Gemeinschaftsfachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik



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Gebäude IB Ebene1 Tel. (0234) 322-4061 Fax (0234) 3214-160 Gemeinschaftsfachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik Versuch A3 Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades Auflage Oktober 2001

Inhalt Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades Inhaltsverzeichnis 1 Leitfragen...1 2 Laboraufgabe...2 2.1 Ziel...2 2.2 Ablauf...2 3 Theoretische Grundlagen...3 3.1 Evolvente, Erzeugung eines Zahnprofils, Bezugsprofil...3 3.2 Geometrische Grundlagen evolventenverzahnter Stirnräder...5 3.2.1 Durchmesser, Winkel und Teilung...5 3.2.2 Verzahnungsgesetz, Übersetzung und Eingriffsstrecke...7 3.2.3 Profilverschiebung...9 3.3 Vorteile der Evolventenverzahnung...10 4 Verzahnverfahren...10 4.1 Formverfahren...10 4.2 Wälzverfahren...12 5 Vermessen und Prüfen von Verzahnungen...15 5.1 Abweichung und Qualität der Verzahnung...15 5.2 Kreisteilung...16 5.3 Eingriffsteilung...18 5.4 Profilform...20 5.5 Zahnweite...20 5.6 Wälzprüfung...21 5.7 Tragbildprüfung...24 6 Anhang...25 6.1 Verwendete Formelzeichen...25 6.2 Verzahnungsdaten...26 6.3 Literatur...26 6.4 Hinweise zum Versuchsprotokoll...27

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 1 1 Leitfragen Die folgenden Punkte sollen Ihnen helfen, die wichtigsten Aspekte in den vorliegenden Versuchsunterlagen zu erkennen. Sie sollten beim Lesen des Skripts diese Fragen im Hinterkopf behalten und zur Vorbereitung auf den Versuch die Fragen mit den Mitgliedern Ihrer Gruppe durchsprechen, z.b. in Form eines Rollenspiels. Stellen Sie sich vor, daß Sie in einer Firma arbeiten, die Zahnräder herstellt. 1. Wenn Sie Bekannten von Ihrer Arbeit erzählen, müssen Sie immer wieder feststellen, daß Ihre Gesprächspartner Zahnräder langweilig finden. Versuchen Sie am Beispiel einer Windkraftanlage zu erklären, wo Zahnräder zum Einsatz kommen und warum es sich um ein zukunftsträchtiges Maschinenelement handelt. 2. Ein Neukunde möchte eine Kurzeinführung in das Thema Verzahnungsgeometrie. Er hat von Begriffen wie Evolventenverzahnung oder Profilverschiebung gehört, kann sich aber nichts darunter vorstellen. 3. Erläutern Sie dem Kunden, welche Vorarbeiten und Bearbeitungsschritte für die Herstellung eines wälzgefrästen Stirnrades notwendig sind. 4. Nach Ihrer kompetenten Beratung bestellt der Kunde eine größere Lieferung Zahnräder bei Ihrer Firma. Anhand welcher Meßgrößen können Sie die Qualität der Verzahnungen nachweisen? Welche Auswirkungen haben Abweichungen Ihrer Meinung nach auf die Funktion eines Getriebes?

2 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik 2 Laboraufgabe 2.1 Ziel Auf einer PFAUTER P 500-Wälzfräsmaschine ist ein Evolventenschrägstirnrad mit dem Bezugsprofil nach DIN 867 zu fertigen. Vorgegebenen sind die Größen Normalmodul mn, Zähnezahl z, Profilverschiebungsfaktor x, Zahnbreite b, Schrägungswinkel β. Die Abweichungen der Teilkreisteilung, der Eingriffsteilung, der Zahnweite und der Profilform sind zu messen. Für beide Drehrichtungen des gefrästen Rades erfolgt die Einflanken-Wälzprüfung. Hinsichtlich der festgestellten Abweichungen ist die Qualität der Verzahnung zu bestimmen. Die Ergebnisse sind in Form eines Protokolls schriftlich darzulegen. 2.2 Ablauf Der Treffpunkt befindet sich in den Versuchshallen IBN auf Ebene 03 vor dem Raum 03/62 (am Fahrstuhl). Der Versuch setzt sich aus folgenden Teilstationen zusammen: - Einführung: Diskussion des genauen Ablaufs des Versuches - Zahnradherstellung: Die Fertigung an einer Verzahnungsmaschine erfolgt unter Anleitung unseres Werkstattleiters - Vermessung: Vermessen werden Kreisteilung und Flankenform mit Hilfe eines Verzahnungsmeßzentrums, die Zahnweite und die Eingriffsteilung. Abschließend erfolgt eine Einflanken-Wälzprüfung und eine Tragbildprüfung. - Diskussion: Zum Abschluß und auch während des Fachlabors werden Detailfragen zum Versuch besprochen. Hinweise zum Protokoll finden Sie am Ende dieses Skriptes.

