VII. Sonstige EinkÅnfte



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Transkript:

VII. Sonstige EinkÅnfte 22, 23 EStG 1. EinkÅnfte aus wiederkehrenden BezÅgen 22 Nr. 1 EStG a) Allgemeines Die Vorschrift des 22 Nr. 1 EStG umfasst EinkÅnfte aus wiederkehrenden BezÅgen, soweit sie nicht zu den in 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehçren. Betroffen sind nur private wiederkehrende BezÅge, nicht jedoch betriebliche wiederkehrende BezÅge. Stellen sich wiederkehrende BezÅge wirtschaftlich als KapitalrÅckzahlungen (Kaufpreisraten) dar, so erfållen sie nicht den Tatbestand des 22 Nr. 1 EStG, weil von diesem Vorgang lediglich die VermÇgenssphåre des Steuerpflichtigen betroffen wird. 114 Der Kreis der steuerpflichtigen wiederkehrenden BezÅge wird durch 22 Nr. 1 Satz 2 EStG wesentlich eingeschrånkt. Danach liegen steuerpflichtige wiederkehrende BezÅge nur vor, soweit sie weder freiwillig noch aufgrund einer freiwillig begråndeten Rechtspflicht noch einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gewåhrt werden und der Geber der wiederkehrenden BezÅge unbeschrånkt steuerpflichtig ist. 22 Nr. 1 Satz 2 EStG korrespondiert mit 12 Nr. 2 EStG. Immer wenn der Geber unbeschrånkt steuerpflichtig ist und die Leistungen des Gebers gem. 12 Nr. 2 EStG nicht abzugsfåhig sind, entfållt die Steuerpflicht der Leistungen beim Empfånger. Andererseits hat der Empfånger die Leistungen zu versteuern, wenn der Geber die Aufwendungen mangels Anwendbarkeit des 12 Nr. 2 EStG abziehen kann. Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die wiederkehrenden BezÅge insgesamt einmal entweder beim Geber (durch Nichtabzugsfåhigkeit der Leistungen) oder beim Empfånger der Einkommensteuer unterliegen sollen. Wegen der Begriffe freiwillig, freiwillig begråndeter Rechtspflicht, gesetzlich unterhaltsberechtigte Person Hinweis auf die AusfÅhrungen zu 12 Nr. 2 EStG. 22 Nr. 1 Satz 2 EStG gilt dann nicht, wenn den wiederkehrenden Leistungen eine Gegenleistung gegenåbersteht, wenn es sich also nicht um Zuwendungen handelt. Wegen der Begriffe Gegenleistung und Zuwendung Hinweis auf die AusfÅhrungen zu 12 Nr. 2 EStG (s. Tz 34 bis 38). BEISPIEL: P Der Vater veråußert sein Mehrfamilienhaus an seinen Sohn gegen eine Leibrente. Leistung und Gegenleistung stehen sich wirtschaftlich ausgewogen gegenåber. Der Vater muss den Ertragsanteil der Rente versteuern, der Sohn setzt den Ertragsanteil als Werbungskosten ab. Da eine Gegenleistung vorhanden ist, kommen weder das Abzugsverbot noch 12 Nr. 2 EStG noch die Einschrånkung nach 22 Nr. 1 Satz 2 EStG zum Zuge. Ist der Geber der wiederkehrenden BezÅge nicht unbeschrånkt steuerpflichtig, gilt 22 Nr. 1 Satz 2 EStG nicht. Wiederkehrende BezÅge, die ein unbeschrånkt steuerpflichtiger Empfånger von einem nicht unbeschrånkt steuerpflichtigen Geber erhålt, unterliegen der Einkommensteuer. Unerheblich ist dabei, ob die Zahlungen aus den inlåndischen 89

Einkommensteuer oder auslåndischen EinkÅnften des nicht unbeschrånkt steuerpflichtigen Gebers stammen. BEISPIEL: P Der nicht unbeschrånkt steuerpflichtige Vater wendet seinem unbeschrånkt steuerpflichtigen Sohn aufgrund einer unverbindlichen Zusage monatlich 500 A als Unterhaltszuschuss zu. Bei dem Sohn unterliegt der Zuschuss gem. 22 Nr. 1 EStG der Einkommensteuer. R 22.2 EStR enthålt eine Billigkeitsregelung får auslåndische Studenten oder SchÅler, die eine deutsche Hochschule oder andere Lehranstalt besuchen, und får auslåndische Praktikanten. Erhålt