hmm-newsletter 8 (vom 1.09.2015)



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hmm-newsletter 8 (vom 1.09.2015) KRANKENHAUSHYGIENE PROBLEMKEIME UND BARRIEREMASSNAHMEN Michael Berktold, Sektion HMM, Hygieneteam Landeskrankenhaus Innsbruck/ Universitätskliniken michael.berktold@i-med.ac.at FACT BOX Die wichtigsten krankenhaushygienischen Problemkeime sind multiresistente Erreger (MRE). Um die Verbreitung zu verhindern sind spezielle Hygienemaßnahmen erforderlich (Isolation) Die wichtigsten MRE sind MRSA, VRE, ESBL und CRE Noroviren und Rotaviren sind neben MRE wichtige krankenhaushygienische Problemkeime. verfasst von: Dr. M.V. Mango, Dr. Katharina Grif, Dr. Dorothea Orth-Höller Seite 1 von Seite 8 1 von 5 freigegeben von: Univ.Prof.Dr.C. Lass-Flörl, Direktorin

1. Einleitung Multiresistente Erreger spielen krankenhaushygienisch eine übergeordnete Rolle und stellen derzeit ein zunehmendes Problem für das Gesundheitswesen dar. Waren früher grampositive Problemkeime (allen voran Methicillin-resistente Staphylococcus aureus, MRSA) von entscheidender Bedeutung, hat sich das Problem heute auf den gram-negativen Bereich ausgeweitet. Besonders gefürchtet sind Enterobakterien mit Resistenz gegenüber Carbapenem-Antibiotika (sog. CRE). Aufgrund der Brisanz der aktuellen Situation sollen in diesem Newsletter die wichtigsten multiresistenten Erreger vorgestellt werden. Weiters soll auch auf andere krankenhaushygienisch wichtige Erreger eingegangen werden, welche besondere Herausforderungen für die Krankenhaushygiene darstellen. 2. Die wichtigsten krankenhaushygienischen Problemkeime im Überblick Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) MRSA ist schon lange als Problemkeim in Krankenhäusern bekannt. Unterschieden werden kann MRSA anhand der Epidemiologie in sogenannte hospital-acquired MRSA (hamrsa) und community-acquired MRSA (camrsa). Ein hamrsa liegt in der Regel vor, wenn folgende epidemiologische Kriterien erfüllt sind: Identifizierung des Keimes nach mindestens 48 Stunden Hospitalisierung; Patienten-Anamnese mit Hospitalisierung, chirurgischem Eingriff, Dialyse, Pflegeheim; Patient ist Träger eines Katheters oder anderen Fremdkörpers; bekannter MRSA-Trägerstatus. In den letzten Jahren erschien vermehrt der sogenannte camrsa auf der Bildfläche, welcher sich vor allem in der nicht-hospitalisierten Bevölkerung verbreitet und in vielen Fällen das Panton-Valentine Leukozidin (PVL)-Toxin exprimiert und dadurch in vielen Fällen schwere Haut- und Weichteilinfektionen verursacht 1. In Tirol sind etwa 5% aller MRSA auch PVL-positiv 2. Ebenfalls zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang der sogenannte livestock-associated MRSA (lamrsa), welcher vor allem bei Menschen eine Rolle spielt welche häufig Umgang mit Nutztieren wie beispielsweise Schweinen haben 3. Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) Die Glykopeptidantibiotika Vancomycin und Teicoplanin sind sehr wirkungsvolle Medikamente gegen grampositive Erreger. Speziell bei Enterococcus faecium, welcher von Seite 2 von 8