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 3 3 Theoretische Grundlagen 3.1 Evolvente, Erzeugung eines Zahnprofils, Bezugsprofil Die meisten heute eingesetzten Verzahnungen sind Evolventenverzahnungen. Sie entstehen durch das Abrollen eines Profilwerkzeugs auf einer Kreisbahn. Bild 1 zeigt die Konstruktion der Evolventenkurve. Auf dem Grundkreis mit dem Radius rb wälzt die erzeugende Gerade ab. Die Spitze E der Gerade bildet beim Abrollen die Evolvente. erzeugende Gerade b E α i Evolvente P r i T α i ϑ i r b Grundkreis Bild 1: Entstehung der Evolvente Bei der mathematischen Beschreibung der Evolvente wird der Winkel υ benötigt. Er ergibt sich aus der Evolventenfunktion invα (sprich "involut"). Dieser Zusammenhang ist über die Bogenlänge b aus Bild 1 herzuleiten: Bogenstück auf dem Grundkreis b = r b (α + ϑ ) Bogenstück auf der erzeugenden Geraden: b = r b tan α r b (α + ϑ ) = tan α ϑ = taná ) á = invá (1) Nach dem gleichen Prinzip läßt sich eine Evolvente durch eine Zahnstange mit geraden

4 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik Zahnflanken erzeugen. Hierbei wälzt die Zahnstange mit ihrer Wälzgeraden auf dem Wälzkreis des Zahnrades ab. In Bild 2 ist zu erkennen, wie ein Zahn der Zahnstange sich bei diesem Abwälzen in die Lücke hinein- und wieder hinausbewegt und dabei die Evolventen der Zahnflanken erzeugt. Bild 2: Erzeugung des Flankenprofils Profile von Zahnstangen und entsprechende Werkzeugprofile sind genormt, man nennt sie Bezugsprofile. Bild 3 gibt das Bezugsprofil der Evolventenverzahnung nach DIN 867 an. Die Form der Fußausrundung, die am inneren Ende der nutzbaren Flanke beginnt, hängt vom Herstellungsverfahren und Werkzeug ab. Bild 3: Bezugsprofil für Stirnräder mit Evolventenverzahnung für den allgemeinen Maschinenbau nach DIN 867

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 5 3.2 Geometrische Grundlagen evolventenverzahnter Stirnräder 3.2.1 Durchmesser, Winkel und Teilung Aus der Gleichung für den Umfang U läßt sich der Teilkreisdurchmesser in Abhängigkeit von Zähnezahl z und Teilung (vgl. Bild 4): U = 2 π r = π d = z p d = z p π (2) Die Teilkreisteilung p wählt man als Vielfaches von π. Die Eingriffsteilung p e gibt den Abstand zwischen zwei aufeinander folgenden Zahnflanken gemessen auf der Eingriffslinie an. p = m π (3) p e = p cosα (4) Der Modul m ist eine Bezugsgröße, die als Maßstabsfaktor ausschlaggebend die Geometrie des Zahnrades bestimmt. Um die Anzahl der notwendigen Werkzeuge zu begrenzen, ist der Modul m n im Normalschnitt nach DIN 780 in Reihen genormt. Bild 4 zeigt den Stirnschnitt eines Zahnrades mit den Eingriffsteilungen, der Zahn- und Lückenweite, den Zahnhöhen sowie Kopf- Fuß, Teil- und Grundkreis.

6 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik Bild 4: Verzahnungsmaße am Evolventenstirnrad in der Stirnansicht Im Gegensatz zu Stirnrädern mit geraden Zähnen muß man Schrägstirnräder räumlich betrachten. Die Schrägstellung vergrößert die Flankenfläche. Schrägstirnräder weisen meistens eine höhere Tragfähigkeit und weitere Vorteile wie z.b. geringere Geräuschentwicklung auf. Bild 5 zeigt das Bezugsprofil im Stirnschnitt und im Normalschnitt eines Schrägstirnrades. Für die Herstellung maßgebend ist das Profil im Normalschnitt. Ein im Normalschnitt angestelltes Werkzeug mit geraden Zähnen kann schrägverzahnte Stirnräder mit verschiedenen Schrägungswinkeln herstellen. Mit Werkzeugen gemäß dem Bezugsprofil nach DIN 867 - vgl. Bild 3 kann man also nicht nur Geradverzahnungen, sondern auch Schrägverzahnungen herstellen. Normalschnittgrößen versieht man mit dem Index n und Stirnschnittgrößen mit dem Index t. Die Eingriffswinkel im Stirn- und Normalschnitt hängen über folgende Gleichung zusammen: tan αn = tan α t cosβ (5) TT t T T

