Auswirkungen von Sport unterschiedlicher Disziplinen im Freizeitsportbereich auf Blutgerinnung und Fibrinolyse



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Auswirkungen von Sport unterschiedlicher Disziplinen im Freizeitsportbereich auf Blutgerinnung und Fibrinolyse Inauguraldissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin des Fachbereichs Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen vorgelegt von Maria Limper aus Hungen Gießen 2011

Aus dem Interdisziplinären Schwerpunkt für Hämostaseologie der Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH Standort Gießen Leiterin: Prof. Dr. med. B. Kemkes-Matthes 1. Gutachter: Frau Prof. Dr. med. B. Kemkes-Matthes 2. Gutachter: Frau Prof. Dr. med. E. Roeb Tag der Disputation: 21.05.2012

Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung... 1 1.1 Allgemeine Einführung... 1 1.2 Grundlagen der plasmatischen Gerinnung... 3 1.2.1 Extrinsisches System... 3 1.2.2 Intrinsisches System... 3 1.2.3 Gemeinsame Endstrecke des extrinsischen und intrinsischen Aktivierungsweges der plasmatischen Gerinnungskaskade... 4 1.2.4 Antikoagulatorische Mechanismen... 5 1.3 Fibrinolyse... 6 1.4 Sport und Gerinnung - von den ersten Erkenntnissen auf diesem Gebiet bis zum aktuellen Wissensstand... 8 1.5 Zielsetzung... 12 2 Probanden... 13 2.1 Geschlechts-, Alters-, Gewichts- und Größenverteilung der Probanden... 13 2.1.1 Geschlechtsverteilung... 13 2.1.2 Altersverteilung... 13 2.1.3 Gewichtsverteilung... 14 2.1.4 Größenverteilung... 14 2.2 Verteilung der Probanden auf die verschiedenen Sportarten... 15 2.3 Sportartspezifische Belastungen... 16 2.3.1 Fußball... 16 2.3.2 Basketball... 17 2.3.3 Laufen... 17 2.3.4 Radfahren... 17

Inhaltsverzeichnis II 2.3.5 Rudern... 17 2.4 Ein und Ausschlusskriterien der Probanden... 18 2.4.1 Einschlusskriterien... 18 2.4.2 Ausschlusskriterien... 18 2.5 Ethikvotum... 18 3 Methoden... 19 3.1 Blutentnahme... 19 3.2 Labormethoden... 21 3.2.1 Gerinnungs- und Fibrinolyseparameter... 21 3.2.1.1 Koagulometrische Methoden... 21 3.2.1.2 Aktivierungsparameter... 23 3.2.2 Blutbild, Laktat und Glukose... 25 3.2.2.1 Blutbild... 25 3.2.2.2 Laktat und Glukose... 25 3.3 Fragebogen... 26 3.4 Statistische Auswertung... 27 3.5 Anpassung der Parameter an das veränderte Plasmavolumen... 29 4 Ergebnisse... 30 4.1 Blutbild... 30 4.1.1 Leukozyten... 30 4.1.2 Erythrozyten... 32 4.1.3 Hämoglobin... 34 4.1.4 Hämatokrit... 35 4.2 Glukose und Laktat... 37 4.2.1 Glukose... 37 4.2.2 Laktat... 39 4.3 Gerinnungsparameter... 41

Inhaltsverzeichnis III 4.3.1 Thrombozyten... 41 4.3.2 Aktivierte partielle Thromboplastinzeit... 42 4.3.3 Fibrinogen... 44 4.3.4 Faktor VIII:c... 45 4.3.5 Endogenes Thrombinpotential... 47 4.4 Fibrinolyseparameter... 49 4.4.1 D-Dimer... 49 4.5 Vergleich der Gerinnungs- und Fibrinolyseparameter nach Sportarten und Abnahmezeitpunkt... 51 4.5.1 Thrombozyten... 52 4.5.2 Aktivierte partielle Thromboplastinzeit... 53 4.5.3 Fibrinogen... 55 4.5.4 Faktor VIII:c... 56 4.5.5 Endogenes Thrombinpotential... 58 4.5.6 D-Dimer... 60 4.6 Mannschaftssport vs. Individualsport... 62 4.6.1 Aktivierte partielle Thromboplastinzeit... 62 4.6.2 Faktor VIII:c... 63 4.7 Fragebogen... 66 4.8 Vitalparameter in Ruhe... 68 5 Diskussion... 69 5.1 Veränderungen des Blutbildes durch sportliche Aktivität... 69 5.1.1 Leukozyten... 69 5.1.2 Erythrozyten, Hämatokrit, Hämoglobin... 70 5.2 Veränderungen von Glukose und Laktat durch sportliche Belastung... 71 5.3 Veränderungen der Gerinnungsparameter durch sportliche Belastung... 72 5.3.1 Thrombozyten... 72

Inhaltsverzeichnis IV 5.3.2 aktivierte partielle Thromboplastinzeit... 73 5.3.3 Fibrinogen... 75 5.3.4 Faktor VIII:c... 76 5.3.5 Endogenes Thrombinpotential... 77 5.4 Veränderungen der Fibrinolyseparameter durch sportliche Belastung... 79 5.4.1 D-Dimer... 79 5.5 Veränderungen der Gerinnungsparameter durch sportliche Belastung in Abhängigkeit von der ausgeübten Sportart... 81 5.6 Fazit... 84 6 Zusammenfassung... 86 7 Summary... 87 8 Abkürzungsverzeichnis... 89 9 Literaturverzeichnis... 91 10 Anhang... 97 Erklärung... 97 Publikationsverzeichnis... 98

1 Einleitung 1 1 Einleitung 1.1 Allgemeine Einführung Die deutsche Bevölkerung treibt heute mehr Sport als in der Vergangenheit. Das belegt die Studie Gesundheit in Deutschland aktuell des Robert Koch Institutes von 2009, in der unter anderem die sportliche Aktivität der deutschen Bevölkerung untersucht wurde (Lange & Ziese, 2011). Der Anteil der sportlich aktiven Frauen stieg von 58,9 % im Jahr 2003 auf 64,1% im Jahr 2009 an (Lange & Ziese, 2011). Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der sportlich aktiven Männer von 60,9 % auf 63,8 % (Lange & Ziese, 2011). Die Ergebnisse zeigen, dass gerade in der Altersgruppe der 18 bis 29 jährigen eine deutliche Zunahme an sportlicher Aktivität verzeichnet werden kann (Lange & Ziese, 2011). Diese Zunahme ist vermutlich auf verschiedene Aufklärungskampagnen für gesunde Ernährung und Bewegung zurückzuführen (Lange & Ziese 2011). Außerdem spielt hier offenbar ein vermehrtes Angebot an verhaltenspräventiven Maßnahmen, Angebote für Personen mit Risikofaktoren (z.b. Adipositas) und Maßnahmen für Personen mit verschiedenen chronischen Erkrankungen (z.b. Rückenschmerzen, kardiovaskuläre Erkrankungen) eine Rolle (Lange & Ziese, 2011). Aber auch die Förderung verschiedener Programme der Krankenkassen zur Prävention und Therapie, verbunden mit finanziellem Ausgleich für die Versicherten hat sicherlich einen Einfluss auf das Bewegungsverhalten der Bevölkerung (Lang & Ziese, 2011). Für Bevölkerungsgruppen mit chronischen Erkrankungen, die durch sportliche Betätigung positiv beeinflusst werden können, gibt es ein breit gefächertes Angebot. So gab es bereits im Jahr 2000 etwa 5000 Herzsportgruppen in Deutschland, die gezielt sportliche Aktivität für Personen mit erhöhtem Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis angeboten hatten (Meyer, 2000). Im Hinblick auf das Risikoprofil dieser Patienten spielt die Auswirkung von sportlicher Aktivität auf den Gerinnungsstatus der Patienten eine große Rolle. Zahlreiche Studien zu diesem Thema konnten zeigen, dass moderates Ausdauertraining, wie es z.b. bei Herzsportgruppen durchgeführt wird, zu einer Aktivierung der Fibrinolyse führt (Weiss & Bärtsch, 2003;