diese Personengruppe von nicht unbeschrånkt Steuerpflichtigen Unterhalts-, Schul- und Studiengelder, so bleiben diese steuerfrei (soweit sie nicht bereits aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens von der Besteuerung in der Bundesrepublik Deutschland ausgenommen sind), wenn die Empfånger nur zu Zwecken ihrer Ausbildung oder Fortbildung im Inland wohnen oder sich aufhalten und auf die BezÅge Åberwiegend angewiesen sind. Steuerfrei bleiben wiederkehrende BezÅge auch insoweit, als sie in 3 EStG aufgefåhrt sind ( 3 Nr. 6, 8, 49 EStG z. B.). b) Die Einteilung der wiederkehrenden BezÅge 115 Zu den wiederkehrenden BezÅgen gehçren gem. 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG Leibrenten und andere Leistungen die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsståndischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen i. S. des 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b erbracht werden, Leibrenten und andere Leistungen, die nicht unter den Doppelbuchst. aa fallen und bei denen in den einzelnen BezÅgen EinkÅnfte aus Ertrågen des Rentenrechts enthalten sind ( 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG) und gem. 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b EStG ZuschÅsse und sonstige Vorteile, die als wiederkehrende BezÅge gewåhrt werden. Die Vorschriften des 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a und b EStG haben insoweit lediglich klarstellenden Charakter, denn die dort genannten Begriffe sind Teil des in 22 Nr. 1 Satz 1 EStG verwendeten Begriffs wiederkehrende BezÅge. Gleichwohl ist der Begriff Leibrente i. S. des 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a von großer Bedeutung, weil wiederkehrende BezÅge, die in Form einer Leibrente gewåhrt werden, gem. 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG nur insoweit steuerpflichtig sind, als in den einzelnen BezÅgen EinkÅnfte aus dem Ertrag des Rentenrechts (Ertragsanteil) enthalten sind. Alle Åbrigen wiederkehrenden BezÅge sind in vollem Umfang steuerpflichtig. 90

Die einzelnen Formen der wiederkehrenden BezÅge i. S. des 22 Nr. 1 EStG lassen sich nach folgender Ûbersicht einteilen. Wiederkehrende Bezüge Dauernde Last Renten Sonstige wiederkehrende Bezüge Leibrenten Zeitrenten c) Begriff Wiederkehrende BezÅge Wiederkehrende BezÅge sind BezÅge in Geld oder Geldeswert, die in gewissen Zeitabstånden wiederkehren und die auf einem einheitlichen Entschluss des Gebers oder einem einheitlichen Rechtsgrund beruhen. Wiederkehrend sind alle BezÅge, die nicht nur einmal anfallen. Es ist also erforderlich, dass der Empfånger tatsåchlich mehrmals Leistungen empfangen hat. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistungen in regelmåßigen Abstånden oder in jeweils gleicher HÇhe erfolgen. Wichtig ist jedoch, dass sie zumindest auf einem einheitlichen Entschluss des Gebers beruhen. Ein Stammrecht, wie es bei einer Rente zu fordern ist, ist nicht notwendig. Erbringt der Geber zwar mehrmals Leistungen an den Empfånger, beruht aber jede Leistung auf einem neuen Entschluss, so bezieht der Empfånger keine wiederkehrenden BezÅge i. S. des 22 Nr. 1 EStG. Ein einheitlicher Entschluss setzt voraus, dass der Geber bei Beschlussfassung den Willen hat, dem Empfånger wiederholt Leistungen zuzuwenden. 