällt, wenn ein Fall der 20, 35 oder 3 JGG vorliegt. So erfolgt auch keine Zurechnung is 222 bei einem offensichtlich unvernünftigen Rettungsversuchs eines Feuermanns, bei dem dieser einen tödlichen Unfall erleidet. 39 Hiervon zu unterscheiden ist die einverständliche Fremdgefährdung. In die- 34 Wessels/Beulke, AT RN 193. 35 Dölling/Duttge/Rössner-M.Heinrich, Vor zu 13 RN 95. 36 Dölling/Duttge/Rössner-M.Heinrich, Vor zu 13 RN 95. 37 S. im Einzelnen Dölling/Duttge/Rössner-M.Heinrich, Vor zu 13 RN 103ff. 38 Wessels/Beulke, AT RN 189, mit dem Hinweis auf 216, wenn Gegenstand der Selbstgefährdung das Leben ist. 39 OLG Stuttgart, NStZ 2009, 331, 332 mit krit. Anm. Puppe, NStZ 2009, 333. 55

2. Teil Der Tatbestand sem Fall beherrscht nicht das Opfer die Situation, sondern ein Dritter, zb der ungeschützte Verkehr mit einem Aids infizierten, 40 oder Teilnahme an einem illegalen Autorennen, s.a. RN 239. Hier handelt es sich aber um Fragen der Rechtswidrigkeit und Einwilligung. 41 Im Einzelnen ist Vieles str. Bei Fahrlässigkeitsdelikten erfolgt die Abgrenzung zwischen Selbstund einverständlicher Fremdgefährdung nach der Tatherrschaft, dh nach der Herrschaft über den Geschehensablauf, und zwar nach der tatsächlichen Situation beim Schadenseintritt, zb hat im Rahmen eines illegalen Straßenrennens diese der Fahrer, setzt er zu einem gefährlichen Überholvorgang an, bei dem es zu einem Unfall mit tödlichem Ausgang für den Beifahrer kommt. 42 8. Eigenverantwortliches Dazwischentreten Dritter. In diesen Fällen greift ein Dritter fahrlässig oder vorsätzlich in ein Geschehen ein. Da kein Regressverbot besteht, s. RN 91, muss auch hier geprüft werden, welche Gefahr sich im Erfolg (allein) realisiert hat. Die Verantwortung für die Erstursache endet, wenn ein Dritter voll verantwortlich eine neue selbstständige Ursache setzt, zb Fall 5, anders dagegen im Fall 7, s. hierzu RN 96. E. Das vorsätzliche Begehungsdelikt Fälle 12 Schlotterbeck und Pollewitzer begehen gemeinsam einen Diebstahl. Nachdem sie reichlich Beute gemacht haben, teilen sie diese zu Hause. Sch erzählt nunmehr P, dass er eine Schusswaffe mitgenommen habe. P entgegnet, dass das richtig gewesen sei, er hätte auch so gehandelt. 13 Hinz geht auf Brinks zu, um ihn um Feuer zu bitten. Plötzlich fliegt H eine Mücke ins Auge, er macht eine hastige Bewegung. B glaubt, H greife ihn an und schlägt ihn nieder. 14 Wie 13, doch greift H B tatsächlich an. B schlägt ihn nieder. Prügelt aber weiter auf ihn ein, um ihm klarzumachen, dass man anständige Bürger nicht überfällt. Er glaubt, dies sei zulässig. 15 Marta will Elli erwürgen. Als sie annimmt, E sei tot, wirft sie E in eine Jauchegrube. Erst hierdurch wird E getötet (Fall nach BGHSt 14, 193). 40 S. hierzu Brodag, BT 10, 12. Fraglich ist, ob sich diese Fälle tatsächlich abgrenzen lassen, denn lässt sich zb das Opfer Heroin von einem Dritten spritzen, ist es dem Dritten nicht völlig ausgeliefert, es kann immer noch Einfluss auf das Geschehen nehmen. 41 Steht die Fremdgefährdung unter allen relevanten Aspekten der Selbstgefährdung gleich, soll bereits der TB entfallen, str., s. zb Geppert, Jura 2001, 490, z. T. sollen diese Fälle zumindest gleich behandelt werden, s. zb Wessels/Beulke, AT RN 191. S. a. beispielhaft OLG Zweibrücken, NStZ 1995, 89; BayObLG NJW 1996, 3426; BayObLG JZ, 521 m. Anm. Otto. 42 BGH, NStZ 2009, 148; s. a. die Anm. Duttge, NStZ 2009, 690. 56