1 Einleitung 2 Hilberg et al., Blood coagulation and fibrinolysis after long-duration treadmill exercise controlled by individual anerobic threshold, 2003). Auch der Einfluss intensiver körperlicher Belastung auf Gerinnungssystem und fibrinolytisches System war häufig Gegenstand wissenschaftlicher Studien (Van den Burg, 1995; Sumann et al., 2007). So konnten unter anderem Sumann et al. zeigen, dass anstrengende körperliche Belastung, wie etwa ein Marathonlauf sowohl zur Aktivierung des Gerinnungssystems als auch zur Aktivierung des fibrinolytischen Systems führt (Sumann et al., 2007). Die Auswirkungen von Sport auf Blutgerinnung und Fibrinolyse wurden in vielen weiteren Studien untersucht (Weiss et al., Coagulation and fibrinolysis after moderate and very heavy exercise in healthy male subjects, 1998; Sucker, 2009; Menzel & Hilberg, 2010). Bisher erfolgten diese Untersuchungen überwiegend an Probanden, die unter standardisierten Bedingungen z.b. auf einem Laufband, Ruder- oder Radergometer belastet wurden. Doch wie beeinflusst Sport im Freizeitbereich, wie ihn die meisten Menschen ausüben, den Gerinnungsstatus der Sportler? Welchen Einfluss hat das Training im Fußballverein? Verändert sich der Gerinnungsstatus nach einer Mountainbiketour? Die vorliegende Arbeit versucht Antworten auf diese Fragen zugeben. Ziel ist es, zu untersuchen, ob unter Feldbedingungen, wie sie im Freizeitsport vorherrschen, ähnliche Effekte der sportlichen Belastung auf die Blutgerinnung beobachtet werden können wie unter Laborbedingungen. Um dies zu untersuchen, wurden realitätsnahe Studienbedingungen gewählt und die Untersuchungen als Feldversuch durchgeführt.

1 Einleitung 3 1.2 Grundlagen der plasmatischen Gerinnung Die Aktivierung des plasmatischen Gerinnungssystems kann über den extrinsischen oder den intrinsischen Aktivierungsweg erfolgen, siehe Abbildung 1.1 (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). Diese starre Einteilung wird allerdings hauptsächlich aus didaktischen Gründen vorgenommen, in vivo bestehen zahlreiche Wechselwirkungen zwischen beiden Systemen (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). 1.2.1 Extrinsisches System Die Aktivierung des extrinsischen Schenkels der Gerinnungskaskade erfolgt durch Gewebsthromboplastin (Tissue Faktor), das durch Gewebsverletzung aus zerstörten Zellen freigesetzt wird (Übersicht: Dörner, 2006). Gewebsthromboplastin aktiviert Faktor VII (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). Der aktivierte Faktor VII aktiviert nun in Gegenwart von Calciumionen und Phospholipidpartikeln Faktor X zu Faktor Xa (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001; Übersicht: Dörner, 2006). Hier besteht eine enge Verknüpfung zwischen exogenem und endogenem Aktivierungsweg, da der aktivierte Faktor VII auch Faktor IX aktiviert (Übersicht: Dörner, 2006). Es folgt die gemeinsame Endstrecke von extrinsischem und intrinsischem Aktivierungsweg (siehe 1.2.3). 1.2.2 Intrinsisches System Die Aktivierung des intrinsischen Systems erfolgt durch Kontakt des Plasmas mit fremden Oberflächen, z.b. defekten Gefäßwänden (Übersicht: Dörner, 2006; Übersicht: Koolman & Röhm, 2003). Zunächst kommt es zur Aktivierung des Faktors XII (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001; Übersicht: Dörner, 2006), wobei mehrere aktive Fragmente des Faktors XII entstehen (Übersicht: Dörner, 2006). Während ein Fragment mit der Umwandlung von Präkallikrein in Kallikrein an der Aktivierung des Kallikrein-Kininsystems beteiligt ist, löst ein anderes Fragment die Aktivierung des Faktors XI aus (Übersicht: Dörner, 2006). Der Faktor XII nimmt eine

1 Einleitung 4 Schlüsselstellung ein, weil er durch die Aktivierung von Präkallikrein und Plasminogen die Interaktion mit dem Kininsystem und dem Fibrinolysesystem ermöglicht (Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). Faktor XIa aktiviert in Gegenwart von Calciumionen Faktor IX zu IXa, dieser führ seinerseits in Anwesenheit von Faktor VIII, Calciumionen und Phospholipiden zur Aktivierung von Faktor X (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001; Übersicht: Dörner, 2006). Es folgt die gemeinsame Endstrecke des extrinsischen und intrinsischen Aktivierungsweges der plasmatischen Gerinnungskaskade (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). 1.2.3 Gemeinsame Endstrecke des extrinsischen und intrinsischen Aktivierungsweges der plasmatischen Gerinnungskaskade An einem Komplex aus aktiviertem Faktor X, Faktor V, Calciumionen und Phospholipiden erfolgt nun die Aktivierung von Prothrombin (Faktor II) zu Thrombin (Faktor IIa) (Übersicht: Dörner, 2006). Thrombin bewirkt eine Abspaltung von Fibrinopeptid A und B vom Fibrinogen (Übersicht: Dörner, 2006). Das auf diese Weise entstandene Fibrin liegt zunächst noch löslich vor und wird erst durch den aktivierten Faktor XIII zu einem stabilen unlöslichen Fibringerinnsel vernetzt (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). Neben der Umwandlung von Fibrinogen zu Fibrin ist Thrombin indirekt durch einen Rückkopplungsmechanismus über die Aktivierung der Faktoren V und VIII an seiner eigenen Bildung (Thrombin- Burst) beteiligt und katalysiert auch die Aktivierung von Faktor XIII, welcher zur Vernetzung des Fibrins führt (Übersicht: Koolman & Röhm, 2003).

1 Einleitung 5 Abb. 1.1: Schematische Darstellung der plasmatischen Gerinnungskaskade Aktivierung über den extrinsischen und den intrinsischen Schenkel, Verknüpfung mit dem Kininsystem und dem System der Fibrinolyse; F=Faktor, a=aktivierter Faktor, Ca=Calciumionen, PL=Phospholipide (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001) 1.2.4 Antikoagulatorische Mechanismen Das Überschießen der Gerinnungskaskade wird durch verschiedene Inhibitoren verhindert (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001; Übersicht: Koolman & Röhm, 2003). Dazu gehören Antithrombin, Heparin, Thrombomodulin, Protein C, Protein S und EPI (Extrinsic Pathway Inhibitor) (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). Antithrombin inhibiert das Gerinnungssystem durch Inaktivierung verschiedener Serinproteasen (Thrombin, Faktoren IX, X, XI, XIII, Kallikrein) (Übersicht: Kemkes- Matthes & Oehler, 2001). Heparin beschleunigt die relativ langsame Reaktion des