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 7 Bild 5: Bezugsprofile im Normal- und Stirnschnitt eines Schrägstirnrades Die Teilungs- und Modulbeziehungen lauten: p n = p cosβ t cosα pen = pn cosαn = pt cosβ cosα n = pet cosβ cosα m t mn = cosβ n t (6) (7) (8) 3.2.2 Verzahnungsgesetz, Übersetzung und Eingriffsstrecke Beim Eingriff zweier Zahnräder wälzen die Teilkreise (bzw. Wälzkreise) im Wälzpunkt C aufeinander ab. Die Evolventenverzahnung erfüllt das Verzahnungsgesetz für eine lineare Übertragungsfunktion: Eine Drehbewegung wird dann gleichmäßig von einer Welle auf eine andere übertragen, wenn in jeder Stellung die gemeinsame Normale beider Zahnflankenprofile in ihrem Eingriffspunkt (Berührungspunkt) durch den in Ruhe befindlichen Wälzpunkt geht. Die örtliche Folge aller Berührungspunkte heißt Eingriffsstrecke. Sie ist bei Evolventenrädern Teil der Rollgeraden und gleichzeitig Eingriffsnormale. Mit der Wälzgeraden (Tangente an den Wälzkreis im Wälzpunkt) schließt sie den Eingriffswinkel α wt ein. Im Bild 6 ist α wt gleich dem Herstellungseingriffswinkel α. Die Schnittpunkte A und E der Kopfkreise der Räder 1 und 2 mit der Rollgeraden bestimmen die theoretische Länge der Eingriffsstrecke. Die Übersetzung i folgt aus Bild 6. Bei konstanten Grundkreisdurchmessern bleibt i auch bei Änderung des Achsabstandes erhalten! ω1 d2 d b2 i = = = = ω d d 2 1 b1 z z 2 1 (9)

8 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik Die Profilüberdeckung ε α = AE p et (10) gibt die durchschnittliche Anzahl der im Eingriff befindlichen Zähne in einem Stirnschnitt während der Eingriffsdauer eines Zahnpaares an. Sie muß mindestens gleich 1 sein, damit stets ein Zahnpaar in Eingriff ist. Man strebt einen möglichst großen Überdeckungsgrad an, mindestens ε α = 11,. Bei schrägverzahnten Stirnrädern gibt die Sprungüberdeckung ε β an, wieviele Zähne infolge der Schrägstellung zusätzlich in Eingriff sind. Die Versetzung zweier um die Zahnbreite b auseinander liegender Stirnschnittprofile einer Zahnflanke heißt Sprung. Es gilt: ε = β b tanβ p t (11) Bild 6: Eingriff zweier Zahnräder

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 9 3.2.3 Profilverschiebung Evolventenzahnräder kann man mit Profilverschiebung herstellen. Beim Verzahnen eines V-Rades (Rad mit verschobenem Profil) ist die Profilbezugslinie verschoben, und eine im Abstand x m n zur Profilbezugslinie parallele Wälzgerade rollt auf dem Teilkreis ab. Bild 7 zeigt das Zahnstangenwerkzeug und das zu verzahnende Rad. Bild 7: Herstellung eines V-Rades mit positiver Profilverschiebung und Grenzzähnezahl; Zahnstangenwerkzeug mit Bezugsprofil nach DIN 867 Die Profilverschiebung ist positiv, wenn die Profilbezugslinie zu den Zahnköpfen verschoben ist und negativ, wenn die Profilbezugslinie zu den Zahnfüßen der zu schneidenden Räder verschoben ist. Die Profilverschiebungen beeinflussen die Zahnform und damit die Tragfähigkeit, die Länge und Lage der Eingriffslinie und den Betriebsachsabstand a. Die Wahl der Profilverschiebungsfaktoren x 1 und x 2 von Rad und Gegenrad wird begrenzt von spitzen Zähnen bei positivem Profilverschiebungsfaktor x und schädlichem Unterschnitt bei negativem Profilverschiebungsfaktor x. Man spricht von Unterschnitt, wenn ein Teil der Evolvente am Zahnfuß vom Werkzeug weggeschnitten wird. Bei V-Null-Verzahnungen ergänzt sich die Summe der Profilverschiebungen eines Radpaares zu Null. Der Achsabstand entspricht dem einer nicht-profilverschobenen Verzahnung a d. Bei V-Verzahnungen ist die Summe der Profilverschiebungen ungleich Null. Es ändert sich der Betriebsachsabstand a p.