sich aus schon sehr resistent gegen viele Antibiotika ist, waren Glykopeptide immer eine gute Therapieoption. Leider häufen sich in den letzten Jahren vermehrt Enterokokken mit Resistenzen gegen diese Wirkstoffe. Vermittelt werden diese Resistenzen in den meisten Fällen durch die Gene vana oder vanb. In seltenen Fällen sind auch andere Varianten möglich. Eine Konsensus-Empfehlung des Landes Baden-Württemberg aus dem Jahre 2006 empfiehlt für Patient/innen mit VRE-Nachweis immer die Einzelisolation 4. Entsprechend den Empfehlungen des Center of Disease Control and Prevention (CDC) von 2007 sind Kontaktisolationsmaßnahmen ausreichend 5. Am vernünftigsten erscheint es, das Ausmaß der Isolationsmaßnahmen vom Streupotential des/der entsprechenden Patient/in abhängig zu machen. Linezolid-Resistenz bei Staphylokokken und Enterokokken Ähnlich den Glykopeptidantibiotika zählt auch das Oxazolidinon Linezolid zu den potentesten Antibiotika gegen grampositive Erreger. Auch bei multiresistenten Erregern wie MRSA oder VRE stellt Linezolid häufig noch eine Therapieoption dar. In den vergangenen Jahren sind jedoch speziell bei Staphylokokken und auch bei Enterokokken Stämme mit Resistenz gegenüber Linezolid aufgefallen. Dieses Phänomen ist relativ neu, sodass es kaum krankenhaushygienische Richtlinien hierzu gibt. Sinnvoll erscheint es bei den Enterokokken aufgrund des gleichen Reservoirs und der gleichen Übertragungswege die Maßnahmen für VRE heranzuziehen. Linezolid-resistente Staphylokokken stellen eine größere Herausforderung dar, da es sich bei den meistens betroffenen koagulase-negativen Staphylokokken (KNS) um Hautkeime handelt, welche ubiquitär vorhanden sind. Hier gestaltet sich die krankenhaushygienische Seite also noch schwierig, so dass hier momentan mit Situationsentscheidungen gearbeitet werden muss. Wichtigste Maßnahme zur Eindämmung der Weiterverbreitung von grampositiven Erregern mit Resistenz gegenüber Linezolid wäre die Reduktion des Einsatzes von Linezolid wo möglich, da gezeigt wurde, dass die Rate von linezolidresistenten Keimen sich durch Reduktion des Linezolideinsatzes zuverlässig senken lässt 6. Seite 3 von 8

Extended-Spectrum Beta-Laktamasen (ESBL) Beta-Laktamasen sind Enzyme, welche bestimmte Antibiotika inaktivieren können und bereits seit langer Zeit bei gramnegativen Erregern bekannt sind. Diverse Mutationen in den Beta-Laktamase-Genen führen zu einer Erweiterung des Wirkspektrums dieser Enzyme (extended-spectrum beta-lactamases, ESBL). ESBL werden in verschiedene Gruppen unterteilt, die wichtigsten davon sind CTX-M, TEM und SHV 7. Krankenhaushygienisch hat der Umgang mit ESBL-Keimen in letzter Zeit einen deutlichen Wandel durchgemacht. Waren Patient/innen mit ESBL-positiven Keimen früher stets zu isolieren ist man diesbezüglich heute ein wenig liberaler. Eine Richtlinie der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) des Robert-Koch Instituts (RKI) empfiehlt in Risikobereichen (Tab. 1) Barrieremaßnahmen für alle ESBL Keime a8. In Bereichen ohne erhöhtes Infektionsrisiko werden Barrieremaßnahmen nur für ESBL-exprimierende Klebsiella spp. Stämme empfohlen. Carbapenem-resistente gramnegative Stäbchen Carbapeneme zählen zu den potentesten Antibiotika gegen gramnegative Bakterien. In nur wenigen Jahren ist es vermehrt zu beobachteten Resistenzen von gramnegativen Stäbchen gegenüber Carbapenemen gekommen. Aufgrund der mitunter deutlich reduzierten Therapieoptionen haben sich diese Keime zu einer ständig wachsenden Bedrohung entwickelt. Krankenhaushygienisch werden für