1 Einleitung 6 Antithrombins und wirkt so hemmend auf die Gerinnungskaskade (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). Thrombomodulin wirkt inhibitorisch auf das Gerinnungssystem durch Inaktivierung von Thrombin (Übersicht: Koolman & Röhm, 2003). Protein C bewirkt eine proteolytische Spaltung der Faktoren Va und VIIIa (Übersicht: Koolman & Röhm, 2003). Diese Reaktion wird durch Protein S als Kofaktor beschleunigt (Übersicht: Koolman & Röhm, 2003). EPI hemmt den Komplex aus Gewebsthromboplastin und Faktor VIIa (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). Weitere Inhibitoren sind die durch den Abbau von Fibrinogen oder Fibrin entstehenden Spaltprodukte (Fibrinspaltprodukte, Asplits ) (Übersicht: Kemkes- Matthes & Oehler, 2001). Sie inhibieren die Aktivität von Thrombin und verursachen eine Hemmung der Fibrinmonomeren-Polymerisation (Übersicht: Dörner, 2006). 1.3 Fibrinolyse Unter physiologischen Bedingungen entsteht ständig eine kleine Menge Fibrin (Übersicht: Klinke & Silbernagel, 2001). Um einen konstanten Blutfluss zu gewährleisten, besteht im gesunden Organismus ein Gleichgewicht zwischen Gerinnungsvorgängen und fibrinolytischem Abbau der entstandenen Fibrinablagerungen (Übersicht: Dörner, 2006; Übersicht: Klinke & Silbernagel, 2001). Außerdem werden durch das fibrinolytische System Fibrinablagerungen entfernt, die bei der Wundheilung entstehen (Übersicht: Dörner, 2006). Fibrin wird durch Plasmin, eine Endopeptidase, gespalten, siehe Abbildung 1.2 (Übersicht: Dörner, 2006). Es entstehen Fibrinspaltprodukte, die selbst eine antikoagulatorische Wirkung besitzen (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001). Plasmin entsteht aus Plasminogen durch die Einwirkung von verschiedenen Aktivatoren (Übersicht: Klinke & Silbernagel, 2001). Hier sind zum einen Blutaktivatoren (Faktor XIIa, Kallikrein), zum anderen Gewebsaktivatoren (t-pa, tissue-plasminogenaktivator) und Urokinase zu nennen. Die Gewebsaktivatoren werden aus Endothelzellen durch Gefäßdehnung und durch die Wirkung von Katecholaminen freigesetzt (Übersicht: Klinke & Silbernagel, 2001). Zu einer

1 Einleitung 7 Erhöhung der Katecholaminkonzentration kommt es unter anderem durch körperliche Belastung (Übersicht: Klinke & Silbernagel, 2001). Auch die Fibrinolyse wird durch verschiedene Faktoren gehemmt. So genannte Antiplasmine hemmen die Aktivität von Plasmin (Übersicht: Dörner, 2006). Am wichtigsten ist hier das schnell wirkende α 2 -Antiplasmin (Übersicht: Dörner, 2006). Weitere Antiplasmine sind: α 1 -Protease-Inhibitor (α 1 -Antitrypsin), Antithrombin und α 2 -Makroglobulin (Übersicht: Dörner, 2006). Einen zusätzlichen Angriffspunkt zur Hemmung der Fibrinolyse stellt die durch t-pa und Urokinase bedingte Aktivierung von Plasminogen durch Plasminogenaktivatorinhibitor (PAI) dar (Übersicht: Kemkes-Matthes & Oehler, 2001; Übersicht: Dörner, 2006). Abb. 1.2: Schematische Darstellung der Fibrinolyse nach (Dörner, 2006). Dargestellte Aktivatoren sind: Faktor XIIa, Kallikrein, Urokinase, t-pa (tissue-plasminogenaktivator) sowie Plasmin. Als Inhibitoren sind hier PAI (Plasminogenaktivatorinhibitor) und α 2 -Antiplasmin dargestellt.

1 Einleitung 8 1.4 Sport und Gerinnung - von den ersten Erkenntnissen auf diesem Gebiet bis zum aktuellen Wissensstand Die ersten wissenschaftlichen Untersuchungen zur Beeinflussung der Blutgerinnung durch körperliche Belastung in den späten 1940er Jahren lieferten nicht immer repräsentative, eindeutige und einheitliche Ergebnisse. Biggs et al. beschrieben eine Aktivierung der Fibrinolyse durch anstrengende körperliche Belastung, Both strenuous exercise and the injection of adrenaline produce fibrinolytic activity in the blood of normal persons (Biggs et al., 1947). Kesseler et al. erzielten bei ihren Untersuchungen von 1957 keine repräsentativen Ergebnisse. Zwar konnten sie nach körperlicher Belastung sowohl eine Verkürzung der Gerinnungszeit als auch eine signifikante Erhöhung der Hemmfaktoren wie z.b. Antithrombin nachweisen, allerdings waren diese Ergebnisse nicht bei allen Probanden beobachtbar und in ihrer Ausprägung sehr verschieden, sodass das Fazit dieser Untersuchung lautete: Kann es nach alledem als gesichert angesehen werden, daß durch körperliche Arbeitsbeanspruchung die Gerinnungsverhältnisse erheblich verändert werden können, so scheint uns hinsichtlich der Beurteilung der physiologischen oder gar klinischen Bedeutung dieser Veränderungen doch noch Zurückhaltung geboten zu sein (Kessler et al., 1957). Auch die Untersuchungen von Kenney et al. im Jahr 1962 lieferten keine eindeutigen Beweise für eine Gerinnungsaktivierung durch körperliche Belastung, From these data it was concluded that, in general, exercise was not followed by hypercoagulability (Kenney & Laramie, 1962). Allerdings konnten sie bei einigen ihrer Probanden eine Erhöhung der Thrombinbildung nach sportlicher Belastung nachweisen (Kenney & Laramie, 1962). Obwohl die meisten Studien Hinweise für eine Gerinnungsaktivierung durch sportliche Belastung lieferten, konnte dies nicht immer hinreichend belegt werden, sodass sich zum Teil widersprüchliche Kernaussagen ergaben. Einige Autoren beschäftigten sich mit den voneinander abweichenden Studienergebnissen und möglichen Ursachen für diese uneinheitliche Ergebnislage. Zum einen vermutete man technische Unterschiede bei der Durchführung der Messungen als mögliche Ursache der Abweichungen (Ikkala et al., 1963), zum anderen forderte man weitere Versuche bzw. die Einbeziehung weiterer Parameter und die Entwicklung neuer

1 Einleitung 9 Messtechniken, um aussagefähige, repräsentative Ergebnisse zu erhalten (Kessler et al., 1957). In den folgenden Jahren konnten weitere Studien ein einheitlicheres Bild der Auswirkung von sportlicher Belastung auf das Gerinnungssystem zeichnen. So konnten Ikkala et al. im Jahr 1963 nachweisen, dass sportliche Belastung sowohl zur Gerinnungsaktivierung als auch zur Aktivierung der Fibrinolyse führt: In all the subjects examined there was a clear-cut trend to hypercoagulability in the blood samples taken in the post-exercise period. ( ). In the fibrinolytic activities examined the activator activity was found to exhibit a clear-cut increase (Ikkala et al., 1963). Auch Untersuchungen von Cash et al. zeigten eine Aktivierung der Fibrinolyse durch körperliche Belastung (Cash et al., 1966). Seit vielen Jahren weiß man nun, dass in Anhängigkeit von Intensität und Dauer der körperlichen Belastung sowohl die Gerinnungskaskade als auch das System der Fibrinolyse beeinflusst wird (Weiss & Bärtsch, 2003; Ferguson et al., 1987). Auch Faktoren wie Alter, Fitness, Trainingsstatus und emotionaler Stress haben einen Einfluss auf Gerinnung und Fibrinolyse (Prisco et al., 1998). Hilberg et al. konnten zeigen, dass bei jungen gesunden Probanden eine submaximale Belastung von 60-120 Minuten Dauer nicht zur Aktivierung der Gerinnung führt, aber eine deutliche fibrinolytische Aktivität zur Folge hat: A longduration standardized treadmill exercise (60-120 min) with an intensity of 90 % individual anaerobic threshold in healthy non-smokers does not lead to a higher potential for blood coagulation but clearly activates fibrinolysis (Hilberg et al., Blood coagulation and fibrinolysis after long-duration treadmill exercise controlled by individual anerobic threshold, 2003). Auch Weiss et al. beschrieben eine Aktivierung der Fibrinolyse durch Belastungen im submaximalen Bereich (Weiss & Bärtsch, 2003). Diesen Einfluss von submaximalen Belastungen auf die fibrinolytische Aktivität macht man sich im Gesundheitssport zu Nutze (Weiss & Bärtsch, 2003), da nicht nur eine akute submaximale Belastung zur Steigerung der fibrinolytischen Aktivität führt, sondern auch ein regelmäßiges Ausdauertraining (Chandler, 1996).