10 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik a = a + m ( x + x ) p d n 1 2 (12) Bei negativer Profilverschiebungssumme (x 1 + x 2 ) "schiebt" man die Räder auf einen Achsabstand a p < a d zusammen. Dadurch erhält man einen von α verschiedenen Betriebseingriffswinkel α wt und von den Teilkreisdurchmessern d verschiedene Wälzkreisdurchmesser d w. Soll nach dem "Zusammenschieben" das Kopfspiel erhalten bleiben, wird im allgemeinen eine Kopfkürzung erforderlich. Profilverschiebungen sind im Normal- und Stirnschnitt gleich. 3.3 Vorteile der Evolventenverzahnung Für Stirn- und Kegelräder verwendet man im Maschinenbau fast nur Evolventenverzahnungen, da sie folgende Vorteile bieten: a) Die Zahnräder sind mit einfachem, geradflankigem Werkzeug im Abwälzverfahren herstellbar. b) Bei Achsabstandsänderungen bleibt die Übertragungsfunktion linear. c) Profilverschobene Räder können mit gleichem Werkzeug hergestellt werden. d) Die Eingriffslinie ist eine Gerade. Räder, die gleiches Bezugsprofil haben, lassen sich paaren (Satzrädereigenschaft). e) Die Zahnnormalkraft ändert ihre Richtung nicht. 4 Verzahnverfahren Man unterscheidet Formverfahren mit einem Formwerkzeug sowie Wälzverfahren durch Abwälzen an einem das Bezugsprofil enthaltenden Werkzeug. 4.1 Formverfahren Das Werkzeug hat beim Formverfahren die Form der Zahnlücke. Für Räder mit verschiedenen Zähnezahlen benötigt man zur Herstellung genauer Zahnformen unterschiedliche Formwerkzeuge. Die Anwendung bleibt daher hauptsächlich auf Sonderfälle oder Massenfertigung beschränkt.

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 11 Beispiele für Formverfahren: Formfräsen mit Scheiben oder Fingerfräser Das rotierende Werkzeug fräst eine Zahnlücke, danach dreht man den zu verzahnenden Radkörper um eine Teilung weiter. Beispiele zeigen Bild 8 und Bild 9. Bild 8: Fräsen von Zähnen eines Stirnrades mit einem Profilscheibenfräser Bild 9: Profilfingerfräser Formschleifen analog dem Formfräsen mit Profilscheibe Formstoßen Räumen Formen durch Gießen, Spritzen, Gesenkschmieden, Fließpressen

12 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik 4.2 Wälzverfahren Werkstück und Werkzeug führen bei allen Wälzverfahren Wälzbewegungen aus wie zwei ihnen entsprechende, fertigverzahnte Getriebeelemente. Die geraden oder einem geraden Bezugsprofil entsprechenden Schneiden des Werkzeuges hüllen beim Wälzen während entsprechender Vorschub- und Schnittbewegungen die Zahnflanke ein. Die Werkzeuge eignen sich jeweils für alle Zähnezahlen und Profilverschiebungen. Beispiele für Wälzverfahren: Wälzstoßen mit einem Schneidrad Bild 10 verdeutlicht, wie das Schneidrad die Zähne durch seine Abwärtsbewegungen über die Radbreite schneidet. Beim Rückhub hebt das Schneidrad vom Werkstück ab. Bild 10: Wälzstoßen mit einem Schneidrad Wälzschleifen Das Wälzschleifen geschieht mit einer Schleifschnecke entsprechend dem Wälzfräsen (s.u.). Wälzfräsen Das Wälzfräsen mit einem ein- oder mehrgängigen Wälzfräser zeigt Bild 11. Jeder Zahn (Gang) des zahnstangenförmigen Fräserprofils verläuft schraubenförmig auf einem Zylinder. Zur Anbringung der Schneiden sind die Zähne normal zur Flanke genutet. Beim Wälzen rollt der Wälzkreis des Werkrades auf der Wälzgeraden des Zahnstangenprofils ab. Werkzeug und Werkstück drehen sich wie Schnecke und Schneckenrad.

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 13 Bild 11: Wälzfräsen Wälzfräsen zeichnet sich durch gleichförmige Bewegungen, andauernde Spanabnahme, volle Ausnutzung der Maschine (keine Leerzeiten, kein Leerlauf) und gleichmäßig hohe Schnittgeschwindigkeit aus. Man unterscheidet die in Bild 12 dargestellten Fräsverfahren im Gleich- und Gegenlauf. Beim Gegenlauffräsen wird der Span zunächst nur gequetscht. Im Gegensatz dazu leistet der Fräser im Gleichlaufverfahren gleich eine Trennarbeit. Das ermöglicht höhere Schnittgeschwindigkeiten und größere Vorschübe. Die günstigere Schneidbeanspruchung erhöht die Standzeit des Fräsers wesentlich. Notwendig ist jedoch ein steifes und spielarmes Maschinengestell, da sonst die Gefahr des "Fräserkletterns" auf die Werkstückoberfläche besteht. a) Gegenlauffräsen b) Gleichlauffräsen 1 Drehrichtung des Fräsers; 2 Vorschub Bild 12: Fräsverfahren