116 d) Begriff Rente (Leib- und Zeitrente) Renten stellen eine besondere Form der wiederkehrenden BezÅge dar. Der Dauer ihrer Laufzeit nach unterscheidet man Leibrenten und Zeitrenten. Der Begriff Rente ist weder im EStG noch im BGB definiert. Unter BerÅcksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesfinanzhofes låsst sich folgende Definition aufstellen: Eine Rente ist ein einheitlich nutzbares, selbståndiges Recht (Stammrecht), dessen Ertråge aus regelmåßig wiederkehrenden gleichmåßigen Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen bestehen und das dem Berechtigten auf die Lebenszeit des Menschen oder auf die Dauer von mindestens 10 Jahren eingeråumt ist. aa) Selbståndiges Stammrecht Die Rentenleistungen måssen sich auf einen einheitlichen Verpflichtungsgrund zuråckfåhren lassen, z. B. einen Vertrag oder ein Testament. Stattdessen kann auch eine gesetzliche Vorschrift in Betracht kommen, wie es z. B. bei den nach der Reichsversicherungsordnung gezahlten Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen der Angestellten oder Arbeiter der Fall ist. Das Entstehen eines Rentenstammrechts setzt voraus, dass das zugrunde liegende Rechtsgeschåft wirksam ist. Soweit Formvorschriften des bårgerlichen Rechts får die 117 118 91

Einkommensteuer Wirksamkeit des Rechtsgeschåftes von Bedeutung sind, måssen sie beachtet werden. Fehlt die vorgeschriebene Form, ist das Rechtsgeschåft nichtig ( 125 BGB). Wird z. B. mit der Rentenzusage ein Schenkungsversprechen erteilt, so ist gem. 518 BGB gerichtliche oder notarielle Beurkundung notwendig. Bei einer GrundstÅcksveråußerung gegen Leibrentenversprechen ist gem. 313 BGB ebenfalls gerichtliche oder notarielle Beurkundung notwendig. Ist keine besondere Form nach dem BGB vorgesehen, so kann ein Zeitrentenversprechen måndlich, ein Leibrentenversprechen muss hingegen gem. 761 BGB schriftlich erfolgen. Werden aufgrund eines nichtigen Rechtsgeschåftes Leistungen erbracht, so handelt es sich nicht um Rentenzahlungen, sondern um sonstige wiederkehrende BezÅge, die freiwillig erbracht werden. Das aus dem Leibrentenversprechen entstehende Stammrecht muss ein in sich geschlossenes einheitliches Recht darstellen. Aus diesem Stammrecht erwachsen die EinzelansprÅche auf die Rentenzahlungen. Eine Vielzahl von EinzelansprÅchen mit fortlaufenden Fålligkeitsterminen ist kein Stammrecht. Veråußert z. B. der Steuerpflichtige ein Mehrfamilienhaus gegen ein Leibrentenversprechen, so stellen sich die Rentenzahlungen des Erwerbers nicht als Bezahlung des Kaufpreises dar, sondern sie sind vielmehr FrÅchte des Rentenstammrechtes. Håtte der Steuerpflichtige das Mehrfamilienhaus vermietet, so wåre jede einzelne Mietzahlung das Entgelt får die Ûberlassung der Mietsache wåhrend einer bestimmten Zeit gewesen, ein Stammrecht wåre also nicht begråndet. Mangels Stammrecht zåhlen auch wiederkehrende Leistungen, die als Schadensersatz wegen KÇrperverletzung oder TÇtung ( 843 bis 845 BGB) zu erbringen sind, nicht zu den Renten. 119 bb) Regelmåßige Wiederkehr der Leistungen Das Stammrecht muss den Anspruch auf Zahlungen gewåhren, die in regelmåßigen Zeitabstånden zu erbringen sind. Ob der Empfånger die geschuldeten Zahlungen tatsåchlich auch regelmåßig erhålt, ist nicht ausschlaggebend. 