1 Einleitung 10 Frühere Untersuchungen zu diesem Thema, wie etwa die von van den Burg et al., kamen zu einem anderen Ergebnis. So konnten van den Burg et al. das Vorliegen einer moderat erhöhten Gerinnungsaktivität bei akuten submaximalen Belastungen belegen, die allerdings durch eine ebenfalls erhöhte fibrinolytische Aktivität ausgeglichen wurde (Van den Burg, 1995). Möglicherweise sind diese zum Teil voneinander abweichenden Erkenntnisse auf die unterschiedlichen Meßparameter zurückzuführen, die in den Studien von Hilberg et al. und Van den Burg et al. untersucht wurden. Sumann et al. zeigten in ihrer Studie mit Marathonläufern, dass lang andauernde und anstrengende Belastungen wie ein Marathonlauf bei gut trainierten Probanden zu einer Aktivierung von Gerinnung und Fibrinolyse führen (Sumann et al., 2007). Auch Prisco et al. beschrieben eine merkliche Aktivierung von Gerinnung und Fibrinolyse nach einem Marathonlauf bei gut trainierten Langstreckenläufern (Prisco et al., 1998). Dass der individuelle Trainingszustand Einfluss auf die Veränderungen von Gerinnungsstatus und fibrinolytischer Aktivität nach sportlicher Belastung hat, zeigten die Ergebnisse von van den Burg et al. und Cadroy et al., die bei einem untrainierten Probandenkollektiv eine Hyperkoagulabilität, besonders in der Ruhephase nach maximaler Belastung, nachweisen konnten (Van den Burg, 1995; Cadroy et al., 2002). Neben der Intensität einer Belastung spielt auch deren Dauer eine Rolle bei der Beeinflussung des Gerinnungssystems und der Fibrinoyse. Weiss et al. konnten zeigen, dass die Aktivierung des Gerinnungssystems in Abhängigkeit von der Dauer der körperlichen Belastung erfolgt. Sie konnten nachweisen, dass im Vergleich zu einer Belastungsdauer von 17 Minuten eine einstündige Belastungsdauer einen deutlichen Anstieg der Thrombin- und Fibrinbildungsparameter zur Folge hat (Weiss et al., Coagulation and thrombomodulin in response to excercise of different type and duration, 1998). Diese Ergebnisse decken sich mit denen von Hilberg et al., die in ihren Untersuchungen die fibrinolytische Aktivität mit einbezogen. Kurze maximale Belastung führte schon nach 15 Sekunden zur Aktivierung der Fibrinolyse, während eine relevante Aktivierung des

1 Einleitung 11 plasmatischen Gerinnungssystems nicht beobachtet werden konnte (Hilberg et al., Blood coagulation and fibrinolysis after extrem short-term exercise, 2003). Dass auch die ausgeübte Sportart eine Rolle bei der Beeinflussung der Gerinnungskaskade zu spielen scheint, zeigten die Untersuchungen von Weiss et al. In ihrer Studie verglichen sie die Sportarten Schwimmen, Laufen und Radfahren. Wobei die Probanden auf einem Laufband bzw. Ruderergometer belastet wurden. Eine Aktivierung der Thrombin- und Fibrinbildung stellten sie in erster Linie nach dem Laufen fest (Weiss et al., Coagulation and thrombomodulin in response to excercise of different type and duration, 1998).

1 Einleitung 12 1.5 Zielsetzung Bisherige Studien über den Zusammenhang zwischen Gerinnungssystem und sportlicher Belastung haben sich intensiv mit den Auswirkungen von körperlicher Belastung unterschiedlichster Intensität, aber auch unterschiedlicher Dauer auf Gerinnungssystem und fibrinolytisches System beschäftigt. Eine der am häufigsten untersuchten Sportarten ist das Laufen, sowohl unter Laborbedingungen mit Hilfe eines Laufbandes als auch unter Feldbedingungen, besonders bei Marathonläufern. Aber auch Ruder- und Fahrradergometer wurden häufig genutzt, um Probanden streng standardisiert zu belasten. Nur wenige Studien beschäftigten sich mit der Vielfalt der Sportarten, die im Freizeitsportbereich ausgeübt werden. Doch gerade vor dem Hintergrund der Zunahme von Krankheiten, die durch Bewegungsmangel mit verursacht werden, sowie den vielen Kampagnen zur Motivation einer breiteren Gesellschaftsgruppe zu mehr körperlicher Aktivität, sind die Auswirkungen der verschiedensten Sportarten im Freizeitbereich auf Gerinnungs- und Fibrinolysesystem von großem Interesse. Ziel der vorliegenden Arbeit ist, zu untersuchen, ob unter Feldbedingungen, wie sie im Freizeitsport vorherrschen, ähnliche Effekte der sportlichen Aktivität auf die Blutgerinnung beobachtet werden können, wie unter Laborbedingungen. Dazu wurden realitätsnahe Studienbedingungen gewählt und die Untersuchungen als Feldversuch durchgeführt.

2 Probanden 13 2 Probanden An der vorliegenden Studie nahmen 43 Probanden teil. Die Untersuchung erfolgte im Zeitraum von September 2007 bis Dezember 2008. 2.1 Geschlechts-, Alters-, Gewichts- und Größenverteilung der Probanden 2.1.1 Geschlechtsverteilung Das Gesamtkollektiv setzte sich aus 8 weiblichen und 35 männlichen Probanden zusammen. Tab. 2.1: Geschlechtsverteilung der Probanden Gruppe Geschlecht Häufigkeit % Gesamtkollektiv Weiblich 8 18,6 (n= 43) Männlich 35 81,4 2.1.2 Altersverteilung Die Probanden waren in einem Alter von 18 bis 62 Jahren. Das durchschnittliche Alter lag bei 32 ± 11,7 Jahren. Tab. 2.2: Altersverteilung der Probanden Gruppe Mittelwert Standardabweichung Minimum Maximum Median (Jahre) (Jahre) (Jahre) (Jahre) Gesamtkollektiv (n= 43) 32 11,7 18 62 25

2 Probanden 14 2.1.3 Gewichtsverteilung Das Körpergewicht der Probanden lag zwischen 56 kg und 100 kg, mit einem Mittelwert von 78 ± 10,1 kg. Tab. 2.3: Gewichtsverteilung der Probanden Gruppe Mittelwert Standardabweichung Minimum Maximum Median (kg) (kg) (kg) (kg) Gesamtkollektiv (n= 43) 78 10,1 56 100 78 2.1.4 Größenverteilung Die Probanden waren zwischen 164 cm und 192 cm groß, im Mittel waren das 179,6 ± 6,8 cm. Tab. 2.4: Größenverteilung der Probanden Gruppe Mittelwert Standardabweichung Minimum Maximum Median (cm) (cm) (cm) (cm) Gesamtkollektiv (n= 43) 179,6 6,80 164 192 179

