Hämostase - Blutgerinnung



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Hämostase - Blutgerinnung 1

Überblick zur Blutgerinnung Schritte Primäre Hämostase (vorläufige Blutstillung) Sekundäre Hämostase (endgültige Blutstillung, Blutgerinnung) Dauer Sekunden bis wenige Minuten (1-3 min) mehrere Minuten (6-9 min) Prozesse Vasokonstriktion und Thrombozytenaggregation Fibrinbildung Ergebnisse Weißer Thrombus Roter Thrombus 2

Komponenten des Hämostasesystems PLASMATISCHE KOMPONENTE Endothel VASKULÄRE KOMPONENTE Plasmatische Gerinnung Gerinnungsinhibitoren Fibrinolyse Fibrinolyseinhibitoren Subendothel Phospholipide (Plättchenfaktor 3) Plättchen THROMBOZYTÄRE KOMPONENTE Modifiziert nach Hoffman et al., Blood Coagul Fibrinolysis, 1998, und nach von Depka Prondzinski et al., Blutgerinung-Aktuelle Aspekte, Uni-Med Verlag 2002 3

Primäre Hämostase thrombozytäre Komponente Thrombozyt in Ruhe mit Granula ADP, Serotonin, Fibrinogen, Thrombospondin Thrombin (plasmatische Gerinnung) Adhäsion Freisetzung Verformung Thromboxan A2 ADP Fibrinogen Endothel GP Ib Rezeptor GP Ib GP IIb/IIIa vwf (von-willebrand-faktor) Thrombozytenadhäsion Bei der Adhäsion an die subendothelialen Strukturen formen die Plättchen sich um. Sie werden kugelig und bilden stachelartige Fortsätze. Verformte und aktivierte Thrombozyten präsentieren Glykoproteinrezeptoren (GP) und entleeren ihre Granula. Der an subendotheliale Strukturen bindende von-willebrand-faktor (vwf) heftet die Plätchen (über Rezeptor GPIb) an die Gefäßwand. vwf wird in den Endothelzellen und in den alpha-granula der Thrombozyten gespeichert. vwf wird sowohl luminal als auch abluminal in die subendotheliale Matrix von Endothelzellen konstitutiv sowie nach Stimulus sezerniert. von Willebrand Syndrom ist die häufigste kongenitale hämorrhagische Diathese (Blutungsneigung) und eine der häufigsten angeborenen Erkrankungen überhaupt (1:100-1:1000). vwf Thrombozytenaggregation An andere Rezeptoren (GPIIb und GPIIIa) binden Fibrinogen, Fibronektin und Thrombospondin, die die Thrombozyten untereinander verknüpfen. Die wichtigsten Stimulatoren der Aggregation sind ADP, Thrombin und Thromboxan A2. ADP aus verletzten Zellen verursacht die Aggregation der Thrombozyten. Diese wird durch Kollagen, Thrombin, Serotonin, Thromboxan A2 und PAF verstärkt. Acetylsalycylsäure (Aspirin) hemmt das Enzym Cyclooxygenase und die Synthese von Thromboxan A2. Modifiziert nach: Physiologie der Menschen, Schmidt/Thews 4

Primäre Hämostase - Blutstillung - initialer Stillstand kleinerer Blutungen nach Verletzung der Gefäßwände durch Vasokonstriktion (vaskuläre Komponente) und der Abdichtung des Gefäßdefektes durch Thrombozytenthrombus (thrombozytäre Komponente). Primäre Hämostase: Gefäßkontraktion Konstriktion der glatten Gefäßmuskulatur Endothelläsion Freisetzung von Serotonin und Thromboxan A2 aus Thrombozyten Thrombozytenaggregation Thrombozytenadhäsion Thrombozytenaktivierung Weißer Thrombus 5

Thrombozytenaggregation 1 Thrombozytenadhäsion über GP Ia/IIa-Rezeptoren an freies Kollagen 2 Thrombozytenadhäsion über GP Ib/IX-Rezeptoren und von-willebrand-faktor an Kollagen vwf - Vorkommen: subendothelial, in Thrombozyten, im Plasma (an Faktor VIII gebunden) 3 Thrombozytenaktivierung Freisetzung von Wirkstoffen aus 1α-Granula 6

Sekundäre Hämostase Plasmatische Gerinnung eine Abfolge von proteolytischen Prozessen, an deren Ende die Umwandlung von Fibrinogen zu vernetztem Fibrin steht beteiligt sind: ~13 Proteine, Ca 2+, Phospholipide Enzyme werden stufenweise aktiviert (limitierte Proteolyse) Roter Thrombus 7