14 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik Alle Schneiden des Wälzfräsers liegen innerhalb einer gedachten, den ganzen Fräser umhüllenden Schraube. Der Steigungswinkel der Hüllschraube und des Fräsers auf dem Teilkreis heißt Einstellwinkel γ. Wälzfräser können eingängig oder mehrgängig, linkssteigend (linksgängig) oder rechtssteigend (rechtsgängig) sein. Entsprechend der Steigung des Fräsers und des Werkstückes sowie des Schrägungswinkels β ist der Wälzfräser so zu schwenken, daß die Schraubengänge des Fräsers den Zahnverlauf am Werkstück tangieren. Die Zähne des Wälzfräsers sind an den Köpfen radial und an den Flanken axial hinterarbeitet. Bild 13 zeigt einen Fräserzahn im Normalschnitt mit negativem und positivem Spanwinkel δ. a) negativer Spanwinkel b) positiver Spanwinkel Bild 13: Spanwinkel eines Fräserzahnes Der Spanwinkel beeinflußt die Spanbildung. Er ist abhängig von dem Werkstoff des Fräsers und des Werkstückes zu wählen. Die Schnittflächen der Fräserzähne kann man nachschleifen. Wälzfräser können komplett aus einem Stück oder aus Teilen zusammengesetzt sein, wie z.b. Grundkörper mit eingesetzten Schneidstollen. Im allgemeinen stellt man Wälzfräser aus Schnellarbeitsstahl her. Wälzfräser aus Hartmetall oder mit Hartmetallbestückung führen insbesondere bei Werkstücken aus Kunststoff, NE-Metallen und gut bearbeitbarem Grauguß oder Stahl zu höheren Schnittgeschwindigkeiten und höherer Standzeit. Bei Werkstücken hoher Festigkeit bzw. ungünstiger Zerspanbarkeit ist der Einsatz von Hartmetallfräsern nur für kleine Moduln wirtschaftlich, da die Fräserzähne leichter zu Ausbrüchen neigen. Die folgenden Wälzverfahren sind Nachbearbeitungsverfahren: Wälzschaben Das Schabwerkzeug ist ein Zahnrad, dessen Flanken durch Nuten schnittfähig ausgebildet sind. Das Schaberad führt in der Regel das Werkrad. Die Achsen von Schaberad und Werkrad sind gegenseitig versetzt, so daß eine zusätzliche Gleitbewegung entlang der Zahnbreite auftritt. Dabei werden sehr feine Späne

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 15 abgenommen. Da die Berührung der Flanken punktförmig ist, nimmt man eine relative seitliche Verschiebung der Räder vor. Honen Das Hohnen mit dem Honrad entspricht im Bewegungsablauf dem Schaben. Das Honrad hat keine Schneidkanten. Es besteht aus Kunststoff mit eingebettetem Schleifmittel. Läppen Läppen mit einem in Öl aufgeschlemmten Läppmittel zwischen zwei im Betriebsabstand miteinander kämmenden Zylinderrädern. Stirnläppen kann man in montierten Getrieben durchführen. Nach dem Teilungsvorgang unterscheidet man: Teilverfahren Nachdem eine Lücke gefräst ist, dreht man das Werkstück um eine Teilung weiter. Teil-Wälzverfahren Das Werkstück dreht sich, während sich das Werkzeug relativ dazu axial und tangential bewegt. Um weitere Zähne zu erzeugen, muß zwischen jedem Wälzvorgang eine Teildrehung des Werkrades erfolgen. Kontinuierliches Wälzfräsen Werkstück und Werkzeug drehen sich wie zwei ihnen entsprechende fertigverzahnte Getriebeelemente. 5 Vermessen und Prüfen von Verzahnungen 5.1 Abweichung und Qualität der Verzahnung Abweichungen vom Sollwert lassen sich bei der Fertigung nicht vermeiden. Sie beeinflussen die Tragfähigkeit, Laufruhe, Austauschbarkeit von Rädern und stören die Gleichförmigkeit der Bewegungsübertragung. Man unterscheidet zwischen Einzel- und Sammelabweichungen. Einzelabweichungen sind Abweichungen, die einzelne Bestimmungsgrößen wie Profilform, Eingriffswinkel, Teilung, Zahndicke und Flankenlinie von ihren Sollwerten aufweisen.

16 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik Sammelabweichungen entsprechen der gemeinsamen Auswirkung verschiedener Einzelabweichungen auf die Bewegungs- und Kraftübertragung einer Radpaarung. Die Sammelabweichungen lassen sich beim Wälzen des zu prüfenden Zahnrades mit einem Gegenrad nachweisen. DIN-Normen unterteilen die zulässigen Abweichungen für Stirnräder abhängig vom Modul und Teilkreisdurchmesser in 12 Qualitätsgruppen, wobei Qualitäten in den Stufen 1 sehr kleinen Abweichungen und in den Stufen 12 großen Abweichungen entsprechen. Werden Abweichungen an mehreren Zähnen gemessen zählt der ungünstigste Wert. Der Verwendungszweck der Zahnräder bestimmt die Qualität. Mit modernen Werkzeugmaschinen lassen sich Räder der Verzahnungsqualität 5 auch in Serie fertigen. Die folgenden Abschnitte erklären die innerhalb des Versuches zu messenden Abweichungen und die Wälzprüfung. 5.2 Kreisteilung Diese Abweichungen werden auf dem Teilkreis gemessen. Bild 14 zeigt die Teilung p t eines zu vermessenden Rades. Im Fachlaborversuch kommt ein komerzielles, computergestüztes Verzahnungsmeßzentrum zum Einsatz. Hier fährt ein Taster jeweils zwei benachbarte Rechtsflanken oder Linksflanken an, die Auswertesoftware berechnet die Kreisteilung. t Bild 14: Kreisteilungsabweichung Bild 15 zeigt das Verzahnungsmeßzentrum. Das Schema links beschreibt die Achsen der Maschine. Rechts ist eine Fotografie eines Zahnrades und des Meßkopfes dargestellt. Die Meßwertaufnahme besteht aus folgenden Schritten: 1. Fahren der Taster an die Zahnflanken