diese Enterobakterien mit Resistenz gegenüber Carbapenemen strenge Barrieremaßnahmen (Einzelisolation) gefordert. Bei anderen gram-negativen Stäbchen (speziell bei Non-Fermentern wie Pseudomonas spp. oder Acinetobacter spp.) empfiehlt die KRINKO am RKI folgende Maßnahmen: Bei als 3MRGN eingestuften Pseudomonas- oder Acinetobacterstämmen sind Kontaktisolationsmaßnahmen ausreichend, während bei 4MRGN-Vertreter immer eine Einzelisolation des/r betroffenen Patient/in durchgeführt werden sollte 8. a Anmerkung: Die zitierte Empfehlung der KRINKO bezieht sich auf die seit 2012 bestehende MRGN- Klassifikation. Da Keime mit ESBL-Expression fast immer die Kriterien für 3MRGN erfüllen, wurden diese im Sinne der Übersichtlichkeit gleichgesetzt. Seite 4 von 8

Die Klassifizierung multiresistenter gram-negativer Stäbchen (MRGN) Im Jahr 2012 veröffentlichte die Gesellschaft für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert-Koch Institut (RKI) eine Empfehlung, in welcher die Einteilung multiresistenter gram-negativer Stäbchen aufgrund ihrer Resistenzeigenschaften in die Klassen 3MRGN und 4MRGN erfolgte. Zur Beurteilung werden definierte Antibiotikaklassen herangezogen, welche in der Therapie dieser Keime eine bedeutende Rolle spielen. Namentlich sind dies Acylureidopenicilline (Leitsubstanz Piperacillin), Dritt- bzw. Viertgenerationscephalosporine (Leitsubstanz Cefotaxim bzw. Ceftazidim), Carbapeneme (Leitsubstanz Imipenem bzw. Meropenem) und Fluorchinolone (Leitsubstanz Ciprofloxacin). 3MRGN bedeutet eine Resistenz des entsprechenden Keimes gegenüber 3 der 4 definierten Antibiotikaklassen, während 4MRGN dementsprechend eine Resistenz gegen alle vier Substanzklassen beschreibt (Tabelle 2). Siehe auch die beiden Beispiele unten. Aufgrund dieser Einteilung empfiehlt die KRINKO entsprechende krankenhaushygienische Maßnahmen 8. Beispiel 1: Das Isolat einer Klebsiella pneumoniae zeigt sich als resistent gegenüber Piperacillin, Cefotaxim, Imipenem, Meropenem und Ciprofloxacin. Gegenüber Ceftazidim ist das Isolat sensibel. Die MRGN-Einstufung würde hier lauten: 4MRGN-Klebsiella pneumoniae. Beispiel 2: Das Isolat eines Acinetobacter baumannii zeigt folgende Resistenzeigenschaften: Resistent gegenüber Piperacillin, Cefotaxim, Imipenem, Meropenem sowie Ciprofloxacin. Sensibel gegenüber Sulbactam. Die MRGN-Einstufung würde hier lauten: 4MRGN-Acinetobacter baumannii. Kommentar: Sulbactam wurde zwar als sensibel getestet, geht aber nicht in die MRGN-Klassifizierung ein (siehe Tabelle 2). Tabelle 1. Krankenhaushygienische Einordnung von Streupotential und Risikobereichen Streupotential Risikobereich Hoch Gering Hoch Gering Respirationstrakt bei vorliegendem respiratorischen Infekt, stark sezernierende Wunden, schuppende Dermatosen, Harninkontinenz, Stuhlinkontinenz, Diarrhoe Nicht kooperative/r Patient/in Respirationstrakt ohne respiratorischen Infekt Beatmung mit geschlossenem System kleine Wunden Bakteriämie/Sepsis Drainagen, wenn geschlossenes System Zufallsbefund (Carrier) Ableitende Harnwege Intensivstationen, Onkologische Stationen, Neonatologie, etc. Ambulanzbereiche, Allgemeinstationen, etc. Seite 5 von 8