Blutgerinnung -Primäre Hämostase -Sekundäre Hämostase Intrinsisches Extrinsisches System Fibrinolyse 8

Grundlegendes Schema der plasmatischen Blutgerinnung intrinsisches System extrinsisches System Aktivierungsphase Koagulationsphase Prothrombinase complex Ca 2+ Prothrombin Thrombin (Faktor IIa) Fibrinogen Fibrin (löslich) Faktor XIII Retraktionsphase Ca 2+ Fibrin (fest) Faktor XIIIa Modifiziert nach Hoffman et al., Blood Coagul Fibrinolysis, 1998, und nach von Depka Prondzinski et al., Blutgerinung-Aktuelle Aspekte, Uni-Med Verlag 2002 9

Schema des Gerinnungssystems Endotheldefekt VIIa TF X Ca 2+ PL Xa Va II (Prothrombin) IIa (Thrombin) V Va VIII VIIIa TF VIIa IX Plättchen XIII XIIIa IIa IIa IXa IXa Ca 2+ VIIIa X II Xa IIa XIa Aktiv. Plättchen VIIIa IXa Va Xa IIa XI IX X II Dr. Modifiziert Gerhard Mehrke nach 2012 Hoffman et al., Blood Coagul Fibrinolysis, 1998, und nach von Depka Prondzinski et al., Blutgerinung-Aktuelle Aspekte, Uni-Med Verlag 2002 10

Hemmung der Blutgerinnung - Physiologisch Antithrombin III hemmt IIa, IXa, Xa, XIa, XIIa Affinität von AT III zu Faktor IIa durch Heparin steigerbar Thrombomodulin und Protein C Rezeptorprotein der Endothelzellen bindet Thrombin Thrombomodulin-Thrombin-Komplex aktiviert Protein C Protein C hemmt Faktor V und VIII Protein C im Komplex mit Protein S Wirkungsverstärkung Weitere α2-makroglobulin, α1-antitrypsin, C1-Inaktivator 11

Hemmung der Blutgerinnung - Therapeutisch Bindung von Calcium (in vitro) - Na-Citrat - Na-Oxalat, K-Oxalat, Ammonium-Oxalat - EDTA Heparin (in vitro + in vivo) - bindet und aktiviert Antithrombin - Antidot: Protaminsulfat inaktiviert Heparin - nur parenteral applizierbar, wirkt nur 4-6 Std. in vivo Cumarinderivate (in vivo) -Vitamin K-Antagonisten, oral applizierbar - Wirkung: 2 (Warfarin) -7 (Marcumar) Tage - bevorzugt für Dauertherapie von Erkrankungen mit Thromboseneigung - therapeutische TPZ Werte: 15-35% ASS (in vivo) -Plättcheninaktivator 12

Die Gerinnungsstörungen Primäre Hämostasestörungen (z.b. Thrombozytopathien, vwf Syndrom): Petechien flohstichartige Hautblutungen Sekundäre Hämostasestörungen (z.b. Hämophilie A oder B): Hämatome Hämophilie Leitsymptome: großflächig Blutungen Einblutungen in Muskeln und Gelenken Hämophilie A (85 % der Fälle) Mangel und Fehlen von Faktor VIII Hämophilie B Inaktivität oder Ausfall von Faktor IX Petechien Erbgang: X-chromosomal rezessiv Männer erkranken (Bluter), Frauen erkranken nicht (Konduktorinnen) 13

Thrombolyse Kallikrein Plasminogen Plasmin Gewebsplasminogenaktivator (tpa) Plasmin ist das Enzym, das Fibrin spaltet. Auflösung des Thrombus Therapeutische Nutzung bei Thrombosen: Streptokinase aus Streptokokken rekombinanter tpa 14

Zusammenfassung Blutstillung und Blutgerinnung Erste Blutstillung: primäre Hämostase Plättchenaggregation - Vasokonstriktion Weißer Thrombus Blutgerinnung: sekundäre Hämostase Gerinnungskaskade: Gerinnungsfaktoren + Calcium: Amplifikation (Verstärkung) Endogenes (im Gefäß) oder exogenes System (Start im Gewebe) Aktivierung von Thrombin und Vernetzung von Fibrin Roter Thrombus Erkrankungen: Hämophilie A Thrombolyse Mangel und Fehlen von Faktor VIII Plasminogen Plasmin: löst Fibrin 15