2 Probanden 15 2.2 Verteilung der Probanden auf die verschiedenen Sportarten Die Zuordnung der Probanden in die verschiedenen Sportgruppen erfolgte abhängig davon, welche Sportart von den Probanden schwerpunktmäßig ausgeübt wurde, so dass sich 5 Gruppen mit einer Gruppengröße von 3 bis 12 Probanden ergaben. Tab. 2.5: Verteilung der Probanden auf die verschiedenen Sportarten Proband Sportart Anzahl Probanden (n=43) Anteil am Gesamtkollektiv (%) 1-1 bis 1-10 Fußball 10 23 2-11 bis 2-13 Rudern 3 7 3-21 bis 3-29 Basketball 9 21 6-51 bis 6-60 Radfahren/Spinning 10 23 7-61 bis 7-70-2 Laufen 11 26 Anzahl der Probanden (n=43) 12 10 8 6 4 2 9 10 11 10 3 0 Basketball Fußball Laufen Radfahren Rudern Sportart Abb. 2.1: Verteilung der Probanden auf die verschiedenen Sportarten

2 Probanden 16 2.3 Sportartspezifische Belastungen Ziel der Arbeit ist es, Aussagen über den Gerinnungsstatus von Probanden im Freizeitsportbereich treffen zu können. Um dies zu gewährleisten, wurden realitätsnahe Studienbedingungen gewählt. Jedem Probanden wurde drei Mal Blut entnommen. Die erste Blutentnahme erfolgte eine Stunde bis 10 Minuten vor der sportlichen Belastung. Es folgte in allen Gruppen eine sportartspezifische Belastung. Die zweite Abnahme erfolgte 10-30 Minuten nach dieser Belastung. Die letzte Blutentnahme fand zwei Stunden nach Belastung statt, siehe Abbildung 2.2. Sportliche Belastung 1. Blutentnahme 2. Blutentnahme 3. Blutentnahme 60 Min.-10 Min. vor sportlicher Belastung 10 Min.-30 Min. nach sportlicher Belastung 2 h nach sportlicher Belastung t Abb.2.2: Zeitlicher Verlauf der sportlichen Belastung und der Blutentnahmen 2.3.1 Fußball In der Gruppe Fußball wurden die Blutproben an zwei offiziellen Spieltagen der Bezirksliga Süd (Region Gießen/Marburg) entnommen. Nach einem Spiel mit einer Belastungszeit von 2 Mal 45 Minuten erfolgte die Blutentnahme in oben genannter Reihenfolge. Insgesamt nahmen 10 Spieler der Spielgemeinschaft Obbornhofen Bellersheim teil.

2 Probanden 17 2.3.2 Basketball Für die Probanden 3-21 bis 3-25 fanden die Blutentnahmen in der Gruppe Basketball nach einem offiziellen Spiel einer Damenmannschaft des Basketball Clubs Marburg statt. Die Belastungszeit der Probanden betrug etwa eine Stunde. Allerdings lag diese Zeit bei Probandin 3-23 und 3-24, die aus spieltaktischen Gründen ausgewechselt wurden, mit 17 bzw. 15 Minuten deutlich darunter. Die Probeentnahmen für die Probanden 3-26 bis 3-29 erfolgte bei einem realitätsnahen Trainingsspiel des Sportvereins Nonnenroth, die Belastungsdauer der Probanden betrug hier etwa eine Stunde. 2.3.3 Laufen Die Probeentnahmen in der Gruppe Laufen fanden an zwei Tagen bei insgesamt 11 Sportlern statt. Diese absolvierten eine 10 km lange Strecke in einer Stunde. 2.3.4 Radfahren Die Probanden 6-51 bis 6-55 absolvierten eine Mountainbiketour von 45 km Länge innerhalb einer Zeitspanne von 2 Stunden und 50 Minuten. Die Probanden 6-56 bis 6-60 absolvierten eine Spinningtrainingseinheit von einer Stunde Dauer. 2.3.5 Rudern Die Sportler der Gruppe Rudern absolvierten eine 15 km lange Strecke innerhalb einer Zeitspanne von 70 Minuten.

2 Probanden 18 2.4 Ein und Ausschlusskriterien der Probanden 2.4.1 Einschlusskriterien Probanden im Alter von 18 bis 65 Jahren Unterschriebene Einverständniserklärung der Probanden zur Teilnahme an der vorliegenden Arbeit und zur anonymisierten Nutzung des gewonnenen Blutprobenmaterials Ausschluss einer akuten oder chronischen Erkrankung 2.4.2 Ausschlusskriterien Akute oder chronische Erkrankung Einnahme gerinnungshemmender Medikamente innerhalb der letzten Woche Vorliegen einer Schwangerschaft 2.5 Ethikvotum Das Forschungsvorhaben wurde der Ethikkommission am Fachbereich Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen in der Sitzung am 06.09.2007 vorgestellt, Aktenzeichen 122/07. Die Ethikkommission stimmt dem Vorhaben zu.

3 Methoden 19 3 Methoden 3.1 Blutentnahme Jedem Probanden wurde drei Mal Blut entnommen. Die erste Blutentnahme (Messung des Ruhewertes; Abnahme I) erfolgte eine Stunde bis 10 Minuten vor der sportlichen Belastung. Die zweite Abnahme (Abnahme II) erfolgte in einem Rahmen von 10-30 Minuten nach Belastungsende. Die letzte Blutentnahme (Abnahme III) fand zwei Stunden nach Belastung statt (siehe Abb.: 2.2). Die Blutentnahmen erfolgten mit einem Sarstedt Safety-Multifly -Set nach kurzer venöser Stauung aus einer peripheren Vene im Bereich der Ellenbeuge bzw. des Handrückens. Es wurden jeweils in der gleichen Reihenfolge eine Sarstedt S- Monovette Kalium-EDTA (2,7 ml, 1,6 mg EDTA/ml Blut), fünf Sarstedt S-Monovetten Citrat (jeweils 3 ml, Tri-Natriumcitrat-Lösung 0.106 mol/l 0,30 ml Citrat-Lösung) sowie eine Sarstedt S-Monovette Natrium-Fluorid (2,7 ml, 1,2 mg EDTA/ml Blut, 1,0 mg Fluorid/ml Blut) verwendet. Die Monovetten wurden sofort nach der Blutentnahme durch vorsichtiges Kippen mit den jeweils enthaltenen Lösungen vermischt. Die Sarstedt S-Monovetten Kalium-EDTA und die Sarstedt S-Monovetten Natrium- Fluorid wurden nach der Abnahme gekühlt und in einem Zeitraum von bis zu maximal 6 Stunden in das Zentrallabor des Universitätsklinikums Gießen gebracht. Dort erfolgte die Bestimmung folgender Parameter: Leukozyten (Giga/l), Erythrozyten (Tera/l), Hämoglobin (g/l), Hämatokrit (l/l), mittleres korpuskuläres Volumen (fl), mittleres korpuskuläres Hämoglobin (pg), mittlere korpuskuläre Hämoglobinkonzentration (g/dl), Thrombozyten (Giga/l), Glukose (mg/dl) sowie Laktat (mmol/l). Die Sarstedt S-Monovetten Citrat (fünf Monovetten pro Proband) wurden unmittelbar nach der Blutentnahme bei 4000 Umdrehungen pro Minute für 10 Minuten zentrifugiert. Anschließend wurde das Plasma mit Hilfe einer Pipette abpipettiert und in Zentrifugenröhrchen gefüllt (zwei Zentrifugenröhrchen pro Proband). Die Zentrifugenröhrchen wurden erneut für 10 Minuten bei 4000 Umdrehungen pro Minute zentrifugiert. Das auf diese Weise gewonnene Plasma wurde in Eppendorf-

3 Methoden 20 Röhrchen pipettiert. Pro Proband wurden neun Eppendorf-Röhrchen mit Plasma gefüllt (acht mit 0,5 ml, eines mit 1,5 ml), diese wurden sofort auf Eis gelagert und in einem Zeitrahmen von bis zu maximal 6 Stunden bei 70 C gefroren. Die Analyse der Gerinnungsparameter (aptt, Fibrinogen, Faktor VIII:c, ETP sowie D-Dimer) erfolgte am Ende der Studie von November 2009 bis Januar 2010 en bloc im Gerinnungslabor des Interdisziplinären Schwerpunktes für Hämostaseologie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, Standort Gießen.