Tabelle 2. Übersicht über die MRGN-Klassifizierung gemäß Robert-Koch-Institut 4 : Antibiotikagruppe Leitsubstanz Enterobakterien Pseudomonas aeruginosa Acinetobacter baumannii 3MRGN 4MRGN 3MRGN 4MRGN 3MRGN 4MRGN Acylureidopenicilline Piperacillin R R Nur eine R R R 3./4. Generations- Cefotaxim und/oder Cephalosporine Ceftazidim Carbapeneme Imipenem und/oder Meropenem der vier R R R R R Anti- biotika- S R R S R Gruppen wirksam Fluorchinolone Ciprofloxacin R R R R R (sensibel) Andere krankenhaushygienisch relevante Erreger Neben multiresistenten Erregern spielen auch zahlreiche andere Erreger eine wichtige Rolle in der Krankenhaushygiene. Die Liste ist sehr lang, exemplarisch sollen hier Noroviren und Clostridium difficile kurz angesprochen werden. Norovirus: Noroviren sind hochkontagiöse, unbehüllte Viren welche regelmäßig Krankenhausausbrüche verursachen. Infektionen durch Noroviren äußern sich als heftige Durchfallerkrankung oft einhergehend mit Erbrechen. Da die Viren sehr kontagiös und zugleich sehr umweltresistent sind, herrschen optimale Voraussetzungen für eine effiziente Transmission und somit für die Entstehung von Ausbrüchen. Krankenhaushygienisch sollten Patient/innen mit symptomatischer Norovireninfektion einzelisoliert werden und zwar bis mindestens 48 Stunden nach Ende der Symptomatik. Da Noroviren als unbehüllte Viren auch besondere Anforderungen an die Hände- sowie Flächendesinfektion stellen sollten nur Produkte mit nachgewiesener Wirksamkeit gegenüber unbehüllten Viren zur Verwendung gelangen (sog. voll-viruzide Desinfektionsmittel) 9. Clostridium difficile: Clostridium difficile ist ein grampositives sporenbildendes Bakterium, welches durch seine sehr umweltresistenten Sporen krankenhaushygienisch besondere Bedeutung genießt. Erkrankungen durch C. difficile äußern sich als massive Durchfälle. Patient/innen mit symptomatischer C. difficile Infektion sollten einzelisoliert werden bis mindestens 48 Stunden nach Ende der Symptomatik. Eine Besonderheit ist die vollkommene Unempfindlichkeit der Sporen gegenüber alkoholischen Desinfektionsmitteln, weshalb bei Seite 6 von 8

der Händehygiene, zusätzlich zur hygienischen Händedesinfektion, auch eine hygienische Händewaschung erfolgen muss 10. 3. Barrieremaßnahmen und Isolationsmaßnahmen im Überblick Barrieremaßnahmen kommen zum Tragen wenn ein/e Patient/in bekanntermaßen mit einem krankenhaushygienischen Problemkeim besiedelt oder infiziert ist und ein (mehr oder weniger ausgeprägtes) Streupotential bietet. Unterschieden wird in der Regel zwischen Kontaktisolation und Einzelisolation. Eine Kontaktisolation beschreibt wie der Name bereits impliziert jene Barrieremaßnahmen welche primär dafür ausgelegt sind, eine Kontaktübertragung zu verhindern. Dies ist bei als gering eingestuftem Streupotential und im Nicht-Risikobereich (siehe hierzu auch Tab. 1 oben) in den meisten Fällen ausreichend. Eine Kontaktisolation beinhaltet nicht zwingendermaßen eine Einzelunterbringung des/der entsprechenden Patienten/in (wenngleich sie bei entsprechender Möglichkeit erwünscht ist). Der wichtigste Faktor bei der Kontaktisolation ist eine Erweiterung der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) des betreuenden Personals um eine Einmalschürze bei jedwedem Patientenkontakt sowie Mund/Nasen-Schutz bei entsprechender Symptomatik des/der Patienten/in. Demgegenüber ist bei einer Einzelisolation, welche bei hohem Streupotential und/oder in einem Bereich mit