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 17 2. Meßwertaufnahme bei Erreichen eines definierten Tastdruckes 3. Herausfahren der Taster aus der Zahnlücke 4. Drehen des Zahnrades um eine Teilung Für jede Teilung (d.h. jeden Zahn) eines Rades wiederholen sich die Schritte 1 bis 4. Bild 15: Verzahnungsmeßzentrum Die Teilungs-Einzelabweichung f p ist der Unterschied zwischen dem Istmaß einer einzelnen Stirnteilung und dem Nennmaß p t. Entscheidend für die Qualität ist der maximale Wert der Teilungs-Einzelabweichungen. Die Differenz zwischen den Istmaßen zweier aufeinanderfolgender Stirnteilungen bildet den Teilungssprung f u. Die Teilungs- Spannenabweichung F pz 8 entspricht der Summe mehrerer aufeinanderfolgender Teilungsabweichungen von ungefähr z 8 der Radzähnezahl. Bei einem Zahnrad mit z.b. 21 Zähnen beträgt die nächstliegende ganze Zahl der aufeinanderfolgenden Teilungsabweichungen 3.

18 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik Wird von einer Bezugsflanke ausgehend die Summe aller Teilungs-Einzelabweichungen gebildet, so ergibt sich die Teilungs-Gesamtabweichung F p als Differenz zwischen Größtund Kleinstwert des Kurvenzuges. Bild 16 veranschaulicht den Zusammenhang. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 fp fu Teilungseinzelabweichung Teilungssummenabweichung Fp Bild 16: Zeichnerische Darstellung von Kreisteilungsabweichungen 5.3 Eingriffsteilung Der Unterschied zwischen dem Istmaß und dem Nennmaß einer Eingriffsteilung p e entlang der Eingriffsstrecke im Normalschnitt bildet die Eingriffsteilungs-Abweichung f pe. Bild 17 zeigt die Eingriffsteilung und ihre Abweichung. Innerhalb des Versuches erfolgt die Messung mit einem Handmeßgerät entsprechend Bild 18.

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 19 Bild 17: Eingriffsteilungs-Abweichung Bild 18: Meßgerät für die Eingriffsteilungs-Abweichung Das Meßgerät ist mittels Endmaße auf das Nennmaß der Eingriffsteilung eingestellt. Messen lassen sich die positiven und negativen Abweichungen vom Nennmaß. Im Gegensatz zu den Kreisteilungsabweichungen berücksichtigen die Eingriffsteilungs- Abweichungen nicht die Außermittigkeit der Verzahnung.

20 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik 5.4 Profilform Evolventenverzahnungen weisen nur in den Stirnschnitten Evolventen ihres Grundkreises auf. Abweichungen der Zahnprofile von ihren Nennprofilen werden deshalb nur in Stirnschnitten gemessen. Zur Messung verwendet man automatisierte Meßgeräte, bei denen während der Messung der Meßtaster die Zahnflanke abtastet. Dabei ist es nötig, daß die Auswerteeinheit die Verzahnungsdaten kennt, um nach dem Erzeugungsgesetz der Evolvente die Soll-Evolventenform zu berechnen. Bild 19 zeigt das Prüfbild für eine Zahnflanke. Über der Flankenhöhe werden die Abweichungen von der Soll-Evolvente gemessen. Die Soll-Evolvente erscheint als Gerade A - E. Die Abweichungen sind senkrecht dazu aufgetragen. Die Ist-Evolvente B - B mittelt die Flankenabweichungen entsprechend der Methode der kleinsten Summe der Fehlerquadrate. Die Parallelen B B und B B hüllen die Ist-Flanke ein. Die Profil-Formabweichung f f entspricht dem Abstand zwischen den Einhüllenden B B und B B (gemessen senkrecht zur Soll-Evolvente A - E). E Bild 19: Profilformabweichung 5.5 Zahnweite Die Zahnweite W k ist bei einem Außenrad der über k Zähne, bei einem Hohlrad der über k Zahnlücken gemessene Abstand zweier paralleler Ebenen. Die Ebenen berühren je eine Rechtsflanke und eine Linksflanke im evolventischen Teil der Zahnflanken. Bild 20 zeigt die Messung der Zahnweite über k=3 und k=5 Zähne. Das Meßgerät entspricht einer Mikrometerschraube mit zwei planparallelen Tellern.