3 Methoden 21 3.2 Labormethoden 3.2.1 Gerinnungs- und Fibrinolyseparameter 3.2.1.1 Koagulometrische Methoden Koagulometrische Verfahren messen die Zeit vom Starten eines Testansatzes durch Zugabe entsprechender Aktivatoren bis zur Fibrinbildung und bestimmen dadurch die Aktivität einzelner oder mehrerer Gerinnungsfaktoren im Testansatz. Die Messung der Fibrinbildungszeit in Sekunden erfolgte an einem BCS-Gerät (Behring- Coagulation-Systems). Aktivierte partielle Thromboplastinzeit Die Bestimmung der aktivierten partiellen Thromboplastinzeit (aptt) dient der Erkennung von Störungen des intrinsischen Systems sowie der gemeinsamen Endstrecke des intrinsischen und extrinsischen Aktivierungsweges der plasmatischen Gerinnungskaskade (Dörner, 2006). Damit erfasst die aptt die Faktoren XII, XI, IX, X, VIII, II, V und I (Dörner, 2006). Durch die Zugabe eines im aptt-reagenz enthaltenen Oberflächenaktivators und Phospholipiden zum Probenplasma wird die Kontaktaktivierung der Gerinnungskaskade unter Inkubation imitiert. Durch die Zugabe von Calciumionen wird der Gerinnungsvorgang und damit die Bildung von Fibrin ausgelöst. Als Messgröße dient die Zeit in Sekunden von der Zugabe des Calciums bis zur messbaren Fibrinbildung (Dörner, 2006). Verwendeter Test: Pathrombin Products GmbH, Marburg; Bestellnummer: OQGS. SL der Firma Siemens Healthcare Diagnostics Referenzbereich: 26-36 Sekunden.

3 Methoden 22 Fibrinogen Die Fibrinogenkonzentration wird mit Hilfe der modifizierten Methode nach Clauss bestimmt. Zunächst wird Citratplasma bis zu einer Fibrinogenkonzentration von 0,1-0,5 g/l verdünnt, da bei einer Fibrinogenkonzentration in diesem Bereich die Fibrinogenkonzentration der Probe mit der gemessenen Gerinnungszeit korreliert. Nun wird durch Zugabe von hohen Konzentrationen an Thrombin der Testansatz gestartet und die Gerinnungszeit in Sekunden gemessen. Diese ist proportional zur Menge an Fibrinogen und kann entweder durch Korrelation mit Fibrinogenwerten (g/l) einer Wertetabelle oder durch eine erstellte Bezugskurve ausgewertet werden. Verwendeter Test: Multifibren Products GmbH, Marburg; Bestellnummer: OWZG. U der Firma Siemens Healthcare Diagnostics Referenzbereich: 1,5-4 g/l. Faktor VIII:c Um den Einfluss anderer gerinnungsaktiver Komponenten zu verhindern, wird zur Bestimmung des Faktors VIII:c das Probeplasma mit einem Faktor VIII- Mangelplasma verdünnt. Anschließend wird die aptt bestimmt. Fehlt dem Probandenplasma der untersuchte Gerinnungsfaktor, kommt es zu einer Verlängerung der aptt, da das Fehlen des Gerinnungsfaktors im Mangelplasma nicht ausgeglichen werden kann. Das Faktor VIII-Mangelplasma enthält alle Gerinnungskomponenten außer Faktor VIII im Überschuss, so dass sich ausschließlich Veränderungen des Faktors VIII im Ergebnis widerspiegeln. Die Aktivität des Faktors VIII wird in % der Norm angegeben. Verwendete Tests: Gerinnungsfaktor VIII-Mangelplasma der Firma Siemens Healthcare Diagnostics Products GmbH, Marburg; Bestellnummer: OTXWG und Pathrombin SL der Firma Siemens Healthcare Diagnostics Products GmbH, Marburg; Bestellnummer: OQGS. Referenzbereich: 70-150 %.

3 Methoden 23 3.2.1.2 Aktivierungsparameter Endogenes Thrombinpotential Die Bestimmung des endogenen Thrombinpotentials (ETP), d.h. die Erfassung der Bildung und Inhibition des Thrombins, erlaubt eine umfassende Aussage über das Ausmaß der Gerinnungsaktivierung einer Plasmaprobe. Das ETP definiert die Thrombinmenge, die zu jedem Zeitpunkt von der Aktivierung bis zur Inhibition in der Plasmaprobe enthalten ist, und stellt somit ein Maß für die Summe aller pro- und antikoagulatorischen Prozesse dar (Bruhn et al., 2011). Die Bestimmung des ETPs erfolgt mit Hilfe eines photometrischen Tests (Bruhn et al., 2011). In Gegenwart von Calciumchlorid wird durch Zugabe von Dade Innovin Reagenz die Thrombinbildung gestartet. Die Umsatzkinetik (die Initiationsphase, der Thrombinanstieg, die maximale Konzentration bis zur vollständigen Inhibition von Thrombin) von Thrombin wird durch ein langsam reagierendes Thrombinsubstrat kontinuierlich photometrisch bei einer Wellenlänge von 405 nm gemessen. Die Kinetik wird vom BCS -System aufgezeichnet. Die Thrombinbildungskurve erhält man durch mathematische Ableitung der gemessenen Bildungskinetik (Bruhn et al., 2011). Um das eigentliche physiologische Thrombinpotential zu bestimmen, wird mit den verfügbaren Thrombinsubstraten zusätzlich die unphysiologische Aktivität des Thrombin-α 2 -Makroglobulin-Komplexes gemessen, durch komplexe mathematische Algorithmen berechnet und von der gemessenen Gesamtumsatzkinetik abgezogen (Bruhn et al., 2011). Dies erfolgt automatisch am BCS -System. Verwendeter Test: ETP Test Kit der Firma Dade Behring Marburg GmbH; Bestellnummer: OPDS.

3 Methoden 24 D-Dimer D-Dimere sind Spaltprodukte des Fibrins, sie entstehen durch Fibrinolyse. Die quantitative Analyse von quervernetzten D-Dimeren erfolgte mit Hilfe eines Latex verstärkten immuno-turbidimetrischen Assays. Zur Bestimmung der D-Dimer Konzentration werden Polystyrolpartikel, die kovalent mit einem monoklonalen Antikörper beladen sind, verwendet. Diese aggregieren, wenn sie mit Proben gemischt werden, die D-Dimere enthalten. Das Epitop für den monoklonalen Antikörper ist zweifach vorhanden, da die D-Dimer Quervernetzungsregion spiegelsymmetrisch aufgebaut ist. Aus diesem Grund ist ein Antikörper ausreichend um die Aggregationsreaktion auszulösen. Durch die Aggregationsreaktion kommt es zu Trübung der Probe, die durch eine immuno-turbidimetrische Messung bestimmt wird. Verwendeter Test: Innovance D-Dimer der Firma Siemens Healthcare Diagnostics Products GmbH, Marburg; Bestellnummer: OPBP. Referenzbereich: bis 0,5 mg/l FEU (Fibrinogenäquivalente).

3 Methoden 25 3.2.2 Blutbild, Laktat und Glukose Die Bestimmung dieser Werte erfolgte im Zentrallabor des Universitätsklinikums Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen. 3.2.2.1 Blutbild Die Bestimmung des Blutbildes (Erythrozyten (Tera/l), Hämoglobin (g/l), Hämatokrit (l/l), Leukozyten (Giga/l), Thrombozyten (Giga/l)) erfolgte mit dem Hämatologie Analysator XE-2100 der Firma Sysmex. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Normbereiche der oben genannten Parameter: Tab. 3.1: Übersicht Normwerte Blutbild. Parameter Erythrozyten (Tera/l) Hämoglobin (g/l) Hämatokrit (l/l) Leukozyten (Giga/l) Thrombozyten (Giga/l) Normbereich m 4,0-6,0 Tera/l w 3,5-5,0 Tera/l m 140-180 g/l w 120-160 g/l m 0,42-0,52 l/l w 0,37-0,47 l/l 4,0-11,0 Giga/l 140-400 Giga/l 3.2.2.2 Laktat und Glukose Die Bestimmung von Laktat- und Glukosewerten erfolgte mit dem Gerät Adiva 1800 der Firma Siemens. Der Normbereich für Laktat liegt bei 0,5-2,2 mmol/l, für Glukose nüchtern bei 60-110 mg/dl.