erhöhtem Risiko oder bei speziellen Keimen erforderlich wird, eine Einzelunterbringung des/der Patienten/in unbedingt erforderlich. Es muss hier noch erwähnt werden, dass eine Einzelisolation auch bedeutet, dass der/die Isolierte das Patientenzimmer nicht verlassen darf. Auch bei der Einzelisolation sollte die PSA selbstverständlich entsprechend erweitert werden (hier ist ein langärmeliger Einmalschutzkittel erforderlich). Welches Isolationsverfahren zum Einsatz kommt hängt von einer Reihe von Faktoren ab. Primär ist hier der Keim selbst ausschlaggebend: mit multiresistenten gram-negative Stäbchen (primär sog. 4MRGN) kolonisierte PatientInnen sollen nach aktuellen Richtlinien 8 unabhängig vom Streupotential oder dem Risikobereich immer einzelisoliert werden. Gleiches gilt für Infektionen mit speziellen Erregern, welche zwar nicht zu den multiresistenten Erregern zu rechnen sind aber krankenhaushygienisch Probleme verursachen können. Hier sind in erster Linie Clostridium difficile und virale Erreger wie Norovirus, Rotavirus oder auch Influenza zu nennen 9-12. Neben dem Erreger selbst spielen Seite 7 von 8

aber auch Streupotential und Risikoeinordnung des entsprechenden klinischen Bereichs eine tragende Rolle (Tab. 1, oben). Verfasst von: Michael Berktold, Sektion für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie Hygieneteam Landeskrankenhaus Innsbruck / Universitätskliniken Medizinische Universität Innsbruck Schöpfstrasse 41, A-6020 Innsbruck Email: michael.berktold@i-med.ac.at Referenzen: 1) RKI-Ratgeber für Ärzte. Staphylokokkenerkrankungen, insbesondere durch MRSA, 2009 2) Berktold M., Grif K., Mäser M., Witte W., Würzner R. und Orth-Höller D. Genetic characterization of Panton Valentine leukocidin-producing methicillin-resistant Staphylococcus aureus in Western Austria. Wien Klin Wochenschr. 2012;124(19-20):709-715. 3) Cuny C., Köck R. und Witte W. Livestock associated MRSA (LA-MRSA) and its relevance for humans in Germany. Int J Med Microbiol. 2013 Aug;303(6-7):331-7. 4) von Baum H., Dettenkoffer M., Fahr A.-M., Heeg P. und Wendt C. Konsensusempfehlung Baden- Württemberg: Umgang mit Patienten mit Glykopeptid-resistenten Enterokokken (GRE) / Vancomycinresistenten Enterokokken (VRE). Hyg Med. 2006;1/2:30-32. 5) Siegel J.D., Rhinehart E., Jackson M., Chiarello L. and the Healthcare Infection Control Practices Advisory Committee. 2007 Guideline for Isolation Precautions: Preventing Transmission of Infectious Agents in Healthcare Settings. http://www.cdc.gov/ncidod/dhqp/pdf/isolation2007.pdf 6) Kelly S., Collins J., Maguire M., Gowing C., Flanagan M., Donnelly M. und Murphy P.G. An outbreak of colonization with linezolid-resistant Staphylococcus epidermidis in an intensive therapy unit. J Antimicrob Chemother. 2008;61(4):901-7 7) Epidemiologisches Bulletin 28/2007, RKI, 2007 8) Hygienemaßnahmen bei Infektionen oder Besiedlung mit multiresistenten gramnegativen Stäbchen, Bundesgesundheitsbl. 2012; 55:1311-1354 9) RKI-Ratgeber für Ärzte, Noroviren, 2008 10) Prävention und Kontrolle von Clostridium difficile in Krankenhäusern und Einrichtungen der stationären Pflege. AGES, 2007 11) RKI-Ratgeber für Ärzte. Rotaviren, 2013 12) RKI-Ratgeber für Ärzte. Influenza (Saisonale Influenza, Influenza A(H1N1) 2009, Aviäre Influenza), 2011. Seite 8 von 8