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 21 Bild 20: Messung der Zahnweite Der Nennwert der Zahnweite über k Zähne ergibt sich entsprechend DIN 3960 zu: W k = m n cosα n z k π + z invα t + 2 x m 2 z n sinα n (13) Die Zahnweitenschwankung R W ist der Unterschied zwischen der größten und der kleinsten Zahnweite W k an einem Rad. R = W W W k max k min (14) 5.6 Wälzprüfung Bei der Wälzprüfung werden Verzahnungen mit Gegenverzahnungen gepaart und die gemeinsamen Auswirkungen ihrer Einzelabweichungen auf den Wälzvorgang als Wälzabweichungen ermittelt. Kommt ein Lehrrad als Gegenrad zum Einsatz, lassen sich die Abweichungen einzig dem Prüfling zuordnen. Vielfach wird die Qualität des Lehrrades mindestens 3 Qualitäten besser als die Sollqualität des Prüflings gewählt. Sind die Abweichungen des Gegenrades nicht vernachlässigbar klein, lassen sich die Wälzabweichungen nur der Radpaarung zuordnen.

22 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik Bei der Einflanken-Wälzprüfung befinden sich zwei Zahnräder bei konstantem Achsabstand a im Eingriff. Es berühren sich ständig die Linksflanken oder die Rechtsflanken. Eine Bremse am Abtrieb gewährleistet jederzeit ein Anliegen der Zahnflanken. Bild 21 zeigt ein Schema des Prüfstand und ein Foto. Motor Prüfzahnrad Lehrzahnrad Bremse Drehwinkelaufnehmer Drehwinkelaufnehmer Bild 21: Einflanken-Wälzprüfstand Von einer Anfangsstellung aus werden die auftretenden Drehwinkelabweichungen, die Abweichungen der Drehstellungen des Prüfzahnrades gegenüber den durch die Stellungen des Lehrzahnrades und durch die Übersetzung gegebenen Sollstellungen, gemessen. Die Abweichungen werden in der Regel als Strecke längs des Umfangs, z.b. des Teilkreises, angegeben. Bild 22 zeigt ein streifenförmiges Einflanken-Wälzdiagramm eines Rades mit 25 Zähnen. Die Einflanken-Wälzabweichung F i ' ist die Schwankung der Ist-Drehstellungen gegenüber den Soll-Drehstellungen. Sie ergibt sich als Unterschied der größten voreilenden und der größten zurückbleibenden Drehstellungsabweichung innerhalb einer Umdrehung des Prüflings. Der Einflanken-Wälzsprung f i ' entspricht der größten Differenz der Drehstellungsabweichungen während der Dauer eines Zahneingriffs. Zur besseren Auswertung kann man das Meßsignal filtern. Mithilfe eines Tiefpaß-Filters (entsprechend einer ausmittelnden Linie) erhält man den langwelligen Anteil der Drehwegsabweichungen f l (entspricht ungefähr der Einflanken-Wälzabweichung F i '). Mit einem Hochpaß erhält man die kurzwelligen Anteile f k (ungefähr gleich dem Einflanken-Wälzsprung f i ').

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 23 Tiefpaßgefiltertes Signal Hochpaßgefiltertes Signal Bild 22: Einflanken-Wälzdiagramm Im Gegensatz zur Einflanken-Wälzprüfung wälzen bei der Zweiflanken-Wälzprüfung zwei Zahnräder spielfrei aufeinander ab. Unter dem Einfluß einer in Richtung des Achsabstandes wirkenden Kraft befinden sich stets eine linke und eine rechte Flanke der Zahnräder gleichzeitig im Eingriff. Die Zweiflanken-Wälzabweichungen entsprechen Änderungen des Achsabstandes a. Bild 23 stellt schematisch den Zweiflanken- Wälzprüfstand dar. Innerhalb des Fachlabors findet die Einflanken-Wälzprüfung statt. Bild 23: Zweiflanken-Wälzprüfstand

24 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik 5.7 Tragbildprüfung Bei der Tragbildprüfung wird eine Zahnflanke eines Rades im eingebauten Zustand mit einer gefärbten Paste (Schichtdicke wenige µm) bestrichen. Anschließend wälzt man Rad und Gegenrad miteinander ab. An den Stellen, an denen Rad und Gegenrad miteinander Kontakt haben, wird die Tuschierpaste auf das Gegenrad übertragen. So kann man Bereiche der Flanke, die aufgrund von Verzahnungsfehlern nicht tragen, identifizieren.