3 Methoden 26 3.3 Fragebogen Zu Beginn der Untersuchung beantworteten alle Sportler einen standardisierten Fragebogen. Der allgemeine Teil des Fragebogens enthielt offene Fragen und erfasste Kontaktdaten, Alter, Geschlecht, Größe und Gewicht der Probanden. Der zweite Teil des Fragebogens ging auf die Trainingsgewohnheiten der Sportler ein. Hier fanden sich sowohl Eingruppierungsfragen als auch geschlossene Fragen, siehe Abbildung 3.1. Seit wann betreiben Sie die oben genannte Sportart? Wie oft trainieren Sie diese Sportart? länger als 5 Jahre 1 bis 5 Jahre kürzer als 1 Jahr > 3 mal die Woche 1-3 mal die Woche < 1 mal die Woche Wie lange trainieren < eine Stunde > eine Stunde Sie? Betreiben Sie neben ja nein der oben genannten Sportart noch Andere? Wenn ja, welche anderen Sportarten betreiben Sie? Ausdauersportarten Krafttraining Andere Wann haben Sie zuletzt > eine Woche 3-7 Tage 1 Tag 2 Tage 3 Tage trainiert? Abb. 3.1: Trainingsgewohnheiten der Probanden (Ausschnitt Fragebogen). Der dritte Teil des Fragebogens erfasste thromboembolische Risikofaktoren der Sportler. Außerdem wurden hier verschiedene Faktoren, die sich auf den Gerinnungsstatus der Probanden auswirken, erfragt. Auch in diesem Teil des Fragebogens wurden Eingruppierungsfragen und geschlossene Fragen gestellt, siehe Abbildung 3.2. Die Frage, ob der Proband Raucher ist, wurde im ersten Teil des Fragebogens abgefragt, gehört aber zu den Risikofaktoren für das Auftreten eines thromboembolischen Ereignisses.

3 Methoden 27 Sind in ihrer Familie ja nein Thrombosen/Herzinfarkt/ Schlaganfall bekannt? Leiden Sie an einer ja nein chronischen Erkrankung? (wenn ja, welche): Leiden Sie an einer akuten ja nein Erkrankung? (grippaler Infekt etc.) Nehmen Sie regelmäßig ja nein Medikamente? (Wenn ja, welche?) Nehmen Sie die Pille? ja nein Wann haben Sie zuletzt Aspirin (oder ein anderes blutverdünnendes Medikament) eingenommen? > eine Woche < eine Woche Abb. 3.2: Familiäres Risiko für das Auftreten eines thromboembolischen Ereignisses, die Gerinnung beeinflussende Faktoren (Ausschnitt Fragebogen). 3.4 Statistische Auswertung Die statistische Auswertung der erhobenen Daten erfolgte in der Arbeitsgruppe Medizinische Statistik am Institut für Medizinische Informatik der Justus-Liebig- Universität Gießen in Zusammenarbeit mit Herrn Papst. Für die Erfassung der Rohdaten wurde das Programm EXCEL 2003 für Windows XP der Firma Microsoft verwendet. Die weitere Bearbeitung der Daten erfolgte mit dem Programm SPSS Version 17.0 der Firma IBM und der Demonstrationsversion des Programmes Winstat der Firma R. Fitch Software. Die Erstellung von Grafiken erfolgte mit Hilfe des Programms Unistat 6.0, sowie der Programme Microsoft Office Visio 2003 und Microsoft Office Excel 2010. Die deskriptive Beschreibung der Verteilung nominal skalierter Merkmale in den einzelnen Gruppen erfolgt durch die Angabe der absoluten und relativen Häufigkeiten der einzelnen Merkmalsausprägungen.

3 Methoden 28 Die deskriptive Beschreibung der Verteilung stetiger Merkmale in den einzelnen Gruppen erfolgt, da von der Annahme der Normalverteilung nicht ausgegangen werden konnte, durch die Angabe von Median, Minimum und Maximum. Um jedoch die Vergleichbarkeit mit der Literatur zu ermöglichen, werden auch der Mittelwert und die Standardabweichung angegeben. Die Verteilung der untersuchten Laborparameter und deren Veränderung, d. h. die Differenz der beobachteten Werte für einen Probanden zwischen zwei Abnahmezeitpunkten, wird graphisch durch notched Box-and-Whisker-Plots dargestellt. Dabei kennzeichnen die Enden der Whiskers die Extremwerte (Minimum und Maximum), die Enden der Box das 1. und 3. Quartil und der lange waagerechte Strich innerhalb der Box den Median. Die Enden der Kerben kennzeichnen das 95%- Konfidenzintervall des Medians. Unterschiede zwischen abhängigen Stichproben wurden für k = 2 Zeitpunkte mit Hilfe des Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Tests überprüft. Zur Überprüfung von Unterschieden zwischen den verschiedenen Sportgruppen wurde der Kruskal-Wallis- H-Test angewendet. Die Analyse der Daten erfolgte im explorativem Sinne. Die berechneten p-werte für die Überprüfung der interessierenden Fragestellungen sind ein Maß für die Reproduzierbarkeit des beobachteten Ergebnisses unter der Annahme, dass der interessierende Einflussfaktor (z.b. Sportgruppe) keinen Einfluss auf die beobachteten Werte hat. Kleine p-werte sind somit ein Hinweis, dass der Faktor einen Einfluss haben könnte.

3 Methoden 29 3.5 Anpassung der Parameter an das veränderte Plasmavolumen Durch sportliche Belastung kommt es aufgrund von Flüssigkeitsverschiebungen zur Abnahme des Plasmavolumens (Dill & Costill, 1974). Bei der Messung von Parametern, die als Konzentrationen im Blutplasma angegeben werden, muss die Änderung des Plasmavolumens berücksichtigt werden, um die Messergebnisse nicht zu verfälschen. Entgegen den Ergebnissen von Dill und Costill konnte in der vorliegenden Studie eine Zunahme des Plasmavolumens um 1,3 % kurz nach sportlicher Belastung und eine weitere Zunahme um 5,4 % zwei Stunden nach sportlicher Belastung beobachtet werden, so dass davon ausgegangen werden muss, dass die Sportler schon während der Belastung ihren Flüssigkeitsverlust durch Trinken ausglichen. Da die Probeentnahmen zum Teil bei offiziellen Wettkämpfen stattfanden, konnte eine Flüssigkeitskarenz der Probanden während des Wettkampfes und noch zwei Stunden darüber hinaus nicht realisiert werden. Um einen Einfluss der veränderten Plasmavolumenverhältnisse auszuschließen, wurden folgende Parameter, die kurz nach sportlicher Belastung bestimmt wurden, an das veränderte Plasmavolumen durch Anwendung der Methode von Dill und Costill (Dill & Costill, 1974) angepasst: Leukozyten, Erythrozyten, Glukose, Laktat, Thrombozyten, Fibrinogen, FVIII:c, ETP und D-Dimer. Für eine erneute Änderung des Plasmavolumens zwei Stunden nach sportlicher Belastung wurde ein zweiter Korrekturfaktor aus den zum Abnahmezeitpunkt III bestimmten Hämatokrit- und Hämoglobinwerten nach der oben genannten Methode errechnet und die Messergebnisse der Abnahme III mit diesem angeglichen.