120 cc) Dauer der Rente Leibrenten sind Renten, deren Laufzeit von der Lebensdauer eines Menschen abhångt. Das kann der Rentenberechtigte, der Rentenverpflichtete, das kann auch eine andere Person sein. Wird die Dauer einer Rente außer vom Leben einer Person durch andere Ereignisse beeinflusst, ist das får die Annahme einer Leibrente unschådlich. So kann z. B. Beginn und Ende einer Leibrente vom Eintritt eines bestimmten Ereignisses abhångig sein. Eine Rente kann z. B. in der Weise befristet sein, dass sie zwar auf das Leben eines Menschen abgestellt ist, spåtestens jedoch nach Ablauf einer festgelegten HÇchstzeit endet. Eine Rente mit einer derartigen Befristung wird als abgekårzte Leibrente ( 55 Abs. 2 EStDV) oder auch als HÇchstzeitrente bezeichnet. Dabei ist zu beachten, dass die vereinbarte HÇchstzeit mindestens 10 Jahre betragen muss. Liegt die vereinbarte HÇchstzeit unter 10 Jahren, so wird steuerlich eine Rente nicht anerkannt. 92

BEISPIEL: P Der Steuerpflichtige sagt seiner Schwester am 1. 9. 2001 eine Leibrente zu, die bis zu dem Tod der Schwester zu zahlen ist, hçchstens jedoch bis zur voraussichtlichen Pensionierung des Steuerpflichtigen am 1. 9. 2010. Es handelt sich um eine abgekårzte Leibrente. Neben den abgekårzten Leibrenten sind auch verlångerte Leibrenten, auch Mindestzeitrenten genannt, denkbar. Dabei handelt es sich um Renten, die einerseits vom Leben einer Person abhången, andererseits jedoch får eine bestimmte Mindestzeit gezahlt werden, so dass, falls der Steuerpflichtige vor Ablauf der Mindestzeit verstirbt, dessen Erben in den Genuss der Rente gelangen. BEISPIEL: P Der Steuerpflichtige hat ein Mehrfamilienhaus gegen ein Leibrentenversprechen erworben. Die Leibrente ist bis zum Tode des Veråußerers, mindestens jedoch Åber einen Zeitraum von 30 Jahren zu zahlen. Sollte der Veråußerer vor Ablauf dieser 30 Jahre versterben, ist die Rente bis zum Ablauf der 30 Jahre seinem Sohn als voraussichtlich einzigem Erben weiterzuzahlen. Es handelt sich um eine verlångerte Leibrente. Werden Renten vereinbart, bei denen die Dauer unabhångig von der Lebenszeit eines oder mehrerer Menschen bestimmt wird, so handelt es sich um Zeitrenten. Steuerlich liegt eine Rente allerdings nur dann vor, wenn die vereinbarte Laufzeit mindestens 10 Jahre betrågt. Ist das nicht der Fall, so handelt es sich um einen sonstigen wiederkehrenden Bezug. Verstirbt der Berechtigte vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit, so ist die Rente an dessen Erben bis zum Ablauf der Laufzeit weiterzuzahlen. Das unterscheidet die Zeitrente von der abgekårzten Leibrente. Wird eine Zeitrente vereinbart und hat die Zeitrente lediglich den Zweck, den Lebensunterhalt des Berechtigten sicherzustellen, so kann in der Regel angenommen werden, dass die Beteiligten die Rentenzahlungen auf den Todesfall des Berechtigten begrenzen wollten. Steuerlich ist dann von einer abgekårzten Leibrente auszugehen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist bei einer entgeltlichen privaten Zeitrente (Veråußerungsrente) stets eine Vereinbarung von Kaufpreisraten anzunehmen. dd) Leistungen in Geld oder vertretbaren Sachen Die Leistungen des Gebers måssen in Geld oder vertretbaren Sachen bestehen. Ein anderer Leistungsinhalt ist bei einer Rente nicht mçglich. Regelmåßige Dienstleistungen oder das Nutzungsrecht an einer Wohnung kçnnen keine Rentenzahlungen sein. 121 Werden in einem Vertrag teils regelmåßige Geldleistungen und teils regelmåßige Dienstleistungen vereinbart, so kann diese einheitlich getroffene Vereinbarung får den Zweck der Besteuerung aufgeteilt werden, soweit die Geldleistungen als nicht unerheblich anzusehen sind. Wann Geldleistungen als nicht unerheblich anzusehen sind, ist noch nicht abschließend geklårt. Die Geldleistungen sind als Rente anzusehen, die Dienstleistungen sind sonstige wiederkehrende BezÅge. 93