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 25 6 Anhang 6.1 Verwendete Formelzeichen a a d b c d e Achsabstand Null-Achsabstand Zahnbreite Kopfspiel Durchmesser Zahnlücke f, F Abweichung h i m p r,ρ R w s W x z Zahnhöhe Übersetzung Modul Teilung Radius Zahnweitenschwankung Zahndicke Zahnweite Profilverschiebungsfaktor Zähnezahl α β γ ε δ ω ϑ Eingriffswinkel Schrägungswinkel Steigungswinkel Überdeckungsgrad Spanwinkel Winkelgeschwindigkeit inv α Indizes a Kopfkreis b Grundkreis e Eingriffsstrecke f Fußkreis n Normalschnitt p Bezugsprofil t Stirnschnitt w Wälzkreis 0 Werkzeug

26 Fachlabor Konstruktions- und Automatisierungstechnik 6.2 Verzahnungsdaten Zähnezahl z 18 Normalmodul m n 4 mm Bezugsprofil DIN 867 Profilverschiebungsfaktor x 0 Kopfkreisdurchmesser d a 81,111 mm Schrägungswinkel am Teilkreis β 10 Flankensteigung rechts Soll-Qualität 8 6.3 Literatur [1] DIN 3960: Begriffe und Bestimmungsgrößen für Stirnräder (Zylinderräder) und Stirnradpaare (Zylinderradpaare) mit Evolventenverzahnung [2] DIN 3962: Toleranzen für Stirnradverzahnungen [3] DIN 3963: Toleranzen für Stirnradverzahnungen [4] DIN 3972: Bezugsprofile von Verzahnwerkzeugen [5] DIN 780: Modulreihe für Zahnräder [6] DIN 867: Bezugsprofil [7] Dubbel: Taschenbuch für den Maschinenbau; Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo [8] Jarchow, F.: Getriebetechnik; Vorlesungskurzfassung, Ruhr-Universität Bochum [9] Lorenz: Verzahnwerkzeuge (Maschinenfabrik Lorenz) [10] Niemann, G.: Maschinenelemente Band II; Springer Verlag Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo [11] Predki, W.: Maschinenelemente II; Vorlesungskurzfassung, Ruhr-Uni Bochum

Herstellung und Vermessung eines Evolventenstirnrades 27 6.4 Hinweise zum Versuchsprotokoll Bitte beachten Sie beim Erstellen des Versuchsprotokolls: - Das Protokoll soll keine Abschrift oder Zusammenfassung dieses Skriptes sein, sondern eine Beschreibung und Auswertung des durchgeführten Versuchs! - Versuchen Sie, einen wissenschaftlichen Text zu verfassen: Kein Erzählstil ( dann hat uns der nette Mann das Zahnrad gegeben und wir haben es gemessen ), sondern Bildbeschriftungen, sinnvolle Gliederung, Inhaltsverzeichnis, etc. Orientieren Sie sich am Aufbau von Fachbüchern. - Benutzten Sie wenn nötig Bilder oder Skizzen zur Erläuterung Ihrer Ausführungen. - Maximal 10 Seiten (zzgl. Meßschriebe etc.), nicht die Seitenzahl wird benotet! Orientieren Sie sich an den folgenden Arbeitspunkten (sie müssen nicht in dieser Reihenfolge abgearbeitet werden): Zur Herstellung 1. Beschreiben Sie den Ablauf der Herstellung des Evolventenstirnrades. Gehen Sie dabei bitte nur auf das während des Versuches eingesetzte Verfahren ein. 2. Berechnen Sie den Zahnweitennennwert W K des gefertigten Rades über drei Zähne! Wie kann man aus der Messung der Zahnweite nach dem ersten Fertigungsschritt die noch erforderliche Zustelltiefe berechnen? Vergleichen Sie den berechneten Wert mit den nach der Fertigung gemessenen Zahnweiten. Zur Vermessung 1. Beschreiben Sie die während des Versuches eingesetzten Meßverfahren. 2. Berechnen Sie die Eingriffsteilung im Stirnschnitt p et und die Teilkreisteilung p t. 3. Kennzeichnen Sie im Meßschrieb durch Maßpfeile die größte Teilungs-Einzelabweichung f pmax, den größten Teilungssprung f umax, die Teilungs-Gesamtabweichung F p und die Teilungsspannenabweichung F pz/8. 4. Bestimmen Sie die Profil-Formabweichung f f (vgl. Kapitel 5.4). 5. Bestimmen Sie Einflankenwälzabweichung F ' i und Einflankenwälzsprung f ' i. 6. Berechnen Sie die Soll-Eingriffsteilung im Normalschnitt p en. Protokollieren Sie die von Ihnen gemessenen Eingriffsteilungsabweichungen. 7. Ermitteln Sie für die Größen f p, f umax, F p, F pz/8, F ' i, f ' i, f pe und f f die Verzahnungsqualitäten nach DIN. Geben Sie dabei die Qualitätsstufe und die Grenzwerte der jeweiligen Qualitätsstufe an. Bestimmen Sie damit die Gesamtqualität des Zahnrades. Diskutieren Sie mögliche Ursachen für die gemessenen Verzahnungsabweichungen!