4 Ergebnisse 30 4 Ergebnisse An der vorliegenden Studie nahmen 43 Sportler teil. Diesen wurde vor (Abnahme I/Ruhewert), kurz nach (Abnahme II) und zwei Stunden nach (Abnahme III) sportlicher Belastung Blut entnommen. Folgende Parameter wurden bestimmt: Leukozyten, Erythrozyten, Laktat, Glukose, Thrombozyten, aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aptt), Faktor VIII:c, Fibrinogen sowie endogenes Thrombinpotential (ETP). 4.1 Blutbild 4.1.1 Leukozyten Kurz nach sportlicher Aktivität zeigte sich eine Erhöhung des Medians der Leukozytenzahl von 6,5 Giga/l auf 9,6 Giga/l, wie in Abbildung 4.1 dargestellt. Dies entspricht einer Erhöhung um 48 % (p 0,001). Im weiteren Verlauf konnte ein progressiver Anstieg der Leukozytenzahl auf 12,1 Giga/l zwei Stunden nach Belastungsende beobachtet werden (p 0,001). Im Vergleich zum Ruhewert hatte sich somit zwei Stunden nach sportlicher Belastung der Median der Leukozytenzahl fast verdoppelt. Zum Abnahmezeitpunkt I lagen die Leukozytenzahlen bei allen Probanden im Normbereich von 4,0-11,0 Giga/l. Zum Abnahmezeitpunkt II, kurz nach sportlicher Belastung war besonders bei Probanden der Gruppen Fußball und Basketball eine Erhöhung der Leukozytenzahl über den Normbereich beobachtbar. Zwei Stunden nach sportlicher Belastung fanden sich in allen Gruppen Probanden, deren Leukozyten über den Normbereich erhöht waren.

4 Ergebnisse 31 20 18 Leukozyten (Giga/l) 16 14 12 10 8 6 4 I II III Zeit Abb. 4.1: Verteilung der Leukozytenzahl in Giga/l zum Abnahmezeitpunkt I (vor Sport), zum Abnahmezeitpunkt II (kurz nach Sport) und zum Abnahmezeitpunkt III ( 2h nach Sport) durch Angabe von Minimum, unterem Quantil, Median, oberem Quantil und Maximum. Dargestellt als Box Whisker Plot. Wenn die beobachtete globale Tendenz der Zunahme der Leukozytenzahl innerhalb der Sportgruppen untersucht wird, zeigt sich diese Zunahme besonders ausgeprägt in den Sportgruppen Fußball und Basketball.

4 Ergebnisse 32 12 10 Leukozyten (Giga/l) 8 6 4 2 p 0,001 p 0,001 0-2 Diff. II - I Diff. III - II Abb. 4.2: Differenz der Leukozytenzahl in Giga/l zwischen Abnahmezeitpunkt II und Abnahmezeitpunkt I (Diff. II-I), sowie Differenz der Leukozytenzahl in Giga/l zwischen Abnahmezeitpunkt III und Abnahmezeitpunkt II (Diff. III-II, siehe Beschriftung der x-achse) durch Angabe von Minimum, unterem Quantil, Median, oberem Quantil, Maximum und Konfidenzintervall. Dargestellt als Box Whisker Plot. 4.1.2 Erythrozyten Der Median der Erythrozytenwerte veränderte sich nach sportlicher Belastung nur diskret. Vor sportlicher Belastung lag dieser bei 4,9 Tera/l. Kurz nach sportlicher Belastung bei 5,0 Tera/l, zwei Stunden nach Belastung bei 5,1 Tera/l. Zwischen Ruhewert und kurz nach Belastung bestimmtem Wert ergab sich im Wilcoxon Test ein Unterschied mit p 0,001. Nur bei vier Probanden lagen die Erythrozytenzahlen leicht über dem Normbereich von 4-6 Tera/l für Männer und 3,5-5 Tera/l für Frauen. Bei allen anderen Probanden waren normwertige Erythrozytenzahlen nachweisbar.

4 Ergebnisse 33 6,5 Erythrozyten (Tera/l) 6 5,5 5 4,5 4 I II III Zeit Abb. 4.3: Verteilung der Erythrozytenzahl in Tera/l zum Abnahmezeitpunkt I (vor Sport), zum Abnahmezeitpunkt II (kurz nach Sport) und zum Abnahmezeitpunkt III ( 2h nach Sport) durch Angabe von Minimum, unterem Quantil, Median, oberem Quantil und Maximum. Dargestellt als Box Whisker Plot. 0,5 0,4 Erythrozyten (Tera/l) 0,3 0,2 0,1 0-0,1-0,2-0,3 p 0,001 p 0,001-0,4 Diff. II - I Diff. III - II Abb. 4.4: Differenz der Erythrozytenzahl in Tera/l zwischen Abnahmezeitpunkt II und Abnahmezeitpunkt I (Diff. II-I), sowie Differenz der Erythrozytenzahl in Tera/l zwischen Abnahmezeitpunkt III und Abnahmezeitpunkt II (Diff. III-II, siehe Beschriftung der x-achse) durch Angabe von Minimum, unterem Quantil, Median, oberem Quantil, Maximum und Konfidenzintervall. Dargestellt als Box Whisker Plot.

4 Ergebnisse 34 4.1.3 Hämoglobin Der Median der Hämoglobinkonzentration lag zum Abnahmezeitpunkt I bei 152 g/l. Wie Abbildung 4.5 zeigt, kam es kurz nach sportlicher Belastung zu einem diskreten Rückgang der Hämoglobinkonzentration auf 148 g/l. Zwei Stunden nach sportlicher Belastung lag der Median der Hämoglobinkonzentration ebenfalls bei 148 g/l. Alle gemessenen Hämoglobinkonzentrationen lagen im Normbereich von 140-180 g/l für Männer und 120-160 g/l für Frauen. 170 160 Hämoglobin (g/l) 150 140 130 120 110 I II III Zeit Abb. 4.5: Verteilung der Hämoglobinkonzentration in g/l zum Abnahmezeitpunkt I (vor Sport), zum Abnahmezeitpunkt II (kurz nach Sport) und zum Abnahmezeitpunkt III ( 2h nach Sport) durch Angabe von Minimum, unterem Quantil, Median, oberem Quantil und Maximum. Dargestellt als Box Whisker Plot.

4 Ergebnisse 35 20 10 Hämoglobin (g/l) 0-10 -20 p 0,001-30 Diff. II - I Diff. III - II Abb. 4.6: Differenz der Hämoglobinkonzentration in g/l zwischen Abnahmezeitpunkt II und Abnahmezeitpunkt I (Diff. II-I), sowie Differenz der Hämoglobinkonzentration in g/l zwischen Abnahmezeitpunkt III und Abnahmezeitpunkt II (Diff. III-II, siehe Beschriftung der x-achse) durch Angabe von Minimum, unterem Quantil, Median, oberem Quantil, Maximum und Konfidenzintervall. Dargestellt als Box Whisker Plot. 4.1.4 Hämatokrit Wie in Abbildung 4.7 dargestellt, kam es nach sportlicher Belastung zu einem leichten Abfall des Medians des Hämatokrits von 0,44 l/l zum Abnahmezeitpunkt I auf 0,43 l/l zum Abnahmezeitpunkt II (p 0,05). Zwei Stunden nach Belastungsende lag der Median des Hämatokrits für das Gesamtkollektiv ebenfalls bei 0,43 l/l. Zum Abnahmezeitpunkt I lag bei zwei Probanden der Hämatokritwert leicht unter dem Normbereich von 0,42-0,52 l/l für Männer und 0,37-0,47 l/l für Frauen. Zwei Stunden nach körperlicher Belastung war bei sieben Probanden ein dezent verringerter Hämatokritwert unter dem Normbereich beobachtbar.